
Wie kann die Lebensqualität der Patientinnen verbessert werden?
Autor*innen:
Dr. med. Ioannis Dedes
PD Dr. med. Sara Imboden
Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie Universitätsspital und Universität Bern
E-Mail: ioannis.dedes@insel.ch
E-Mail: sara.imboden@insel.ch
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Endometriose ist eine chronisch-entzündliche und in vielen Aspekten belastende gynäkologische Erkrankung, die durch das Wachstum von endometriumähnlichem Gewebe ausserhalb der Gebärmutter gekennzeichnet ist. Frauen mit Endometriose leiden häufig über eine klassische Dysmenorrhö hinaus an einem breiten Spektrum von weiteren Symptomen, die ihre Fähigkeit, alltäglichen Aktivitäten nach- und soziale und sexuelle Beziehungen einzugehen, stark beeinträchtigen können.
Keypoints
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Die Endometriose ist eine «Multisystemerkrankung», welche einen multidisziplinären Behandlungsansatz erfordert.
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Durch die zentrale Rolle des Schmerzes in der Beeinflussung verschiedenster Lebensbereiche ist dessen Bekämpfung oberstes Ziel. Die Hormontherapie, Chirurgie und je nach Schweregrad eine begleitende Anbindung an ein Schmerzzentrum bilden die Basis.
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Beckenbodenphysiotherapie inkl. TENS, Ernährungsumstellung und Änderung der Lebensweise können die Endometriosebeschwerden positiv beeinflussen. Psychologische Unterstützung hilft, die emotionalen Symptome zu bewältigen.
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Durch Mitbehandlung von Begleiterkrankungen in einem multidisziplinären Ansatz kann eine weitere zum Teil reziproke Verbesserung der verschiedenen Erkrankungen erfolgen.
Faktoren, die die Lebensqualität bei Endometriose beeinflussen
Schmerzen sind das zentrale Symptom der Endometriose, sie können oft trotz Behandlung der Krankheit bestehen bleiben. Schmerzen führen zu einer Verschlechterung der Schlafqualität, einem höherem Stressempfinden, einem geringeren Aktivitätsniveau und psychischer Belastung. Ausserdem beeinträchtigen sie die sexuelle Aktivität und führen zu Ängsten aufgrund einer möglichen Einschränkung der Fertilität. Dies führt zu weiteren negativen Folgen für intime Beziehungen und die psychische Gesundheit. Aus den Einschränkungen in vielen Lebensbereichen resultiert oft ein «sozialer Rückzug» und ein Gefühl des «Kontrollverlustes».1
Weitere wichtige Aspekte sind der Absentismus aufgrund der Schmerzen einerseits, andererseits aber auch Leistungseinbussen indirekt durch chronische Müdigkeit, Depression etc.2 Betroffene Frauen leiden häufig unter dem Gefühl, «unterhalb ihres Potenzials» zu leben. Eine «Machtlosigkeit» stellt sich ein.
Diese Auswirkungen weisen über die betroffenen Personen hinaus auch gesellschaftliche Aspekte auf, z.B. wirtschaftliche: Die Endometriose führt zu Produktivitätsverlusten und einer vermehrten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Somit ist sie in dieser Hinsicht mit anderen chronischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes, Morbus Crohn, rheumatoider Arthritis etc. vergleichbar.3
Behandlung
Die Behandlung von Schmerzen bei Endometriose ist komplex und erfordert oft einen multidisziplinären Ansatz, der medizinische, chirurgische und nichtpharmakologische Interventionen umfasst. Da pharmakologische Interventionen in einigen Fällen nicht verträglich sind und die chirurgische Behandlung lediglich eine temporäre Lösung eines chronischen Problems darstellt, suchen betroffene Frauen nach Selbstmanagementstrategien, um insbesondere dem «Kontrollverlust» etwas entgegenzusetzen.
Pharmakologische TherapieNichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
NSAR werden häufig zur Schmerzbehandlung bei Endometriose eingesetzt. Diese Medikamente wirken entzündungshemmend und blockieren die Produktion von Prostaglandinen, die an der Schmerzsignalgebung beteiligt sind.
Selektive COX-2-Hemmer scheinen gezielter gegen endometrioseassoziierte Schmerzen zu helfen. Allen voran sind hier Etoricoxib und Naproxen zu erwähnen. Eine COX2-prädominante Wirkung weist zudem Diclofenac auf. Ibuprofen und Mefenaminsäure dagegen sind schwache COX2-Inhibitoren, jedoch mit einer starken 2-Arachidonoylglycerol(2-AG)-Inhibition, welche bei der Dysmenorrhö eine Rolle spielt.4
Je früher eine NSAR-Therapie vor dem erwarteten Menstruationsschmerz begonnen wird, desto effektiver kann die COX2-Hemmung erfolgen und der Schmerz reduziert werden. Eine evidenzbasierte Aussage bezüglich der Wirksamkeit von NSAR, bzw. welches davon am wirksamsten ist, kann aufgrund des Mangels an randomisiert-kontrollierten Studien nicht getroffen werden,5 dies muss individuell mit der Patientin eruiert werden.
Hormonelle Therapien
Östrogenabhängigkeit und Progesteronresistenz sind die Haupttreiber der Endometriose. Die hormonelle Behandlung der Endometriose zielt darauf ab, die Östrogenspiegel zu senken, die Menstruation durch eine Hemmung der Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse zu blockieren und eine Pseudodezidualisierung mit nachfolgender Amenorrhö herbeizuführen, wodurch die Symptome und das Fortschreiten der Erkrankung gehemmt werden.
Gestagene (Dienogest, Desogestrel, Norethisteron, MPA) werden meist für Langzeitbehandlungen eingesetzt und wirken an mehreren Wirkorten (antiflammatorisch, analgetisch). Kombinierte orale Kontrazeptiva werden ebenfalls zur Verringerung der Endometriosesymptome eingesetzt. Ihre Wirksamkeit ist im Vergleich zu z.B. Dienogest hinsichtlich des Schmerzansprechens vermindert und es ist anzunehmen, dass kein hemmender Effekt auf das Fortschreiten der Erkrankung besteht. GnRH-Analoga wirken ebenfalls direkt an der Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse und unterdrücken die endogene Hormonproduktion am Ovar und die Ovulation/den Zyklus vollständig. Ihre Wirksamkeit ist hoch, sie sind aber aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht langfristig anwendbar. Die erwähnten Hormonpräparate gelten heute als erste Wahl bei der Behandlung, um die Symptome zu verbessern, eine Operation aufzuschieben oder ein Wiederauftreten der Krankheit nach der Operation zu verhindern.6
Das Gestagen Dienogest hat sich als wirksam erwiesen, um sowohl menstruelle als auch nicht-menstruelle Schmerzen zu verringern:7 Die Lebensqualität verbesserte sich um ca. 30% und über 2 Jahre hinaus mit einer markanten Verbesserung im Aspekt von «Kontrolle» und «Machtlosigkeit». Auf der Schmerzskala (0–10) konnte eine Schmerzreduktion um 4,6±3,0 Punkte erreicht werden. Über 80% der Patientinnen berichteten insgesamt über eine Verbesserung der Symptome. Mehr als die Hälfte (52,5%) der Patientinnen waren auch nach zwei Jahren mit der Therapie zufrieden. Bei 39,9% der Patientinnen traten behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse auf, in erster Linie Blutungsstörungen. Diese Blutungsstörungen waren gemäss einer anderen Studie mitunter der Hauptgrund für einen Therapieabbruch.8 Interessanterweise konnte kein Effekt einer vorliegenden Komorbidität, insbesondere der Depression, auf die Diskontinuierung der Behandlung nachgewiesen werden.8
Chirurgische Therapie
Durch die chirurgische Endometriosetherapie können eine zeitnahe Schmerzlinderung und eine klinisch relevante Verbesserung aller «Quality of life»(QoL)-Werte postoperativ nachgewiesen und insbesondere in Verbindung mit einer hormonellen Nachbehandlung über mehrere Jahre hinaus beibehalten werden.
Auf der visuellen Analogkala (0–10) konnte eine Schmerzreduktion um 2,0±3,5 Punkte erreicht werden, wobei diese bei Patientinnen mit postoperativer hormoneller Nachbehandlung deutlicher ausfiel (–4.6±3,4) – unabhängig vom «Revised American Society of Reproductive Medicine»(rASRM)-Stadium. Die Lebensqualität verbesserte sich nicht nur in der somatischen Domäne, sondern auch im «sozialen Funktionieren» und in «durch emotionale Probleme verursachten Rolleneinschränkungen».9
Eine besondere Anmerkung muss bezüglich der Resektion einer tief infiltrierenden Endometriose gemacht werden: Im Falle einer Rektum-Teilresektion kann z.B. in ca. einem Drittel der Fälle ein «Low Anterior Resection Syndrome» (LARS) auftreten. Trotz der vollständigen Entfernung der Endometriose und der Schmerzfreiheit kann sich somit eine OP-bedingte Funktionseinschränkung einstellen.10 Auch Blasenentleerungsstörungen mit erhöhter Restharnbildung können unmittelbar postoperativ bestehen, weisen aber nur in seltensten Fällen eine Persistenz (1,2%) auf.11 Die positiven Aspekte punkto Lebensqualität nach Endometrioseoperation überwiegen schliesslich klar, auch trotz möglicher operationsbedingter funktioneller Einschränkungen.12
Ernährung
Studien haben gezeigt, dass eine angepasste Ernährung bei Patientinnen mit Endometriose die Schmerzen verringern und die Lebensqualität verbessern kann. Es erweisen sich insgesamt 3 Interventionen als sinnvoll:13–15
Entzündungshemmende Ernährung
Eine entzündungshemmende Ernährung, z.B. Mittelmeer-Diät, kann helfen, Schmerzen und andere Symptome zu lindern. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, mageren Proteinen und gesunden Fetten. Nahrungsergänzungsmittel können aufgrund ihrer antiinflammatorischen, antioxidativen, antiproliferativen und immunomodulatorischen Eigenschaften eingesetzt werden. Die Einnahme zusätzlicher Fettsäuren, Antioxidanzien und einer Kombination aus Vitaminen und Mineralstoffen kann sich positiv auf die mit Endometriose verbundenen Symptome auswirken. Dazu gehören Vitamin D, Zink, Magnesium, Omega-3-Fettsäuren, Curcumin, Probiotika, Vitamin C, Vitamin E, Selen etc.14
Vermeidung von auslösenden Nahrungsmitteln
Bei einigen Patientinnen mit Endometriose kann es zu Nahrungsmittelüberempfindlichkeiten oder -unverträglichkeiten kommen, die ihre Symptome verschlimmern. Zu den häufigen auslösenden Nahrungsmitteln gehören Laktose, Gluten, Soja und Koffein, ausserdem prozessierte Lebensmittel, raffinierter Zucker sowie gesättigte Fette und Transfette. Für die Patientinnen kann es von Vorteil sein, den Konsum dieser Lebensmittel einzuschränken oder sie zu vermeiden oder die spezifischen Auslöser zu identifizieren und zu meiden.
Komplette Ernährungsumstellung:
Patientinnen mit gastrointestinalen Symptomen und Verdacht auf eine viszerale Hypersensibilität könnten von einer FODMAP-armen Ernährung oder dem Verzicht auf auslösende Nahrungsmittel profitieren (glutenfreie oder nickelarme Diät). Über die Anwendung einer solchen Diät sollte in einem multidisziplinären Ansatz nach einer gastroenterologischen Beurteilung entschieden werden und sie sollte mit einer professionellen Ernährungsberatung verbunden bleiben.13–15
Physiotherapie
Die Beckenbodenphysiotherapie ist eine wirksame Behandlungsoption, insbesondere in Fällen, in denen die Schmerzen mit einer Dysfunktion der Beckenbodenmuskulatur zusammenhängen. Diese liegt bei mehr als der Hälfte der Patientinnen mit Endometriose vor; sie kann mittels Palpation des Beckenbodens eruiert werden.
Durch eine relaxierende Beckenbodenphysiotherapie («Down-Training») und verschiedene Biofeedback-Anwendungen kann eine Schmerzlinderung auf myofaszialer Ebene erreicht werden.16 S. Del Forno et al haben in einer randomisiert-kontrollierten Studie gezeigt, dass die Physiotherapie über die Schmerzlinderung hinaus (signifikante Senkung des Schmerz-Scores um 3 Punkte auf einer Skala von 1–10) auch die Lebensqualität verbessert.17 Auch eine zusätzliche Therapie mittels TENS (transepidermale Nervenstimulation) kann in Verbindung mit einer konventionellen hormonellen Therapie zu einer deutlichen Beschwerdebesserung führen. Interessanterweise konnte neben einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität (EHP-30) auch eine deutliche Verbesserung in der sexuellen Funktion (FSFI-Score) in den Bereichen «Lubrifikation» und «Dyspareunie» im Vergleich zur alleinigen Hormontherapie nachgewiesen werden.18
Schmerzbehandlung
Den Endometriose-assoziierten Schmerzen liegen mehrere Mechanismen zugrunde, darunter Nozizeption, Entzündung und Veränderungen der Schmerzverarbeitung im peripheren und zentralen Nervensystem. Wie auch bei anderen chronischen Erkrankungen gehen Schmerzen bei Endometriose häufig mit psychischen Belastungen und Müdigkeit einher, die den Schmerz verstärken können. Liegen beispielsweise Migräne/Spannungskopfschmerzen, chronisches Fatigue-Syndrom, Reizdarmsyndrom, Bruxismus, Depression etc. vor, ist ein zentrales Sensibilisierungssyndrom wahrscheinlich. Ist dies der Fall, ist ein Ansprechen der Schmerzen auf konventionelle Therapien («Down-Regulation», chirurgische Therapie) weniger wahrscheinlich.19
In solchen Fällen ist eine Anbindung an ein Schmerzzentrum von enormer Wichtigkeit. Durch eine Differenzierung des Schmerzsubtypen kann eine gezieltere Behandlung des Schmerzes erfolgen. Andere Medikamente, wie Antikonvulsiva, Antidepressiva und Muskelrelaxanzien können hier zum Zug kommen, bedürfen aber einer Monitorisierung durch Schmerzexperten. Opioidanalgetika sollten aufgrund ihres Suchtpotenzials und insbesondere der unerwünschten Wirkungen – insbesondere auf den Gastrointestinaltrakt20 – nur mit Vorsicht eingesetzt werden.
Körperliche Aktivität
Körperliche (sportliche) Betätigung wurde vor allem mit einem vorbeugenden Effekt auf die Entstehung der Endometriose in Zusammenhang gebracht und scheint einen positiven Einfluss auf chronische Unterbauchschmerzen zu haben. Durch die regelmässige Aktivierung der Muskeln werden Myokine ausgeschüttet, welche einen lokalen und systematischen antiinflammatorischen Effekt haben.21
Behandlung von möglichen Begleiterkrankungen
Als ob die Erkennung und Behandlung der Endometriose nicht schwer genug wäre, wird die Herausforderung für das behandelnde Team noch dadurch grösser, dass die Endometriose mit weiteren Komorbiditäten und chronischen Erkrankungen assoziiert sein kann. Deren Mitbehandlung oder zumindest Kenntnis ist von grosser Wichtigkeit.
Gastrointestinale Symptome
Gastrointestinale Symptome können ebenso häufig auftreten wie die Dysmenorrhö an sich. Dazu gehören Meteorismus, panabdominale krampfartige Schmerzen, Nausea/Vomitus und wechselnde Stuhlgewohnheiten. Lediglich in der Hälfte der Fälle treten diese katamenial vor. Davon unabhängig, leiden Frauen mit Endometriose in bis zu ca. knapp einem Viertel der Fälle auch im engeren Sinne an einem Reizdarm/Colon irritabile.22 Dabei ist die Symptomatik unabhängig von einem direkten Befall des Darmes.23 Bei einem direkten Befall durch einen tief infiltrierenden Endometrioseherd sind kolorektale Schmerzen/Dyschezie (eine Ausstrahlung Richtung Anus und Perineum) typisch.
Auch nach Initiierung einer Endometriosetherapie können gastrointestinale Symptome persistieren.20 Somit sollten Frauen mit einer persistierenden gastrointestinalen Symptomatik über die Endometriose hinaus gastroenterologisch betreut und eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.
Blasenschmerzen («painful bladder»)
Blasenschmerzen (früher interstitielle Zystitis, IC) werden auch als «evil twin» der Endometriose bezeichnet. Blasenschmerzen treten bei 24–82% der Endometriosepatientinnen auf.24 Die Beschwerden umfassen ein Spektrum von der einfachen Pollakisurie über Nykturie bis zum imperativen und schmerzhaften Harndrang bzw. chronischen suprapubischen Unterbauchschmerzen. Bei Verdacht sollten eine urogynäkologische Abklärung und Behandlung erfolgen.
Migräne
In einer kürzlich durchgeführten systematischen Überprüfung wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen Endometriose und dem Migränerisiko festgestellt (OR: 1,56; 95% CI: 1,21–1,90).25 Die Assoziation kann auch auf genetischer Ebene nachgewiesen werden.26 Eine fachspezifische Anbindung ist auch hier besonders wichtig.
Schilddrüsenfunktionsstörung
Schilddrüsenfunktionsstörungen treten bei Patientinnen mit Endometriose zwar nicht gehäuft auf, jedoch leiden Frauen mit Schilddrüsendysfunktionen unter schwereren endometriosebedingten Schmerzen, insbesondere unter chronischen Unterbauchschmerzen.27 Eine optimale Begleitung auch von endokrinologischer Seite kann in diesen Fällen zu einer weiteren Verringerung der Endometriosebeschwerden führen.
Psychologische Erkrankungen
Etwa ein Drittel der Endometriosepatientinnen leidet unter psychischen Störungen (meist Depressionen oder Angstzuständen) und benötigt psychiatrische oder psychotherapeutische Unterstützung, einschliesslich kognitiver Verhaltenstherapie und achtsamkeitsbasierter Stressreduktion. Der Zusammenhang zwischen Endometriose und psychiatrischen Erkrankungen konnte nicht bloss epidemiologisch28 und genetisch,29 sondern auch in Neuroimaging-Studien nachgewiesen werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass bei Endometriose Gehirnregionen alteriert sind, die nicht nur mit der Schmerzverarbeitung, sondern auch mit Emotionen, Kognition, Selbstregulation und Belohnung assoziiert sind. Es ist jedoch nicht klar, ob die beobachteten neurobiologischen Veränderungen durch chronische Schmerzen, psychische Begleiterkrankungen oder die Endometriose selbst verursacht werden.30 Es gibt also immer mehr Hinweise darauf, dass Endometriose auch «somatopsychische» Eigenschaften hat.
Autoimmunerkrankungen
Viele Studien haben die (auto-)immunologische Pathologie der Endometriose untersucht. Es gibt jedoch nur wenige Erkenntnisse über eine zugrunde liegende, gemeinsame «Pathogenese», welche die erhöhte Komorbidität erklären könnte.31 Zu erwähnen sind systemischer Lupus erythematodes (RR: 1,74; 95% CI: 1,10–2,77), Sjögren-Syndrom (RR: 1,60; 95% CI: 1,30–2,00), Zöliakie (1,39; 95% CI: 1,14–1,70), Multiple Sklerose, entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn, 1,5; 95% CI: 1,3–1,7) und Colitis ulcerosa (1,6; 95% CI: 1,3–2,0).32 Im klinischen Alltag sollte man sich also der möglichen Koexistenz von Endometriose und Autoimmunerkrankungen bewusst sein und entsprechende Abklärungen veranlassen.
Zusammenfassung
Die Verbesserung der Lebensqualität von Patientinnen mit Endometriose erfordert einen umfassenden Ansatz, der sowohl die körperlichen als auch die seelischen Symptome berücksichtigt.
Literatur:
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