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1. Schweizer Fachtag neuro.psycho.geriatrie

Frühdiagnostik der Alzheimererkrankung bringt ethische Herausforderungen mit sich

<p class="article-intro">Mithilfe von Biomarkern kann die Alzheimererkrankung in einem Stadium diagnostiziert werden, in dem klinische Zeichen noch fehlen. Das wirft wichtige Fragen zum Umgang mit dieser Information auf: nicht nur im Hinblick auf die Kommunikation mit dem Patienten, sondern auch zu dessen Schutz. Ausführlich diskutiert wurde am 1. Fachtag neuro.psycho.geriatrie mit dem Schwerpunkt Demenz, Anfang November in Zürich, aber auch über die Betreuung von Demenzerkrankten. In der Frühphase der Erkrankung nehmen die Information des Patienten und die Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung viel Zeit in Anspruch. In den fortgeschrittenen Stadien geht es unter anderem darum, den Betroffenen in ihrem veränderten «Selbst-Erleben» Gewissheit und Schutz zu bieten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der Begriff Altersdemenz umfasst ein weites Spektrum von Beschwerden, die im Zusammenhang mit kognitiven Einschr&auml;nkungen stehen. In Europa ist die Alzheimerkrankheit mit einem Anteil von 50&ndash;75 % die Hauptursache f&uuml;r eine Altersdemenz, gefolgt von der vaskul&auml;ren Demenz (20&ndash;30 % ) und der Lewy-K&ouml;rperchen- Demenz (10&ndash;25 % ). An letzter Stelle steht mit 10&ndash;15 % die frontotemporale Demenz, die sich im Vergleich zu den &uuml;brigen Demenzformen schon fr&uuml;h manifestiert und h&auml;ufig eine erbliche Komponente hat. &laquo;Eine Gemeinsamkeit vieler neurodegenerativer Erkrankungen ist die Aggregation pathologischer Proteine im Gehirn &raquo;, sagte PD Dr. med. Paul Unschuld, Leiter des Zentrums f&uuml;r demenzielle Erkrankungen und Altersgesundheit an der Psychiatrischen Universit&auml;tsklinik Z&uuml;rich. So konnten mittels MRI oder PET u.a. im Gehirn von Patienten mit frontotemporaler Demenz, progressiver nicht famili&auml;rer Aphasie und progressiver supranukle&auml;rer Blickparese (PSP) aggregierte Tau-Proteine nachgewiesen werden.<sup>1</sup> Die Alzheimererkrankung ist durch aggregiertes Beta-Amyloid in Form von neuritischen Plaques charakterisiert. Diese Gehirnver&auml;nderungen lassen sich mittels PET bei Alzheimerpatienten lange vor dem Auftreten klinischer Krankheitszeichen nachweisen.<sup>2, 3</sup> Im Verlauf der Alzheimererkrankung lagert sich dar&uuml;ber hinaus vermehrt hyperphosphoryliertes Tau im Gehirn ab. Interessanterweise korreliert das Ausmass der Tau-Ablagerungen mit dem Verlust von Gehirnsubstanz sowie mit den fortschreitenden kognitiven Defiziten.<sup>4</sup></p> <h2>Fr&uuml;hdiagnostik</h2> <p><strong>Bestimmung von Biomarkern gewinnt an Bedeutung</strong><br /> Zus&auml;tzlich zur neuropsychologischen Untersuchung werden in der Demenzdiagnostik vermehrt Biomarker eingesetzt. Der Nachweis von pathologisch ver&auml;nderten Biomarkern erm&ouml;glicht R&uuml;ckschl&uuml;sse auf den Krankheitsverlauf, kann aber auch zur Evaluierung von Therapien, beispielsweise im Rahmen klinischer Studien, eingesetzt werden. So l&auml;sst sich beispielsweise das Ausmass der Neurodegeneration anhand des Gehirnvolumens im MRI absch&auml;tzen.<br /> Ein k&uuml;rzlich im Journal &laquo;Alzheimer&rsquo;s &amp; Dementia&raquo; publiziertes, hypothetisches Modell beschreibt den Krankheitsprozess auf der Basis des heutigen Wissensstandes (Abb. 1).<sup>5</sup> Dieser beginnt mit dem pr&auml;klinischen Stadium, in dem die Biomarker der Betroffenen ver&auml;ndert sind, mit den g&auml;ngigen neuropsychologischen Methoden aber kein Unterschied zur Normalbev&ouml;lkerung festgestellt werden kann. Es folgt das m&ouml;gliche Prodromalstadium mit leichten kognitiven Einschr&auml;nkungen, bis sich schliesslich das klinische Vollbild der Alzheimerdemenz manifestiert. &laquo;Diese Stadien sind heutzutage an universit&auml;ren und terti&auml;ren Behandlungszentren mittels bildgebender Verfahren wie MRI und PET nachweisbar&raquo;, so der Spezialist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1801_Weblinks_lo_innere_medizin_1801_s10_abb1.jpg" alt="" width="1419" height="927" /></p> <p><strong>Erster Antik&ouml;rper in Phase-III-Studien</strong><br /> Besonders intensiv werden die Biomarker bei der Entwicklung neuer Therapieverfahren genutzt. Eine aktuelle &Uuml;bersicht zeigt die Vielzahl klinischer Studien zur Erforschung m&ouml;glicher Wirkstoffe in der Alzheimerbehandlung.<sup>6</sup> Ziel ist es, ein Medikament zu finden, das in den Krankheitsprozess eingreift, bevor eine irreversible Gehirnsch&auml;digung auftritt. Ein m&ouml;glicherweise vielversprechender Kandidat in diesem Zusammenhang k&ouml;nnte der Antik&ouml;rper Aducanumab sein, der mit Beteiligung von Z&uuml;rcher Forschern entwickelt worden ist. Wie in einer kleinen Testpopulation mit 164 Patienten gezeigt wurde, f&uuml;hrte die Behandlung mit dem Antik&ouml;rper zu einer dosisabh&auml;ngigen Reduktion von aggregiertem Beta-Amyloid im Gehirn. Die publizierten Daten geben Anlass zur Hoffnung, dass auch das Fortschreiten des kognitiven Abbaus verlangsamt werden kann.<sup>7</sup> Aktuell wird der Wirkstoff in zwei Phase-III-Studien mit 2700 Patienten untersucht. &laquo;Sollte sich in diesen Studien der Effekt von Aducanumab best&auml;tigen, h&auml;tten wir eine Therapie, die in einem ganz fr&uuml;hen Stadium in die Erkrankung eingreift&raquo;, sagte Unschuld.</p> <p><strong>Neuropsychologische Untersuchung zur Differenzialdiagnostik</strong><br /> Eine zentrale Bedeutung in der Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen spielt die neuropsychologische Untersuchung. Diese kann die Verbindung zwischen den Biomarkerinformationen und dem Demenzsyndrom herstellen. &laquo;Am aussagekr&auml;ftigsten sind die Testverfahren in den fr&uuml;hen Krankheitsstadien&raquo;, so der Spezialist. Wie sich am Beispiel der Alzheimererkrankung zeigt, pr&auml;sentieren sich die Betroffenen im Fr&uuml;hstadium klassischerweise mit Einschr&auml;nkungen im episodischen Ged&auml;chtnis, w&auml;hrend andere kognitive Dom&auml;nen wie die Sprache h&auml;ufig erst sp&auml;ter betroffen sind. Im sp&auml;ten Krankheitsstadium sind dagegen typischerweise alle kognitiven Dom&auml;nen schwer beeintr&auml;chtigt. Im Unterschied dazu werden im Fr&uuml;hstadium der frontotemporalen Demenz (behaviorale Variante) vermehrt Verhaltensauff&auml;lligkeiten und ein Aufmerksamkeitsdefizit beobachtet. Die Sprache und das episodische Ged&auml;chtnis bleiben dagegen oft noch lange unauff&auml;llig. In fortgeschrittenen Stadien sind bei der frontotemporalen Demenz ebenfalls s&auml;mtliche kognitiven Dom&auml;nen schwer beeintr&auml;chtigt.<sup>8</sup></p> <p><strong>Fr&uuml;hdiagnose sollte mitgeteilt werden</strong><br /> Die M&ouml;glichkeit, pathologische Biomarker zu einem Zeitpunkt festzustellen, zu dem der Betroffene noch keine subjektiven Beschwerden hat, ist ethisch gesehen ein Dilemma und hat intensive Diskussionen ausgel&ouml;st, ob und wie man den Betroffenen die Diagnose kommunizieren soll. Dabei drehen sich die Diskussionen vor allem um folgende Punkte: die Autonomie des Patienten und F&ouml;rderung des Patientenwohls, das Vermeiden von Sch&auml;den und Gerechtigkeit.<br /> Verschiedene Arbeiten setzen sich mit den ethischen Aspekten der Fr&uuml;hdiagnostik auseinander. Eine kanadische Publikation von Gauthier und Kollegen vertritt den Standpunkt, dass die Information des Betroffenen die Voraussetzung daf&uuml;r ist, um die Zukunft &ndash; beispielsweise die Regelung der Tagesabl&auml;ufe oder die Bestimmung gesetzlicher Vertreter &ndash; &uuml;berhaupt planen zu k&ouml;nnen.<sup>9</sup> Auch die kanadische Alzheimervereinigung vertritt in ihren ethischen Leitlinien die Meinung, dass die Diagnose auf keinen Fall verheimlicht werden darf.<sup>10</sup> Sie weist darauf hin, dass die Diagnose Alzheimer f&uuml;r den Betroffenen sehr belastend ist, und unterstreicht die enorme Bedeutung des pers&ouml;nlichen Umfelds in dieser Situation. Schipper et al. sind zudem der Meinung, dass die Bestimmung von APOE, einem genetischen Risikofaktor f&uuml;r eine sporadische Alzheimererkrankung, gerechtfertigt ist.<sup>11</sup> Als Grund daf&uuml;r nennen sie die Bedeutung von Risikofaktoren, insbesondere f&uuml;r vaskul&auml;re Erkrankungen, die von den Betroffenen beeinflusst werden k&ouml;nnen, wodurch das Risiko einer Alzheimererkrankung m&ouml;glicherweise reduziert werden kann.</p> <p><strong>Gesetzliche Regelungen zum Schutz von Alzheimerpatienten gefordert</strong><br /> Aktuell geht der Trend dahin, die Alzheimererkrankung nicht mehr &uuml;ber die Demenz, sondern &uuml;ber den Nachweis von Biomarkerver&auml;nderungen zu definieren. Der Einfluss der pr&auml;klinischen Diagnose auf das individuelle Wohlbefinden ist vollkommen unklar und die Reaktionen des sozialen Umfelds sind schwer abzusch&auml;tzen, schreibt Jason Karlawish in einer Publikation zu den ethischen, politischen und sozialen Herausforderungen der pr&auml;klinischen Alzheimerdiagnose.<sup>12</sup> Um Diskriminierungen aufgrund einer pr&auml;klinischen Alzheimerdiagnose zu vermeiden, empfiehlt der Autor gesetzliche Regelungen zum Schutz von Betroffenen und hochsensiblen Patientendaten.</p> <h2>Abschied vom Selbst</h2> <p>&laquo;Der Behandlungsauftrag in der Fr&uuml;hphase der Demenz leitet sich aus dem Problem und der Gesamtsituation ab&raquo;, sagte Marion Reichert, Leitende &Auml;rztin Ambulante Alterspsychiatrie, Luzern (lups). Daraus erg&auml;ben sich Interventionen, die nicht nur die Klienten betreffen und in ganz unterschiedlichen Settings stattf&auml;nden, beispielsweise Gespr&auml;che mit den Familienangeh&ouml;rigen oder der Austausch mit dem Arbeitgeber.<br /> Das folgende Patientenbeispiel zeigt die Herausforderungen im Umgang mit der Diagnose Demenz.<br /> Herr A. ist von Beruf Betriebsmechaniker, er hat zwei Kinder und lebt seit der Scheidung alleine. Der 52-J&auml;hrige leidet seit circa einem Jahr an Depressionen. Da die Behandlung bislang erfolglos war, wurde er zur differenzialdiagnostischen Abkl&auml;rung in der Memory Clinic angemeldet. Nachdem die neuropsychologische Abkl&auml;rung zu keiner eindeutigen Diagnose f&uuml;hrte, best&auml;tigte die Bildgebung das Vorliegen einer Alzheimerdemenz mit fr&uuml;hem Beginn. Im Fall von Herrn A. stellte das Diagnosegespr&auml;ch eine zus&auml;tzliche Herausforderung dar, weil er schon beim ersten Gespr&auml;ch angek&uuml;ndigt hatte, er w&uuml;rde sich das Leben nehmen, falls die Symptome auf eine Demenz zur&uuml;ckzuf&uuml;hren seien.</p> <p><strong>Demenz allein kein Grund f&uuml;r Suizid</strong><br /> Studien, die den Zusammenhang von Demenz und Suizid untersuchten, zeigen, dass eine Demenz allein kein Risikofaktor f&uuml;r Suizid darstellt. &laquo;Es gab allerdings innerhalb der Studienpopulation verschiedene Subgruppen, bei denen eine erh&ouml;hte Gefahr f&uuml;r einen Suizid bestand&raquo;, so Reichert. Dazu z&auml;hlten beispielsweise Personen mit psychiatrischen Komorbidit&auml;ten, solche, die fr&uuml;her schon Suizidversuche unternommen hatten, und fr&uuml;h Erkrankte.<sup>13</sup> Eine weitere Publikation zeigt, dass die Suizidalit&auml;t oft in Verbindung mit der Angst vor Kontrollverlust, Entfremdung, gesellschaftlicher Unsichtbarkeit und fehlendem Lebenszweck steht.<sup>14</sup> &laquo;Viele &auml;ltere Menschen und speziell an Demenz erkrankte sind in unserer Gesellschaft gar nicht mehr sichtbar&raquo;, so Reichert.</p> <p><strong>Wunsch nach Autonomie und Teilhabe am sozialen Leben</strong><br /> Die W&uuml;nsche und Bed&uuml;rfnisse der Betroffenen nach gr&ouml;sstm&ouml;glicher Autonomie und aktiver Teilhabe an ihrer Umwelt unterscheiden sich nicht von den Grundbed&uuml;rfnissen der Allgemeinbev&ouml;lkerung, wie eine Zusammenstellung der Alzheimervereinigung zeigt. &laquo;Hier sind die Therapeuten gefordert, Hoffnung zu vermitteln, gut zu informieren, konkrete Unterst&uuml;tzung bei Problemen zu leisten und die Vernetzung der Betroffenen zu f&ouml;rdern&raquo;, sagte die Spezialistin. Im Falle von Herrn A. bedeutete das, im Rahmen der w&ouml;chentlichen psychiatrisch-psychotherapeutischen Termine an der Akzeptanz der Diagnose und der Krankheitsbew&auml;ltigung zu arbeiten. &laquo;Dank der ausf&uuml;hrlichen Orientierung zu Beginn ist die Suizidalit&auml;t im Moment kein Thema mehr&raquo;, berichtete die &Auml;rztin. Da die Ungewissheit in beruflicher Hinsicht nach der Diagnose eines der dringlichsten Probleme f&uuml;r den Klienten darstellte, wurde viel Zeit f&uuml;r die Besprechung dieses Themas aufgewendet. Dies habe zu einer enormen Entlastung des Betroffenen gef&uuml;hrt, der nun wieder ohne Angst zur Arbeit gehen k&ouml;nne. Vor Kurzem hat das erste gemeinsame Gespr&auml;ch mit den Kindern stattgefunden. Es wurde eine medikament&ouml;se Therapie mit einem Antidepressivum und einem Antidementivum begonnen. &laquo;Als N&auml;chstes ist der Aufenthalt in einer Tagesklinik geplant&raquo;, so Reichert.</p> <p><strong>Besseres Verst&auml;ndnis der Verhaltensweisen durch Ann&auml;herung von innen</strong><br /> Mit fortschreitender Demenz nehmen die F&auml;higkeiten der Betroffenen, Aktivit&auml;ten des t&auml;glichen Lebens (ATL) durchzuf&uuml;hren, ab und die Pflegebed&uuml;rftigkeit zu. Die Ergebnisse g&auml;ngiger Tests, wie des neuropsychiatrischen Inventars oder des Mini-Mental-Status, sind hilfreich, um den Patienten von aussen einzusch&auml;tzen. &laquo;Im Umgang mit den typischen Begleiterscheinungen der mittelschweren bis schweren Demenz, wie dem ATL-Verlauf, der Unruhe und Agitation, der Tag-Nacht-Umkehr oder Pflegeverweigerung, bringen sie uns nicht viel weiter&raquo;, sagte Dr. med. Christoph Held, Heimarzt und Gerontopsychiater des Geriatrischen Dienstes der Stadt Z&uuml;rich. &laquo;Seit fast zwei Jahren versuchen wir deshalb, uns den betroffenen Heimbewohnern mit den Begriffen des &lsaquo;Selbst- Erlebens&rsaquo; aus der Psychopathologie zu n&auml;hern, wie sie der Psychiater Christian Scharfetter entwickelt hat.&raquo; Der Grund daf&uuml;r sei, dass Betroffene mit mittelschwerer bis schwerer Demenz &auml;hnliches Erleben und &auml;hnliche Verhaltensweisen zeigen wie psychotische Patienten. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes stehe die Frage, wie man trotz des ver&auml;nderten Selbst-Erlebens auf einer ganz praxisbezogenen Ebene mit den Betroffenen in Kontakt bleiben k&ouml;nne.</p> <p><strong>Ver&auml;ndertes Selbst-Erleben l&ouml;st Angst aus</strong><br /> Ein Beispiel f&uuml;r das ver&auml;nderte Selbst- Erleben ist die St&ouml;rung der Ich-Identit&auml;t, die dazu f&uuml;hrt, dass sich die Betroffenen in autobiografischen Zusammenh&auml;ngen verirren und beispielsweise ihren Namen, die der Kinder und der Eltern nicht mehr nennen k&ouml;nnen und K&ouml;rpersymptome wie Hunger, Durst, aber auch Schmerzen oder den F&uuml;llungsdruck von Blase und Enddarm nicht mehr auf sich beziehen. Dies hat einen Verlust der Gewissheit &uuml;ber sich selbst und den eigenen K&ouml;rper zur Folge. &laquo;Das ver&auml;nderte Selbst-Erleben wird von den Betroffenen bemerkt und f&uuml;hrt zu Angst, manchmal auch Wahn und Halluzinationen &raquo;, so Held. In ihrem ver&auml;nderten Selbst-Erleben sehnen sich die Betroffenen nach Eindeutigkeit, Gewissheit, Schutz und Geborgenheit. Davon ausgehend werden Ans&auml;tze entwickelt, um die Patienten wirkungsvoll zu unterst&uuml;tzen. Im Umgang mit Patienten, deren Identit&auml;t gest&ouml;rt ist, hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Erinnerung an sich selbst nicht mehr hergestellt werden kann. &laquo;Wir vermeiden deshalb bei fortgeschrittener Krankheit oft eine Autobiografie-basierte Kommunikation und wechseln zum sogenannten &lsaquo;ged&auml;chtnislosen Plaudern&rsaquo;, bei dem wir uns beispielsweise auf allgemeines Wissen konzentrieren, das die Bewohner noch abrufen k&ouml;nnen, oder auf Dinge, die sie im Moment sehen, schmecken oder riechen&raquo;, sagte der Spezialist. Ein anderes praktisches Vorgehen in diesem Zusammenhang ist die Entpersonalisierung bei der Anrede. &laquo;Wenn wir merken, dass die Betroffenen sich durch ihren Namen nicht mehr angesprochen f&uuml;hlen, lassen wir den Namen weg und sagen: Jetzt ist es Zeit, ans Wachbecken zu kommen. &raquo; Neben der gest&ouml;rten Identit&auml;t f&uuml;hrt die fortgeschrittene Demenz zu weiteren Ver&auml;nderungen des Selbst-Erlebens, beispielsweise mit St&ouml;rungen der Ich-Aktivit&auml;t, die gepr&auml;gt ist von ziellosen Handlungen wie dauerndem Herumwandern oder dem Streichen mit den H&auml;nden entlang von Fl&auml;chen und Kanten, oder St&ouml;rungen der Ich-Konsistenz, bei der die Bewohner das Gef&uuml;hl haben, nicht mehr ganz zu sein, in einzelne Teile zu zerfallen. &laquo;Alle diese Ver&auml;nderungen, m&uuml;ssen vom Pflegeteam erkannt und beschrieben werden, mit dem Ziel, daraus Betreuungsans&auml;tze zu entwickeln, um die Betroffenen zu unterst&uuml;tzen &raquo;, schloss der Experte.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 1. Schweizer Fachtag neuro.psycho.geriatrie, 11. November 2017, Zürich </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Villemagne VL et al.: Tau imaging: early progress and future directions. Lancet Neurol 2015; 14: 114-24 <strong>2</strong> Roberts BR et al.: Biochemically-defined pools of amyloid-beta in sporadic Alzheimer&rsquo;s disease: correlation with amyloid PET. Brain 2017; 140: 1486-98 <strong>3</strong> Jack CR et al.: Hypothetical model of dynamic biomarkers of the Alzheimer&rsquo;s pathological cascade. Lancet Neurol 2010; 9: 119-28 <strong>4</strong> Villemagne VL et al.: Untangling tau imaging. Alzheimers Dement (Amst) 2016; 4: 39-42 <strong>5</strong> Dubois B et al.: Preclinical Alzheimer&rsquo;s disease: definition, natural history, and diagnostic criteria. Alzheimers Dement 2016; 12: 292-323 <strong>6</strong> Cummings J et al.: Alzheimer&rsquo;s disease drug development pipeline: 2017. Alzheimers Dement (N Y) 2017; 3: 367-84 <strong>7</strong> Sevigny J et al.: The antibody aducanumab reduces A&beta; plaques in Alzheimer&rsquo;s disease. Nature 2016; 537: 50-6 <strong>8</strong> Weintraub S et al.: The neuropsychological profile of Alzheimer disease. Cold Spring Harb Perspect Med 2012; 2: a006171 <strong>9</strong> Gauthier S et al.: Diagnosis and management of Alzheimer&rsquo;s disease: past, present and future ethical issues. Prog Neurobiol 2013; 110: 102-13 <strong>10</strong> Fisk JD et al.: Ethical guidelines of the Alzheimer Society of Canada. Can J Neurol Sci 1998; 25: 242-8 <strong>11</strong> Schipper HM: Presymptomatic apolipoprotein E genotyping for Alzheimer&rsquo;s disease risk assessment and prevention. Alzheimers Dement 2011; 7: e118-23 <strong>12</strong> Karlawish J: Addressing the ethical, policy, and social challenges of preclinical Alzheimer disease. Neurology 2011; 77: 1487-93 <strong>13</strong> Diehl-Schmid J et al.: Suicide and assisted dying in dementia: what we know and what we need to know. A narrative literature review. Int Psychogeriatr 2017; 29: 1247- 59 <strong>14</strong> Wand APF et al.: Understanding self-harm in older people: a systematic review of qualitative studies. Aging Ment Health 2018; 22: 289-98</p> </div> </p>
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