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RSV – unterschätzte Gefahr
Jatros
30
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13.09.2018
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<p class="article-intro">Aktuelle Untersuchungen mit österreichischer Beteiligung belegen, dass in Europa, wie auch weltweit, bei Erwachsenen zu wenig bzw. zu spät an eine RSV-Diagnostik gedacht wird. Das belastet die Patienten und kostet unnötig viel Geld. RSV bei Kindern bleibt ein weltweit drängendes Problem.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Das „respiratory syncytial virus“ (RSV) ist eine wichtige Ursache für Atemwegserkrankungen bei Kindern und Erwachsenen, wie es in einer am ECCMID 2018 präsentierten Studie hieß, an der auch die Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der MedUni Wien teilnahm.<sup>1, 2</sup> Der Grund für diese retrospektive Analyse der Daten von Patienten über 18 Jahre mit bestätigter RSV-Infektion in Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und Österreich bestand darin, dass es bisher vor allem für Erwachsene zu wenig Daten zur Krankheitslast durch RSV gibt.</p> <h2>Daten aus Europa</h2> <p>Beschrieben wurden die Art der verwendeten diagnostischen Tests, die Art der Abteilung (Notfallaufnahme, Normalstation, ICU), die den Test anforderte, andere, davor angeordnete Untersuchungen und nicht zuletzt Patientencharakteristika im Vergleich zwischen früh und spät erfolgten RSV-Diagnosen.<sup>1</sup><br /> Analysiert wurden 399 Patienten, von denen 103 immunsupprimiert, 126 chronisch lungenkrank, 101 über 65 Jahre und 69 zwischen 18 und 64 Jahre alt waren. 27 % der Gesamtgruppe hatten COPD, 32 % eine Herzerkrankung, 31 % Diabetes und 70 % waren aktuelle oder frühere Raucher. Der mittlere CURB-65-Score lag bei 1,51; 16 % der RSV-Infektionen wurden als schwer eingestuft.<sup>1</sup><br /> 60 % der RSV-Tests wurden von Normalstationen, 27 % von Notfallaufnahmen und 12 % von Intensivstationen angefordert. Die mediane Zeit bis zur bestätigten RSV-Diagnose betrug 25,5h, die durchschnittliche Zeit 32,2h. 82 % der Patienten hatten vor dem RSV-Test einen negativen Test auf ein anderes Pathogen (zwei Drittel auf Influenza). Ein früh erfolgter Test war ein Prädiktor für einen kürzeren Spitalsaufenthalt; auch war es nicht egal, welcher Test verwendet wurde.<br /> Patienten, die spät diagnostiziert wurden, benötigten häufiger eine mechanische Beatmung mit hohem Fluss, inhalative oder auch systemische Kortikosteroide, Ribavirin und Antibiotika – allerdings waren die Unterschiede in der Therapie zwischen früh und spät diagnostizierten Patienten nicht statistisch signifikant.<sup>2</sup><br /> Die wichtigste Konklusion aus dieser Studie war, dass derzeit RSV-Tests oft erst bei ausgeprägter Symptomatik und nicht selten erst auf der ICU durchgeführt werden. Vor allem bei Hochrisikopatienten sollte früher an RSV gedacht werden.</p> <h2>Wie sieht es weltweit aus?</h2> <p>In einer Studie wurden RSV-Daten aus 27 Ländern Europas, Nord- und Lateinamerikas, Asiens (mit China, aber ohne Russland), des südlichen Afrikas und Ozeaniens gesammelt und ausgewertet.<sup>3</sup><br /> Es fanden sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern; in allen Ländern bestanden jedoch starke saisonale Schwankungen der RSV-Inzidenz.<br /> Die RSV-Epidemien begannen in Ländern der Südhalbkugel zwischen März und Juni, auf der Nordhalbkugel zwischen September und Dezember und dauerten jeweils fünf bis sechs Monate (in manchen Ländern kürzer).<br /> Obwohl es in 19 von 27 beobachteten Ländern Überwachungssysteme gibt, waren die zu RSV erhobenen Daten spärlich und oft nur im Zusammenhang mit Influenzadaten erhältlich.</p> <h2>RSV bei Kindern</h2> <p>Unter den Viren, die schwere Atemwegserkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern hervorrufen, ist RSV mit Abstand das größte Problem.<sup>4</sup> Obwohl man in der Erforschung der Virusstruktur und der Pathogenese der Erkrankung große Fortschritte gemacht hat, ist weiterhin keine Impfung in Sicht. Laut einer aktuellen Metaanalyse<sup>5</sup> erkranken weltweit jedes Jahr 33 Millionen Kinder schwer an RSV, 3,2 Millionen werden stationär behandelt. Kinder unter sechs Monaten sind besonders schwer betroffen.<br /> Die WHO hat nun die Entwicklung eines Impfstoffs gegen RSV zu einem vorrangigen Ziel erklärt. Auch die Entwicklung von Medikamenten gegen RSV steht auf dem Aktionsplan.</p></p>
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<p><strong>1</strong> Launay O et al.: ECCMID, Madrid 2018. Poster P0020 <strong>2</strong> Harrer T et al.: ECCMID, Madrid 2018. Oral Presentation #0654 <strong>3</strong> O bando-Pacheco P e t a l.: J I nfect D is 2 018; 217(9): 1356-64 <strong>4</strong> Aberle J: Vir Ep Inf 2018; (06): 6-8 <strong>5</strong> Shi T et al.: Lancet 2017; 390(10098): 946-58</p>
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