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Nicht tuberkulöse Mykobakterien
Jatros
30
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05.06.2019
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<p class="article-intro">Infektionen mit nicht tuberkulösen Mykobakterien nehmen an Häufigkeit zu. Es gibt Therapieoptionen, die jenen der Tuberkulose ähneln. Kombinationstherapien sind Standard.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>NTM können pulmonale, aber auch andere Krankheitsbilder verursachen.</li> <li>Der Haupterreger weltweit und in Österreich ist M. avium.</li> <li>Rauchen, COPD und andere Komorbiditäten erhöhen das Risiko für eine NTM-Infektion.</li> <li>Ein zumindest zweimaliger Keimnachweis aus Sputum ist Voraussetzung für die Diagnosestellung.</li> </ul> </div> <p>Pulmonale Infektionen mit atypischen Mykobakterien können einer Tuberkulose durchaus ähneln“, erläuterte OA Dr. Rudolf Rumetshofer, Tuberkulosestation Severin, II. Lungenabteilung, Otto-Wagner- Spital, Wien. Man spricht heute bevorzugt von „nicht tuberkulösen Mykobakterien“ (NTM).</p> <p>NTM können unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Von den pulmonalen Erkrankungen wird im Folgenden noch die Rede sein. Daneben können aber – häufiger bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen – Lymphadenopathien auftreten. Weiters kann man bei (schwer) immunsupprimierten Patienten disseminierte Infektionen beobachten. Schließlich können NTM auch Haut- und Weichteilerkrankungen auslösen.</p> <h2>Einteilung und Häufigkeit</h2> <p>Es gibt unterschiedliche Klassifikationen der inzwischen über 200 beschriebenen Arten der Gattung Mycobacterium (Abb. 1). „Für uns Kliniker ist vor allem wichtig, ob es sich um schnell oder um langsam wachsende Mykobakterien handelt“, erklärte Rumetshofer.</p> <p>NTM kommen weltweit vor, wobei die regionalen Häufigkeiten verschieden sind. M. avium ist weltweit die häufigste NTM-Spezies.</p> <p>In Österreich macht dieser Erreger 40 % aller pulmonalen NTM aus, gefolgt von verschiedenen schnell wachsenden Arten (zusammen 22 %), M. gordonae (21 %), M. xenopi (7 %) und M. kansasii (4 %).</p> <p>„Hier muss man allerdings sagen, dass Erreger in pulmonalen Lavagen nicht gleichzusetzen sind mit Krankheitserregern“, so Rumetshofer. „Zum Beispiel kann M. gordonae, das in den Lavagen häufig gefunden wurde, durchaus ein Kolonisationskeim sein.“</p> <p>Eine zweite Beobachtung ist, dass die Artenverteilung schon in unseren unmittelbaren Nachbarländern, wie Ungarn oder der Slowakei, ganz anders ist als in Österreich.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Infekt_1902_Weblinks_s9_abb1.jpg" alt="" width="650" height="742" /></p> <h2>Quellen und Risikofaktoren</h2> <p>NTM sind ubiquitär in der Umwelt vorhanden (Wasser, Boden, Geflügel, je nach Spezies unterschiedlich). „Einer von vielen möglichen Orten, wo manche NTM sich vermehren, sind alte Duschköpfe“, führte Rumetshofer aus.</p> <p>Bestimmte Komorbiditäten, wie vor allem die COPD, erhöhen das Risiko, an einer NTM-Infektion zu erkranken, weil sie die lokale Abwehr in der Lunge schädigen. Aber auch andere Komorbiditäten wie chronische Bronchitis, Diabetes mellitus, Influenza und Pneumonie, Asthma, gastroösophagealer Reflux und nicht zuletzt das Rauchen sind als Risikofaktoren zu werten.</p> <p>„Im Gegensatz zur Tuberkulose, deren Häufigkeit weiterhin abnimmt, nehmen die NTM-Infektionen zu“, erklärte der Experte. „Das mag am zunehmenden Alter der Bevölkerung liegen, aber sicher auch an der Zunahme medikamentös immunsupprimierter Patienten, u. a. durch die steigende Zahl an Biologika.“</p> <h2>Klinik und Diagnostik</h2> <p>Die Symptomatik ist jener der Tuberkulose ähnlich. Es findet sich Husten, der trocken beginnt, dann produktiv wird, bis hin zu Hämoptysen. Weiters finden sich subfebrile Temperaturen und Allgemeinsymptome wie Nachtschweiß, Müdigkeit, Leistungsknick und Gewichtsverlust. Selten treten Thoraxschmerzen oder Dyspnoe auf.</p> <p>Im Thoraxröntgen finden sich Infiltrate mit oder ohne noduläre Strukturen, die mehr als zwei Monate persistieren oder zunehmen, es kommt auch zu Kavernenbildung. In der CT zeigen sich multiple Bronchiektasien, multiple, kleine noduläre Herde und das sogenannte „Tree in bud“-Zeichen.</p> <p>Für den Keimnachweis ist es in der Praxis sinnvoll, zunächst eine Tuberkulose auszuschließen, was mit einem Nukleinsäure- Amplifikationstest rasch möglich ist. Für die NTM-Diagnostik ist ein spezialisiertes Labor erforderlich, das über entsprechende Erfahrung verfügt. Die korrekte Zuweisung ist von großer Bedeutung.</p> <p>„Ein Nachweis von NTM aus Sputum sollte zumindest zweimal positiv sein“, forderte Rumetshofer.</p> <h2>Therapie</h2> <p>„Wie auch bei der Tuberkulose, besteht die Therapie einer NTM-Infektion in einer Kombination aus mindestens zwei, besser drei Medikamenten, die über einen langen Zeitraum verabreicht werden“, berichtete Rumetshofer. Häufig verwendet wird die Kombination aus Rifampicin, Clarithromycin und Ethambutol. Andere mögliche Kombinationspartner sind Amikacin, Azithromycin, Levo- oder Moxifloxacin, Rifabutin, Linezolid oder Isoniazid, nicht jedoch Pyrazinamid, gegen das NTM resistent sind.</p> <p>„Auch Clofacimin, eigentlich ein Lepramittel, wird heute gegen NTM-Infektionen eingesetzt“, fuhr der Experte fort. „Die neuen Tuberkulosemedikamente, Bedaquilin und Delamanid, könnten auch gegen NTM zum Einsatz kommen, dazu sind aber noch Studien erforderlich“, sagte Rumetshofer. „Von großer Bedeutung ist neben der antimikrobiellen Therapie auch eine entsprechende Physiotherapie.“</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „Atypische Mykobakteriosen“, OA Dr. Rudolf Rumetshofer, Wien, Workshop 7 des 13. ÖIK, 29. März 2019, Saalfelden
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<p>beim Vortragenden</p>
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