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Vollständige Abheilung der Hautläsionen wird zum realistischen Therapieziel
Jatros
30
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23.11.2017
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<p class="article-intro">Der Angriff am IL-17-Signalweg gehört zu den vielversprechendsten und effektivsten Behandlungsmöglichkeiten der Psoriasis. Entsprechend viele Studien wurden beim EADV hierzu vorgestellt. Inzwischen kann ein Behandlungszeitraum von fünf Jahren überblickt werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Secukinumab ist der erste IL-17A-Hemmer, für den Daten aus Phase-III-Studien vorliegen, die einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren umfassen (Bissonnette R et al., Poster Nr. 2223). Sie stammen von der multizentrischen „open label“ Anschlussstudie zur zulassungsrelevanten Phase-III-Studie SCULPTURE. Hier zeigte sich, dass die nach einem Jahr erzielten Verbesserungen des Psoriasis Area and Severity Index (PASI) um 75 % (PASI-75), die PASI-90- und PASI-100-Ansprechraten praktisch unverändert bis zum Ende des 5. Jahres (nach 260 Wochen) fortbestehen: So erzielte Secukinumab nach dem 1. Jahr bei 69 % der Patienten ein PASI-90-Ansprechen („data as observed“). Diese hohe Ansprechrate wurde bei Behandlung mit 300mg Secukinumab bis nach dem 5. Jahr aufrechterhalten (66 % ; Abb. 1). Ein PASI-100-Ansprechen, d.h. eine vollständige Abheilung der psoriatischen Hautläsionen, konnte darüber hinaus bei 44 % der Studienteilnehmer nach einem Jahr beobachtet werden. Auch dieser Prozentsatz wurde von 41 % aller Patienten bis nach dem 5. Jahr gehalten.<br /> In der Anschlussstudie wies Secukinumab auch über den Zeitraum von 5 Jahren ein günstiges und konsistentes Sicherheitsprofil auf, es kam zu keinen neuen Sicherheitssignalen. Zwei Drittel der Patienten gaben an, dass die Krankheit in den fünf Jahren keinen Einfluss mehr auf ihre Lebensqualität hatte.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s20_abb1.jpg" alt="" width="2150" height="796" /></p> <h2>Positive Langzeitergebnisse auch für IL-17-Rezeptorblocker</h2> <p>Brodalumab ist ein IL-17-Rezeptorblocker und hemmt daher nicht nur IL-17A, sondern alle Abkömmlinge von IL-17, z.B. auch IL-17C, das ebenfalls vermehrt in psoriatischen Läsionen gefunden wird. Beim EADV wurde jetzt eine offene Nachbeobachtungsstudie einer Phase-II-Untersuchung vorgestellt, in der Patienten ebenfalls über fünf Jahre behandelt wurden (Menter A et al., Poster P944). Von den 181 Patienten zu Beginn der Nachbeobachtungsphase blieben 101 (59,1 % ) bis Woche 264 unter Beobachtung. Brodalumab wurde bis Woche 240 verabreicht und dann abgesetzt. 90,3 % der Patienten wiesen nach der Doppelblindphase in Woche 12 nach Arzteinschätzung abgeheilte oder nahezu abgeheilte Hautläsionen auf. Mehr als 75 % der Patienten konnten dies bis Woche 240 aufrechterhalten. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Medikation gestoppt, entsprechend sank dieser Prozentsatz auf 61,7 % in Woche 264. 90 % der Patienten wiesen auch zu Woche 240 ein PASI-75-Ansprechen auf, 80 % ein PASI-90- und 60 % ein PASI-100-Ansprechen – auch hier sank das Ansprechen nach Beendigung der Therapie. Das Sicherheitsprofil war konsistent mit demjenigen der kürzeren Studien, es zeigten sich keine neuen Sicherheitssignale.<br /> Die Daten zeigen, dass heute auch Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis langfristig eine Abheilung der Hautläsionen erreichen können.</p> <h2>Angriff an IL-17 verbessert endotheliale Funktion</h2> <p>Patienten mit moderater bis schwerer Psoriasis haben eine im Vergleich zu Gesunden um 10 Jahre verkürzte Lebenserwartung und eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die erhöhte Freisetzung proinflammatorischer Zytokine sowie die chronische Aktivierung des Immunsystems auf Dauer viele Gewebe und Organe schädigen.<sup>1</sup> Am Beispiel von TNF-Blockern und Methotrexat zeigte sich, dass sich eine effektive Psoriasistherapie auch günstig auf die kardiovaskuläre Mortalität auswirkt.<sup>2</sup> Zu den IL-17-Blockern gibt es hierzu bislang widersprüchliche Daten. „Mit der CALIMA-Studie wurde jetzt eine Schallmauer durchbrochen, denn sie liefert den Beleg dafür, wie sich die IL-17A-Blockade günstig auf die kardiovaskuläre Situation auswirkt“, erklärte Prof. Kristian Reich, Dermatologikum Hamburg, Koautor der Studie (Von Stebut-Borschitz E et al., Poster P1818). In dieser prospektiven Studie wurde der Einfluss einer Therapie mit Secukinumab auf die flussvermittelte Vasodilatation (FMD) gemessen. Darunter versteht man die prozentuale Veränderung des Gefäßdurchmessers durch strömungsbedingte Scherkräfte. Ihre Bestimmung ermöglicht Rückschlüsse auf die Endothelfunktion. Eine früher durchgeführte Metaanalyse zeigte, dass eine Erhöhung der FMD um lediglich 1 % bereits mit einer Risikoreduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 13 % assoziiert ist.<sup>3</sup> Alle Studienteilnehmer wiesen eine mittelschwere bis schwere Psoriasis auf und waren mit Biologika vorbehandelt. Sie erhielten 12 Wochen lang entweder Secukinumab oder ein Placebo, im Anschluss wurden alle Patienten für ein Jahr mit Secukinumab weiterbehandelt. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung der FMD im Vergleich zu Baseline. Bereits nach 12 Wochen zeigte sich eine Verbesserung der FMD um über 1 % , die jedoch noch nicht signifikant war: Dieser Unterschied erreichte nach einem Jahr für Secukinumab in beiden Dosen Signifikanz. Darüber hinaus wurden die Baseline-FMDWerte der Psoriasispatienten mit denjenigen von gesunden Volontären verglichen. Hier zeigte sich, dass Psoriasispatienten schon zu Studienbeginn niedrigere FMDWerte aufwiesen als die Gesunden, obwohl es sich bei den Studienteilnehmern nicht um klassische kardiovaskuläre Hochrisikopatienten handelte. „Die CALIMA-Studie zeigt, dass alle Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Psoriasis eine höhere Inzidenz einer endothelialen Dysfunktion aufweisen, die mit einer subklinischen Atherosklerose verbunden ist“, erklärte Prof. Reich. Secukinumab verbesserte in dieser Studie die endotheliale Dysfunktion und wirkt sich vermutlich dadurch günstig auf die kardiovaskuläre Morbidität aus. <sup>Bewährtes in neuem Gewand …</sup> Nicht jeder Psoriasispatient benötigt ein Biologikum, das Ziel kann oft auch mit preisgünstigeren konventionellen Systemtherapeutika erreicht werden. Fumarsäureester sind in Deutschland die am häufigsten verordnete orale Therapie und dort seit vielen Jahren auf dem Markt. „Sie sind sozusagen das Arbeitspferd des deutschen Dermatologen“, erklärte Prof. Wolf-Henning Boehncke, Dermatologie, Universitätsklinik Genf, auf einer Pressekonferenz. Das Präparat enthält ein Fumarsäureestergemisch, Hauptbestandteil ist jedoch Dimethylfumarat. Die Gleichwertigkeit von Dimethylfumarat (LAS41008) mit dem Fumarsäureestergemisch wurde in der Zulassungsstudie BRIDGE nachgewiesen, die in diesem Jahr publiziert wurde.<sup>4</sup> In der Phase-III-Doppelblindstudie wurden 671 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis in 3 Gruppen mit Dimethylfumarat, dem Fumarsäureestergemisch oder Placebo über 16 Wochen behandelt. Die zwei primären Endpunkte bestanden in jeweils dem Anteil an Patienten, der mindestens PASI 75 oder einen Status von 0 oder 1 im Physician Global Assessment (PGA) Score erreicht. Das Ergebnis ergab eine signifikante Wirksamkeit von LAS41008 im Vergleich zu Placebo mit PASI 75 bei 37,5 % vs. 15,3 und PGA 0–1 von 33 % vs. 13,0 % . Die geringen Unterschiede zu den Resultaten der Gruppe, die mit dem Fumarsäureestergemisch behandelt wurden (PASI 75: 40,3 % , PGA 0–1 37,4 % ) belegen die Nichtunterlegenheit von LAS41008. Die Lebensqualität, gemessen im „Dermatology Life Quality Index“, verbesserte sich unter LAS41008 um 52 % und mit dem Mischpräparat um 50 % . „Mit LAS41008 wird in Kürze eine besonders kosteneffiziente Therapieoption für Psoriasis in ganz Europa erhältlich sein“, schloss Prof. Boehncke.</p> <h2>… sowie neue Substanzen in der Pipeline</h2> <p>Heute noch Zukunftsmusik, aber ein faszinierender neuer Ansatz ist die Entwicklung von speziellen Proteinen, die den IL-17-Signalweg blockieren: Mithilfe der sogenannte Affibody-Technologie wurde ein Protein entwickelt, das eine hohe Affinität und Selektivität für IL-17A aufweist. Das Molekül Femtomolar weist eine Kristallstruktur auf und ist 25-mal kleiner als Antikörper wie Ixekizumab oder Secukinumab, die an IL-17A angreifen. Dadurch kann eine höhere Dosis in einem kleineren Injektionsvolumen verabreicht werden. „Zudem bindet unser Molekül an zwei Seiten von IL-17, wogegen die beiden auf dem Markt befindlichen Antikörper nur an einer Seite angreifen“, erklärte Prof. Fredrik Frejd, Affibody AB, Universität Uppsala, Stockholm, Schweden, die Besonderheit dieses Moleküls (Frejd F, Late Breaking Abstract Nr. 4355).<br /> Einmalige und wiederholte Injektionen an 46 gesunden Volontären zeigten, dass es gut verträglich ist. „Für uns war wesentlich, zu zeigen, dass wir bei einem derart hochwirksamen Molekül nicht vermehrte Candida-Infektionen finden“, erklärte Prof. Frejd. Dies wäre zu befürchten, da IL-17 physiologisch vor allem zur Abwehr von Pilzinfektionen benötigt wird.<br /> In einer Phase-I-Studie wurde die Wirksamkeit dieses Moleküls an 13 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis untersucht. Bei diesen Patienten zeigte sich ein dosisabhängiges Ansprechen. Eine Dosis von nur 40mg resultierte in einem früh einsetzenden Effekt innerhalb von Tagen nach der Injektion. Bereits nach einer Woche wurde der PASI um 40 % verringert, nach drei Wochen um 60 % , wiederholte Injektionen waren noch stärker wirksam. Infolge dieser positiven Resultate wird in den nächsten Wochen eine Phase-II-Studie begonnen.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 26<sup>th</sup> European Academy of Dermatology and Venereology
(EADV), 13.–17. September 2017, Genf
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Greb JE et al.: Nat Rev Dis Primers 2016; 2 : 16082 <strong>2</strong> Churton S et al.: Drugs 2014; 74(2): 169-82 <strong>3</strong> Inaba Y et al.: Int J Cardiovasc Imaging 2010; 26: 631-40 <strong>4</strong> Mrowietz U et al.: Br J Dermatol 2017; 176(3): 615-23</p>
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