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„Die Torheit der Regierenden“

<p class="article-intro">Die amerikanische Historikerin Barbara Tuchman hat in ihrem berühmten Buch mit dem Originaltitel „The March of Folly“ einen weiten Bogen – anders machen es Amerikaner wohl nicht – über die Geschichte der Menschheit, von Troja bis Vietnam, gespannt. Ihr Fazit: Die Regierungskunst hat sich im Gegensatz zu den Wissenschaften und sozialen Errungenschaften kaum entwickelt. Das kleine Österreich und dessen Gesundheitswesen kommen im Werk der universell Gebildeten naturgemäß nicht vor. Aber es gibt bemerkenswerte Parallelen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Ein Sozialversicherungssystem sollte erm&ouml;glichen, dass alle gleich gut behandelt werden. Jeder nach seinen F&auml;higkeiten, jedem nach seinen Bed&uuml;rfnissen, wie es Karl Marx einmal voll Enthusiasmus formuliert hat. Aber ach: In der ORF-Sendung &bdquo;Am Schauplatz&ldquo; haben viele Patienten die Zweiklassenmedizin beklagt, unter der sie zu leiden haben. Dass genau diese von den Verantwortlichen hartn&auml;ckig geleugnet wird, beweist deren Torheit.</p> <h2>Das Trojanische Pferd</h2> <p>W&auml;hrend Patienten dem Gesundheitssystem hilflos ausgeliefert sind, haben &Auml;rzte eine m&auml;chtige, wie viele Medien behaupten &uuml;berm&auml;chtige Vertretung. M&ouml;chte man meinen. Unter den wohlwollenden Augen der &Ouml;sterreichischen &Auml;rztekammer findet derzeit in der Steiermark ein Probelauf f&uuml;r ELGA statt &ndash; und l&auml;uft nicht rund. Aber das seien nur Anfangsschwierigkeiten, behaupten wie &uuml;blich die Verantwortlichen. Direktor DI (FH) Volker Sch&ouml;rghofer geht sogar so weit, ELGA als Patientenrecht zu postulieren. Dass die Nichtkassenvertrags&auml;rzte von dieser Pflicht befreit bleiben, verschweigt er. Diese werden inzwischen jedoch immer mehr.</p> <h2>Die Medizin wird weiblich</h2> <p>Quer durch die Alpen gellt ein Schrei &ndash; wer wollte ihn nicht h&ouml;ren? Die Frauen, die H&auml;lfte der Bev&ouml;lkerung, sind ein gewaltiges intellektuelles Kapital, das man n&uuml;tzen muss. Sofort f&uuml;hlt man sich an Madame Curie erinnert, die erste Frau &ndash; und den bisher einzigen Menschen &ndash;, der es gelang, in zwei verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen einen Nobelpreis zu erringen. Eine Fotografie, die sie zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter zeigt, ist das einzige Familienbild, das drei Nobelpreistr&auml;ger gemeinsam zeigt. Und dabei wird es wohl bleiben. Denn heute gelten andere Werte. &bdquo;Work-Life-Balance&ldquo; ist das Zauberwort der Gegenwart &ndash; so viel Freizeit wie m&ouml;glich, so viel Arbeit wie n&ouml;tig. &bdquo;Marx light&ldquo;, wenn man so will. Ob das dem Fortschritt der Wissenschaft frommt, sei dahingestellt, aber den Verantwortlichen gef&auml;llt&rsquo;s. Denn auf dieser Basis k&ouml;nnen sie sich ihren Herzenswunsch erf&uuml;llen: die Primary Healthcare Center (PHC).</p> <h2>Der &Ouml;sterreichische Haus&auml;rzteverband (&Ouml;HV)</h2> <p>Eine kleine, aber artikulationsf&auml;hige Minderheit h&ouml;rt nicht auf, Widerstand zu leisten. Erinnert Sie das an etwas? Richtig &ndash; das kleine gallische Dorf, das, wenn auch mit zweitausendj&auml;hriger Versp&auml;tung, dem m&auml;chtigen C&auml;sar getrotzt hat. <em>(dp&ouml;)</em></p></p>
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