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Serie: Gastroenterologische Leitsymptome

«Wie schwanger!» – Blähungen, Blähbauch und Flatulenz

<p class="article-intro">Blähungen und damit verbundene Beschwerden wie ein geblähter Bauch sind die von Reizdarmpatienten und Patienten allgemein am häufigsten geäusserten gastrointestinalen Beschwerden, deren Hauptursachen Motilitätsstörungen und eine viszerale Hypersensitivität sind. Neben allgemeinen Verhaltensregeln und medikamentösen Therapieansätzen steht nun ernährungsmedizinisch eine evidenzbasierte Therapie zur Verfügung: Auf eine Reduktion FODMAP-haltiger Lebensmittel sprechen bis zu 75 % all dieser Patienten an.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bl&auml;hungen und abdominelle Distension sind das am h&auml;ufigsten ge&auml;usserte gastrointestinale Symptom bei Reizdarmpatienten und in der Allgemeinbev&ouml;lkerung.</li> <li>Die Gasmenge ist meist nicht erh&ouml;ht, vielmehr spielt ein Transportproblem von Gas eine Rolle sowie bei Reizdarmpatienten die viszerale Hypersensitivit&auml;t.</li> <li>Abkl&auml;rungen sollten v.a. bei Alarmsymptomen und Hinweisen auf eine Malabsorption erfolgen.</li> <li>Die Beeinflussung der Motilit&auml;t, des Mikrobioms und der viszeralen Hypersensitivit&auml;t kann zur Therapie eingesetzt werden; die Reduktion von FODMAP stellt derzeit jedoch die effektivste Therapie dar.</li> </ul> </div> <h2>Bl&auml;hungen und abdominelle Distension</h2> <p>&laquo;Ich f&uuml;hle mich wie schwanger!&raquo;, das ist eine h&auml;ufige Aussage vieler Patienten mit Reizdarmbeschwerden, die unter Bl&auml;hungen und einem aufgebl&auml;hten Bauch leiden. Unwohlsein, Schmerzen, &laquo;peinliche&raquo; Ger&auml;usche der Verdauung, Kleidung, die vor allem am Abend nicht mehr passt, aber auch Bauchschmerzen sind h&auml;ufig beklagte Beschwerden. &laquo;Bl&auml;hungen&raquo; sind abdominelle Druckgef&uuml;hle, welche mit dem Verdauungssystem und vor allem Darmgas in Verbindung gebracht werden. Als subjektiv wahrgenommenes &laquo;V&ouml;llegef&uuml;hl&raquo;, &laquo;Schweregef&uuml;hl&raquo;, &laquo;Druckgef&uuml;hl&raquo; oder einfach Unwohlsein sind diese Beschwerden schwierig zu messen bzw. zu objektivieren. Es gibt daher auch nur wenige Studien mit dem Endpunkt &laquo;Bl&auml;hungen&raquo;. Die H&auml;lfte der Patienten mit Bl&auml;hungen beschreibt zus&auml;tzlich eine abdomi- nelle Distension: einen &laquo;Bl&auml;hbauch&raquo;. Bl&auml;hungen und abdominelle Distension werden von bis zu 96 % der Reizdarmpatienten (IBS) und 20&ndash;30 % der Durchschnittsbev&ouml;lkerung beklagt.<sup>1, 2 </sup>Die meisten der Patienten nehmen diese Beschwerden als sehr stark wahr und &uuml;ber 50 % berichten von einer deutlichen Einschr&auml;nkung ihrer Lebensqualit&auml;t hierdurch.<sup>3</sup> F&uuml;r Reizdarmpatienten sind Bl&auml;hungen h&auml;ufig das st&auml;rkste Symptom. Abdominelle Distension tritt h&auml;ufiger bei Obstipation oder einer Beckenbodendysfunktion auf<sup>3, 4</sup> und die Umfangszunahme betr&auml;gt in plethysmografischen Studien bis zu 12cm. Bei bis zu 50 % der Patienten mit diesen Beschwerden treffen die Diagnosekriterien f&uuml;r ein Reizdarmsyndrom (Rom-IV-Kriterien) jedoch nicht zu. Nach den Rom-IV-Kriterien k&ouml;nnen &laquo;funktionelle Bl&auml;hungen&raquo; von anderen Gr&uuml;nden f&uuml;r eine abdominelle Distension durch das tageszeitliche Auftreten unterschieden werden.<sup>5</sup> Wenigstens &uuml;ber drei Monate m&uuml;ssen wiederholt Bl&auml;hungen oder abdominelle Distension mindestens einen Tag pro Woche auftreten, wobei Bl&auml;hungen und ein Bl&auml;hbauch alle anderen Symptome &uuml;berwiegen. Die Kriterien zur Diagnose eines Reizdarmsyndroms (IBS), funktioneller Obstipation oder funktioneller Diarrh&ouml; d&uuml;rfen nicht erf&uuml;llt sein.<sup>6</sup> Bei einem Gewichtsverlust, Diarrh&ouml;, Mangel von Mikron&auml;hrstoffen oder blutigen St&uuml;hlen m&uuml;ssen immer andere Differenzialdiagnosen diskutiert werden.</p> <h2>Intestinale Gasbildung</h2> <p>Der Pathomechanismus, welcher Bl&auml;- hungen und einem Bl&auml;hbauch zugrunde liegt, ist nur unvollst&auml;ndig aufgekl&auml;rt und wahrscheinlich multifaktoriell. Gasbildung im Magen-Darm-Trakt ist ein nat&uuml;rlicher Prozess. Darmgas ist ein Gemisch verschiedener Gase. Die gaschromatografisch bestimmbare Gaszusammensetzung schwankt individuell sehr stark. Den gr&ouml;ssten Anteil (bis &uuml;ber 90 % ) macht dabei Stickstoff (N<sub>2</sub>) aus. Der Rest setzt sich aus Wasserstoff (H<sub>2</sub>), Kohlendioxid (CO<sub>2</sub>), Sauerstoff (O<sub>2</sub>), Methan (CH<sub>4</sub>) und Spurengasen zusammen. Bei Letzteren handelt es sich um Sulfide (Hydrogensulfid, Dimethylsulfid), Indole und Skatole, Ammoniak und kurzkettige Fetts&auml;uren, die auch hauptverantwortlich f&uuml;r den h&auml;ufig schlechten Geruch sind.<sup>7</sup> Die Zusammensetzung variiert in verschiedenen Teilen des GI-Traktes: Finden sich im Magen noch hohe Konzentrationen von N<sub>2</sub> und O<sub>2</sub>, &uuml;berwiegt im Darm Methan (CH<sub>4</sub>). Durchschnittlich finden sich 50&ndash;200ml Gas im Magen-Darm-Trakt. Die t&auml;gliche Ausscheidung &uuml;ber den Enddarm bel&auml;uft sich auf 600ml, kann aber nahrungsbedingt, besonders nach Verzehr von FODMAP-haltigen Lebensmitteln, sehr stark variieren (500&ndash;1500ml/Tag).<sup>8</sup> Darmgas verl&auml;sst das Rektum bei gesunden Probanden 10&ndash;20-mal/Tag.<sup>9</sup> Die meisten Patienten, welche &uuml;ber exzessive Flatulenz klagen, liegen ebenfalls bei dieser Frequenz. Schlechter Geruch von Darmgas ist fast nie mit schweren Erkrankungen assoziiert.<br />Geschluckte Luft (Aerophagie) ist die Hauptquelle f&uuml;r Gas im Magen. Mehrere Milliliter Luft, vor allem N<sub>2</sub>, werden mit jedem normalen Schluckakt aufgenommen. Gr&ouml;ssere Mengen werden beim Schlucken von Nahrung aufgenommen. Rauchen und Kaugummikauen kann diese Menge erh&ouml;hen, ebenso das Vorliegen einer Angstst&ouml;rung. Ein grosser Teil dieser Gase entweicht &uuml;ber den &Ouml;sophagus. Refluxoperationen (z.B. &laquo;Nissen fundoplication&raquo;) k&ouml;nnen bei zu enger Manschette zur Unf&auml;higkeit f&uuml;hren, Luft nach oral zu evakuieren, und somit Bl&auml;hungen hervorrufen.<sup>10</sup><br />Intestinales Gas entsteht weiterhin auch endogen durch Verg&auml;rung (Fermentation) von Darminhalt durch Bakterien. Vor allem schlecht resp. nicht absorbierbare oder nicht gespaltene Kohlenhydrate, wie z.B. Laktulose, erzeugen auch bei gesunden Probanden Bl&auml;hungen und einen Bl&auml;hbauch, da sie unverdaut durch den D&uuml;nndarm in das Kolon gelangen und dort vergoren werden. Die Gasbildung f&uuml;hrt zur Distension des D&uuml;nn- und des Dickdarms. Die Zusammensetzung des Mikrobioms spielt hierbei eine Rolle: Ver&auml;nderungen im Mikrobiom von Reizdarmpatienten im Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen f&uuml;hren zu Ver&auml;nderungen in der Verg&auml;rung im Kolon.<sup>11</sup> Unterst&uuml;tzt wird diese Beobachtung durch die Tatsache, dass Reizdarmpatienten einen niedrigeren pH-Wert im Bereich des Z&ouml;kums haben, am ehesten bedingt durch die Produktion von kurzkettigen Fetts&auml;uren, welche durch bakterielle Fermentation entstehen.<sup>12</sup> Zudem hat sich gezeigt, dass Patienten mit schweren Bl&auml;hungen h&auml;ufig eine Besserung unter antibiotischer Therapie erfahren.<sup>13</sup><br />Trotz dieser in sich stimmigen Beobachtungen kann kein Beweis daf&uuml;r erbracht werden, dass die Gasproduktion bei Patienten mit Bl&auml;hungen erh&ouml;ht ist &ndash; Studien mit Argongas und Computertomografien haben keinen Unterschied in der Gasmenge in solchen Patientengruppen zu jener in gesunden Kontrollgruppen gefunden.<sup>13</sup> Es m&uuml;ssen daher noch andere Faktoren eine Rolle spielen.</p> <h2>Transportst&ouml;rungen</h2> <p>Wahrscheinlich spielen bei der Entstehung von Bl&auml;hungen der Transport und die Ausscheidung von intestinalem Gas die gr&ouml;ssere Rolle: Es konnte klar eine Verl&auml;ngerung der Kolontransitzeit bei Patienten mit Bl&auml;hungen gezeigt werden.<sup>14</sup> Auch der positive Effekt bei Einsatz von Prokinetika deutet hierauf hin. Weiterhin kann Gas im proximalen GI-Trakt (v.a. im D&uuml;nndarm) wahrscheinlich aufgrund ver&auml;nderter Modulation schlechter evakuiert werden.<sup>15</sup> Die Distension des D&uuml;nndarms ist ein Hauptgrund f&uuml;r Bl&auml;hungen. Kurzkettige Kohlenhydrate, wie z.B. Fruktose oder Mannitol, erh&ouml;hen durch ihren osmotischen Effekt die Wassermenge im Lumen des D&uuml;nndarms, was bei IBS-Patienten zu Bl&auml;hungen f&uuml;hren kann. Dieser Effekt ist auch nachweisbar, ohne dass eine Malabsorption vorliegt.<sup>16</sup> Weiterhin berichten bis zu 80 % der Patienten mit Obstipation &uuml;ber Bl&auml;hungen. Einerseits f&uuml;hrt hierbei wahrscheinlich der mechanische, dilatierende Effekt der harten Stuhlwalze im Darm zu Beschwerden, welche Bl&auml;hungen &auml;hneln, andererseits kann die Stase im Kolon zu einer erh&ouml;hten Rate von Verg&auml;rung durch Bakterien und damit Gasproduktion f&uuml;hren. Zuletzt wirkt die ver&auml;nderte Motilit&auml;t negativ auf den intraluminalen Gastransport.</p> <h2>Viszerale Hypersensitivit&auml;t</h2> <p>Die viszerale Hypersensitivit&auml;t ist ein Hauptkriterium in der Pathogenese von Reizdarmbeschwerden.<sup>17</sup> Dadurch ist zu erkl&auml;ren, warum Patienten gastrointestinale Symptome beschreiben, ohne dass signifikante physiologische Ver&auml;nderungen messbar sind. Es l&auml;sst sich bei Reizdarmpatienten meist eine erniedrigte Schmerzschwelle f&uuml;r eine Distension im Rektum nachweisen, aber auch eine erh&ouml;hte Schmerzschwelle bei Patienten mit Obstipation (IBS-C) ist nachweisbar.<sup>18</sup> Bei Letzteren liegen in bis zu 90 % ein Bl&auml;hbauch und Bl&auml;hungen vor.<sup>19</sup> Bei einer erniedrigten Reizschwelle und eher Diarrh&ouml;-dominanten Beschwerden (IBS-D) finden sich geh&auml;uft Bl&auml;hungen, jedoch ohne eine abdominelle Distension. Produkte der Verg&auml;rung, wie z.B. kurzkettige Fetts&auml;uren, f&uuml;hren wahrscheinlich &uuml;ber eine Modulation der viszeralen Hypersensitivit&auml;t zu Beschwerden. Variationen der viszeralen Sensibilit&auml;t w&auml;hrend des Menstruationszyklus erkl&auml;ren die verst&auml;rkten Bl&auml;hungen in der perimenstruellen Phase.<sup>20</sup> Psychologische Faktoren wie Stress und Angstst&ouml;rungen k&ouml;nnen durch die Verbindung im Rahmen der Darm-Hirn-Achse ebenfalls die Schwelle f&uuml;r viszerale Schmerzen senken. Trotzdem erkl&auml;rt die viszerale Hypersensitivit&auml;t nicht vollst&auml;ndig die Beschwerden, da ein Drittel aller Betroffenen in Barostat- Versuchen normale viszerale Sensitivit&auml;t zeigt.<sup>21</sup></p> <h2>Muskul&auml;re Reaktionen</h2> <p>Elektromyografische Tests haben ergeben, dass die Reflexe der abdominellen und diaphragmatischen Muskeln bei Patienten mit Bl&auml;hungen und Bl&auml;hbauch ver&auml;ndert sind. Bei Gasbelastung des GI-Traktes zeigten Patienten mit Bl&auml;hungen eine paradoxe Kontraktion des Zwerchfells und Entspannung der unteren Bauchmuskulatur, bei gesunden Probanden war dies genau umgekehrt.<sup>22, 23</sup> Die Ursache hierf&uuml;r bleibt unklar. Auch eine Ver&auml;nderung in den Reflexen der Beckenbodenmuskulatur wird mit Bl&auml;hungen in Zusammenhang gebracht.</p> <h2>Abkl&auml;rungen/Diagnostik</h2> <p>Da &ndash; trotz oft hohen Leidensdruckes &ndash; meistens keine organischen Ursachen nachgewiesen werden k&ouml;nnen, sollten teure und aufwendige Tests in der Regel vermieden werden. Bei Alarmsymptomen wie Gewichtsverlust, Blutungen, Fieber, n&auml;chtlichen Symptomen sowie ver&auml;ndertem Stuhlverhalten bei &uuml;ber 50-J&auml;hrigen sollte jedoch immer eine endoskopische Abkl&auml;rung (Koloskopie, Gastroskopie) durchgef&uuml;hrt werden. Einige organische Erkrankungen k&ouml;nnen Bl&auml;hungen hervorrufen und sollten in die Differenzialdiagnose einbezogen werden (Tab. 1). Bei jungen Patienten ohne Alarmsymptome ist die Durchf&uuml;hrung einer Z&ouml;liakieserologie empfohlen,<sup>24</sup> insbesondere bei positiver Familienanamnese. Malabsorptionsparameter (u.a. Ferritin, Vitamin B12), TSH, Blutbild, CRP sind hilfreiche Laborparameter. Stuhltests auf Calprotectin und Parasiten (Giardia lamblia, W&uuml;rmer) sind empfohlen. Patientinnen sollten zus&auml;tzlich eine gyn&auml;kologische Untersuchung durchf&uuml;hren lassen. Wasserstoff- und Methan- Atemtests zur Diagnose von Intoleranzen, wie z.B. einer Laktose- oder Fruktoseintoleranz, oder einer bakteriellen &Uuml;berwucherung (SIBO) k&ouml;nnen hilfreich sein, sind jedoch nicht zwingend. Ein anamnestisches Screening auf psychologische Risikofaktoren ist immer empfohlen. Einen m&ouml;glichen Abkl&auml;rungsalgorhithmus zeigt Abbildung 1.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1703_Weblinks_s26.jpg" alt="" width="1421" height="2794" /></p> <h2>Therapie</h2> <p>Die Behandlung m&ouml;glicher zugrunde liegender Erkrankungen ist sicher der wichtigste erste Schritt der Therapie. Ganz allgemein kann auch eine Verhaltenskorrektur empfohlen werden, wie z.B. langsam zu essen, keine Kaugummis und Bonbons zu verzehren, nicht zu rauchen, keine kohlens&auml;urehaltigen Getr&auml;nke zu konsumieren u.a. Eine eventuell bestehende Obstipationstendenz sollte korrigiert werden, allenfalls auch medikament&ouml;s.</p> <h2>Di&auml;t &ndash; FODMAP</h2> <p>Die effektivste Therapie von Bl&auml;hungen stellt derzeit die Reduktion sogenannter FODMAP in der Ern&auml;hrung dar. Das Akronym &laquo;FODMAP&raquo; steht f&uuml;r &laquo;fermentable oligosaccharides, disaccharides, monosaccharides, and polyols&raquo;, einen Begriff, unter dem Kohlenhydratsubtypen mit gleichen Eigenschaften vereint sind. Es handelt sich um kurzkettige Kohlenhydrate, welche schlecht absorbiert werden und daher in den unteren Abschnitten des D&uuml;nndarms und im Kolon von Bakterien fermentiert werden.<sup>25</sup> Hierbei entsteht vermehrt Darmgas wie H<sub>2</sub>, CH<sub>4</sub> und CO<sub>2</sub>. Es handelt sich ausserdem um kleine Molek&uuml;le, welche osmotisch aktiv sind und so den Wassergehalt im Darm erh&ouml;hen. Hierdurch k&ouml;nnen Motilit&auml;tsver&auml;nderungen, Distension des Darmlumens und Diarrh&ouml; auftreten. Neben Fruktooligosacchariden (Fruktane), Galaktooligosacchariden, Laktose, Fruktose und Sorbitol geh&ouml;rt auch Mannitol zu dieser Gruppe (Tab. 2). Vor allem Fruktane f&uuml;hren zur Gasentstehung, da sie fast vollst&auml;ndig zu den Bakterien im Dickdarm gelangen und dort fermentiert werden.<sup>16</sup> Fruktose und Polyole (z.B. Sorbitol und Mannitol) werden langsam und zum Teil im D&uuml;nndarm aufgenommen und f&uuml;hren hierbei zu einem Fl&uuml;ssigkeitsinflux in den Darm und h&auml;ufig zu Diarrh&ouml;.<sup>16</sup> Die einzelnen FODMAP, wie z.B. Laktose, werden schon lange als Ausl&ouml;ser f&uuml;r Reizdarmbeschwerden angesehen. Auch Fruktose wurde schon fr&uuml;h als Ausl&ouml;ser von Beschwerden erkannt, die Reduktion von Fruktose bei IBS-Patienten f&uuml;hrte h&auml;ufig zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden.<sup>26</sup> Additive Effekte auf Bl&auml;hungen wurden f&uuml;r die Kombination von Fruktose und Fruktanen beschrieben. Durch die Gruppierung all dieser Substanzen zu FODMAP und die systematische Reduktion dieser Lebensmittel bei IBS-Patienten konnte eine bei mindestens 75 % der Patienten wirksame Therapie etabliert werden.<sup>27&ndash;29</sup> Eine Reduktion von Bl&auml;hungen kann mit dieser Di&auml;t in bis zu 82 % der F&auml;lle erzielt werden, sie stellt somit die derzeit beste Therapie von Bl&auml;hungen dar. Eine FODMAP-Reduktion sollte in der Regel mithilfe eines erfahrenen Ern&auml;hrungsberaters durchgef&uuml;hrt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1703_Weblinks_s27.jpg" alt="" width="1441" height="840" /></p> <h2>Medikamente</h2> <p>Laxativa<br />Da bei Patienten mit Bl&auml;hungen eine hohe Pr&auml;valenz von Obstipation (IBS-C) besteht, sollte hier eine Therapie auf jeden Fall durchgef&uuml;hrt werden. Eine Therapie der Obstipation beschleunigt meist die Kolontransitzeit und kann so Bl&auml;hungen und einen Bl&auml;hbauch bessern. Quellmittel und osmotische Laxativa (z.B. Movicol) sind hierbei jedoch h&auml;ufig kontraproduktiv, da sie vermehrt Wasser im Darm halten und zur Fermentation durch Bakterien f&uuml;hren k&ouml;nnen. Prosekretorische und motilit&auml;tsf&ouml;rdernde Laxativa, wie z.B. Linaclotid (Constella), Prucaloprid (Resolor) und Lubiproston (Amitizia), sind wahrscheinlich die g&uuml;nstigere Wahl in der Behandlung des IBS-C mit Bl&auml;hungen. F&uuml;r die Behandlung von Bl&auml;hungen ohne Obstipation sind diese Substanzen jedoch noch nicht evaluiert.<br />Antibiotika<br />Das Mikrobiom spielt eine grosse Rolle in der Pathophysiologie von IBS. Eine Hauptquelle von intestinalem Gas ist die Fermentierung von Kohlenhydraten durch Bakterien. Es wird daher postuliert, dass eine &laquo;Dysbiose&raquo; zur Dysfunktion des Darmes (u.a.epithelial, immunologisch) und zur vermehrten Gasbildung f&uuml;hren kann. Antibiotika werden daher als Therapieoption diskutiert.<br />Rifaximin (Xifaxan) ist ein kaum resorbiertes Antibiotikum, zu welchem gute Evidenz f&uuml;r die Behandlung von Reizdarmbeschwerden und Bl&auml;hungen vorliegt.<sup>30</sup> Nebenwirkungen und Resistenzentwicklung sind gering. Insbesondere Patienten, bei denen eine bakterielle &Uuml;berwucherung (SIBO) vermutet wird, sprechen auf dieses Medikament h&auml;ufig an. Auch Neomycin zeigt &auml;hnliche Wirkungen, jedoch auch h&auml;ufiger Nebenwirkungen (z.B. Ototoxizit&auml;t). Metronidazol ist in einigen Studien ebenso wirksam.<br />Probiotika<br />Die Studienlage zum Einsatz von Probiotika bei Bl&auml;hungen ist nicht konklusiv. Bifidobacterium infantis 35624 zeigte in einem systematischen Review eine g&uuml;nstige Wirkung auf Bl&auml;hungen.<sup>31</sup> Bifidobacterium lactis sowie VSL#3 (enth&auml;lt Laktobazillen, Bifidobakterien und Streptococcus salivarius) zeigten geringf&uuml;gig positive Effekte auf Bl&auml;hungen.<sup>32, 33</sup><br />Antidepressiva<br />F&uuml;r die Therapie des Reizdarmsyndroms wird der Einsatz von Antidepressiva empfohlen. Vor allem selektive Serotonin-Rezeptor-Inhibitoren (SSRI) werden noch vor trizyklischen Antidepressiva (TCA) empfohlen. Studien zeigen eine Verbesserung der Lebensqualit&auml;t, eine Wirkung auf Bl&auml;hungen und Bl&auml;hbauch konnte jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden.<sup>34</sup></p> <h2>Verhaltenstherapie undpsychologische Therapie</h2> <p>Interaktionen zwischen enterischem Nervensystem und Psyche sind in der Pathogenese von Reizdarmbeschwerden gut bewiesen (&laquo;Darm-Hirn-Achse&raquo;). Dennoch ist die Wirksamkeit nur weniger psychologischer und verhaltenstherapeutischer Therapieans&auml;tze durch Studien belegt. Die medizinische Hypnose zeigte in einigen Studien eine deutliche Reduktion von Beschwerden durch Bl&auml;hungen mit einer Langzeitwirkung;<sup>35</sup> sie wird daher aktuell empfohlen, wenn andere Therapieformen versagen. Mit einer Kombination der Hypnosetherapie und der FODMAP-Di&auml;t konnte jedoch keine weitere Verbesserung der Symptome erreicht werden. Auch die kognitive Verhaltenstherapie konnte diesbez&uuml;glich keine klare Verbesserung der Beschwerden erzielen.</p> <h2>Biofeedback und Neuromodulation</h2> <p>Anorektale Biofeedback-Techniken zur Entspannung zeigten in kleinen Studien bei bis zu 70 % der Patienten eine Reduktion von Bl&auml;hungen sowie Obstipation. Diese Effekte hielten bis zu 12 Monate an.<sup>36</sup> Bei schwerer Obstipation hat sich die Neuromodulation durch die Stimulation von Sakralnerven als wirksam erwiesen. Auch die Frequenz von Bl&auml;hungen geht unter dieser Therapie bei IBS-C-Patienten deutlich zur&uuml;ck. Trotzdem ist diese Therapie derzeit noch nicht indiziert zur Behandlung von Bl&auml;hungen als alleiniges Symptom.</p> <h2>Alternative Therapien</h2> <p>Simeticon (Flatulex) und medizinische Kohle werden gegen Bl&auml;hungen h&auml;ufig eingesetzt, obgleich es keine Evidenz f&uuml;r die Wirksamkeit dieser Substanzen bei diesen Beschwerden gibt. Eine Kombination aus Loperamid und Simeticon kann jedoch Bl&auml;hungen lindern.<sup>37</sup> Versuchsweise kann diese Kombination eingesetzt werden. STW 5 (Iberogast) ist eine Mischung mehrerer pflanzlicher Extrakte und hat in Metaanalysen eine deutlich h&ouml;here Wirksamkeit als Placebo gezeigt.<sup>38</sup> Ein Therapieversuch mit STW 5 ist daher gerechtfertigt. Ausserdem haben Extrakte der Kiwifrucht in einigen Studien Wirksamkeit bei Obstipation und Bl&auml;hungen gezeigt.<sup>39</sup> Der Genuss von Kiwis kann daher empfohlen werden.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Bl&auml;hungen und ein Bl&auml;hbauch sind die am h&auml;ufigsten beklagten gastrointestinalen Beschwerden bei Patienten mit und Patienten ohne Reizdarmerkrankung (IBS). Mit einer Ern&auml;hrungsumstellung durch Reduktion FODMAP-haltiger Lebensmittel kann bei bis zu 75 % der Patienten eine deutliche Beschwerdebesserung erreicht werden. Die Low-FODMAP-Di&auml;t ist daher als Erstlinientherapie von Reizdarmbeschwerden bei Patienten, die einer Ern&auml;hrungsumstellung zustimmen, zu diskutieren.<sup>40</sup></p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Talley NJ et al: Identification of distinct upper and lower gastrointestinal symptom groupings in an urban population. Gut 1998; 42(5): 690-695 <strong>2</strong> Tuteja AK et al: Abdominal bloating in employed adults: prevalence, risk factors, and association with other bowel disorders. Am J Gas- troenterol 2008; 103(5): 1241-1248 <strong>3</strong> Sandler RS et al: Abdominal pain, bloating, and diarrhea in the United States: prevalence and impact. 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