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Neue „Lancet“-Studie

Behandlung von Schlaganfällen durch Elektrostimulation

<p class="article-intro">Standardtherapien bei Schlaganfällen sind die Thrombolyse oder, bei Okklusion großer proximaler Arterien, die Thrombektomie. Sind diese Verfahren nicht möglich, können Patienten mit einem Hirnrindeninfarkt erfolgreich mittels einer sogenannten Ganglionstimulation behandelt werden, wie eine aktuelle Studie zeigte.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bei der Behandlung des isch&auml;mischen Schlaganfalls ist entscheidend, dass m&ouml;glichst schnell die Durchblutung wiederhergestellt wird. Das kann durch eine sogenannte systemische i.v. Lysetherapie erreicht werden. Sie hat ein Zeitfenster von maximal 4,5 Stunden und birgt das Risiko der Einblutung in das Infarktareal. Eine andere Therapiem&ouml;glichkeit ist die interventionelle Entfernung des Thrombus durch einen Stent-Retriever aus dem Blutgef&auml;&szlig; mittels eines Kathetereingriffes, die Thrombektomie. F&uuml;r dieses Verfahren kommen vor allem Verschl&uuml;sse der gro&szlig;en proximalen intrakraniellen Arterien infrage, bei denen durch die Lyse eine Rekanalisation meist nicht m&ouml;glich ist.</p> <h2>Ganglionstimulation steigert Durchblutung des Infarktareals</h2> <p>Sind diese Verfahren aus unterschiedlichen Gr&uuml;nden nicht m&ouml;glich, k&ouml;nnen Patienten mit einem Hirnrindeninfarkt erfolgreich mittels einer sogenannten Ganglionstimulation behandelt werden, wie eine aktuelle Studie zeigte.<sup>1</sup> Die Durchblutung des Gehirns ist von etlichen Faktoren abh&auml;ngig, sie wird unter anderem von einem Nervenzellknoten an der Sch&auml;delbasis gesteuert, dem Fl&uuml;gelgaumen-Ganglion (Ganglion sphenopalatinum/GSP, auch Meckel-Ganglion). Die Stimulierung des GSP bewirkt eine Steigerung der Durchblutung durch die Weitstellung kleiner Hirngef&auml;&szlig;e und stabilisiert die Blut-Hirn- Schranke. Dadurch wird die Restdurchblutung des Infarktareals gesteigert, begleitenden &Ouml;demen entgegengewirkt und die gesamte Ausdehnung des Schlaganfalls deutlich reduziert.<br /> Die randomisierte ImpACT-24B-Studie<sup>1</sup> untersuchte das Verfahren der Ganglionstimulation an 1078 Patienten in 73 Zentren aus 18 L&auml;ndern in den Jahren 2011 bis 2018. Die eingeschlossenen Schlaganfallpatienten waren zwischen 40 und 85 Jahre alt, hatten keine Lysetherapie oder Thrombektomie erhalten und wurden innerhalb von 8 bis 24 Stunden nach dem Ereignis mit der minimal invasiven elektrischen GSP-Stimulation oder einem Scheineingriff (Placebogruppe) behandelt. Dazu wurde direkt am Patientenbett unter &ouml;rtlicher Bet&auml;ubung eine d&uuml;nne, ca. 2 cm lange Elektrode mittels eines speziellen Injektionsger&auml;tes vom Gaumen aus in den kn&ouml;chernen Nervenkanal eingebracht, in dem sich das Ganglion befindet (unter bildlicher Positionskontrolle). Die Elektrode verblieb dort &uuml;ber f&uuml;nf Tage und mit einem au&szlig;en seitlich an das Gesicht gehaltenen Transmitter wurde t&auml;glich eine vierst&uuml;ndige Elektrostimulation durchgef&uuml;hrt.</p> <p>&nbsp;</p> <h2>Signifikanter Behandlungserfolg bei Patienten mit Hirnrindeninfarkt</h2> <p>Die H&auml;ufigkeit von Therapienebenwirkungen bzw. unerw&uuml;nschten Ereignissen unterschied sich zwischen Interventions- und Placebogruppe nicht. Von den Patienten, die ausgewertet werden konnten, erreichten 49 % (234/481) der Interventionsgruppe und 45 % (236/519) der Placebogruppe ein 3-Monats-Outcome, welches die funktionellen Erwartungen &uuml;bertraf. Der Unterschied war insgesamt statistisch nicht signifikant &ndash; anders jedoch in der Untergruppe der Patienten, die bei dem Schlaganfall eine Beteiligung der Hirnrinde hatten. Bei diesen Patienten (insgesamt 520) war in der Interventionsgruppe bei 50 % (121/244) und in der Placebogruppe bei 40 % (110/276) ein Behandlungserfolg zu verzeichnen (Unterschied signifikant, p = 0,0258). Au&szlig;erdem gab es bei den Patienten mit Hirnrindeninfarkt eine U-f&ouml;rmige Beziehung zwischen der Intensit&auml;t der Elektrostimulation und dem Outcome: Bei einer leichten bis mittelstarken Stimulation konnte bei 70 % der Patienten ein Behandlungserfolg erreicht werden, bei einer hohen Intensit&auml;t jedoch nur bei 40 % wie in der Placebogruppe.<br /> &bdquo;Wir konnten zeigen, dass die Methode der GSP-Stimulation f&uuml;r viele Patienten mit einem isch&auml;mischen Schlaganfall zu einem Behandlungserfolg f&uuml;hrte und sicher ist, sogar auch, wenn der Hirninfarkt schon bis zu 24 Stunden zur&uuml;ckliegt&ldquo;, so Prof. Hans- Christoph Diener, Medizinische Fakult&auml;t der Universit&auml;t Duisburg-Essen und Mitautor der Studie. &bdquo;Obwohl das Ergebnis in der Gesamtauswertung statistisch nicht signifikant war, konnten wir eine Untergruppe identifizieren, die k&uuml;nftig von dem Verfahren profitieren k&ouml;nnte. Gerade bei Patienten mit Schlaganf&auml;llen durch einen Hirnrindeninfarkt &ndash; das waren in der Studie mehr als die H&auml;lfte &ndash;, bei denen Kontraindikationen zur Lyse oder zur interventionellen Therapie bestehen, k&ouml;nnte diese Ganglienstimulation eine neue M&ouml;glichkeit darstellen, das Outcome deutlich zu verbessern.&ldquo; (red)</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Medienmitteilung der DGN vom 3. Juni 2019 </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Bornstein N et al.: Lancet 2019. doi: https://doi. org/10.1016/S0140-6736(19)31192-4</p> </div> </p>
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