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Senkungsbeschwerden

Vaginale Deszensuschirurgie mit Eigengewebe

Mode und Deszensuschirurgie sind sich ähnlich: Beide unterliegen einem stetigen Wandel und widerspiegeln den Geist ihrer Epoche. Das Verbot verschiedener Länder, Fremdmaterialien zur vaginalen Korrektur von Senkungszuständen einzusetzen, und die kontroversen Diskussionen richteten die wissenschaftliche Aufmerksamkeit wieder auf die traditionellen vaginalen Senkungsoperationen mit Eigengewebe. Im Folgenden bieten wir eine kurze und nicht abschliessende Übersicht über rekonstruktive vaginale Verfahren mit Eigengewebe, dem sogenannten «native tissue repair».

Vielleicht führte Soranus in Ephesus im Jahre 120 n. Chr. die erste Prolapsoperation durch: eine vaginale Hysterektomie (HE) bei einem gangränösen, invertierten Uterus. Bei solchen Eingriffen wurden wohl Harnblase und Harnleiter in Mitleidenschaft gezogen, und die wenigsten Patientinnen überlebten. Die erste «Senkungsoperation» führte eine 46-jährige Bäuerin an sich selbst durch: Nachdem sie durch ihren prolabierten Uterus genervt war, zog sie ihn kurzerhand weiter hervor und schnitt ihn ab, wie 1670 der Geburtshelfer Percival Willoughby notierte. Sie überlebte die starke Blutung, verlor aber Tag und Nacht unkontrolliert Urin. Ab 1800 (und vor der allerersten abdominalen Hysterektomie von Charles Clay 1843 in Manchester) sind vaginale Hysterektomien von Baudelocque, Lauvariol, Osiander von Göttingen und Conrad Langenbeck durchgeführt worden. Mit der Hysterektomie allein löst sich zwar die Uteruspathologie, nicht aber so einfach das urogynäkologische Problem. Ahlfelt stellte 1909 fest, dass das einzige ungelöste Problem in der plastischen Gynäkologie die definitive Behandlung der Zystozele sei.3 Seine Aussage könnte aktueller nicht sein. Zwecks definitiver Korrektur der Zystozele wurden und werden diverse natürliche und synthetische Transplantate eingesetzt: zuerst 1955 die Tantalum-Netze, später dann Kollagen- und in den 90er-Jahren nichtresorbierbare Netze, die später als fixfertige Kits mit Netzen aus Polypropylen der Amid-Klasse I (monofilamentär und makroporös) auf den Markt kamen.4 Wären da nur nicht Netzerosionen oder Dyspareunie aufgetreten und hätte die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) keine Warnung für die transvaginalen Netze herausgegeben.5 Während einige Länder die Netze gänzlich verbieten, können diese z.B. in der Schweiz noch eingesetzt werden.6 Und so sind wir ungefähr dort angelangt, wo wir vor über einem Jahrhundert gestartet haben. Aber so falsch sind diese «alten» vaginalen, netzfreien Operationstechniken auch nicht. Die Diaphragmaplastik zur Korrektur der Zystozele, die Kolpoperineoplastik bei Rektozele oder erweitertem Introitus sowie die apikale Fixation mittels sakrospinaler Fixation nach Richter oder uterosakraler Fixation gehören – mit oder ohne vaginale Hysterektomie – zur urogynäkologischen Grundausbildung und sollten der eigentliche Benchmark sein. Gerade bei einer solch häufigen benignen Erkrankung wie der Beckenbodenschwäche, deren Inzidenz mit dem Alter zunimmt und deretwegen 11 bis 19% der Frauen bis zum 85. Lebensjahr operiert werden, ist eine dauerhafte und komplikationsarme Behebung mehr als nur wünschenswert.7 Das kleine Becken wird in die folgenden drei Kompartimente unterteilt: Zum vorderen zählen Blase, Urethra und vordere Vaginalwand, zum hinteren das Rektum und die hintere Vaginalwand und das mittlere umfasst den Uterus oder den Vaginalstumpf sowie das Scheidengewölbe. Der Genitaldeszensus kann isoliert vorliegen, tritt aber in der Regel in verschiedenen Kompartimenten auf. Kompartimenttypische Beschwerden umfassen bei der Zystozele (Blasensenkung) z.B. Restharnbildung, rezidivierende Harnwegsinfekte oder Pollakisurie und bei der Rektozele Stuhlinkontinenz oder «stool-outlet-obstruction». Mögen die Symptome noch so unterschiedlich und vielfältig sein: Schmerzen oder Dyspareunie sind nicht typisch und bedürfen der weiteren Abklärung. Typische Senkungsbeschwerden dagegen sind ein vaginales Senkungs- oder Fremdkörpergefühl, ein „Druck nach unten“ oder bei ausgeprägtem Deszensus auch Hautulzerationen bzw. Druckstellen. Allerdings korrelieren Beschwerdemass und Anatomie nicht zwingend.

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