
Diagnose und Therapie von vulvovaginalen Erkrankungen
Bericht:
Mag. Dr. Anita Schreiberhuber
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Setzen sich natürlich vorkommende pathogene Keime in der Vaginalflora gegenüber den Laktobazillen durch, entstehen Infektionen wie bakterielle Vaginose oder vulvovaginale Candidose. Die sexuell übertragbaren Erkrankungen Gonorrhö und Chlamydien sind insofern heimtückisch, als sie durch Aszension zur Sterilität führen können. HPV-assoziierte Karzinome sind die bisher einzigen, gegen die eine Impfung verfügbar ist.
Die physiologische Vaginalflora zeichnet sich durch eine Dominanz an Laktobazillen aus. Das Vorkommen von Pilzsporen oder Keimen wie Gardnerella vaginalis ist natürlich und kann das Gleichgewicht der Mikrobiota nicht stören, solange Laktobazillen im Überschuss vorhanden sind. Laktobazillen bilden drei Schutzmechanismen aus: Sie unterstützen die Produktion von Milchsäure zwecks Senkung des ph-Wertes auf 4,0–4,5, sie inhibieren das Wachstum von pathogenen Keimen durch H2O2-Produktion und konkurrieren mit pathogenen Keimen um die Adhärenz an Epithelzellen. Alterationen im Mikrobiom, bedingt durch eine Zunahme an pathogenen Keimen bei Infektionen, gehen mit einer Zunahme des pH-Wertes in Richtung des basischen Milieus einher.1 Bei einem pH-Wert von 7 sind nur mehr vereinzelt Laktobazillen vorhanden, ab einem Wert ≥7 gar keine mehr – es liegt eine ausschließlich pathogene Flora mit vielen Leukozyten vor. Die Zusammensetzung des vaginalen Mikrobioms ändert sich im Laufe des Lebens und wird einerseits durch den Hormonstatus (Pubertät, Schwangerschaft, Menopause, …), andererseits auch multifaktoriell durch intrinsische (Adipositas, immunologischer und emotionaler Status etc.) und extrinsische Faktoren (Rauchen, sexuelle Aktivitäten etc.) beeinflusst.1, 2
Bakterielle Infektionen und Mykosen
Bakterielle Vaginose (BV)
Die BV, die häufigste vaginale Infektion bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren, ist ein polymikrobielles Syndrom und zeichnet sich durch eine Verschiebung des vulvovaginalen Ökosystems zugunsten der Anaerobier aus, wobei neben einer Dominanz an Gardnerellen verschiedene andere Spezies vorzufinden sind. Differenzialdiagnostisch muss eine Candidainfektion ausgeschlossen werden, da die unspezifischen Symptome Unterbauchschmerzen, Brennen, Ausfluss und Dyspareunie nicht klar auf eine bakterielle Vaginose hindeuten.3
Vulvovaginale Candidose (VVC)
Die VVC ist die zweithäufigste Infektion und wird in 85–90% der Fälle durch Candida albicans verursacht. Es können die gleichen Symptome wie bei der BV auftreten, aber auch Juckreiz und Dysurie sowie ein weißlicher, geruchsarmer Fluor sind charakteristisch.
Von einer rezidivierenden VVC spricht man, wenn ein Auftreten von ≥4x/Jahr verzeichnet wird. Dabei wird ein Mangel an immunkompetenten T-Lymphozyten beobachtet, dessen Ursache ungeklärt ist.4
Diagnose der BV und VVC
Als Goldstandard für die Diagnose giltdie Gramfärbung. Die Durchführung eines Kulturabstrichs und entsprechend eine Behandlung nach den nachgewiesenen Keimen ist nur eine Alternative bei Spezialfragestellungen (z.B. Resistenzen), da die Kultur nur das Vorhandensein, jedoch nicht die Häufigkeit der Keime nachweist und daher auch nichts über das Gleichgewicht zwischen protektiven und pathogenen Keimen aussagt.Die Gramfärbung ermöglicht zwar eine akkurate Diagnose, weist aber mehrere Nachteile auf: Sie ist zeit- und kostenintensiv, und sie erfordert ausgebildetes Personal und Bestätigungstests, die ebenfalls zeit- und ressourcenintensiv sind.5, 6 Eine valide alternative Option können Point-of-Care-Schnelltests wie der SavvyCheck™ für das Screening auf VVC sein. Für diesen Test konnte gezeigt werden, dass er eine hohe Sensitivität (93%) und Spezifität (94%) aufweist7 und auch bei Schwangeren verlässliche Ergebnisse liefert.6 Gegenüber der Gramfärbung bieten Schnelltests die Vorteile, dass sie einfach durchführbar und kostensparend sind und das Ergebnis binnen 10 Minuten vorliegt.6–8
Therapie
Als Therapie kommen bei BV Antibiotika, bei VVC Antimykotika (peroral; p.o.) zum Einsatz. Bei Schwangeren werden diese nur topisch verabreicht (Tab. 1).3,4 Wenn kein Schnelltest verfügbar ist, können lokale Antiseptika mit einem breiten antimikrobiellen und antimykotischen Spektrum eine gangbare Alternative darstellen. Diese ersetzen zwar die diagnostische Abklärung nicht, werden aber von der Effektivität her als den Standardtherapien gegenüber gleichwertig für die Behandlung von BV und VVC erachtet.9
Tab. 1: Therapie der BV und VVC bei Erstinfektion (modifiziert nach CDC-Guidelines und Farr et al.)3, 4
„Sexual transmitted diseases“ (STDs)
Den beiden STDs Gonorrhö (besser bekannt als „Tripper“) und Chlamydieninfektion ist gemeinsam, dass es sich um aszendierende Infektionen handelt, d.h., sie können über eine Zervizitis zu einer Endometritis, Salpingitis und Adnexitis und im schlimmsten Fall zu Sterilität führen. Die Symptome sind geschlechtsspezifisch und eine Partnertherapie ist in jedem Fall indiziert. Bei Gonorrhö und Syphilis handelt es sich um meldepflichtige Krankheiten.10–12
Gonorrhö
Gonorrhö wird durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae verursacht und kommt mit einer Häufigkeit von <1% vor. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwei bis drei bzw. bis zu sieben Tage. Bei der Frau ist der Krankheitsverlauf weniger charakteristisch und weniger symptomatisch – die Infektion manifestiert sich in Form von Dysurie, verstärktem Fluor, Zwischenblutungen und einer mukopurulenten Zervizitis (gelblich-eitriges Zervikalsekret im Rahmen eines entzündlichen Erythems der Portio). Männer entwickeln eine akute Urethritis, Dysurie und einen mukopurulenten Ausfluss. Differenzialdiagnostisch muss eine Infektion mit Chlamydien ausgeschlossen werden. Laborchemisch kann die Diagnose mittels PCR, einer Kultur und Amplifikationstests (v. a. aus Urin) gestellt werden.10
Chlamydien
Chlamydieninfektionen sind die häufigsten STDs und insofern heimtückisch, als sie in bis zu 90% der Fälle asymptomatisch verlaufen und unbemerkt durch Verkleben der Tuben zur Sterilität führen können. Infizierte Frauen weisen endozervikale Blutungen, einen mukopurulenten endozervikalen Fluor, ein Ödem im Bereich von Ektopien und eine mukopurulente Zystitis mit einer charakteristischen erdbeerfarbenen Entzündung der Portio auf. Männer entwickeln eine Zystitis und eine Epididymitis. Die Diagnose muss klinisch und laborchemisch (PCR, Amplifikationstests, alternativ mittels Kultur auf Spezialagar) erfolgen.11
Syphilis
Bei Syphilis handelt es sich um eine systemische Erkrankung, die in mehreren Phasen abläuft. Die Frühsyphilis umfasst die Phasen I und II und dauert weniger als ein Jahr, die Spätsyphilis wird in die Phasen III und IV unterteilt und dauert länger als ein Jahr. Die Erkrankung wird durch das Bakterium Treponema pallidum ausgelöst. Diese Spirochätenart dringt über mikroskopisch kleine Epitheldefekte in die Schleimhaut ein, die Inkubationszeit beträgt zwei bis drei Wochen. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch über eine Schmierinfektion v.a. beim Geschlechtsverkehr (GV). Der Primäraffekt manifestiert sich bei 95% der Fälle genital, extragenitale Lokalisationen können die Lippen, Mundhöhle, intrarektal etc. sein. Die Erstmanifestation äußert sich in Form einer schmerzlosen, meist solitären Papel, die rasch ulzeriert und in ein schmerzloses, derbes Ulkus übergeht (Ulcus durum). Nach einer Zeitspanne von 2–3 Wochen erfolgt eine spontane Remission.
Das Stadium II der Syphilis („Generalisierungsphase“) tritt drei bis acht Wochen nach dem Primäraffekt auf. Die Patient:innen entwickeln Allgemeinsymptome (Müdigkeit, Fieber, Hals-/Muskel-/Gelenkschmerzen) und eine generalisierte indolente Lymphadenopathie, ein häufig palmoplantar lokalisiertes Exanthem, eine De-/Hypopigmentierung und eine Alopezie im Bereich des abgeheilten Areals. Bei 75% der Fälle erfolgt nach dem Sekundärstadium eine Spontanheilung.12,13
Die Diagnose erfolgt ausschließlich serologisch. Es werden dabei immer zwei Tests benötigt, da der TPPA(Treponema-pallidum-Partikel-Agglutination)- und der TPHA(Treponema-pallidum-Häm-Agglutination)-Test nach der Erstinfektion ein Leben lang positiv bleiben. Es empfiehlt sich dabei der Einsatz des VDRL(„veneral disease research laboratory“)-Tests oder eines IgM-Immuno-Assays als zweite Testvariante.
Therapie
Alle STDs werden antibiotisch behandelt.10–12 Bei Gonorrhö wird Ceftriaxon als Single Shot intramuskulär (i.m.) verabreicht. Wenn Chlamydien nicht ausgeschlossen werden können, wird zusätzlich die Einnahme von Doxycyclin p.o. für sieben Tage bzw. bei Schwangeren Azithromycin p.o. empfohlen. Für die Partnertherapie wird ebenfalls ein Cephalosporin – ggf. in Kombination mit Doxycyclin – empfohlen.10 Eine Chlamydieninfektion wird mit Doxycyclin bzw. Azithromycin p.o. und bei Schwangeren aufgrund der Teratogenität von Doxycyclin ausschließlich mit Azithromycin behandelt. Das Gleiche gilt für die Partnertherapie.11 Bei Syphilis ist die Therapie in den Früh- und Spätstadien gleich, nur die Dauer ist unterschiedlich. Bei der Primärinfektion ist die einmalige Gabe von 2,4ME Benzhathion-Benzylpenicillin i.m. ausreichend, nur bei absoluter Kontraindikation gegen Penicilline kann Doxycyclin p.o. verabreicht werden.12
Virale STDs
Entgegen früheren Annahmen können neben HSV(Herpes simplex)-Typ-2- auch HSV-Typ-1-Viren einen Herpes genitalis auslösen. Die Viren werden über Schmierinfektion durch Schleimhautkontakt übertragen. Die Erstinfektion manifestiert sich in Form von Bläschen, Ulzerationen, starken Schmerzen, Dysurie, Ausfluss und lokaler Lymphadenopathie.
Da die Symptome sehr charakteristisch sind, ist eine klinische Untersuchung für die Diagnose ausreichend. Die Viren können durch Isolation aus der Bläschenflüssigkeit nachgewiesen werden. Rezidivierender Herpes genitalis geht nur selten mit systemischen Symptomen einher, die Bläschenbildung ist weniger ausgeprägt und es kommt zu einer Prodromie als Zeichen der Virusreplikation.
Therapeutisch stehen die von ihrer Effektivität her vergleichbaren Virustatika Aciclovir, Famciclovir und Valaciclovir zur Verfügung, die alle p.o. verabreicht werden.13
Humane Papillomaviren (HPV)
Infektionen mit HPV sind Kontaktinfektionen, die üblicherweise beim GV zustande kommen. HPV können Zervixdysplasien und in weiterer Konsequenz Zervixkarzinome sowie Kondylome auslösen. Weiters bedingen HPV bestimmte Arten des Penis-, Anal- und Oropharyngealkarzinoms.
Mit der HPV-Impfung, einem nonavalenten Impfstoff, ist eine effektive Schutzmaßnahme verfügbar, die ca. 89% der HPV-assoziierten Zervixkarzinomeverhindern kann. Die Impfung ist daher für alle Geschlechter unerlässlich. In Österreich ist die Durchimpfungsrate mit ca. 35% leider nach wie vor sehr gering, sodass wir von dem Ziel einer Herdenimmunität noch weit entfernt sind.
Quelle:
Foessleitner P: Webinar „Diagnose und Therapie vulvovaginaler Infektionen“ der Jungen Gyn in Kooperation mit Universimed, 31. Jänner 2024
Literatur:
1 Leyva-Gómez R et al.: Pharmaceutics 2019; doi:10.3390/pharmaceutics11050217 2 Brotman RM et al.: BMC Infect Dis 2014: doi: https://doi.org/10.1186/1471-2334-14-47 3 CDC-Guidelines BV 2021: https://www.cdc.gov/std/treatment-guidelines/bv.htm 4 Farr et al.: Guideline: Vulvovaginal candidosis (AWMF 015/072, level S2k). Mycoses 2021; 64(6): 583-602 5 Witt A et al.: J Clin Microbiol 2002; 40: 3057-59 6 Foessleitner P et al.: J Funghi 2021: https://doi.org/10.3390/jof7030233 7 Dan A et al.: Dign Microbiol Infect Dis 2010; 67: 52-55 8 Chatwani AJ et al.: Am J Obstet Gynecol 2007: doi: 10.1016/j.ajog.2006.11.025 9 Eckel F et al.: J Low Genit Tract Dis 2024; 28: 76-83 10 CTC-Guidelines Gonorrhö 2021: https://www.cdc.gov/std/gonorrhea/treatment.htm 11 CDC-Guideline Chlamydial Infections 2021: https://www.cdc.gov/std/treatment-guidelines/chlamydia.htm#print 12 CDC-Guidelines Syphilis 2021: https://www.cdc.gov/std/treatment-guidelines/default.htm 13 CDC-Guidelines Genital herpes: https://www.cdc.gov/std/treatment-guidelines/herpes.htm