
Alternative Kombinationstherapien bei MRGN
Bei multiresistenten gramnegativen Erregern, kurz MRGN, müssen oft sämtliche Register gezogen werden. Die Wertigkeit von Kombinationstherapien wird unterschiedlich gesehen. Einige neue Therapeutika stehen vor der Zulassung.
Fragt man sich, was die Realität bei der Behandlung von Carbapenem-resistenten MRGN – kurz CPR-MRGN – ist, so kann man auf eine Umfrage der ESCMID zurückgreifen, an der 115 Krankenhäuser teilgenommen haben“, berichtete Priv.- Doz. Dr. Christina Forstner, Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena.
Fast alle davon setzen zumindest gelegentlich Kombinationstherapien ein, und dies unabhängig davon, um welchen Erreger es sich handelt. Bei Blutstrominfektionen, Pneumonie und ZNS-Infektionen kommt am häufigsten die Kombination von Colistin mit einem Carbapenem zum Einsatz. Andere häufige Kombinationen sind Colistin plus eines der Folgenden: Tigecyclin, Aminoglykosid, Fosfomycin oder Rifampicin.
Als Monotherapie bei kompliziertem Harnwegsinfekt wird zumeist ein Aminoglykosid oder Colistin verwendet.
Warum Kombinationstherapie?
„Die wichtigsten Gründe für den Einsatz von Antibiotikakombinationen sind einerseits die Steigerung der Wirksamkeit, andererseits die Verhinderung einer Resistenzentwicklung“, erläuterte Forstner.
Dem ist allerdings das Ergebnis einer internationalen retrospektiven Kohortenstudie entgegenzuhalten: Hier wurden die Ergebnisse der Therapie von 437 Blutstrominfektionen durch Carbapenemaseproduzierende Enterobakterien (v.a. KPCbildende Klebsiella pneumoniae) analysiert. Das wichtigste Ergebnis: Die 30-Tages- Mortalität war signifikant niedriger, wenn eine adäquate im Vergleich zu einer inadäquaten Therapie verabreicht wurde (38,5 % vs. 60,6 % ; p<0,0001). Hingegen zeigte sich – in der Gruppe der adäquat behandelten Patienten – beim Vergleich Kombinations- vs. Monotherapie kein statistisch signifikanter Unterschied (41 % vs. 35 % ; p=0,28).1 „Allerdings fand sich bei besonders schwer kranken Patienten sehr wohl ein signifikanter Vorteil der Kombinationstherapie“, schränkte Forstner ein.
Alte und neue Therapieoptionen
Zu den alten Therapieoptionen ist sicherlich Colistin zu zählen, das wie erwähnt sehr häufig verwendet wird. „Ein Carbapenem in Hochdosis und bei prolongierter Gabe als Kombinationspartner ist nur dann sinnvoll, wenn die minimale Hemmkonzentration des Erregers nicht über 8mg/l liegt“, ergänzte Forstner. Tigecyclin wirkt nicht bei Pseudomonas, muss in Hochdosis verabreicht werden und sollte bei Bakteriämie nicht als Monotherapie Verwendung finden. Auch Fosfomycin sollte wegen rascher Resistenzentwicklung nicht in Monotherapie gegeben werden.
Sofern laut Resistenztestung empfindlich, können auch Aminoglykoside (die allerdings schlecht ins Gewebe penetrieren), Ciprofloxacin oder – bei Vorliegen einer Metallobetalaktamase – auch Aztreonam verabreicht werden.
„Auch eine Dreifachkombination von Tigecyclin, Colistin und Meropenem war in einer retrospektiven multizentrischen Kohortenstudie2 bei Blutstrominfektionen durch KPC-produzierende Klebsiella pneumoniae mit reduzierter Sterblichkeit assoziiert“, so Forstner.
Das neue Siderophor-Cephalosporin Cefiderocol ist wirksam gegen Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobakterien. Zudem ist es stabil gegen Betalaktamasen aller vier Ambler-Klassen (einschließlich Metallobetalaktamasen).
Eravacyclin ist das erste vollsynthetische Tetrazyklin und stabil gegen häufige Tetrazyklin-spezifische Resistenzmechanismen.
Plazomicin ist ein neues, synthetisches Aminoglykosid, das eine erhöhte Stabilität gegenüber Aminoglykosid-modifizierenden Enzymen sowie eine gute Verträglichkeit aufweist.
Quelle: „Alternative Kombinationstherapien bei MRGN“, Vortrag von Priv.-Doz. Dr. Christina Forstner, Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, 26. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft, 5. Oktober 2018, Wien
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