
Welche Risiken sind zu erwarten?
Autorin:
OÄ DDr. Carmen Leser
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Medizinische Universität Wien
E-Mail: carmen.leser@meduniwien.ac.at
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Die präventive Mastektomie wird vor allem bei genetischer Vorbelastung, z.B. bei BRCA1/2-Mutationen, erwogen. Der Eingriff kann das Brustkrebs-Erkrankungsrisiko deutlich reduzieren, aber eine sorgfältige medizinische Beratung und persönliche Abwägung sind essenziell. Es handelt sich um eine große Operation, bei der ästhetische Aspekte zwar berücksichtigt werden, aber nicht im Vordergrund stehen.
Zur therapeutischen Entfernung der Brustdrüse gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten: die modifiziert radikale Mastektomie, die „Skin-sparing“- und die „Nipple-sparing“-Mastektomie. Diese Arten unterscheiden sich dadurch, wie viel von der Hautoberfläche erhalten bleibt. Es sollte sich aber kaum dadurch unterscheiden, wie viel Brustdrüsengewebe erhalten wird. Daher sind diese Operationen alle mit einer ungefähr gleich hohen Rezidivrate vergesellschaftet.1 Aus diesem Grund wird auch für die präventive Mastektomie die haut- und nippelsparende Variante der Brustentfernung (NSM) bevorzugt.
Welche Schnittführung für die NSM gewählt wird, hängt mit der Körbchengröße und der Ptose der Brüste zusammen. Man kann bei kleineren, strafferen Brüsten z.B. eine inframammäre oder periareoläre Schnittführung wählen (Abb. 1), während bei größeren, ptotischen Brüsten auch Haut gestrafft werden sollte (Abb. 2).
Mögliche Komplikationen
Eine mögliche Komplikation ist die Nekrose der Haut und oder des Nippels. Vielen Patientinnen ist das Risiko nicht ganz bewusst, da sie die Operation eher mit einer schönheitschirurgischen Therapie assoziieren, bei der die Brust z.B. mit einem Implantat vergrößert wird. Da bei unseren Operationen aber das gut durchblutete Brustgewebe entfernt wirdund nur wenige Gefäße übrigbleiben, ist das Risiko für Komplikationen um ein Vielfaches erhöht. Je nach Lebensstil der Patientin kann es sich z.B. durch das Rauchen noch weiter erhöhen. Auch Vortherapien wie eine Bestrahlung der Brust und andere Erkrankungen wie Diabetes haben darauf einen Einfluss.
Zudem ist die Wundfläche relativ groß, weshalb es zu hämodynamisch relevanten Blutungen kommen kann. Zur Sicherheit werden Erythrozytenkonzentrate vorbereitet und eine Kontrolle des Blutbildeswenige Stunden nach der Operation wirdangeordnet. Die Patientinnen werden mit Drainagen versorgt, welche mehrmals täglich kontrolliert werden. Nach deren Entfernung kann es manchmal zur Stauung des Wundsekretes und dadurch zur Entstehung eines Seroms kommen, das mehrfach punktiert werden muss. Nicht nur Wundflüssigkeit kann sich postoperativ ansammeln – auch Koagula können sich bilden und unter Umständen eine erneute chirurgische Intervention erforderlich machen. Zudem besteht das Risiko, dass sich daraus eine Infektion entwickelt, die trotz der initialen antibiotischen Prophylaxe in den ersten Tagen eine zusätzliche therapeutische Antibiotikabehandlung notwendig macht.
Eine Herausforderung für einige Patientinnen ist auch die Tatsache, dass die Stillfähigkeit nicht mehr gegeben ist und das Empfinden der operierten Brüste abnimmt. Bei einigen kommt vor allem im Randbereich teilweise das Gefühl wieder zurück, aber oftmals können Schmerz, Temperatur und Lust nicht mehr in der gleichen Weise gespürt werden wie zuvor.
Rekonstruktionsmöglichkeiten
Die Rekonstruktion kann ein- oder zweizeitig mit Expandern, Fiximplantaten oder Eigengewebe erfolgen. Häufig wird den Implantaten der Vorzug gegenüber dem Eigengewebe gegeben, da Operation und Rekonvaleszenzzeit kürzer sind.
Derzeit liegt es im Trend, die Implantate über den Brustmuskel und nicht mehr subpektoral zu setzen. Das war zwar schon in den 1970er-Jahren der Fall, als das Konzept aufgrund der Komplikationsrate wieder verworfen wurde, nun aber haben sich die Implantate verbessert. In unserer Klinik verwenden wir Netze wie azellulär dermale Matrices oder Meshes aus Titan und resorbierbaren Materialien. Außerdem können unangenehme Nebenerscheinungen wie ein „rippling“, bei dem das Implantat Wellen unter der Haut schlägt, kosmetisch mit einem Lipofilling verbessert werden. Ein großes Plus der präpektoralen Implantatlage ist, dass das Risiko für einenAnimationsdefektnicht gegeben ist. Außerdem ist die Operation kürzer und weniger schmerzhaft, sodass weniger Schmerzmittel und Narkotika verabreicht werden. Die Patientinnen sind auch schneller wieder mobil.
Wahl des Implantats
Eine Diskussion zwischen Operateuren ist auch immer die Wahl des Implantates. Während zu Beginn der Rekonstruktion ausschließlich runde Implantate vorhanden waren, wurden diese zu tropfenförmigen Implantaten mit rauer Oberfläche weiterentwickelt, welche das Risiko einer Drehung des Implantates minimieren sollten. Nun wurde aber bekannt, dass diese raue Oberfläche die Wahrscheinlichkeit für ein Brustimplantat-assoziiertes großzelliges anaplastisches Lymphom (BIA-ALCL) erhöht. Das Bestreben, dies zu verhindern, ist natürlich groß und es werden wieder häufiger runde, glatte Implantate eingesetzt, wobei aber das Silikongel verbessert wurde und das Implantat sich durch Bewegung zu einem Tropfen formt. Andere mögliche Komplikationen durch die Einlage eines Implantates können eine Kapselfibrose, Verrutschen des Implantates oder seltener die Ruptur des Implantates sein. Dennoch sind Implantate heutzutage bereits sehr sicher und ein geplanter Wechsel nach einer gewissen Zeit entfällt. Sollten keine Komplikationen auftreten, kann das Implantat ein Leben lang belassen werden.
Vorteile der Rekonstruktion mit Eigengewebe
Die Rekonstruktion der Brust mit Eigengewebe hat den Vorteil, dass sich das Gewebe wie die eigene Brust verhält. Jedoch muss das Gewebe natürlich an einer anderen Stelle gewonnen werden, wodurch ein Hebedefekt entsteht. Das Gewebe kann bei einer gewünschten Reduktion des Unterbauches eben dort entnommen werden, bei sehr schlanken Patientinnen auch am Rücken oder am Oberschenkel. An diesen Stellen können Blutungen, Serome, Wundheilungsstörungen usw. entstehen. Es ist außerdem nicht immer genügend Gewebe vorhanden, um ein gutes Ergebnis zu erzielen, sodass man manchmal das Eigengewebe mit einem Implantat kombiniert. Generell wichtig ist aber bei der Rekonstruktion mit Eigengewebe eine gute Aufklärung nach einer Begutachtung der Patientin, denn es kommt nicht für jede Patientin jede Technik infrage.
Einschränkende Faktoren bei jeder Form der Rekonstruktion können der allgemeine Gesundheitszustand, der Body-Mass-Index (BMI), das Rauchverhalten sowie bestehende Vorerkrankungen, vorausgegangene Operationen und durchgeführte Therapien sein.
Fazit
Patientinnen müssen sich im Klaren sein, dass es sich um eine große Operation handelt, bei der zwar auf die Ästhetik geachtet wird, aber das primäre Ziel die Entfernung des Brustgewebes ist. Ein BMI im Normalbereich erleichtert die Operation und senkt die Komplikationsrate. Eine Rauchkarenz von mehreren Monaten ist unerlässlich. Die Patientin sollte sich zur Besprechung ihrer Möglichkeiten des Wiederaufbaus der Brüstean einen Spezialisten wenden.
Literatur:
1 Li M et al.: Nipple sparing mastectomy in breast cancer patients and long-term survival outcomes: An analysis of the SEER database. PLoS One 2017; 25; 12(8):e0183448 2 Peled A: Nipple-sparing mastectomy: key considerations and options. Online unter https://annepeledmd.com/2020/05/nipple-sparing-mastectomy-key-considerations-and-options/ 3 Limbourg A: Online unter https://www.dr-limbourg.de/behandlungen/brust/bruststraffung/ 4 Kümmel S et al.: Jumping breast phenomenon following subcutaneous mastectomy: first description and grading of a well-known breast deformity. Breast Care 2018; 13(5): 354-8
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