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Gastroösophageale Refluxerkrankung

Der verlorene Patient zwischen Säureblockern und Operation

<p class="article-intro">„Wenn der Reflux von Mageninhalt störende Symptome und/oder Komplikationen verursacht“, dann definiert die Montreal-Klassifikation diesen als gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD).Das heißt, sowohl Patienten mit typischen oder auch atypischen Beschwerden als auch Patienten ohne Symptome, aber mit Komplikationen (wie Strikturen oder Barrett-Ösophagus) werden so mit GERD diagnostiziert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>GERD-Therapie ist multidisziplin&auml;r und spezialisiert.</li> <li>Sphinkteraugmentation ist das Modewort der neuen operativen Anti-Reflux- Therapie.</li> </ul> </div> <p>Zwei gro&szlig;e Bev&ouml;lkerungs-basierte Studien, die die Daten von mehr als 70 000 Menschen erfassen, haben rezent gezeigt, dass GERD mit einer Inzidenz von 17 % und einem Pr&auml;valenzanstieg von &uuml;ber 45 % in den letzten 10 Jahren eine der h&auml;ufigsten gutartigen Erkrankungen der heutigen Zeit darstellt. Dies &auml;u&szlig;ert sich auch darin, dass in den USA die j&auml;hrlichen Behandlungskosten von Patienten mit atypischen GERD-Symptomen (&uuml;ber 50 Mrd. US-Dollar/Jahr) nahe an die der Behandlung von Krebserkrankungen heranreicht.</p> <h2>Intensivere Diagnostik und Therapie notwendig</h2> <p>Chronische GERD ist als st&auml;rkster Risikofaktor f&uuml;r die Entstehung des Adenokarzinoms des distalen &Ouml;sophagus etabliert und rezent auch in den S3-Leitlinien so festgelegt. Dies f&uuml;hrt zu dramatischen Berechnungen, die zeigen, dass im Jahr 2030 in den Niederlanden und dem Vereinigten K&ouml;nigreich einer von 100 M&auml;nnern an einem GERD-assoziierten &Ouml;sophaguskarzinom erkranken wird.<br /> Diese Erkenntnisse f&uuml;hren zu der dringenden Notwendigkeit, die Diagnostik und Therapie der gastro&ouml;sophagealen Refluxerkrankung zu &uuml;berdenken und zu intensivieren.<br /> Ein Blick auf die aktuellen Behandlungsstrategien zeigt, dass der &uuml;berwiegende Anteil der Patienten mit diagnostizierter GERD medikament&ouml;s mit S&auml;ureblockern (PPI) behandelt wird. In den meisten L&auml;ndern liegt der Anteil jener Patienten, die einer operativen Anti-Reflux-Therapie (ART) zugef&uuml;hrt werden, weit unter 1 %.<br /> Allerdings sind etwa 30 % der Patienten, die unter medikament&ouml;ser Therapie stehen, mit dieser aus unterschiedlichsten Gr&uuml;nden (therapierefrakt&auml;r, Nebenwirkungen, starke Regurgitation, keine lebenslange Medikamenteneinnahme erw&uuml;nscht) nicht zufrieden (Abb. 1). Diese Patienten werden aber gleichzeitig wegen der teilweise berechtigten Skepsis gegen&uuml;ber operativen Behandlungsverfahren nicht &uuml;ber die eventuellen M&ouml;glichkeiten einer operativen Anti-Reflux-Therapie aufgekl&auml;rt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Infekt_1903_Weblinks_j_infekt_1903_s26_abb1_schoppmann.png" alt="" width="640" height="356" /></p> <h2>Alternative operative Optionen der Anti-Reflux-Therapie</h2> <p>In den vergangenen Jahren haben mehrere alternative laparoskopische und endoskopische Anti-Reflux-Therapien den Weg in die klinische Erprobung gefunden (Injektionstherapien, Stretta als auch Y-Roux BP werden hier nicht erl&auml;utert).</p> <p><strong>Endoskopische Plikationsmethoden (TIF2.0)</strong> <br />Eine der ersten Methoden, die als m&ouml;gliche Alternative zur laparoskopischen Fundoplikation entwickelt wurde, war die endoskopische Vollwandplikation. Anfangs gab es auf dem Markt noch verschiedene Instrumente, die allerdings alle das gleiche Ziel hatten: die Schaffung einer Vollwanddoppelung im Bereich des gastro&ouml;sophagealen &Uuml;bergangs und damit die Augmentation des unteren &Ouml;sophagussphinkters.<br /> Zusammenfassend kann man sagen, dass die anf&auml;nglich sehr vielversprechenden Ergebnisse &ndash; sowohl was die messbaren (pH-Metrie) als auch die subjektiven Parameter angeht &ndash;, im Langzeitverlauf nicht best&auml;tigt werden konnten. So zeigten nach einem Untersuchungszeitraum von 3 Jahren nur noch 35 % der Patienten ein Ansprechen und weniger als 40 % waren unabh&auml;ngig von einer PPI-Therapie. Umwandlungsraten zu einer Fundoplikation innerhalb der ersten 3 Jahre werden mit bis zu 40 % beschrieben.</p> <p><br /> <strong>Magnetische Sphinkteraugmentation (LINX)<br /></strong> Vor rund 10 Jahren wurde eine laparoskopische Methode mit Implantation eines magnetischen Titanrings vorgestellt, mit dem Ziel der Erreichung einer k&uuml;rzeren Hochdruckzone (Sphinkteraugmentation). Zusammenfassend zeigen aktuelle Studienergebnisse ein mit der Fundoplikation vergleichbares Outcome (85 bis 90 % subjektive Verbesserung) bei reduzierten Dysphagie- und Bloatingraten. Die Bef&uuml;rchtung einer hohen Transmigrationsrate wurde in der Langzeituntersuchung nicht best&auml;tigt. Fallkontrollierte Studien im Vergleich zur Standardmethode der laparoskopischen Fundoplikation k&ouml;nnen aber die nach wie vor fehlende prospektiv randomisierte Vergleichsstudie nicht ersetzen.</p> <p><strong>Elektrische Sphinkteraugmentation (EndoStim)<br /></strong> Seit etwa 5 Jahren existiert mit der elektrischen Sphinkteraugmentation eine weitere operative Anti-Reflux-Option. Mit der Implantation zweier kleiner Elektroden in den unteren &Ouml;sophagussphinkter, die von einem subkutan implantierten Generator den Muskel 12- bis 16-mal am Tag stimulieren, soll diese Methode eine nebenwirkunsfreie Alternative darstellen. Es existieren hierzu vielversprechende 2-Jahres- Ergebnisse von einer allerdings sehr kleinen Patientenkohorte, welche eine wirkliche Schlussfolgerung &uuml;ber den klinischen Stellenwert derzeit nicht zulassen. Eine m&ouml;gliche klinische Relevanz k&ouml;nnte die Methode bei Patienten mit GERD und ausgepr&auml;gter Motilit&auml;tsst&ouml;rung der Speiser&ouml;hre erlangen.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Zusammenfassend ist zu sagen, dass durch die sogenannten verlorenen Patienten und die zunehmende Skepsis gegen&uuml;ber medikament&ouml;ser Langzeittherapie die operative Therapie der gastro&ouml;sophagealen Refluxerkrankung eine &bdquo;Renaissance&ldquo; erf&auml;hrt. Auch die Stellung der chirurgischen Therapie als &bdquo;letzte Option&ldquo; scheint einer neuen Diskussion unterworfen. So werden vor allem die Sphinkteraugementationsverfahren in Studien bei sogenanntem fr&uuml;hem Reflux eingesetzt.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Um dieser Renaissance eine Chance zu geben, m&uuml;ssen die operativen Anti-Reflux- Verfahren beweisen, dass sie mit niedriger Morbidit&auml;t, deutlich reduzierten Nebenwirkungsraten und hoher Sicherheit dem Patienten einen stabilen Langzeiteffekt bringen k&ouml;nnen. Schl&uuml;ssel hierzu sind Spezialisierung, Zentralisierung, Individualisierung und ganzheitlicher Therapieansatz &ndash; also multidisziplin&auml;re Therapiezentren.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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