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Keine Impfpflicht, aber Versetzungsmöglichkeit
Jatros
30
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29.09.2016
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<p class="article-content"><p><strong>Laut Rechtsauskunft des Gesundheitsministeriums hat der Arbeitgeber – also der Betreiber einer Krankenanstalt – sehr wohl das Recht, seine Angestellten nach Impfungen zu fragen, sofern diese Angestellten auf Abteilungen mit ­besonders vulnerablen Patienten – z.B. Neonatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Onkologie, Transplantationsmedizin − arbeiten. Wenn nun ein solcher Angestellter entweder angibt, nicht geimpft zu sein, oder die Auskunft verweigert, was geschieht dann?</strong><br /><strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Hier muss man zwei Situationen unterscheiden, nämlich einerseits neu einzustellendes, andererseits schon bestehendes Personal.<br /> Was die Einstellung betrifft, so hat der Arbeitgeber, also z.B. der Spitalserhalter, das Recht, nach dem Impfstatus im Hinblick auf spezifische, relevante Infektionskrankheiten zu fragen. Zwar hat nun der potenzielle Angestellte das Recht, diese Auskunft zu verweigern. Das ist aber dann für den Spitalserhalter ein valider Grund, die Bewerbung dieser Person nicht zu berücksichtigen.<br /> <br /> Die zweite Situation betrifft bereits angestelltes Personal, das auf den von Ihnen schon genannten Stationen arbeitet. Auch hier hat der Arbeitgeber ein Fragerecht nach dem Impfstatus. Wird dieser offengelegt, so darf der Arbeitgeber ggf. eine Impfung anbieten, um den Impfstatus zu vervollständigen. Wird dies nicht angenommen oder die Auskunft über den Impfstatus verweigert, hat der Dienstgeber zwar kein Entlassungs-, aber ein Versetzungsrecht. Das ist allerdings im Arbeitsalltag im ­Krankenhaus nicht immer ganz einfach.<br /> <br /><strong> Ist an dieser gesetzlichen Situation eigentlich irgendetwas neu?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Nein, durchaus nicht. Das war schon bisher so, aber viele Spitalserhalter waren sich dieser Rechte bisher einfach nicht bewusst. Deshalb war es uns wichtig, diese Fakten in ­unserer Broschüre darzustellen.<br /> <br /><strong> Wer hat die Kosten für solche Nachimpfungen zu tragen?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Die muss, sofern es sich um beruflich relevante Impfungen handelt, der Dienstgeber tragen.<br /> <br /><strong> Auf welche Impfungen bezieht sich dieses Fragerecht eigentlich? Sind das alle, die im Österreichischen Impfplan stehen?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Das hängt vom jeweiligen Tätigkeitsbereich ab und wird in den bereits 2012 veröffentlichten Empfehlungen zu „Impfungen für MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens“<sup>2</sup> im Detail dargelegt. Grundsätzlich könnte man natürlich sagen: Je breiter, desto besser, aber wie das im Einzelnen gehandhabt wird, sollte jedes Krankenhaus bzw. jede Abteilung – natürlich auf Basis der vorhandenen Empfehlungen – für sich festlegen.<br /> Vor allem ist hier unter anderem an hochkontagiöse Erkrankungen wie z.B. Masern oder Varizellen zu denken, die etwa für Neugeborene oder immunsupprimierte Patienten besonders gefährlich sind. Dies gilt ebenso für Hepatitis B. Übrigens sprechen wir hier ja nicht nur vom Schutz der Patienten – obwohl das natürlich ein wichtiges Element darstellt; aber der zweite Aspekt, der hier ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt, ist der Schutz der Arbeitnehmer. Hier spielt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinein.<br /> <br /> <strong>Die Ablehnung einer Impfpflicht, auch für Gesundheitspersonal, wird mit dem Recht auf Schutz der Privatsphäre begründet, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Andererseits hat aber doch ein Patient im Krankenhaus auch das Recht, bestmöglich behandelt und geschützt zu werden. Ein Widerspruch?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Wir wollen in Österreich unter normalen Gegebenheiten keine Zwangsbehandlungen und somit auch keine Zwangsimpfungen haben. Und Impfungen sind ja nun einmal ein sehr polarisierendes Thema. Deshalb denke ich, dass man hier mit dem Frage- und Versetzungsrecht einen guten Kompromiss gefunden hat. Eine im Prinzip analoge Rechtslage besteht ja auch in anderen Bereichen, wie z.B. Kindergärten et cetera.<br /> <br /> <strong>Sie haben ja bereits erwähnt, dass es zu diesem Thema bisher eine gewisse Unklarheit bei den Krankenhausträgern gab. Wie wird denn das heute in den österreichischen Krankenhäusern gelebt? Ändert sich da etwas?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Was wir tun können, ist, über die Rechtslage aufzuklären. Das haben wir mit der vorliegenden Broschüre sowie den Fachempfehlungen „Impfungen für MitarbeiterInnen des Gesundheits­wesens“2 getan. Die Rückmeldungen, die wir bekommen, deuten darauf hin, dass die Awareness auf diesem Gebiet unter den Verantwortlichen in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Das betrifft übrigens nicht nur das gesamte Krankenhauspersonal, sondern man muss natürlich auch die Auszubildenden in Medizin und Pflegedienst einbeziehen.<br /> <br /><strong> Was sind für Sie die nächsten Schritte?</strong><br /> <strong>P. Rendi-Wagner:</strong> Wir veranstalten im Ministerium auch heuer im Herbst wieder die sogenannten Impfgespräche, zu denen Vertreter aller Entscheidungsträger sowie Experten eingeladen werden und wo wir diesmal eine große Diskussionsrunde ausschließlich diesem Thema widmen wollen.<br /> <br /><strong> Wir danken für dieses Gespräch!</strong></p> <p>Lesen Sie auch: <a href="7645">BMGF informiert: Impfungen bei Krankenhauspersonal</a></p></p>
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<p><strong>2</strong>) Diese Publikation ist auf der Homepage des Gesundheitsministeriums unter <a href="http://www.bmgf.gv.at/home/Impfempfehlungen_Gesundheitspersonal" target="_blank">http://www.bmgf.gv.at/home/Impfempfehlungen_Gesundheitspersonal</a> als pdf-Datei abrufbar.</p>
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