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Neues zur diagnostischen und interventionellen Endoskopie
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Piero V. Valli, MSc
Oberarzt<br>Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie Universitätsspital Zürich<br>Rämistrasse 100 8091 Zürich<br>E-Mail: piero.valli@usz.ch
30
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31.08.2017
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<p class="article-intro">Im Folgenden werden drei interessante Abstracts vorgestellt, die an der diesjährigen Digestive Disease Week (DDW) in Chicago präsentiert wurden. Die DDW ist das grösste internationale Treffen von Ärzten und Forschern aus den Gebieten Gastroenterologie, Hepatologie, Endoskopie und gastrointestinale Chirurgie.</p>
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<p class="article-content"><h2><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1704_Weblinks_s29.jpg" alt="" width="2315" height="1498" /></h2> <h2>Verbesserte Detektionsrate bei kolorektalem Adenom mit dem Endocuff Vision<sup>®</sup></h2> <p>Die englischen Kollegen um Wee Sing Ngu stellten eine interessante forschergeführte und von der Industrie gesponserte Studie vor, die auf das Portfolio des britischen National Institute for Health Research zugeschnitten wurde.<sup>1</sup></p> <h2>Hintergrund</h2> <p>Die Adenom-Detektionsrate (ADR) stellt ein Qualitätsmerkmal der Screening- Koloskopie dar. Es konnte gezeigt werden, dass eine niedrige ADR mit einem erhöhten Risiko für ein Intervall-Karzinom nach Screening-Koloskopie und mit einem reduzierten Überleben bei Kolonkarzinom assoziiert ist. Die Koloskopie ist der Goldstandard zur Erkennung grosser Kolonpathologien, die Qualität der Untersuchung variiert jedoch aufgrund der Untersucher- abhängigen ADR. Die ADR kann durch Hilfsmittel wie den Endocuff Vision<sup>®</sup> (EV) verbessert werden, was sich auch günstig auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Die Autoren stellten an der DDW 2017 die erste multizentrische, randomisiert kontrollierte Studie vor, in welcher die ADR bei Standard-Koloskopie (SC) mit derjenigen bei EV-assistierter Koloskopie (EAC) verglichen wurde.</p> <h2>Methoden</h2> <p>In der Studie wurden Patienten aus sieben englischen Spitälern eingeschlossen, welche aus folgenden Gründen zur Koloskopie kamen: Symptome, Surveillance im Rahmen des britischen Darmkrebs-Screening- Programms (BCSP) oder nach einem positiven Blutstuhltest. Weder die Patienten noch die Untersucher waren verblindet.</p> <h2>Resultate</h2> <p>Insgesamt konnten die Autoren zwischen November 2014 und Februar 2016 1772 Patienten (57 % männlich, mittleres Alter 62 Jahre) für ihre Studie rekrutieren. Davon stammten 975 Patienten aus dem BCSP. Mittels EAC konnte die ADR von 36,2 % auf 40,9 % (p=0,02) erhöht werden. Für diesen Anstieg war massgeblich die erhöhte ADR bei Patienten aus dem BCSP verantwortlich (50,9 % bei SC vs. 61,7 % bei EAC; p<0,001). Die mittlere Anzahl an entdeckten Adenomen pro Koloskopie war in der EAC-Gruppe höher (0,95 vs. 0,75; p=0,02) und auch hier war das Resultat durch die BCSP-Population (1,59 vs. 1,20; p=0,004) getrieben. Die Detektion aller Polypen war mit EAC höher als in der SC-Gruppe (54,1 % vs. 48 % ; p=0,005). In der EAC-Gruppe wurden zudem mehr linksseitige Adenome gefunden als in der Standard-Gruppe (26,1 % vs. 22,2 % ; p=0,03). In Bezug auf die Detektion von grossen Adenomen (=10mm) ergab sich kein Unterschied zwischen den zwei Gruppen. Jedoch fanden sich signifikante Unterschiede für kleine (6–9mm; 10,6 % vs. 7,7 % ; p=0,02) und sehr kleine Adenome (=5mm; 34,6 % vs. 30,8 % ; p=0,04). Ebenso war die Detektionsrate von sessilen, gezahnten («serrated») Polypen (2,3 % vs. 1,1 % ; p=0,03) und von Karzinomen (4,1 % vs. 2,3 % ; p=0,02) in der EAC-Gruppe höher als bei Standard- Koloskopie. Der EV musste in 4,1 % der Fälle entfernt werden. Die mediane Zeit bis zur Ileozökalintubation betrug in der SC-Gruppe 9 Min. und in der EACGruppe 8 Min. (p=0,001). Es fanden sich jedoch keine Unterschiede in Bezug auf die zökale Intubationsrate und die Rückzugszeit. Der Patientenkomfort war in beiden Gruppen gleich gut, bis auf die anale Intubation, die in der EAC-Gruppe signifikant häufiger als unangenehm beurteilt wurde (23,6 % vs. 15,0 % ). Es traten keine signifikanten Komplikationen im Zusammenhang mit der Manschette auf.</p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Bei Patienten mit einem positiven Test auf okkultes Blut im Stuhl (FOBT) verbesserte die EV-unterstützte Koloskopie die ADR im Vergleich zur Standard-Koloskopie. Die EAC ermöglichte eine schnellere Ileozökalintubation und war abgesehen vom schlechteren Patientenkomfort während der analen Intubation in allen weiteren Aspekten der Untersuchung der Standard- Koloskopie ebenbürtig. Die Autoren schliessen daraus, dass der Endocuff Vision <sup>®</sup> bei Patienten mit positivem FOBT für die Screening-Koloskopie empfohlen werden sollte.</p> <h2>Devitalisierung der Magenmukosa: eine neue bariatrische Therapie mit Potenzial</h2> <p>Mit der stetigen Zunahme der Adipositas in den westlichen Ländern werden sich Gastroenterologen und Endoskopiker zunehmend mit endoskopischen Therapieoptionen für adipöse Patienten auseinandersetzen müssen. Die Gruppe von Andreas Oberbach präsentierte einen solchen vielversprechenden Therapieansatz im Tiermodell.<sup>2</sup></p> <h2>Hintergrund</h2> <p>Die Magenmukosa reguliert massgeblich das Völlegefühl sowie den Fett- und Glukosestoffwechsel. Daher wird in der bariatrischen Chirurgie z.B. mittels Anlage eines Schlauchmagens (SG; «sleeve gastrectomy») nicht nur das Magenfüllvolumen um ca. 70 % reduziert, sondern auch die gesamte Magenmukosa um einen ähnlich hohen Prozentsatz reduziert. Der unabhängige Effekt, den die Reduktion der Magenmukosa mit sich bringt, ist bis dato unbekannt. Daher haben die Autoren dieses spannenden Abstracts eine prospektive Studie im Tiermodell entworfen, um einerseits die Durchführbarkeit der endoskopischen Devitalisierung der Magenmukosa (GMD; «gastric mucosal devitalization ») und anderseits die Effekte dieser GMD auf den Gewichtsverlauf von 8 Wochen alten deutschen Sattelschweinen (Körpergewicht zwischen 30 und 35kg) zu testen.</p> <h2>Methoden</h2> <p>In der Studie wurden drei Behandlungsgruppen miteinander verglichen: endoskopische GMD (7 Schweine), chirurgische SG (7 Schweine) und Kontrollgruppe (7 Schweine; nur Sedation ohne Intervention). Um eine GMD zu erreichen, wurde herkömmliches NaCl in die Submukosa injiziert und anschliessend die Fundus- und Korpusmukosa mittels Argon- Plasmakoagulation (APC) devitalisiert. Die SG wurden laparoskopisch mit einer linearen Staplernaht so durchgeführt, dass das Magenvolumen um 70 % reduziert wurde. Alle 21 Schweine erhielten postinterventionell während vier Tagen nur flüssige Kost, anschliessend Kost ad libitum. Das Körpergewicht wurde täglich gemessen und die mittleren proportionalen Veränderungen des Körpergewichts in den drei Gruppen miteinander verglichen.</p> <h2>Resultate</h2> <p>Die GMD konnte bei allen Tieren ohne Komplikationen erfolgreich durchgeführt werden (technische Erfolgsrate 100 % ). In beiden Interventionsgruppen (GMD und SG) war die Gewichtsreduktion nach 4 und nach 8 Wochen signifikant grösser als in der Kontrollgruppe (GMD nach 4 Wochen: 18,2 % ; nach 8 Wochen: 37,3 % ; SG nach 4 Wochen: 27,1 % ; nach 8 Wochen: 62,1 % ). Nach 4 Wochen zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den zwei Interventionsgruppen, nach 8 Wochen hatten Tiere in der SG-Gruppe jedoch signifikant mehr abgenommen als diejenigen in der GMD-Gruppe. Dieses Resultat ist am ehesten mit einer Regeneration der Mukosa nach APC-Behandlung zu erklären.</p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Die Autoren konnten zeigen, dass die Devitalisierung der Magenmukosa auch ohne Reduktion des Magenvolumens in einer signifikanten Gewichtsreduktion resultiert. Jedoch gilt es zu bedenken, dass der Effekt aufgrund der Mukosaregeneration nach 8 Wochen abnimmt. Die Autoren betonen, dass der genaue Wirkmechanismus unklar ist und dass die Magenmukosa als mögliches Ziel in der Adipositasbehandlung weiter untersucht werden sollte. Die GMD könnte in Zukunft zu einer neuen endoskopischen Therapieoption in der Bariatrie werden.</p> <h2>Cholangioskopie-gesteuerte Laserlithotripsie versus konventionelle endoskopische Therapie bei grossen Choledochussteinen</h2> <p>Die Einführung von neuen, qualitativ hochstehenden Cholangioskopie-Systemen ermöglicht nun auch die Laserlithotripsie unter guter direkter Sicht. Dies zeigten Buxbaum JL et al. in einem randomisierten Versuch.<sup>3</sup></p> <h2>Hintergrund</h2> <p>Es ist bekannt, dass Gallensteine im Ductus hepaticus communis (CBD), die grösser als 1cm sind, schlechter endoskopisch extrahiert werden können und dass deshalb häufig eine Lithotripsie nötig ist. Frühere Richtlinien empfahlen bei grossen CBD-Steinen jeweils eine mechanische Lithotripsie, während die aktuellen Leitlinien die Cholangioskopie-gesteuerte Lithotripsie mit oder ohne Ballondilatation oder mechanische Lithotripsie favorisieren. Es gibt bisher jedoch keine randomisierten Studien, welche die Zweckmässigkeit dieses Vorgehens untersucht haben.</p> <h2>Methoden</h2> <p>Patienten mit Choledocholithiasis (Steindurchmesser >1cm) wurden in einem Verhältnis von 2:1 blind in zwei Gruppen randomisiert: 1) Cholangioskopie-gesteuerte Laserlithotripsie und 2) konventionelle endoskopische Therapie. Die Cholangioskopie wurde mit einem endoskopischen «Single operator»-System durchgeführt. Um auch die aktuell geltenden Richtlinien widerzuspiegeln, waren konventionelle Therapien wie die mechanische Lithotripsie oder die Ballondilatation auch in der Laserlithotripsie-Gruppe erlaubt. Die Randomisierung wurde anhand von früheren ERCP stratifiziert.<br /> Als primärer Endpunkt wurde die komplette Säuberung des CBD von intraduktalen Gallensteinen definiert. Weitere Endpunkte waren die Endoskopie-Dauer, die Röntgendauer und die Anzahl an Endoskopien, die für die komplette Steinentfernung nötig waren. Die Sicherheitsendpunkte umfassten Komplikationen wie z.B. Post-ERCP-Pankreatitis, Cholangitis oder Blutung.</p> <h2>Resultate</h2> <p>Insgesamt wurden 59 Patienten auf die zwei Therapiegruppen randomisiert. Die Gruppen unterschieden sich bezüglich der Patientencharakteristika nicht. Der primäre Endpunkt wurde in der Laserlithotripsie- Gruppe bei 92 % (38/41) der Patienten und in der Gruppe mit konventioneller Therapie bei 67 % (12/18) der Patienten erreicht (p=0,018). Neun Patienten (3 aus der Laserlithotripsie-Gruppe und 6 aus der konventionellen Therapiegruppe) mit erfolgloser ERCP wurden mittels chirurgischer Gangexploration weiterbehandelt. Die mittlere Untersuchungsdauer betrug in der Laserlithotripsie-Gruppe 118 (±48,3) Min. verglichen mit 81,2 (±39,1) Min. bei konventioneller Therapie (p=0,022). Im Hinblick auf Röntgendauer, Anzahl der erforderlichen Interventionen und Komplikationen fanden sich keine Unterschiede zwischen den zwei Behandlungsarmen. Folgende Komplikationen traten auf: Cholangitis (2x in der Lasergruppe, 1x in der konventionellen Gruppe), Post-ERCP-Pankreatitis (2x in der Laser- und 1x in der konventionellen Gruppe). Eine Cholangitis in der konventionellen Therapiegruppe führte zur fatalen Sepsis. In der Lasergruppe stellte die Cholangioskopie-gesteuerte Laserlithotripsie bei allen Patienten die primäre Behandlungsmodalität dar; bei 25 Patienten (61 % ) wurden zusätzlich eine mechanische Lithotripsie und/oder eine papilläre Ballondilatation durchgeführt. In der Gruppe mit konventioneller Therapie war die Ballondilatation des Sphinkter Oddi als alleinige Therapie bei drei Patienten erfolgreich, während bei den restlichen 15 Patienten (83 % ) eine mechanische Lithotripsie und/oder eine papilläre Dilatation durchgeführt wurden.</p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Im Vergleich zur konventionellen Therapie weist die Cholangioskopie-geführte Laserlithotripsie bei grossen CBD-Steinen eine höhere Extraktionsrate auf und reduziert die Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention. Allerdings ist die Cholangioskopie- gesteuerte Laserlithotripsie zeitaufwendiger als die konventionelle endoskopische Steinextraktion.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Ngu WS et al.: Improving colorectal adenoma detection rate with endocuff vision. Results of the adenoma randomised controlled trial. Gastroenterology 2017; 152 (Suppl 1): S1313-4 <strong>2</strong> Oberbach A et al.: Gastric Mucosal Devitalization (GMD): a potential new endoscopic bariatric therapy. Gastrointest Endosc 2017; 85(Suppl 1): AB275-6 <strong>3</strong> Buxbaum JL et al.: Randomized trial of cholangioscopy- guided laser lithotripsy vs. conventional endoscopic therapy for large bile duct stones. Gastrointest Endosc 2017; 85(Suppl 1): AB613</p>
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