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Impfplan 2018: nationales Impfprogramm und Neuerungen

<p class="article-intro">Der Impfplan 2018 wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) und Experten des Nationalen Impfgremiums erarbeitet und aktualisiert. Dabei wurden die Verfügbarkeit von Impfstoffen, neueste wissenschaftliche Daten und Erkenntnisse sowie epidemiologische Gegebenheiten berücksichtigt.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Epidemiologie der Masern</h2> <p>Die Epidemiologie einer impfpr&auml;ventablen Erkrankung besch&auml;ftigte Experten in letzter Zeit ganz besonders: der Masern. Die Masern sind eine der Infektionskrankheiten mit der h&ouml;chsten Infektiosit&auml;t, die wir kennen. Masern sind deutlich ansteckender als beispielsweise Influenza, Varizellen oder Ebola. Eine Person, die an Influenza erkrankt ist, steckt durchschnittlich 1&ndash;4 weitere Personen an. Im Gegensatz dazu steckt eine Person, die an Masern erkrankt ist, in der Regel 12&ndash;18 weitere Menschen in einer empf&auml;nglichen, nicht geimpften Population an. Man spricht hier auch von der Basisreproduktionsrate. Die Konsequenz dieser immens hohen Infektiosit&auml;t ist, dass es schnell zu Masernausbr&uuml;chen kommen kann, sobald das Virus auf Gruppen von ungesch&uuml;tzten Personen trifft.<br /> Neben der akuten, fieberhaften Erkrankung mit Koplik&rsquo;schen Flecken an der Wangenschleimhaut, charakteristischem makulopapul&ouml;sem Exanthem und Konjunktivitis kann es im Rahmen von Masern zu Komplikationen wie Pneumonie oder Enzephalitis kommen. Durchschnittlich wird etwa ein Viertel der Erkrankten hospitalisiert, einer von 1000 Masernkranken verstirbt. W&auml;hrend der Erkrankung bef&auml;llt das Masernvirus spezifische Ged&auml;chtniszellen, sie gehen dabei verloren. Das f&uuml;hrt zu einer sogenannten &bdquo;Immunamnesie&ldquo;: Durch fehlende Immunit&auml;t gegen vorangegangene Infekte ist das Risiko nicht nur f&uuml;r die Erkrankung an diesen Infekten, sondern sogar f&uuml;r den Tod durch andere Infektionskrankheiten f&uuml;r zwei bis drei Jahre nach der akuten Masernerkrankung signifikant erh&ouml;ht. Sind die akuten Masern &uuml;berstanden, so kann es au&szlig;erdem Jahre sp&auml;ter zur subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) kommen, die immer t&ouml;dlich endet. Das Risiko f&uuml;r SSPE ist dabei mit 1:600 besonders hoch f&uuml;r Kinder unter einem Jahr, welche an Masern erkranken.<br /> Die Masern sind derzeit weltweit sehr aktiv. In Europa wurden besonders viele Masernf&auml;lle in Rum&auml;nien, Italien und Deutschland beobachtet, darunter auch bereits mehrere Todesf&auml;lle.<br /> In &Ouml;sterreich wurden 2017 95 Masernf&auml;lle registriert, wobei alle Bundesl&auml;nder betroffen waren. Auffallend war, dass 19 % dieser F&auml;lle &bdquo;Healthcare-assoziiert&ldquo; waren, also entweder nosokomial erworben wurden und/oder bei Mitarbeitern des Gesundheitspersonals auftraten. Rund ein Viertel der F&auml;lle betraf Kinder unter f&uuml;nf Jahren und hier speziell auch Kinder unter einem Jahr, welche besonders auf einen indirekten Schutz durch ihr Umfeld angewiesen sind. Auff&auml;llig war auch, dass jeweils rund 30 % der betroffenen Personen 15&ndash;29 Jahre bzw. 30 Jahre und &auml;lter waren. Dies ist ein Beleg daf&uuml;r, dass es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach wie vor zahlreiche Impfl&uuml;cken gibt, und es best&auml;tigt die Ergebnisse der Evaluierung der Masern-Durchimpfungsraten in &Ouml;sterreich: Kleinkinder m&uuml;ssen konsequenter und fr&uuml;her, entsprechend den Empfehlungen, mit zwei Dosen gegen Masern/ Mumps/R&ouml;teln geimpft werden. Zudem haben etwa eine halbe Million &Ouml;sterreicherinnen und &Ouml;sterreicher zwischen 15 und 30 Jahren noch keine zweite Impfung gegen Masern erhalten, auch hier ist ein Nachholbedarf gegeben.</p> <h2>Empfehlungen zur Masernimpfung</h2> <p>Die Masernimpfung ist in Kombination mit der Impfung gegen Mumps und R&ouml;teln f&uuml;r alle Kinder in &Ouml;sterreich ab dem vollendeten 9. Lebensmonat empfohlen. Wird die Erstimpfung im ersten Lebensjahr verabreicht, so sollte die zweite Impfung nach drei Monaten erfolgen &ndash; dies ist eine Neuerung der Empfehlungen 2018. Bei Erstimpfung nach dem ersten Lebensjahr sollte die zweite Impfung &ndash; wie gehabt &ndash; ehestm&ouml;glich, nach vier Wochen, verabreicht werden. Fehlende Impfungen gegen Masern/Mumps/R&ouml;teln sollen in jedem Lebensalter nachgeholt werden und sind derzeit in &Ouml;sterreich &uuml;ber die Gesundheitsbeh&ouml;rden f&uuml;r alle Altersgruppen kostenfrei erh&auml;ltlich.<br /> Von Immunit&auml;t gegen Masern kann man ausschlie&szlig;lich dann ausgehen, wenn zwei Lebendimpfungen dokumentiert sind oder ein positiver Antik&ouml;rpernachweis vorliegt. Kommt es zu einem Masernausbruch, so k&ouml;nnen nicht ausreichend geimpfte bzw. nicht immune Kontaktpersonen von den Gesundheitsbeh&ouml;rden bis zu 21 Tage vom Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen wie zum Beispiel Kindergarten oder Schule ausgeschlossen werden.</p> <h2>Influenza</h2> <p>Mittlerweile gibt es zahlreiche unterschiedliche Influenzaimpfstoffe, wie zum Beispiel trivalente oder tetravalente Totimpfstoffe oder den nasalen Lebendimpfstoff. Darum war es notwendig, hinsichtlich der Influenza-Impfempfehlungen eine neue Tabelle zu erg&auml;nzen, welche Angaben zu den Impfempfehlungen f&uuml;r die jeweilige Alters- und Personengruppe macht. Dabei wurde unter anderem ber&uuml;cksichtigt, dass z.B. bei Verwendung des nasalen Lebendimpfstoffs bei Erstimpfung ein besseres immunologisches Priming erfolgt oder dass bei Mitarbeitern des Gesundheitswesens und Personen mit Kontakt zu vielen Risikopersonen die Verwendung eines tetravalenten Impfstoffes zu bevorzugen ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1801_Weblinks_s15_tab.jpg" alt="" width="2151" height="1042" /></p> <h2>Pertussis</h2> <p>&Ouml;sterreichweit werden steigende Fallzahlen von Keuchhusten registriert. Die Impfung ist f&uuml;r alle Personen empfohlen. Nach der Grundimmunisierung bei S&auml;uglingen/ Kleinkindern und einer Auffrischungsimpfung bei Schulkindern sind Auffrischungsimpfungen alle 10 Jahre bzw. ab dem vollendeten 60. Lebensjahr alle 5 Jahre empfohlen. Dabei sollten Kombinationsimpfstoffe verwendet werden, die auch gegen Diphtherie, Tetanus und Polio sch&uuml;tzen. Hinsichtlich Pertussis muss erneut auf die Wichtigkeit der Impfung von Schwangeren hingewiesen werden: Liegt die letzte Pertussisimpfung gerechnet vom Geburtstermin l&auml;nger als 2 Jahre zur&uuml;ck, so soll ab dem 2. Trimenon, bevorzugt jedoch im 3. Trimenon, eine Pertussisimpfung erfolgen. Die Impfung ist nicht nur f&uuml;r den Schutz der Mutter, sondern insbesondere f&uuml;r den Schutz des Kindes vor Pertussis in den ersten 6 Lebensmonaten wichtig.</p> <h2>Allgemeine Anmerkungen und Neuerungen</h2> <p>Im allgemeinen Teil des Impfplans wurden mehrere Kapitel erg&auml;nzt und neu eingef&uuml;hrt.<br /> Im Kapitel zum Thema &bdquo;off-label use&ldquo; wird erl&auml;utert, dass die Anwendung von Impfstoffen au&szlig;erhalb der Indikation nicht verboten ist, solange sie evidenzbasiert erfolgt. Dabei sind erh&ouml;hte Sorgfaltspflicht und besondere Aufkl&auml;rungspflicht gegeben. Off-Label-Anwendungen k&ouml;nnen f&uuml;r eine bestm&ouml;gliche, evidenzbasierte Behandlung notwendig sein, wenn eine Zulassung f&uuml;r eine bestimmte Indikation nicht gegeben ist.<br /><br /> Neu im Impfplan 2018 ist auch ein Kapitel, welches sich mit den Inhaltsstoffen von Impfstoffen besch&auml;ftigt: Formaldehyd beispielsweise wird in den Herstellungsprozessen mancher Impfstoffe verwendet. Hier gibt es einen genau geregelten Grenzwert von 0,2mg/ml. Wichtig ist zu wissen, dass Formaldehyd jedoch auch ein nat&uuml;rliches Stoffwechselprodukt ist, das st&auml;ndig im menschlichen K&ouml;rper vorkommt. Mit der Nahrung werden t&auml;glich bis zu 14mg aufgenommen, besonders viel Formaldehyd ist in Obst und Gem&uuml;se enthalten. Bei der Herstellung mancher Impfstoffe werden Kanamycin und Neomycin gegen potenzielle bakterielle Vermehrung verwendet, niemals jedoch Penicillin oder Sulfonamide.<br /> Pr&auml;zisiert wurde das Kapitel &bdquo;Vorgehen bei vers&auml;umten Teilimpfungen/Auffrischungen&ldquo;: Nach nur einer Impfung einer Impfserie im Schema 2+1 oder 3+1 muss bei &Uuml;berschreiten des empfohlenen Impfintervalls um mehr als ein Jahr die Grundimmunisierung neu begonnen werden. Nach zwei oder mehr Impfungen einer Impfserie kann jede Impfung zum ehestm&ouml;glichen Termin nachgeholt werden. Nach Grundimmunisierung mit einem inaktivierten Impfstoff laut Fachinformation kann zu jedem sp&auml;teren Zeitpunkt aufgefrischt werden, die Grundimmunisierung muss nicht wiederholt werden. Ausnahmen stellen hier Impfungen gegen Diphtherie und Tetanus dar: Hier sollte bei einem Impfintervall von 20 Jahren oder mehr eine Auffrischungsimpfung erfolgen, danach ist eine serologische Impferfolgs&uuml;berpr&uuml;fung empfohlen.<br /> Im kostenfreien Impfkonzept des Bundes, der Bundesl&auml;nder und der Sozialversicherungstr&auml;ger werden seit dem 1. Februar 2018 folgende Impfstoffe verwendet: Rotateq, Hexyon, Synflorix, MMR-Vax Pro, Nimenrix, Repevax, HB-Vax pro 5&micro;g und Gardasil 9.</p></p>
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