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E-Medikation auf unsere Kosten?
DAM
Autor:
Dr. Eva Raunig
E-Mail: drraunigeva@gmail.com
30
Min. Lesezeit
19.04.2018
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<p class="article-intro">Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hat mit dem Hauptverband eine Vereinbarung getroffen, die jeglicher wirtschaftlichen Vernunft entbehrt. Trotz Kritik wurde diese Vereinbarung in der Wiener Kammer abgesegnet.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Meine Einwände, wie die Lächerlichkeit der angebotenen Geldbeträge, das Fehlen eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens über die Mehrbelastungen und die Notwendigkeit einer Urbefragung unter den betroffenen Ärzten vor einer Zustimmung, wurden leider ignoriert.<br /> Es hat ganz den Anschein, als ob meine Fraktion „Liste Raunig – Liste für Hausärzte“ die einzige ist, die diese Vereinbarung kritisch hinterfragt und zu dem Schluss kommt, dass die Lobpreisung dieses Vertrages in keinster Weise nachvollziehbar ist. Zum Beispiel jubelt man über eine Abgeltung für die E-Medikation in der Höhe von brutto 20 Euro monatlich pro Arzt, egal wie viele Patienten er zu betreuen hat. Bei einer „1000-Schein-Praxis“ bedeutet das 6(!) Cent pro Patient im Quartal, bei größeren Praxen entsprechend noch weniger. Diese lächerliche „Abgeltung“ inkludiert auch die aufwendige, verpflichtende Beratung der Patienten über deren Recht auf Ausblenden von Medikamenten bei heiklen Diagnosen. Bekanntlich müssen wir oft auch Medikamente von Krankenhäusern und Fachkollegen weiter verordnen, die Wechselwirkungen verursachen können.</p> <h2>Hoher Aufwand ohne Entschädigung</h2> <p>Da die Apotheker gar nicht wissen können, warum wir uns manchmal für eine bestimmte Kombination von Medikamenten mit möglichen Wechselwirkungen entscheiden müssen, stehen uns auch noch laufend Telefonate mit den Pharmazeuten in den Apotheken und Gespräche mit vielen in den Apotheken verunsicherten Patienten bevor.<br /> Ich habe mich hier für Tarife eingesetzt, die unseren zusätzlichen finanziellen (für neue Superrechner und schnellere Software) und zeitmäßigen Aufwand, der durch die E-Services (E-Zuweisung, E-Überweisung, E-Verordnung, E-Medikation) auf uns und unser Personal zukommt, widerspiegeln. Schon das Wort „Anschub“-Finanzierung implementiert, dass nachher noch bedeutende Kosten auf uns zukommen werden, die wir dann selbst zu tragen haben, obwohl die E-Medikation nicht von uns Ärzten, sondern von der Politik gewünscht und am 15. Dezember 2017 durch die damalige Gesundheitsministerin Dr. Rendi-Wagner in die Wege geleitet wurde.<br /><br /> Inzwischen haben auch die Befürworter der E-Medikation, wie z.B. der Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse, Dr. Arno Melitopulos, erkannt, dass diese eher keine Ersparnisse bringen wird, sondern im Gegenteil viel kostet. Während wir mit einem geringen Betrag abgespeist werden, verdienen die Provider und die Softwarefirmen enorme Summen.</p> <h2>Überbordende Elektronik</h2> <p>Der Begriff der „überbordenden Elektronik“ ersetzt somit den der „überbordenden Bürokratie“ und es wird eine zusätzliche extreme Belastung auf uns zukommen. Auch der Zeitaufwand bei der Rezeptausstellung in der E-Medikation durch die große Anzahl an Generika, die von Apothekern abgegeben werden, wurde nicht bedacht. Unser soziales Gesundheitssystem und uns Ärzte darf man nicht noch mehr finanziell und zeitmäßig belasten! Was immer wieder vergessen wird: Auch mit Elektronik braucht man Zeit, vielleicht sogar mehr als ohne.<br /><br /> Trotz meiner Forderung, eine solche Vereinbarung vor dem Abschluss einer betriebswirtschaftlichen Prüfung zu unterziehen, hat man mit Begeisterung in der Wiener Kammer diesem Vertrag zwischen ÖÄK und Hauptverband zugestimmt.</p></p>
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