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Aktuell laufende Studien der AGO in Österreich
Jatros
Autor:
Mag. Dr. Anita Schreiberhuber
30
Min. Lesezeit
24.05.2018
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<p class="article-intro">Unter dem Vorsitz von OA Dr. Lukas Angleitner-Boubenizek, Kepler Universitätsklinikum Linz, und OA Dr. Horst Koch, Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU)/LKH Salzburg, fand im Rahmen der AGO-Tagung die traditionelle jährliche Sitzung des WAAGO (wissenschaftlicher Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Onkologie) statt. Die Immuntherapie dürfte zunehmend auch Einzug in die gynäkologische Onkologie halten – in Österreich sind dazu zurzeit drei Studien im Gange.</p>
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<p class="article-content"><h2>IMAGyn50: Atezolizumab beim Ovarialkarzinom in der Erstlinie</h2> <p>Die Studie IMAGyn050 ist insofern einzigartig, als es sich um die erste Phase-III-Studie beim Ovarialkarzinom (OC) handelt, in der eine Immuntherapie bei dieser Tumorentität in der Erstlinie untersucht wird: Patientinnen mit OC, Tuben- oder Peritonealkarzinom in den FIGO-Stadien III und IV im unresektablen Stadium oder mit Resttumor nach der Operation (OP) werden zum Erhalt einer Chemotherapie (CTx) + Bevacizumab (Beva) +/– den Checkpoint-Inhibitor Atezolizumab randomisiert. Das heißt, die Studie setzt sich aus einem neoadjuvanten und einem adjuvanten Setting zusammen. Ein Cross-over ist nicht vorgesehen. Atezolizumab ist ein humanisierter PD-L1-Antikörper, der bereits für das Urothel- und das nicht kleinzellige Bronchuskarzinom zugelassen worden ist.<sup>1</sup><br />Als koprimärer Endpunkt sind das progressionsfreie (PFS) und das Gesamtüberleben (OS) definiert.<br />Insgesamt ist der Einschluss von 1300 Patientinnen vorgesehen. „Die Rekrutierung läuft sehr gut – wir liegen aktuell über den geplanten Rekrutierungsraten“, berichtete Dr. Richard Schwameis, Medizinische Universität (MU) Wien. In Österreich wird diese multizentrische Studie zurzeit an vier Zentren (MU Wien, MU Innsbruck, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder [BHB] Graz und PMU/LKH Salzburg) durchgeführt: Es wurden bereits sieben von zehn geplanten Patientinnen eingeschlossen.</p> <h2>ATALANTE: Atezolizumab + Bevacizumab bei OC-Rezidiv</h2> <p>Als bei der WAAGO-Sitzung im Jahr 2017 das Design der Phase-III-Studie ATALANTE (Abb. 1) bei Patientinnen mit Spätrezidiv eines OC mit nicht muzinöser Histologie vorgestellt wurde, war die Studie nur in Frankreich offen. Dort wurde unter der Leitung des Coordinating Investigator Prof. Dr. Jean-Emmanuel Kurtz, Universität Straßburg, im Oktober 2016 bereits die erste der insgesamt geplanten 405 Patientinnen eingeschlossen. In der Zwischenzeit sind auch die weiteren teilnehmenden Länder (Österreich, Spanien, Deutschland, Belgien, Tschechien, Israel) aktiv: In Österreich hat als erstes Zentrum im Dezember 2017 die MU Innsbruck gestartet; dort wurden inzwischen drei von vier gescreenten Patientinnen im Rahmen von ATALANTE randomisiert. In weiteren Zentren – BHB und MU Graz sowie MU Wien – wurde die Studie im Laufe des April 2018 geöffnet.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1802_Weblinks_s38_1.jpg" alt="" width="1459" height="798" /><br />Die Randomisierung erfolgt im 2:1-Schema, d.h., gegenüber der Beva+CTx-Therapie erhalten doppelt so viele Patientinnen die Möglichkeit, mit Atezolizumab als Zusatz zu Beva + CTx behandelt zu werden.<br />Primäres Studienziel ist die Verlängerung des ersten medianen PFS (PFS 1) gemäß RECIST von 13,0 auf 18,6 Monate. Als weitere Studienparameter werden u.a. das PFS 2, die Zeitspanne bis zur ersten (TFST) und zweiten (TSSST) Folgetherapie, das OS, die Verträglichkeit und die Lebensqualität (QoL) untersucht. Wesentlich ist auch, dass eine Stratifizierung nach PD-L1-Expression im Tumor zum Zeitpunkt der Rezidivierung erfolgt. Die geplante primäre Analyse ist für das dritte Quartal im Jahr 2020 angesetzt.</p> <h2>ADVANCE-AGO 54: Impfung + Checkpoint-Blockade</h2> <p>In der vierarmigen Phase-II-Studie ADVANCE-AGO 54 wird die Gabe von Axalimogen Filolisbac (AXAL) in Kombination mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab (Nivo) bei Frauen mit persistierendem, wiederkehrendem oder metastasiertem Zervixkarzinom (PRmCC) untersucht. AXAL ist ein Immunvakzin, das gegen das E7-Gen von HPV 16 gerichtet ist. Dabei werden attenuierte Listerien als Antigenvektor verwendet. Mithilfe von biotechnologisch hergestellten Plasmiden wird ein Fusionsprotein generiert, das imstande ist, zytotoxische T-Zellen gegen den Tumor zu mobilisieren.<br />Das Studiendesign ist so konzipiert, dass PRmCC-Patientinnen (n=500), die auf eine CTx nicht ansprechen oder sich nicht dafür eignen, im Rahmen einer „safety run-in period“ für vier Wochen mit AXAL + Nivo behandelt werden und bei Nachweis der Verträglichkeit zum Erhalt einer AXAL-Monotherapie (Arm A), Nivo-Monotherapie (Arm B), AXAL + Nivo (Arm C) bzw. einer Mono-CTx nach Wahl des Prüfarztes randomisiert werden. Die primäre Analyse wird auf den Vergleich von Arm C und Arm D beschränkt sein.<br />Das Studiendesign ist noch nicht fix, der geplante Studienstart ist für Ende 2018/Anfang 2019 angedacht und wird derzeit durch Protokolländerungen verzögert. In Österreich werden voraussichtlich fünf Zentren an dieser internationalen Studie teilnehmen (MU Wien, MU Innsbruck, MU Graz und BHB Graz sowie PMU/LKH Salzburg).</p> <h2>CINTEC-AGO 49: Prädiktion der CINtec-PLUS-Färbung bei CIN</h2> <p>Aus dem Bereich der zervikalen Präneoplasien hat Dr. Vassiliki Kolovetsiou-Kreiner, MU Graz, die Studie CINTEC-AGO 49 präsentiert. <br />„Zervikale Dysplasien treten bei 0,5– 1,2 % der Schwangerschaften auf. Wie bei niedriggradigen, ist eine Regredienz zwar auch bei HPV-assoziierten hochgradigen squamösen intraepithelialen Läsionen möglich, allerdings können Letztere auch persistieren oder fortschreiten. Dia­gnostische Eingriffe an der graviden Zervix sollten nur zurückhaltend durchgeführt werden“, erklärte Kolovetsiou-Kreiner in ihren einleitenden Worten. Mittels des CINtec® PLUS Kit kann der onkogene Transformationsprozess detektiert werden. Im Rahmen einer dualen Färbung werden hochgradige zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN) mit einer Sensitivität von 82–96 % und einer Spezifität von 77–82 % nachgewiesen.<sup>2</sup> Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch unklar, ob die Aussagekraft der Testergebnisse auch bei in der Schwangerschaft diagnostizierten CIN gegeben ist. Aus diesem Grund wird in der Studie CINTEC der prädiktive Wert der CINtec®-PLUS-Färbung in Bezug auf die postpartalen histologischen Ergebnisse evaluiert. Geplant ist der Einschluss von 129 Schwangeren mit auffälliger Pap-Zytologie. Darüber hinaus wird auch die QoL in Form von drei Fragebögen (Stress aufgrund der CIN-Diagnose, sexuelle Aktivität, Angst vor Progress) untersucht. Der Studienplan ist in Abbildung 2 dargestellt.<br />Gegenwärtig nehmen drei österreichische Zentren – MU Graz, PMU/LKH Salzburg und das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried – teil; 20 Patientinnen sind bereits in die Studie eingeschlossen worden. Allerdings appellierte die Referentin an potenzielle Prüfärzte unter den Zuhörern: „Die Beteiligung von weiteren Zentren ist dringend erwünscht, um die Studie erfolgreich abschließen zu können.“</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1802_Weblinks_s38_2.jpg" alt="" width="1456" height="991" /></p> <h2>PITVIN: Ist Imiquimod bei VIN einer Operation überlegen?</h2> <p>Bereits vor einigen Jahren stellte Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Gerda Trutnovsky, MU Graz, das Design der Studie PITVIN zur Untersuchung des SOC („standard of care“), der Operation (OP), versus die Gabe des Virustatikums Imiquimod bei HPV-assoziierten vulvären intraepithelialen Neoplasien (VIN) der Grade 2/3 vor. Mittlerweile wurden 79 der geplanten 110 Patientinnen – erfolgreich in die Studie eingeschlossen. „Das Problem bei der OP ist, dass sie mit Rezidivraten von bis zu 50 % und Komplikationen in Form von lokalen Narbenbildungen assoziiert ist. Als therapeutische Alternative bietet sich Imiquimod an: ein Immunmodulator, der für 16 Wochen lokal appliziert wird. Wir wissen aber immer noch nicht, welche der beiden Optionen vorteilhafter ist“, erklärte Trutnovsky. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Rezidivrate ähnlich wie bei der OP bei 50 % liegt und die Nebenwirkungen im Allgemeinen mild sind. Nichtsdestoweniger gibt es noch viele offene Fragen: „Wir wissen immer noch nicht, warum manche Frauen besser auf Imiquimod ansprechen als andere, das heißt, bislang wurden noch keine prädiktiven Faktoren für die Response identifiziert. Zudem liegt aus klinischen Studien keine Evidenz zur Effektivität der einen versus der anderen Maßnahme vor. Umso relevanter ist die Durchführung von PITVIN, um möglicherweise mehr Klarheit für die Beantwortung dieser relevanten Frage zu gewinnen.“ <br />Zu den Endpunkten zählen u.a. die klinische und histologische Remission nach sechs Monaten, die HPV-Clearance, die gesundheitsbezogene QoL und die Langzeit-Rezidivrate. „Ich hoffe, dass die Re­krutierung im nächsten Jahr abgeschlossen wird und ich Ihnen die ersten Ergebnisse im Jahr 2020 präsentieren darf“, so Principal Investigator Prof. Trutnovsky.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: WAAGO-Sitzung am 12. April im Rahmen der wissenschaftlichen Tagung der Arbeitsgruppe für Gynäkologische Onkologie (AGO) der OEGGG, 12.–14. April 2018
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Fachinformation zu Atezolizumab, Stand: April 2018 2 Singh M et al.: Cancer Cytopathol 2012; 120: 26-34</p>
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