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KA-AZG – „eine überfällige Notwendigkeit“
Jatros
30
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30.11.2017
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<p class="article-intro">Wie sie die Zukunft ihres Faches sieht, insbesondere was die „Facharztausbildung NEU“ und die damit zusammenhängenden zentralen Fragestellungen betrifft, erläutert Univ.-Prof. Dr. Petra Kohlberger, Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, im Interview.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Wo muss sich das Fach wandeln, und was wird auch noch in fünf Jahren aktuell sein?</strong><br /> <strong>P. Kohlberger:</strong> Die Spezialisierung des Faches schreitet mehr und mehr voran, und das sehen wir auch in anderen Fachdisziplinen. Die Herausforderung für die kommenden Jahre liegt sicherlich in der Weiterentwicklung der Ärzte-Ausbildungsordnung und der Spezialisierungsverordnung. In beiden Kategorien arbeitet die OEGGG eng mit der Österreichischen Ärztekammer zusammen, um für die kommende Generation der Fachärztinnen und Fachärzte die optimalen Voraussetzungen für ihre Karriere zu schaffen.</p> <p><strong>Welche Auswirkungen sind mit dem Inkrafttreten der neuen Ausbildungsverordnung – „Facharztausbildung NEU“ – zu erwarten?</strong><br /> <strong>P. Kohlberger:</strong> Die neue Ärzte-Ausbildungsordnung der Österreichischen Ärztekammer stellt eine notwendige Weiterentwicklung dar und berücksichtigt insbesondere im zweiten Teil der Facharztausbildung – der sogenannten Sonderfachschwerpunktausbildung – die einzelnen Spezialgebiete im Fach Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Aus den sieben angebotenen Modulen muss die Kollegin bzw. der Kollege drei Module auswählen zu je neun Monaten Ausbildungsdauer. Nicht alle Ausbildungsstätten haben die Anerkennung für alle sieben Module und daher wird in Zukunft die Flexibilität in der Gestaltung der Dienstverträge im Krankenhaus, aber auch die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen zur Rotation in andere Häuser von größerer Bedeutung sein.</p> <p><strong>Wie wirkt sich der steigende Anteil der Frauen unter den Fachärzten, etwa auf die Personalplanung und neue Arbeitszeitmodelle, aus?</strong><br /> <strong>P. Kohlberger:</strong> Anhand der Absolventenzahlen ist deutlich zu sehen, dass der Großteil der jungen Fachärzte Frauen sind. Die Notwendigkeit der Vorhaltung von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen und die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten und auch die Facharztausbildung in Teilzeit absolvieren zu können, sind Rahmenbedingungen, die in vielen Krankenhäusern erst geschaffen werden müssen.</p> <p><strong>Welchen Einfluss hat das Krankenanstalten- Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) auf die Facharztausbildung?</strong><br /> <strong>P. Kohlberger:</strong> Das Führen eines Ausbildungs- Log-Buches und die Dokumentation der absolvierten operativen Eingriffe, Geburten und Untersuchungen/Gespräche mit unseren Patientinnen sind unabdingbare Voraussetzung für die Erlangung des Raster-Zeugnisses. Das KA-AZG war eine bereits seit Langem überfällige Notwendigkeit, da durchgehende Arbeitszeiten von 32 bis 49 Stunden eher der Arbeitsleistung eines normalen Arbeitnehmers in der Woche entsprechen und üblicherweise nicht durchgehend am Stück geleistet werden. Insbesondere die Arbeitsverdichtung – Zunahme der Dokumentation, Steigerung der Patientinnenfrequenzen bei gleichzeitiger Reduktion der Belagstage – hat zu einer vermehrten Belastung im Nachtdienst geführt und ein „Durcharbeiten“ im Kreißsaal ist eher die Regel als die Ausnahme in vielen Krankenhäusern. Jedoch bedingt die reduzierte Anwesenheit im Krankenhaus aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten auch eine geringere Möglichkeit, den OP-Katalog im Rahmen der Ausbildung rasch zu füllen. Hier ist insbesondere in der OP-Plan-Einteilung noch mehr Rücksicht auf die individuellen Ausbildungserfordernisse zu nehmen.</p> <p><strong>Neu sind auch Diplome durch Spezialisierungen („Fellowships“), die nach der Ausbildung zum Facharzt von europäischen Fachgesellschaften vergeben werden. Wie sehen Sie diese Entwicklung?</strong><br /> <strong>P. Kohlberger:</strong> Derzeit werden in unserem Fach Fellowship-Ausbildungsprogramme von der ESGO (European Society of Gynaecological Oncology), der EUGA (European Urogynaecology Association), der ESHRE (European Society of Human Reproduction and Embryology) und der EAPM (European Association of Perinatal Medicine) verliehen; dies nach Absolvierung eines definierten Ausbildungscurriculums an einer von der entsprechenden Gesellschaft für die Ausbildung zertifizierten Abteilung bzw. Klinik.<br /> Für das Fach Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist die Spezialisierung auf dem Gebiet der Palliativmedizin bereits in der Vollversammlung der ÖÄK beschlossen worden und wir erwarten den Beschluss für die Spezialisierung auf dem Gebiet der Psychosomatik für Ende 2017. Die Spezialisierungen in Analogie zu den europäischen Fachgesellschaften wurden von der OEGGG eingereicht, jedoch aufgrund der großen Anzahl an Anträgen für Spezialisierungen vorerst noch zurückgestellt. Aktuell besteht daher aber die Möglichkeit die Fellowship-Spezialisierung auf europäischer Ebene zu absolvieren. Meine persönliche Einschätzung ist jedoch, dass die Absolvierung des Fellowships auf europäischer Ebene für die jungen Kolleginnen und Kollegen zielführender ist, da die europäische Spezialisierung überall bedenkenlos anerkannt wird und so der Mobilität in der Auswahl des zukünftigen Arbeitsplatzes keine Grenzen gesetzt werden.</p></p>
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