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Neue Leitlinie Vitiligo

Vitiligo ist keine kosmetische Störung

Vitiligo ist eine autoimmun verursachte Hauterkrankung, die durch eine Depigmentierung der Haut gekennzeichnet ist. Die Pigmentstörung führt zu bleibenden weissen Flecken auf der Haut und belastet die Psyche der Betroffenen stark. Die Leitlinie zu Diagnose und Therapie der Vitiligo gibt Dermatologinnen und Dermatologen Entscheidungshilfen für eine möglichst früh einsetzende Therapie.

Die Vitiligo ist eine häufige chronische Erkrankung der Haut. Weltweit sind 0,5 bis 1% aller Menschen betroffen. Meist tritt die Vitiligo im Kindesalter und bei jungen Menschen (im Alter von 10 bis 30 Jahren) auf. Mediziner sprechen von einer Depigmentierung der Haut, die dadurch verursacht wird, dass Pigmente (darunter das Melanin) verloren gehen. Die Ursachen der verminderten Melaninbildung sind vielfältig und noch nicht zur Gänze geklärt. Es gibt offenbar eine genetische Veranlagung und Fehlregulationen des Immunsystems spielen eine Rolle. Charakteristisch sind weisse, scharf begrenzte Flecken, die in Grösse, Form und Ausbreitung sehr unterschiedlich sein können. Die Krankheit schreitet unterschiedlich schnell fort. Spätstadien sind nicht mehr oder nur unzureichend zu behandeln. Ein möglichst frühzeitiger Therapiebeginn ermöglicht zwar keine Heilung, kann aber das Fortschreiten der Vitiligo aufhalten.

«Vitiligo ist eine ernst zu nehmende Krankheit und Patienten sollten keinesfalls mit dem Hinweis, das sei nur kosmetisch, abgewiesen werden», sagte Prof. Dr. med. Markus Böhm, Leitender Oberarzt an der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Münster und Koordinator der Leitlinie. Nicht selten herrsche unter Dermatologen Unsicherheit in Bezug auf eine adäquate Diagnostik und Therapie, so Böhm. Die neue Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Vitiligo schliesst eine Lücke, denn bislang gab es keine Leitlinie im deutschsprachigen Raum.

Zur Behandlung fasst die Leitlinie die wichtigsten Empfehlungen zusammen. Bei einer limitierten Vitiligo mit einem Befall von <3% der Körperoberfläche sind für Kinder und Erwachsene topische (äusserlich wirkende) Kortikosteroide das Mittel der 1. Wahl. Empfohlen werden potente Kortikosteroide (Klasse III) wie Mometasonfuorat über einen Zeitraum von 3 Monaten (einmal täglich) oder 6 Monaten (einmal täglich für jeweils 15 Tage, gefolgt von einer 14-tägigen Pause).

Phototherapien sind seit Jahrzehnten eine wichtige Therapiesäule der Vitiligo. Durch die Weiterentwicklung der Medizintechnologie werden seit Anfang der 2000er-Jahre auch Lichtquellen auf den Markt gebracht, die UVB-Licht in hoher Intensität emittieren und zur selektiven Bestrahlung umschriebener Vitiligo-Areale eingesetzt werden (gezielte UV-Therapien). Die Leitlinie empfiehlt in erster Linie NB-UVB (Schmalband-UVB) zur Ganzkörperbestrahlung, da diese zwei- bis dreimal pro Woche durchzuführende Bestrahlung die am besten untersuchte und dokumentierte Therapie ist. Sie soll vor allem bei Patienten angewendet werden, bei denen wegen der Ausdehnung der Vitiligo eine topische Therapie nicht mehr praktikabel ist. Die Therapiedauer sollte nicht länger als 12–24 Monate umfassen; wenn nach 6 Monaten keine Repigmentierung der Haut stattfindet, ist die Bestrahlung abzubrechen. Auch für die gezielte Lichttherapie mit einem 308-nm- Excimer-Laser oder einer 308-nm-Excimer-Lampe spricht sich die Leitlinie aus, wenn es sich um eine limitierte Vitiligo handelt.

An Vitiligo Erkrankte haben häufiger als andere Menschen assoziierte Autoimmunerkrankungen wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen und kreisrunden Haarausfall. Die Leitlinie empfiehlt daher, dass einmal jährlich TSH sowie TPO- und TG-Antikörper bestimmt werden, um die Schilddrüsenfunktion zu prüfen.

Die möglichen psychosozialen Effekte einer Vitiligo-Erkrankung sind Stigmatisierung, Depressionen, Angst, Scham, reduziertes Selbstwertgefühl, Paranoia sowie Vereinsamung durch wenige persönliche Kontakte. «Eine psychotherapeutische Intervention ergänzend zur Therapie wäre wünschenswert», betonte Böhm.

Die Leitlinie gibt auch einen Ausblick auf medikamentöse Therapieoptionen, an die sich grosse Hoffnungen knüpfen: Januskinasen-Hemmer, auch JAK-Inhibitoren genannt. «Die derzeit weltweit laufenden Studien zeigen, dass sowohl topische als auch systemisch wirkende JAK-Inhibitoren für die Hemmung von Autoimmunmechanismen ein grosses Potenzial haben und das Therapiespektrum für die Behandlung der Vitiligo erweitern könnten», bilanziert Böhm. (red)

Presseaussendung Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), 25. Oktober

S1-Leitlinie. Diagnostik und Therapie der Vitiligo. AWMF-Register-Nr.: 013-093, 202. 2021. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/013-093.html

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