© Getty Images/iStockphoto

13. Österreichischer Infektionskongress

Organisationskultur und Infektionskontrolle

<p class="article-intro">Um Infektionsprävention und -kontrolle zu verbessern, muss man verstehen, wie Organisationskultur funktioniert und wie man sie verbessern kann. Prof. Dr. Michael A. Borg, Malta, gab im Eröffnungsvortrag des 13. Österreichischen Infektionskongresses (ÖIK) faszinierende Einblicke in das Wesen von Organisationskulturen und zeigte auf, wie man damit arbeiten kann.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Obwohl es nat&uuml;rlich viele komplexe Definitionen des Begriffs Kultur gibt, kann man vereinfacht sagen: Es ist die Art, wie Dinge in einem bestimmten Land, an einem bestimmten Ort oder in einer bestimmten Organisation getan werden, und das trifft nat&uuml;rlich auch auf Gesundheitseinrichtungen zu&ldquo;, sagte Prof. Dr. Michael A. Borg, Mater Dei Hospital und Universit&auml;t Malta. &bdquo;Ich glaube, dass die Ver&auml;nderung der Organisationskultur, mit dem Zweck, eine bessere Infektionspr&auml;vention und -kontrolle zu schaffen, unser n&auml;chstes gro&szlig;es Ziel ist&ldquo;, fuhr Borg fort.</p> <h2>Dimensionen und Modelle</h2> <p>Um kulturver&auml;ndernde Strategien in einer Krankenhausumgebung anzuleiten, ist es notwendig, die Pers&ouml;nlichkeiten der unterschiedlichen Berufsgruppen zu verstehen, die dort arbeiten, insbesondere jene von &Auml;rzten und Pflegepersonal. Eine australische Studie<sup>1</sup> zeigte, dass &Auml;rzte sich als unabh&auml;ngige und fortschrittliche Denker betrachten. Sie verstehen den Zweck von Regeln, rationalisieren aber f&uuml;r sich selbst, warum sie ihnen nicht unbedingt folgen m&uuml;ssen. Sie glauben, aufgrund ihres Wissens zu unabh&auml;ngigem Handeln imstande zu sein. Sie verhalten sich zynisch gegen&uuml;ber vorgefertigten Botschaften und versteckten Absichten. <br />Krankenschwestern und -pfleger versuchen hingegen, ihre eigenen Bed&uuml;rfnisse gegen die anderer abzuw&auml;gen. Es geht um das Team, nicht um den Einzelnen. Das Ziel ist kollektiv, das Verhalten individuell. Sie sind auf die Gegenwart (nicht auf die Vergangenheit oder Zukunft) fokussiert und zeigen gro&szlig;es Engagement, wenn sie sich emotional beteiligt f&uuml;hlen. <br />Organisationen wie Krankenh&auml;user sind von der nationalen Kultur der L&auml;nder, in denen sie sich befinden, beeinflusst. In diesem Zusammenhang ist es n&uuml;tzlich, Geert Hofstedes Kulturdimensionen<sup>2</sup> zu kennen:</p> <ul> <li>Machtabstand (sind Hierarchien steil oder flach?)</li> <li>Individualismus vs. Kollektivismus</li> <li>Maskulinit&auml;t vs. Feminit&auml;t</li> <li>Vermeidung von Unsicherheiten</li> <li>Langfristige vs. kurzfristige Orientierung</li> <li>Nachgiebigkeit vs. Beherrschung</li> </ul> <p>&bdquo;Diese Dimensionen zu verwenden kann sehr n&uuml;tzlich sein, um das Verhalten von Menschen zu verstehen, die im Gesundheitssystem arbeiten. Es gibt inzwischen zahlreiche Publikationen, die zeigen, dass einige dieser Dimensionen konkrete Auswirkungen auf die Verschreibungspraxis von Antibiotika haben&ldquo;, so Borg. <br />Will man die Kultur innerhalb einer Organisation verstehen, muss ein etwas anderes Modell verwendet werden, das ebenfalls von Hofstede aufgestellt wurde (Abb. 1). Im Kern stehen Werte: die zentralen Werte einer bestimmten Kultur, die sich sehr wenig ver&auml;ndern. Rituale k&ouml;nnen alles sein, vom H&auml;ndesch&uuml;tteln bis zur pers&ouml;nlichen Hygiene. Sie ver&auml;ndern sich langsam. Helden sind Vorbilder, fiktive oder reale Personen, welche die Kultur beeinflussen. Symbole k&ouml;nnen Marken wie Apple oder BMW sein, die sich mit der Mode ver&auml;ndern. Die drei &auml;u&szlig;eren Schichten k&ouml;nnen durch Interventionen ver&auml;ndert werden, die auf die sechs oben beschriebenen kulturellen Dimensionen wirken. <br />&bdquo;Organisationskulturen zu ver&auml;ndern ist eine Herausforderung. Der beste Gradmesser f&uuml;r Wirksamkeit sind Ver&auml;nderungen von Ritualen. Daf&uuml;r braucht es F&uuml;hrungsqualit&auml;ten und eine effektive Kommunikation und sie m&uuml;ssen mit der nationalen Kultur vereinbar sein. Multimodale Methoden bieten die besten Erfolgschancen&ldquo;, so Borg abschlie&szlig;end.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Infekt_1902_Weblinks_s8_abb1.jpg" alt="" width="280" height="347" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Organisational culture and its implications for infection prevention and control in healthcare“, Eröffnungsvortrag des 13. ÖIK, Prof. Dr. Michael A. Borg, Mater Dei Hospital und Universität Malta, 27. März 2019, Saalfelden </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Grayson ML et al.: Use of an innovative personality-mindset profiling tool to guide culture-change strategies among different healthcare worker groups. PLoS One 2015; 10(10): e0140509. doi:10.1371/journal.pone.0140509 <strong>2</strong> Hofstede G, Hofstede GJ: Lokales Denken, globales Handeln: interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. 5., durchges. Aufl., 2011. M&uuml;nchen: DTV. ISBN 978-3-423- 50807-0, 978-3-406-62578-7</p> </div> </p>
Back to top