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Gesundheit und Forschung

Berner Forschende analysieren, wie Schlaf hilft, Emotionen zu verarbeiten

Bern - Forschende der Universität Bern und des Inselspitals haben entdeckt, wie das Gehirn während des sogenannten REM-Schlafs Emotionen sortiert. Diese Sortierung hilft den Menschen, positive Erinnerungen zu speichern und Traumatisches zu bewältigen. Die Studie wurde im Fachjournal «Science» publiziert.

Der REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement- oder paradoxer Schlaf) ist ein einzigartiger Schlafzustand, in dem das Gehirn hellwach und der Körper unbeweglich ist. Während dieser Schlafphase treten die meisten Träume mit intensiven emotionalen Inhalten auf. Die frontale Hirnrinde, der sogenannte präfrontale Kortex, verarbeitet viele dieser Emotionen während des Wachzustands, scheint aber paradoxerweise während des REM-Schlafs ruhig zu sein. «Unser Ziel war es, den zugrunde liegenden Mechanismus und die Funktionen dieses überraschenden Phänomens zu verstehen», sagt Prof. Antoine Adamantidis vom Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals.

Die Forscher studierten die Gehirnaktivität von Mäusen, die sie zunächst trainierten, Töne zu erkennen, die mit Sicherheit oder Gefahr assoziiert werden. Anschliessend wurde die Aktivität der Nervenzellen im Gehirn der Mäuse während der Schlaf- und Wachzyklen aufgezeichnet. Bei den Beobachtungen der Mäuse zeigte sich, dass die Zellkörper der Nervenzellen im REM-Schlaf deaktiviert werden. Die sogenannten Dendriten hingegen, feinste plasmatische Verästelungen, die den Kontakt zu Tausenden anderer Nervenzellen herstellen, sind aktiv.

Diese Entkopplung ist laut Adamantidis deshalb von Bedeutung, weil einerseits durch die starke Aktivität der Dendriten sowohl Gefahren- als auch Sicherheitsgefühle unterschieden werden können. Andererseits sind zugleich die Zellkörper deaktiviert, sodass sie während des REM-Schlafs keine Signale weiterleiten können. Mit anderen Worten: Das Gehirn begünstigt die Unterscheidung zwischen Sicherheit und Gefahr in den Dendriten. Gleichzeitig wird aber die Überreaktion auf Emotionen, insbesondere auf Gefahr, blockiert.

Neue Wege für therapeutische Strategien

Laut den Forschenden ist das Nebeneinander dieser beiden Mechanismen für die Stabilität und das Überleben einer Spezies von Vorteil. Fehlt diese Unterscheidung beim Menschen und kommt es zu übermässigen Furchtreaktionen, kann dies unter anderem zu Angststörungen führen. Die Erkenntnisse sind besonders relevant für pathologische Zustände wie posttraumatische Belastungsstörungen, bei denen Traumata noch Tage später im präfrontalen Kortex übermässig verfestigt werden, möglicherweise auch im Schlaf, heisst es weiter.

Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung des Schlafs für die menschliche Gesundheit und eröffnen neue Wege für therapeutische Strategien, hält die Universität Bern fest. (red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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