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EASL 2018

Neue Daten zur chirurgischen Therapie der NAFLD/NASH und zur Behandlung der Virushepatitis B

<p class="article-intro">Für die nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) fehlen nach wie vor zugelassene medikamentöse Therapien. Aktuelle Daten zeigen jedoch, dass die Patienten von der durch bariatrische Chirurgie erzielten Gewichtsreduktion deutlich und langfristig profitieren. In der Therapie der Hepatitis B werden aktuell unterschiedliche Strategien zur Erreichung des optimalen Therapieziels, der HBsAg-Serokonversion mit dem Verschwinden des HBV-Oberflächenantigens HBsAg und dem Auftreten von Antikörpern gegen HBsAg, untersucht.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>NAFLD/NASH: bariatrische Chirurgie &uuml;ber f&uuml;nf Jahre wirksam</h2> <p>Lebensstilmassnahmen, insbesondere eine Gewichtsreduktion, werden bei nicht alkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) und nicht alkoholischer Fettleberhepatitis (NASH) generell empfohlen. Studiendaten zeigen, dass bei mehr als 10 % Gewichtsreduktion eine 90 % ige Chance auf Abheilung einer NASH und eine 81 % ige Wahrscheinlichkeit einer Fibroseregression bestehen. Die Steatose bessert sich bei diesem Mass an Gewichtsreduktion bei 100 % der Probanden. Allerdings erreichte inner- halb von 52 Wochen nur 10 % der Patienten eine Gewichtsreduktion von 10 % , w&auml;hrend es 70 % der Probanden nicht einmal gelang, 5 % abzunehmen.<sup>1</sup> Daher besteht dringender Bedarf an wirksamen Interventionsmassnahmen. Eine davon d&uuml;rfte die bariatrische Chirurgie sein.<br /> Im Rahmen des diesj&auml;hrigen EASLKongresses in Paris pr&auml;sentierte Daten zeigen, dass die Leber auch 5 Jahre nach bariatrischer Chirurgie noch von diesem Eingriff profitiert.<sup>2</sup> F&uuml;r die Studie wurden 198 adip&ouml;se Patienten mit bioptisch best&auml;tigter NASH aus der Lille Bariatric Cohort ausgewertet, bei denen bariatrische Eingriffe durchgef&uuml;hrt worden waren. Klinische, biologische und histologische Daten wurden vor dem Eingriff sowie 1 bzw. 5 Jahre danach erhoben. Prim&auml;rer Endpunkt war die Ausheilung der NASH, sekund&auml;re Endpunkte waren der NAS (NAFLD Activity Score), die lobul&auml;re Inflammation, Ballooning und Fibrose. F&uuml;r die Biopsie nach einem Jahr standen 70 % der Patienten zur Verf&uuml;gung, nach 5 Jahren waren es noch 31 % . Vor der Operation waren die Patienten hochgradig adip&ouml;s mit einem durchschnittlichen BMI von 46,8kg/m&sup2; (42,8&ndash;52,3). Bei mehr als 60 % wurden Dyslipid&auml;mie und/oder Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Nach einem Jahr war die NASH bei 86 % der biopsierten Kohorte ausgeheilt und alle histologischen Parameter hatten sich gebessert. Die Steatose war von 60 auf 10 % zur&uuml;ckgegangen, Ballooning, lobul&auml;re Inflammation und Fibrose waren ebenfalls signifikant (p&lt;0,001) zur&uuml;ckgegangen. Die Rebiopsie zeigte, dass eine nach einem Jahr ausgeheilte NASH auch nach 5 Jahren nicht rezidivierte. Im Vergleich zu den 1-Jahres- Daten hatte sich die Fibrose in den Jahren 2 bis 5 weiter gebessert (METAVIR Score 0,9&plusmn;1 vs. 0,5&plusmn;0,8; p&lt;0,003). Hinsichtlich aller anderen histologischen Parameter blieben die nach einem Jahr beobachteten Verbesserungen auch nach 5 Jahren erhalten. Auch die biologischen Parameter BMI, AST, &gamma;-GT, LDL, HDL, HbA1c und HOMA-IR (&laquo;Mean Insulin Resistance Index&raquo;) blieben &uuml;ber die Jahre 2 bis 5 unver&auml;ndert. Die Autoren weisen insbesondere auf die nach 5 Jahren offenbar noch immer fortschreitende Verbesserung der Fibrose hin.</p> <h2>Aspirin verhindert die Leberfibrosierung nicht</h2> <p>Zugelassene medikament&ouml;se Therapien, deren Wirksamkeit in Phase-III-Studien nachgewiesen wurde, gibt es f&uuml;r NAFLD und NASH bislang nicht. Und ebenfalls im Rahmen des ILC vorgestellte Daten zerstreuen auch eine konkrete Hoffnung: Aspirin kann die Fibrosierung der Leber im Rahmen einer NAFLD nicht aufhalten.<sup>3</sup> Zahlreiche NAFLD-Patienten sind auch kardiovaskul&auml;re Hochrisikopatienten, die im Rahmen der Sekund&auml;rpr&auml;vention t&auml;glich niedrig dosiertes ASS einnehmen. Datenbank-Analysen hatten Grund zu der Hoffnung gegeben, dass ASS die Progression zu einer fortgeschrittenen Fibrose verhindern oder verlangsamen k&ouml;nnte. Allerdings lagen diesen Analysen ausschliesslich Diagnosen und Monitoring auf Basis nicht invasiver Biomarker zugrunde. F&uuml;r die nun vorgestellte Studie wurden jedoch Biopsiedaten einer Kohorte von Typ-2-Diabetikern herangezogen. Die Kohorte bestand aus 592 Patienten mit bioptisch best&auml;tigter NAFLD, von denen Daten &uuml;ber die Medikamenteneinnahme in den 24 Monaten vor der Biopsie verf&uuml;gbar waren. Patienten mit Hepatitis C oder hohem Alkoholkonsum wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die Patienten waren fast ausnahmslos (92 % ) &uuml;bergewichtig oder adip&ouml;s und hatten ein medianes HbA<sub>1c</sub> von 6,4 % . Bei der Mehrheit der Patienten (66 % ) wurde keine oder lediglich eine fr&uuml;he Fibrose gefunden, 34 % zeigten eine fortgeschrittene Fibrose (F3&ndash;4). Insgesamt 146 Patienten standen unter Aspirin- Therapie (98 % unter 81mg/d und 2 % unter 325mg/d). Von diesen Patienten zeigten 51 eine fortgeschrittene Fibrose. Daraus ergab sich eine unadjustierte Ereigniswahrscheinlichkeit (OR) f&uuml;r die Assoziation von ASS-Einnahme mit fortgeschrittener Fibrose von 1,04. Nach Adjustierung hinsichtlich Alter, Geschlecht, Ethnizit&auml;t und BMI reduzierte sich die OR auf 0,77. Die Risikoreduktion war jedoch nicht signifikant.</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s65_abb.jpg" alt="" width="1461" height="1331" /></p> <h2>Hepatitis B: Endziel HBsAg- Serokonversion</h2> <p>W&auml;hrend dauerhaftes virologisches Ansprechen im Sinne einer Heilung heute f&uuml;r die &uuml;berwiegende Mehrzahl der HCV-Infizierten Realit&auml;t ist, erreichen Patienten mit chronischer Hepatitis B nur selten den Verlust des HBV-Oberfl&auml;chenantigens HBsAg, was in Verbindung mit dem Auftreten von Antik&ouml;rpern gegen HBsAg einer Kontrolle der Infektion durch das Immunsystem des Patienten entspricht. Unklar ist auch, bei welchem Prozentsatz der Patienten, die unter antiviraler Therapie HBsAg verlieren, es nach dem Absetzen der Therapie zu einer neuerlichen Aktivierung der Infektion kommt. In asiatischen Kohorten wurde die Reaktivierung von HBsAg und/oder HBV-DNA in bis zu 16 % beobachtet. Eine deutsche Gruppe stellte die Hypothese auf, dass diese h&auml;ufigen Reaktivierungen ein spezifisch asiatisches Problem sein k&ouml;nnten, da in Asien zahlreiche Patienten perinatal infiziert wurden und daher dem Virus gegen&uuml;ber besonders immuntolerant sind. Daten aus europ&auml;ischen Kohorten fehlten. Diese L&uuml;cke wurde nun mit einer deutschen Kohorte von 143 Patienten geschlossen, die in den Jahren 2008 bis 2014 unter unterschiedlichen antiviralen Therapien (PEGInterferon a und/oder Nukleoside/ Nukleotide) einen HBsAg-Verlust erreicht hatten.<sup>4</sup> Prim&auml;rer Endpunkt war das neuerliche Auftreten von HBsAg, sekund&auml;re Endpunkte waren klinisch progrediente Lebererkrankung, Transplantation und Tod. &Uuml;ber ein Follow-up von 3,0&plusmn;2,1 Jahren trat nur bei 3 von 143 Patienten (2,1 % ) HBsAg erneut auf. Bei keinem dieser Patienten war es zur Anti-HBs-Serokonversion gekommen. Auch bei diesen Patienten f&uuml;hrte die Reaktivierung jedoch nicht zu nachweisbarer HBV-DNA oder einem Anstieg der Transaminasen. Zwei Patienten, die bereits vor dem HBsAg-Verlust eine Zirrhose entwickelt hatten, starben an Leberkarzinomen, bei einem Patienten wurde aufgrund eines hepatozellul&auml;ren Karzinoms eine Transplantation erforderlich. Die Autoren schliessen aus diesen Daten, dass das Risiko einer HBV-Reaktivierung nach HBsAg-Verlust in europ&auml;ischen Patientenpopulationen gering ist, betonen jedoch, dass zirrhotische Patienten offenbar auch nach Verlust von HBsAg ein hohes Risiko haben, ein Leberkarzinom zu entwickeln, und dementsprechend beobachtet werden m&uuml;ssen.</p> <h2>Kombinationstherapien und HBsAg-Clearance</h2> <p>Unter antiviralen Therapien mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga (NA) kann bei der Mehrzahl der behandelten Patienten die Virusreplikation so weit unterdr&uuml;ckt werden, dass die HBV-DNA unter die Nachweisgrenze abf&auml;llt. Die Chancen auf HBsAg-Serokonversion bleiben jedoch gering. Eine chinesische Gruppe pr&auml;sentierte im Rahmen des ILC retrospektive Daten zur Sinnhaftigkeit einer Umstellung der Therapie von Entecavir auf pegyliertes Interferon (PEG-IFN) sowie der zus&auml;tzlichen Gabe von PEG-IFN zu Entecavir.<sup>5</sup> Die insgesamt 87 HBeAg-negativen Patienten wurden &uuml;ber 24 Wochen mit Entecavir behandelt. Dann wurden 21 Patienten auf PEG-IFN umgestellt, 13 Patienten erhielten PEG-IFN als Add-on und 53 Patienten setzten die Therapie mit Entecavir (ETV) fort. Zu Woche 48 wurde bei zwei Patienten in der Switch-Gruppe, zwei Patienten in der Add-on-Gruppe und keinem Patienten in der ETV-Gruppe eine HBsAg-Clearance beobachtet. Die besten Chancen auf HBsAg-Verlust hatten Patienten mit einem HBsAg-Titer unter 1000IU/ml zu Beginn der Studie und einer deutlichen HBsAg-Reduktion zu Woche 24.<br /> Eine weitere chinesische Arbeit untersuchte die Wirkung eines experimentellen Regimes bestehend aus einer sequenziellen Kombinationstherapie mit Interferon (IFN), rekombinantem humanem IL-2 (rhIL-2) und einer therapeutischen Vakzine auf die HBsAg-Clearance.<sup>6</sup> In die Pilotstudie eingeschlossen wurden 94 initial HBeAg-positive Patienten, die innerhalb eines Jahres unter der Therapie mit ETV einen HBeAg-Verlust und eine HBV-DNA =1000 Kopien/ml erreicht hatten. Die Patienten wurden in 3 Gruppen randomisiert und erhielten f&uuml;r 48 Wochen entweder eine fortgesetzte ETV-Therapie (Gruppe 1) oder IFN-a-2b (Gruppe 2) oder IFN-a-2b &uuml;ber 48 Wochen in Kombination mit rhIL-2 &uuml;ber 12 Wochen plus Vakzine. Prim&auml;rer Endpunkt war die HBsAg-Clearance zu Woche 48. Hinsichtlich des prim&auml;ren Endpunkts erwies sich die Kombinationstherapie in Gruppe 3 mit HBsAg-Clearance bei 9,38 % der Patienten als &uuml;berlegen im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen. Patienten mit niedrigen Baseline-HBsAg profitierten besonders deutlich mit einer Clearance-Rate von 25 % . Die Patienten in Gruppe 3 zeigten auch Marker einer Erholung des Immunsystems (Anstieg von CD- 56bright CD16- NK, Abfall der Treg).</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: International Liver Congress (ILC) der European Association for the Study of the Liver, 11.–15. April 2018, Paris </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Vilar-Gomez E et al.: Weight loss through lifestyle modification significantly reduces features of nonalcoholic steatohepatitis. Gastroenterology 2015; 149(2): 367-78 <strong>2</strong> Lassailly G et al.: Effect of bariatric surgery in biopsyproven NASH patients after 5 years. ILC 2018, Abstract FRI-484, J Hepatol 2018; 68: S365-S604 <strong>3</strong> Singh A et al.: Regular aspirin use is not protective against advanced fibrosis in type-2 diabetics with biopsy-proven nonalcoholic fatty liver disease. ILC 2018, Abstract FRI-486, J Hepatol 2018; 68: S365-S604 <strong>4</strong> Teuber G et al.: Durability of HBsAg loss during or after antiviral treatment in a predominantly middle European collective. ILC 2018, Abstract FRI-319, J Hepatol 2018; 68: S365-S604 <strong>5</strong> Yan L et al.: The effect of PEG-IFN add on or switch to on HBsAg clearance in HBeAg-CHB patients receiving entecavir treatment. ILC 2018, Abstract FRI-320, J Hepatol 2018; 68: S365-S604 <strong>6</strong> Wu D et al.: Efficacy and safety of combination therapy with interferon and immunomodulators in entecavir-suppressed chronic hepatitis B patients (the Endeavor study). ILC 2018, Abstract FRI-325, J Hepatol 2018; 68: S365-S604</p> </div> </p>
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