
Transaminasen, Cholestasen, Ikterus: wie interpretieren?
Autor:
Dr. med. Beat Helbling
Gastroenterologie Bethanien
Gemeinschaftspraxis MagenDarmLeberGalle
Privatklinik Bethanien
Toblerstrasse 51
8044 Zürich
E-Mail: beat.helbling@hin.ch
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Leberwerterhöhungen werden entweder bei Patienten diagnostiziert, deren Anamnese und Symptome bereits eine Erkrankung des hepatobiliären Systems suggerieren, oder aber sie sind ein unerwarteter, oft isolierter Befund bei Patienten, bei denen Laboruntersuchungen zur Abklärung unspezifischer Beschwerden oder im Rahmen eines Check-ups durchgeführt wurden. Letztere Situation findet sich häufig im klinischen Alltag und stellt den Arzt vor die Herausforderung, bei einem scheinbar gesunden Patienten die richtigen weiteren Abklärungen einzuleiten.
Keypoints
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Erhöhte Transaminasen müssen immer abgeklärt werden.
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Lebererkrankungen verlaufen meist asymptomatisch.
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Es gilt Leberzirrhosen im Frühstadium zu entdecken!
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Die Bestimmung der Transaminasen ist in der Regel eine effiziente Screening-Methode für Lebererkrankungen. Bei Risikopatienten muss aber trotz normaler Transaminasen eine virale Hepatitis oder eine NAFLD/NASH (Fettlebererkrankung) gesucht werden.
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Die Anamnese hilft, medikamentös und alkoholisch bedingte Lebererkrankungen zu erkennen, sie kann diese aber weder beweisen noch ausschliessen.
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Die Bestimmung der Virusserologien sowie von Ferritin/Transferrinsättigung und eine Abdomensonografie gehören immer zur Basisabklärung.
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Zur Standortbestimmung, Diagnosesicherung, Festlegung der Therapie und Prognoseabschätzung sind im zweiten Abklärungsschritt erweiterte Laboruntersuchungen, Fibroscan und/oder Leberbiopsie hilfreiche Methoden.
Die Abklärung ist besonders deshalb von Bedeutung, da viele chronische Lebererkrankungen über lange Zeit asymptomatisch verlaufen und unbehandelt zu einer Leberzirrhose oder einem hepatozellulären Karzinom führen können. Diese systematische Übersicht soll den Kliniker bei der Interpretation von Leberwerterhöhungen und der Auswahl der geeigneten weiteren diagnostischen Schritte unterstützen.
Übersicht Leberwerte
Zur Einführung eine kurze Rekapitulation der Charakteristika der wichtigsten Leberenzyme und Lebersyntheseparameter.
Aminotransferasen ALT und AST (=GPT und GOT)
Eine akute oder chronische Schädigung von Hepatozyten geht mit einer Erhöhung der Aminotransferasen einher. ALT und AST unterscheiden sich in der Halbwertszeit. Damit kann die kombinierte serielle Bestimmung viel über die Dynamik eines Prozesses aussagen. Die Alanin-Aminotransferase (ALT=GPT) findet sich hauptsächlich in den Hepatozyten und ist somit ein spezifischer Marker für einen hepatozellulären Schaden. Die Halbwertszeit beträgt 47 Stunden. Die Aspartat-Aminotransferase (AST=GOT) findet sich neben der Leber noch in anderen Organen (z.B. Herzmuskel, Skelettmuskeln, Nieren, Gehirn, Pankreas, Lungen, Leuko- und Erythrozyten). Die Halbwertszeit ist mit 16 Stunden deutlich kürzer als die der ALT.
Alkalische Phosphatase (AP)
Die AP ist ein Enzym, das Metaboliten durch Zellwände transportiert. Sie findet sich hauptsächlich in den biliären Leberanteilen und im Knochen, aber auch in der Plazenta, im Darm und in den Leukozyten. Sie ist physiologisch erhöht während des Wachstums und in der Schwangerschaft. Um zwischen einer cholestatisch und einer ossär bedingten Erhöhung zu differenzieren, hilft die GGT-Bestimmung. Bei normaler GGT und erhöhter alkalischer Phosphatase liegt eine ossäre Genese nahe.
Gamma-Glutamyltransferase (GGT)
Die GGTist ein mikrosomales Enzym und findet sich in den Hepatozyten und den biliären Epithelzellen, aber auch in renalen Tubuluszellen und im Pankreas. Die GGT ist durch Medikamente (u.a. Antikonvulsiva, Antikontrazeptiva) und Alkohol induzierbar. Die GGT ist kein Entzündungsparameter. Ein Anstieg der GGT ist aber unspezifisch und deshalb als isoliertes Diagnostikum für einen Alkoholabusus nur begrenzt aussagekräftig. Eine isolierte GGT-Erhöhung muss bei fehlenden Risikofaktoren für eine Lebererkrankung nicht zwingend weiter abgeklärt werden.
Bilirubin
Das Bilirubin ist ein Produkt des Hämoglobinabbaus im retikuloendothelialen System. Das wasserunlösliche unkonjugierte Bilirubin wird zur Leber transportiert, dort mittels der UDP-Glucuronyltransferase konjugiert und in die Galle ausgeschieden. Eine unkonjugierte Hyperbilirubinämie findet sich entweder bei einer Bilirubinüberproduktion (Hämolyse, ineffektive Erythropoese) oder bei verminderter Bilirubinaufnahme oder -konjugation (Morbus Gilbert, Crigler-Najjar-Syndrom, medikamentös induziert). Eine konjugierte Bilirubinämie ist meistens Zeichen einer Leberinsuffizienz (Anstieg, sobald die Leber mehr als 50% der exkretorischen Kapazität verloren hat) oder einer biliären Obstruktion. Eine isolierte Erhöhung des konjugierten Bilirubins kann auf ein Dubin-Johnson- oder ein Rotor-Syndrom hindeuten, zwei sehr seltene angeborene Erkrankungen ohne wesentlichen Erkrankungswert.
INR/Quick
Die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren werden in der Leber produziert und haben eine Halbwertszeit von circa 2Tagen. Der INR-Wert ist deshalb ein Mass für die Lebersynthesefunktion der letzten Tage, sofern die Vitamin-K-Aufnahme nicht beeinträchtigt war. Bei cholestatischen Erkankungen kann der INR-Wert deshalb nur nach intravenöser Vitamin-K-Gabe zuverlässig als Parameter der Leberfunktion verwendet werden.
Albumin
Das Albumin, das ebenfalls hepatisch produziert wird, ist ein Protein mit einer Halbwertszeit von circa 3 Wochen und ist deshalb Ausdruck der Leberfunktion in den Wochen vor der aktuellen Bestimmung des Wertes.
Wann sollten welche Leberwerte bestimmt werden?
Allgemeinsymptome
Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Leistungsknick können ein Hinweis sein auf eine akute Hepatitis oder eine chronische Hepatopathie bzw. Leberzirrhose. Hier empfiehlt sich primär die Bestimmung der Transaminasen (primär ALT und AP) und eines Lebersyntheseparameters (INR).
Bauchschmerzen und/oder Ikterus
Hier liegt möglicherweise ein Problem der Gallenwege vor, wie eine Cholezystitis, Cholangitis, Choledocholithiasis oder auch ein Tumorleiden. Zusätzlich zu den Transaminasen sollten Cholestase- und Entzündungsparameter bestimmt und eine Abdomensonografie durchgeführt werden. Bei erweiterten Gallenwegen wird dann je nach führender Verdachtsdiagnose eine Endosonografie, eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP; Steinextraktion) oder eine erweiterte Bildgebung (CT, Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie bei Frage nach Gallenwegsstrikturen, Tumor) geplant.
Asymptomatische Patienten
Bei asymptomatischen Personen gibt es keine generellen Empfehlungen zur routinemässigen Bestimmung der Leberwerte im Sinne einer Screening-Untersuchung. Bei Patienten mit einem entsprechenden Risikoprofil für eine virale Hepatitis B oder C (Tab. 1), prädisponierenden Faktoren für eine alkoholische oder nichtalkoholische Fettlebererkrankung (Adipositas, metabolisches Syndrom, insbesondere mit Diabetes) oder positiver Familienanamnese (Hepatitis B, Hämochromatose, autoimmune Erkrankungen) sollten die Transaminasen auch bei fehlenden Symptomen bestimmt werden. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass bei circa 20% der Patienten mit einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD/NASH) und bei bis zu 40% der Patienten mit einer chronischen HepatitisC oder B die Transaminasen trotz relevanter hepatischer Fibrosierung im Normbereich liegen können. Deshalb sollten bei begründetem Verdacht zusätzlich zumindest eine Ultraschalluntersuchung und die entsprechenden Serologien (Anti-HCV, HBs-Antigen/Anti-HBc-IgG/M) durchgeführt werden. Allein schon ein Migrationshintergrund aus Weltregionen mit hoher Hepatitis-B-Prävalenz wie Asien, Afrika, oder Südosteuropa rechtfertigt eine Hepatitis-B-Serologie.
Die Hepatitis-C-Serologie bei normalen Transaminasen ist auch gerechtfertigt bei Personen mit Jahrgang 1950 bis 1980 unabhängig von der Herkunft. Die Ansteckungen erfolgten in diesen Jahrzehnten unerkannt durch Medizin, intravenösen Drogenkonsum oder Transfusionen. Nachweisbar ist das Hepatitis-C-Virus erst seit Anfang der 1990er-Jahre.
Interpretation erhöhter Leberwerte
Das Enzymmuster, die Höhe des Leberwertanstiegs und der klinische Kontext geben wertvolle Hinweise zur Interpretation und weiteren Abklärung.
Enzymmuster
Hepatisch: Bei einem hepatozellulären Schaden sind primär ALT und AST erhöht, die Cholestaseparameter können normal sein oder leicht bis mässig mitreagieren. Ein Verhältnis AST/ALT >2 deutet auf einen äthyltoxischen Leberschaden hin (De-Ritis-Quotient). Wenn ALT > AST ist, kann dies für eine NAFLD/NASH oder eine Virushepatitis sprechen.
Cholestatisch: Prinzipiell sind bei cholestatischen Lebererkrankungen die Cholestaseparameter AP, GGT und Bilirubin stärker erhöht als ALT und AST. Bei einem akuten Gallengangsverschluss reagieren aufgrund der schnelleren Kinetik meist zuerst die Transaminasen und das Bilirubin, erst im Verlauf kommt es zum Anstieg der weiteren Cholestaseparameter (AP, GGT).
Level der Enzymerhöhung
Mild bis moderat (>2-fach bis max. 10-fach erhöht): In diesem Bereich bewegen sich die Enzymerhöhungen im Rahmen der meisten chronischen Hepatophatien (chronische virale Hepatitis B oder C, NASH/NAFLD, hereditäre Hepatopathien). Auch die äthyltoxische Hepatitis ist klassischerweise nicht mit stärkeren Leberwerterhöhungen assoziiert. Die meisten medikamentös bedingten Erhöhungen der Transaminasen oder der Cholestaseparameter liegen ebenfalls in diesem Bereich. Im Fall einer Leberzirrhose sind die Leberenzyme aufgrund des bereits erfolgten Untergangs zahlreicher Hepatozyten oft sogar im Normbereich oder nur wenig erhöht.
Hoch (>10- bis 20-fach erhöht): Hier liegt meist eine akute hepatische Nekrose vor. Häufigste Ursachen sind eine Ischämie (Schock, kardiogen), eine akute virale Hepatitis oder eine akute biliäre Obstruktion. Seltener sind schwere Intoxikationen (z.B. Pilze) oder eine akute autoimmune Hepatitis.
Anamnese und klinischer Kontext
Eine gründliche Anamnese ist oft der Schlüssel zur richtigen Diagnose und hilft unnötige Abklärungen zu vermeiden. Sie sollte folgende Punkte beinhalten (Tab. 2):
Abklärungsalgorithmus in 3 Schritten
Als Orientierungshilfe bei milder bis moderater Leberwerterhöhung empfiehlt sich das folgende schrittweise Vorgehen.
Tests nach 4 Wochen wiederholen: Transaminasenerhöhung nur passager (z.B. medikamentös, Alkohol, Begleitreaktion bei banalem Virusinfekt)?
Häufige Lebererkrankungen suchen mittels Labortests und Sonografie:
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Virale Hepatitis: HBs-Ag, Anti-HBc-IgM/IgG und Anti-HCV; bei HBs-Ag-Nachweis immer auch Hepatitis-D-Antikörper suchen; bei immunsupprimierten Patienten zusätzlich Hepatitis-E-RNA
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NAFLD/NASH: Glukoseintoleranz, Dyslipidämien, sonografische Zeichen einer Lebersteatose?
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Hämochromatose: Ferritin, Transferrinsättigung
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Sonografie: Zirrhosezeichen, Milzgrösse als Hinweis auf eine portale Hypertonie, Gallenwegserweiterung, Neoplasie?
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Seltene Ursachen suchen, dabei nach klinischem Kontext vorgehen:
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Autoimmun-Hepatitis: initial IgG, wenn erhöht: ANA, Antikörper gegen glatte Muskulatur, anti-LKM-1
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Primär biliäre Cholangitis (bei cholestatischer Enzymerhöhung): AMA, Anti-M2, ggf. Leberbiopsie
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Primär sklerosierende Cholangitis (bei cholestatischer Enzymerhöhung, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen): p-ANCA, ggf. MRCP/ERCP
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M. Wilson (bei Patienten <40 Jahre, neurologische Symptome): Coeruloplasmin
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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel («Early onset»-Emphysem): Alpha-1-Antitrypsin
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Zöliakie (Verdauungsbeschwerden): IgA, Anti-Transglutaminase-Ak, anti-Endomysium-Ak, ggf. Ösophagogastroduodenoskopie mit Duodenalbiopsien
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Schilddrüsenfunktionsstörung: TSH, T3, T4
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Hepatitis A kommt immer infrage, Hepatitis E fast nur bei akuter Hepatitis.
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Nach den drei Abklärungsschritten bleiben die drei häufigen Ausschlussdiagnosen übrig:
Medikamentös bedingte Leberwerterhöhungen («drug-induced liver injury», DILI) zeigen unspezifische Leberwertveränderungen. Mehr als 1000 Medikamente oder Toxine können solche verursachen. Typische Medikamente aus dem klinischen Alltag in der Hausarztpraxis sind z.B. NSAR, Marcoumar, Isoniazid (INH), Amoxicillin-Clavulansäure, Amiodaron. In der Regel soll bei chronischer Medikation die Substanzklasse gewechselt werden, bei passagerer Medikation sind die klinische Indikation der medikamentösen Therapie, der zeitliche Ablauf der Nebenwirkung und der Schweregrad des Leberschadens entscheidend. Als Faustregel kann gelten, dass bei akuter schwerer Nebenwirkung (ALT >5-fach erhöht und/oder AP >2-fach erhöht und/oder Bilirubin >2-fach erhöht) oder bei Anstieg des INR die Medikamente abgesetzt werden müssen.
Alkoholbedingte Hepatopathien können aufgrund der Anamnese und des Enzymmusters (z.B. AST>ALT) vermutet, aber niemals ohne Ausschluss anderer Ursachen diagnostiziert werden. Häufig kommt die alkoholische Hepatopathie in Kombination mit anderen, insbesondere viralen Hepatopathien vor.
Die Fettlebererkrankung ist ebenfalls eine häufige Ausschlussdiagnose, welche sich von der alkoholischen Hepatopathie nur durch die Anamnese und die Risikofaktoren unterscheidet. Der sonografische Befund der Fettleber ist hinsichtlich der Ätiologie des Fettes in der Leber unspezifisch. Die Leberbiopsie unterscheidet zwar nicht bezüglich Ursache nach alkoholisch oder metabolisch bedingter Fettleber, gibt aber Auskunft über die Prognose. Die Fettleber ohne Entzündung ist mit einer guten Prognose assoziiert, während die Fettleberhepatitis (alkoholische (ASH) oder nichtalkoholische Hepatitis (NASH) in eine Leberzirrhose übergehen kann.
Interpretation von Ferritinwerten und Transaminasen
Ferritin ist ein Akutphase-Protein und von vielen Faktoren abhängig. Eine Erhöhung ist nicht nur Ausdruck eines überfüllten Eisenspeichers. Jede Transaminasenerhöhung kann diesen Entzündungsparameter ansteigen lassen. Hilfreich ist die nüchtern gemessene Transferrinsättigung. Solange diese <50% ist, ist keine Eisenspeichererkrankung im Sinne der HFE-Hämochromatose vorhanden und das Ferritin hilft nicht bei Beurteilung der Hepatopathie oder hinsichtlich der Therapie.
Die Diagnose der Leberzirrhose basiert nicht auf Transaminasen!
Leberzirrhosen sind im dekompensierten Stadium mit kleiner Schrumpfleber in der Bildgebung, grosser Milz als Ausdruck einer portalen Hypertonie und im Zusammenhang mit Aszites einfach zu diagnostizieren. Es ist aber entscheidend, Leberzirrhosen im frühen Child-A-Stadium zu entdecken. Dies erfordert mehr Aufmerksamkeit. In diesem Stadium können die Folgeerkrankungen noch beeinflusst werden. Das Stadium der Zirrhose muss bei jedem Hinweis auf eine Lebererkrankung gesucht werden. Im Labor sind die besten Hinweise auf eine Zirrhose niedrignormale oder verminderte Thrombozytenzahlen, eine Milzgrösse oberhalb der Norm und oft diskrete unspezifische sonografische Zeichen mit Leberechostruktur-Vermehrungen und Unregelmässigkeiten, diskrete Veränderungen der Leberoberfläche, Unregelmässigkeiten der Lebervenen und der Pfortader sowie typischerweise ein proportional vergrösserter Lobus caudatus. Alle diese Zeichen treten lange vor dem Aszites und anderen Leberdekompensationszeichen auf. Die Transaminasenerhöhung gibt keine Hinweise auf das Vorliegen einer Zirrhose. Die Transaminasen können auch normal sein. Bei jeder Zirrhose müssen mögliche therapierbare Ursachen wie Virushepatitis, autoimmune Erkrankungen und Speichererkrankungen abgeklärt werden. Dies auch, wenn Parameter einer metabolisch toxischen Lebererkrankung vorhanden sind, wie Alkoholkonsum oder Übergewicht, Diabetes. Denn kombinierte Ursachen für Zirrhosen sind häufig!
Ein einfacher und damit wichtiger Faktor, um eine Zirrhose früh zu diagnostizieren, ist die nicht invasive sonografische Fibroscan-Elastizitätsmessung. Nach der Diagnose bedarf es zur Standortbestimmung der Suche nach Ösophagusvarizen mittels Gastroskopie und alle sechs Monate einer sonografischen Überwachung der Leber, um ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) und Zeichen der Dekompensation frühzeitig zu entdecken. Einen sehr guten Überblick über die aktuellen therapeutischen Optionen bei Nachweis eines HCC beschreibt das 2021 erschienene «Expert Opinion Statement» der Schweizer Hepatologen ( SASL.ch/practice guidelines ).
Wann zum Spezialisten überweisen?
In den folgenden Situationen sollte eine Überweisung des Patienten zu einem Spezialisten evaluiert werden:
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Bei unklarer Diagnose für weitere spezifische Abklärungen inkl. Leberbiopsie
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Zur Einschätzung des Stadiums der Hepatopathie (Fibrosierungsgrad, Entzündungsaktivität) und damit zur Prognoseabschätzung mittels Fibroscan (einer nicht invasiven Ultraschallmethode zur Ermittlung des Fibrosegrades) oder Leberbiopsie
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Falls eine komplizierte Therapie geplant ist (z.B. bei chronischer Hepatitis C mit Zirrhose oder Hepatitis B, autoimmuner Hepatitis)
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Bei genetisch bedingten Lebererkrankungen (Hämochromatose, M. Wilson, Alpha-1-Antitrypsinmangel) zur Therapie und zur genetischen Beratung
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Bei plötzlicher starker Leberwerterhöhung (>10- bis 20-fach erhöht) und Verdacht auf ein akutes Leberversagen (innert Stunden/Tagen schnell ansteigender INR-Wert) ist die stationäre Aufnahme angezeigt.
Weitere Informationen:
Hilfreiche ergänzende Unterlagen zu diesem Thema finden sich hier:
Website der Schweizer Hepatologen: www.sasl.ch
Medix Guidelines www.medix-guidelines.ch/lebererkrankungen/leberenzyme/
In der algorithmisch aufgebauten Diagnostikhilfe von «In a Nutshell» zum Thema «Leber in der Hausarzt Praxis» www.inanutshell.ch/modul-03-leber-in-der-hausarztpraxis/
Literatur:
beim Verfasser