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Welche Interaktionen sind zu beachten?
Jatros
Autor:
Leonie Meemken, MSc
Pharmazeutin<br> E-Mail: info@meettheexperts.at<br> Web: <a href="http://www.aidsgesellschaft.info/meet-the-experts/meettheexperts_login.htm" target="_blank">www.meettheexperts.at</a>
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29.09.2016
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<p class="article-intro">Substanzgebrauch ist in der Therapie der HIV-Infektion wieder ein Gesprächsthema. Früher waren es Opiate, Crack und Kokain. In den letzten Jahren sind MDMA, Ketamin, Benzodiazepine (z.B. Diazepam) und Poppers sowie die Chemsex-Substanzen Crystal Meth, Mephedron (Badesalz) und GBL/GHB (G, Liquid Ecstasy) dazugekommen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Mit dem Gebrauch von Chemsex-Drogen steigt auch das allgemeine ­Infektionsrisiko.</li> <li>Vor allem mit Ritonavir- und Cobicistat-geboosterten Regimen treten schwere Wechselwirkungen auf.</li> <li>Ein offenes Gespräch mit Substanzgebrauchern ist Voraussetzung für eine ­optimale Beratung.</li> </ul> </div> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Infekt_1603_Weblinks_seite14.jpg" alt="" width="549" height="519" /></p> <p>Die Substanzen werden vielfach auf Club- und Hauspartys konsumiert, werden als Stimulanzien beim Sex eingesetzt und wirken oft über das ganze Wochenende.<sup>1</sup> Laut einer soziodemografischen Studie aus England, an der 2.248 HIV-infizierte homo- und bisexuelle Männer (MSM) teilnahmen, berichteten 50,6 % der Patienten über den Gebrauch von Substanzen in den vergangenen drei Monaten. Ein Viertel davon gab an, häufig drei oder mehr Substanzen gleichzeitig konsumiert zu haben.<sup>2</sup></p> <h2>Veränderung des Fokus</h2> <p>Unter dem Einfluss von Chemsex-Drogen kann die Anzahl der Sexualkontakte von MSM auf bis zu 15 an einem Abend steigen. Die meisten Konsumenten dieser Drogen ersetzen feste Partnerschaften durch „kalte Sexbeziehungen“. Diese Gruppe unterscheidet sich deutlich von jenen MSM, die Cannabis oder Ecstasy konsumieren. Für Letztere sind Kommunikation und das Sprechen über ihre Gefühle weitaus bedeutender. In der „56 Dean Street“, einer Klinik in London, setzt man sich daher intensiv mit dem Thema „sober sex“ (Sex ohne Drogen) auseinander. Ausgebildete Coaches führen dabei mit ihren Patienten lösungsfokussierte Kurzzeittherapiegespräche, die zu einer Änderung der Lebensweise führen sollen.<sup>3</sup></p> <h2>Aufklärung bezüglich Risikominimierung von Infektionen</h2> <p>Sex mit wechselnden Partnern über mehrere Tage hinweg stellt eine extreme Belastung für die Schleimhäute dar und erhöht das Infektionsrisiko. Außerdem werden Drogen vermehrt intravenös appliziert („geslammt“), was alle Risiken, die mit unsauberem Injizieren und dem Tausch von Spritzutensilien einhergehen, mit sich bringt (Infektion mit HIV/Hepatitis C, Spritzenabszesse etc.).<sup>4</sup><br /> <br /> Das erhöhte Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten (STD) führte besonders in Großstädten wie London, Berlin, San Francisco, Los Angeles und Sydney zu einer Expansion der HIV-Epidemie. Vor allem nach dem Aufkommen von Mephedron breiteten sich riskante Sexpraktiken aus. Es wird von einer schlechten Therapie-Compliance am Wochenende ausgegangen. Daher ist bei HIV-Patienten unter ART, die Partydrogen konsumieren, vermehrt auf Resistenzen zu achten.<sup>1</sup></p> <h2>Interaktionspotenzial</h2> <p>Auch wenn in der Literatur nur einige wenige fatale Fälle beschrieben sind, die auf das Interaktionspotenzial zwischen der ART und den verschiedenen Suchtmittelsubstanzen zurückzuführen sind, gibt es dennoch pharmakokinetische Hinweise auf ein erhöhtes Interaktionspotenzial.<br /> <br /> Vor allem bei Kombination mit den Proteasehemmern, die mit Ritonavir oder Cobicistat geboostert werden, sowie dem geboosterten Integrasehemmer Elvitegravir ist Vorsicht geboten. Denn Ritonavir und Cobicistat hemmen die Isoenzyme CYP2D6 und CYP3A4 in der Leber. Dadurch werden die Substanzen verlangsamt abgebaut und es können vermehrt Nebenwirkungen auftreten. Bei den NNRTI wird der gegenteilige Effekt erwartet, also reduzierte Substanzspiegel.<sup>1</sup><br /> Mit den NRTI und den Integrasehemmern Raltegravir und Dolutegravir, die nicht geboostert werden, sind weniger Interaktionen zu befürchten. Zu den Substanzen mit geringem Interaktionspotenzial mit der ART zählen Alkohol, Cannabis, Opioide und Nitrate.<sup>1</sup><br /> <br /> Im Folgenden wird kurz auf die verschiedenen Substanzen eingegangen.</p> <h2>Crystal Methamphetamin (Crystal Meth)</h2> <p>Dieses Psychostimulans wird wahrscheinlich von 25 Mio. Menschen eingenommen und übertrifft damit Heroin und Kokain an Beliebtheit. Es wird geraucht, geschnupft oder injiziert, oft mit Mephedron und GHB kombiniert und im sexuellen Kontext genutzt. Es ist mit riskanten Sexpraktiken assoziiert und führt zu gesteigerter Energie, vermehrtem Selbstvertrauen und erhöhter Libido.<sup>1</sup><br /> <br /> Ursache ist die Aktivierung des Belohnungssystems des Gehirns in einem ungeahnten Ausmaß, dadurch wird Sex unter Einfluss von Methamphetamin als „das höchste der Gefühle“ empfunden. Danach kommt es zur Verarmung des Nervensystems an Dopamin. Auf den Rausch folgt eine depressive Verstimmung, die oft so unangenehm ist, dass die Betroffenen sofort wieder zur Droge greifen.<sup>4</sup> Der Körper verfällt, da er im falschen Gefühl des Wohlbefindens vom Drogengebrauch vorangetrieben wird. Crystal Meth hat ein starkes suchterzeugendes Potenzial.<br /> <br /> Der Teufelskreis etabliert sich oft schon nach der ersten Einnahme und führt zu einer immer weiteren Verarmung an Dopamin bis hin zur Entwicklung massiver Psychosen, oft mit Verfolgungswahn.<sup>5</sup> Sex ohne Droge wird als unmöglich oder langweilig empfunden, die Droge wird zum Lebensinhalt.<sup>4</sup> Hinzu kommt, dass unter dem Einfluss der Droge oft tagelang nicht geschlafen und nichts gegessen wird, mit den entsprechenden körperlichen Folgen.<sup>5</sup><br /> <br /><strong> Mögliche Interaktionen</strong><br /> Crystal Meth wird über das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, das von Ritonavir und Cobicistat gehemmt wird. Dadurch können theoretisch erhöhte Methamphetaminspiegel auftreten, die sich in Hypertension, Hyperthermie, Krämpfen, Arrhythmien, Tachykardie äußern können. Klinische Relevanz erhält die Interaktion besonders bei hohen Ritonavir-Dosen. Ein Patient mit der Medikation Saquinavir 400mg/Ritonavir (RTV) 400mg 2x täglich (= BID) und Stavudin verstarb nach der Einnahme von Crystal Meth.<sup>1, 6</sup><br /> <br /> Bei den heutigen niedrigen RTV-Dosen von 100mg BID oder Cobicistat ist das Interaktionspotenzial vermutlich als eher gering einzustufen. Doch die therapeutische Breite der Substanzen ist gering. Wenn sich zusätzlich ein genetischer Polymorphismus an dem Isoenzym CYP2D6 durch eine geringe Enzymzahl negativ auf den Abbau auswirkt, kann die Spiegelerhöhung eventuell doch vermehrte Toxizität auslösen. Wenn auch genaue Daten dazu fehlen, ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass 10 % der Kaukasier „schlechte Metabolisierer“ sind.</p> <h2>3,4-Methylendioxy-N-­Methylamphetamin (MDMA)</h2> <p>MDMA oder Ecstasy sind indirekte Serotonin-/Noradrenalin-Agonisten, die zusätzlich halluzinogen wirken. MDMA euphorisiert, erleichtert eine ungezwungene Kontaktaufnahme zu anderen Menschen und das Verständnis der eigenen inneren Gefühle. Im Gegensatz zu Alkohol oder Opiaten besteht bei Ecstasy ein geringeres Risiko einer Abhängigkeit, die zu täglichem Konsum führt. Es entsteht eher eine Abhängigkeit von dem Setting, in dem die Droge konsumiert wird.<sup>4</sup> Es wird als Kapsel, Tablette oder Puder oft in Kombination mit Aspirin, Koffein, Ketamin, LSD oder Pseudoephedrin eingenommen.<sup>1</sup><br /> <br /> Alle Amphetamine werden über das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, sodass Ritonavir und Cobicistat die Amphetaminspiegel erhöhen können. Fallberichte beschreiben Herzrasen und Blutdruckanstieg. Es wird in einem Fall von tödlichen Nebenwirkungen unter einer hohen ­Ritonavir-Dosis berichtet.<sup>7–9</sup> Kanadische Pharmazeuten empfehlen bei unvermeidbarer Einnahme eine reduzierte Dosis von 25 % der üblichen Amphetamin-Dosis ­unter einem Booster-Regime.<sup>9</sup> „Poor ­metabolizers“ reagieren ebenfalls auf niedrigere Amphetamin-Dosen.</p> <h2>Kokain</h2> <p>Kokain ist ein Alkaloid der Kokapflanzenblätter, das den Energielevel und das Selbstvertrauen steigert. Es hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und birgt damit ein starkes Suchtpotenzial.<sup>5</sup> Es wird geschluckt, geraucht, injiziert oder – meist – geschnupft. Kokain hat keine große Affinität zum Cytochromsystem. Nur 10 % des Kokains werden über CYP3A4 zum hepatotoxischen Metaboliten Norkokain abgebaut. Eine Kombination von NNRTI (z.B. Efavirenz, Nevirapin, Etravirin), die die Enzymproduktion von CYP3A4 aktivieren, könnte zur Anreicherung des Norkokains und zu einer vermehrten Hepatotoxizität führen.<sup>1</sup></p> <h2>Mephedron (Badesalz)</h2> <p>Mephedron zählt zu den Cathinon-Derivaten. Diese psychoaktiven semisynthetischen Substanzen aus der Gruppe der Amphetamine sind Hauptbestandteile der sogenannten „Badesalzdrogen“. Sie sind chemisch mit Cathinon, dem stimulierenden Wirkstoff des Kath-Strauches, und Metcathinon verwandt.<sup>5</sup> Mephedron wird, in Zigarettenpapier gewickelt, geschluckt („Bombe“), geschnieft, injiziert oder rektal angewendet.<sup>4</sup><br /> <br /> Ähnlich wie Methamphetamin hat es einen stimulierenden Charakter, ist entaktogen, erzeugt Euphorie und erhöht die Offenheit. Mephedron wird auf Partys meist mit Methamphetamin und GHB kombiniert und aufgrund seiner kurzen Wirksamkeit mehrmals eingenommen, um den Effekt zu erhalten. Das Vergiftungsbild ist ähnlich dem von Amphetamin, kann aber durch Verunreinigungen oder Beikonsum von Alkohol variieren.<sup>5</sup> Agitation, Ängstlichkeit, Erbrechen, Migräne und Schlaflosigkeit sind häufig.<sup>10</sup> Mephedron wird wie die anderen Amphetamin-Derivate über das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, sodass auch hier erhöhte Mephedronspiegel unter Ritonavir und Cobicistat erwartet werden.<sup>7</sup></p> <h2>GHB (Liquid Ecstasy)</h2> <p>Gammabutyrolacton (GBL) ist eine Prodrug, die im Körper in das aktive Gammahydroxybutyrat (GHB) verstoffwechselt wird, das ebenfalls als Droge verwendet wird. Es ist eng verwandt mit dem Neurotransmitter GABA (γ-Aminobuttersäure). GHB wird schnell oral aufgenommen, es hat eine Halbwertszeit von 20 bis 60 Minuten. Die C<sub>max</sub> ist nach 40 Minuten erreicht und nach 4–8 Stunden ist die Substanz aus dem Körper eliminiert.<sup>1</sup><br /> <br /> Die Wirkung ähnelt derjenigen von Alkohol, tritt aber schon bei geringen Mengen ein: zunächst ein wohliges entspannendes Körpergefühl, erhöhte Libido und Euphorie. Höhere Dosen machen sehr müde und führen gelegentlich zum Erbrechen, da GHB die Magenschleimhaut reizt (deshalb wird GBL immer verdünnt konsumiert). Die Kombination aus Bewusstlosigkeit und Erbrechen ist gefährlich, da sie zum Erstickungstod führen kann. GBL/GHB darf nicht mit alkoholischen Getränken kombiniert werden,<sup>4</sup> denn GBL wird unter anderem über die Alkoholdehydrogenase in GHB umgewandelt. Alkohol kann als konkurrierendes Substrat den Abbauprozess hemmen. Das führt zu einem gefährlichen Anstieg des GHB-Metaboliten 1,4-Butanediol (1,4-BD), der stark atemdepressiv wirkt.<sup>1</sup><br /> <br /> Da der Unterschied zwischen wirksamer und toxischer Dosis bei GBL/GHB sehr gering ist, sollte die Menge immer mit einer kalibrierten Pipette oder Spritze sorgfältig abgemessen werden.<sup>4</sup> Überdosen sind wegen der Gefahr der Atemdepression gefährlich.<sup>5</sup> Es hat eine geringe therapeutische Breite und Dosen von mehr als 3ml wirken tödlich.<sup>1</sup> Die Vergiftung äußert sich in Somnolenz bis Koma, Verwirrtheit, Erbrechen, Bradykardie und bei hohen Dosen Atemdepression. Die Pupillen können miotisch oder auch dilatiert sein. Orale Dosen ab 50mg/kg führen meist zu Bewusstseinsverlust und tiefem Koma.<br /> <br /> Bereits relativ kurzfristiger regelmäßiger Missbrauch von GHB und dessen Analoga kann zu einer Abhängigkeitsentwicklung mit größtenteils deliranten Entzugssyndromen nach Absetzen der Substanz führen, die häufig intensivmedizinisch behandelt werden müssen.<sup>11</sup><br /> <br /><strong> Mögliche Interaktionen</strong><br /> Die Abbauwege von GHB sind unklar, wahrscheinlich sind CYP2D6 und CYP3A4 beteiligt. In einem Fallbericht äußert sich die GHB-Toxizität unter Saquinavir/Ritonavir (SQV/r) mit epileptischen Anfällen, verlangsamtem Herzschlag, Atemdepression und Bewusstseinsverlust. Unter RTV und Cobicistat darf GHB daher keinesfalls in hohen Dosen eingenommen werden.<sup>7</sup></p> <h2>Ketamin</h2> <p>Diese Substanz, auch als „Special K“ oder „Vitamin K“ bekannt, wird wegen der dissoziativen Anästhesie bei extremen Sexpraktiken eingesetzt.<sup>4</sup> Es ist keine Chemsex-Substanz, hat an Popularität unter MSM verloren und wird vermehrt von Heterosexuellen konsumiert.<sup>1</sup> Überdosierungen lähmen bei vollem Bewusstsein, ein Zustand, der Panik hervorrufen kann. Chronischer Gebrauch von Ketamin schädigt das Blasenepithel („Ketamin-Blase“). Die Substanz kann geschnieft, i.m. injiziert oder rektal appliziert werden.<sup>4</sup><br /> <br /><strong> Mögliche Interaktionen</strong><br /> Ketamin wird hauptsächlich über CYP3A4 abgebaut, CYP2B6 und CYP2C9 spielen eine untergeordnete Rolle. Eine Interaktion mit Ritonavir und Cobicistat wird erwartet, da unter Clarithromycin, einem starken CYP3A4-Inhibitor, ein 3- bis 4-facher Anstieg der C<sub>max</sub> von Ketamin gemessen wurde und eine 50 % ige Reduktion der C<sub>max</sub> des aktiven Metaboliten Norketamin. Zhou et al berichten über zwei Fälle HIV-positiver Patienten unter geboostertem Darunavir und Lopinavir, die Schmerzen unter einer Kurzzeit-Ketamin-Einnahme entwickelten.<br /> <br /> Da unter Rifampicin und Barbituraten, CYP3A4-Induktoren, die Ketaminspiegel sanken, wird mit Efavirenz und Nevirapin auch ein Spiegelabfall erwartet.<sup>1</sup></p> <h2>Benzodiazepine</h2> <p>Benzodiazepine werden zum „Runterkommen“ von Stimulanzien oder zur Erhaltung von anderen psychotropen Substanzen benötigt. Da Diazepam als Detoxregime für GBL/GHB genutzt wird, besitzen viele Substanzanwender Diazepam, um Entzugssyndrome zu managen.<sup>1</sup><br /> <br /> Mögliche Interaktionen<br /> Viele Benzodiazepine werden über CYP3A4 abgebaut. In Kombination mit Ritonavir und Cobicistat wird mit verstärkter Sedierung und potenzieller respiratorischer Depression gerechnet. Diazepam und Alprazolam sind die meistgenutzten Benzodiazepine in der Szene. Beide werden über CYP3A4 abgebaut. Alprazolam ist mit Ritonavir und Cobicistat kontraindiziert. Die Diazepam-Spiegel steigen besonders bei „poor“ Metabolisierern von CYP2C19 oder nach der zusätzlichen Einnahme von CYP2C19-Inhibitoren, wie z.B. Omeprazol. Hier ist auf Pantoprazol umzustellen oder ein Benzodiazepin zu nutzen, das über die Glucuronyltransferase abgebaut wird, wie z.B. Oxazepam, Lorazepam oder Temazepam.<sup>1, 4, 5</sup></p> <h2>Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer</h2> <p>PDE-5-Hemmer werden missbräuchlich im Kontext von Chemsex verwendet, um die sexuelle Aktivität zu verlängern und den impotenzinduzierenden Effekt anderer Substanzen zu lindern. Die ASTRA-Studie aus England berichtet, dass 21 % der MSM unter ART PDE-5-Hemmer nutzen. Doch unter Ritonavir und Cobicistat werden stark erhöhte PDE-5-Hemmer-Spiegel mit verstärkter Kardiotoxizität erwartet.<br /> Die Spiegel von Sildenafil 100mg stiegen auf das 11-Fache unter RTV 500mg BID, von Vardenafil 5mg auf das 49-Fache unter RTV 600mg BID und bei Tardalafil 20mg erhöhten sich die Spiegel um 124 % unter RTV 200mg BID. Es wird empfohlen, die Dosis auf Sildenafil 25mg alle 48h und Tadalafil 10mg alle 24h unter Booster-Regimen zu reduzieren. Vardenafil ist kontraindiziert mit Lopinavir/Ritonavir. Das gilt auch für Poppers. Durch den Blutdruckabfall kann es zur Abnahme der koronaren Perfusion mit möglicher Folge eines Herzinfarkts kommen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Eine endgültige Abschätzung des Interaktionspotenzials der ART mit den neuen Substanzen gibt es nicht. Besonders unter Ritonavir und ­Cobicistat sind niedrige ­ Dosen vorteilhaft. Außerdem ist zu beachten, dass weitere CYP3A4-Inhibitoren aus anderen Indikationen wie z.B. die Makrolidantibiotika, die Azole, Fluvoxamin und einige DAA wie z.B. Parita­previr/Ritonavir ebenfalls erhöhte Substanzspiegel aufbauen können. Im Patientengespräch wäre es ­wünschenswert, mit Substanz­gebrauchern ins Gespräch zu ­kommen, ein Bewusstsein für die ­Risiken zu schaffen, die sexuelle Gesundheit durch Drogen-freie Wochenenden zu verstärken und über Interaktionen ­aufzuklären.</p> </div></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Bracchi M et al: Increasing use of “party drugs” in people living with HIV on antiretrovirals: a concern for patient ­safety. AIDS 2015; 29: 1585-92 <strong>2</strong> Daskalopulou M et al: Recreational drug use, polydrug use and sexual behaviour in HIV-diagnosed men who have sex with men in the UK: results from the cross-sectional ASTRA study. Lancet HIV 2014; 1: e22-31 <strong>3</strong> Stuart D: persönliche Konversation <strong>4</strong> Schwarze S et al: Neue Drogen – neue Herausforderungen, ein Blick aus verschiedenen Perspektiven. INXFO Newsletter 2015 <strong>5</strong> Reisinger M et al: Partydrogen unter einer antiretroviralen Therapie. Meet the Experts Newsletter 3, Wien 2014 <strong>6</strong> Hales G et al: Possible fatal interaction ­between protease inhibitors and methamphetamine. Antivir Ther 2000; 5: 19 <strong>7</strong> Antoniou T et al: Interactions between recreational drugs and antiretroviral agents. Ann Pharmacother 2002; 36: 1598-613<strong> 8</strong> Mirken B: Danger: possibly fatal interactions between ritonavir and “ecstasy,” some other psychoactive drugs. AIDS Treat News 1997; 265: 5 <strong>9</strong> Henry JA et al: Fatal interaction between ritonavir and MDMA. Lancet 1998; 352: 1751-2 <strong>10</strong> Wood DM et al: Clinical pattern of toxicity associated with the novel synthetic ­cathinone mephedrone. Emerg Med J 2011; 28: 280-2 <strong>11</strong> Reeves J et al: GHB/GBL intoxication and withdrawal: a review and case presentation. Addictive Disorders & Their Treatment 2003; 2: 25-8<br /><br /></p>
</div>
</p>
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