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Ungewöhnliche Dermatosen beim Kind – Wege zur Diagnose
Jatros
Autor:
Priv. Doz. Dr. Sonja Radakovic
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, MUW<br> E-Mail: sonja.radakovic@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
24.05.2017
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<p class="article-intro">Kinderdermatosen sind oft harmlos und durch das charakteristische klinische Bild leicht zu erkennen. Fallweise präsentieren sich Kinder jedoch auch mit unklaren und komplexen Krankheitsbildern, die sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eine Herausforderung darstellen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich machen können.</p>
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<p class="article-content"><p>Die detaillierte Anamnese ist neben der genauen klinischen Untersuchung der wichtigste Grundstein zur Diagnosestellung. Informationen, die man von den Eltern über Beginn, Symptome, Verlauf und bisherige Therapie der Erkrankung bekommen kann, sind in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Die Erhebung der Familienanamnese und Informationen zur Perinatalperiode können bei einigen Erkrankungen des Säuglings- und Kindesalters wegweisend sein. Auch der zeitliche Verlauf der Erkrankung kann wesentliche Informationen vermitteln, da sich Krankheiten in Abhängigkeit von der Entwicklungsphase des Kindes mit unterschiedlichen Charakteristika präsentieren können.</p> <h2>Diagnose – jeder einzelne Baustein trägt dazu bei</h2> <p>Beim Hautstatus ist es erforderlich, die ganze Haut anzuschauen, um die Art der vorhandenen Hauteffloreszenzen und ihre Anordnung bzw. Verteilung auf der Haut festzustellen. Die Beurteilung der Schleimhäute sowie die Untersuchung von Kopfhaut, Haaren, Nägeln und Lymphknoten müssen bei der Erhebung des Hautstatus von pädiatrischen Patienten miteinbezogen werden. Das Gleiche gilt für die Inspektion von Handflächen und Fußsohlen sowie der Anogenitalregion. Die Auslösung spezifischer Hautreaktionen, wie z.B. der Darier-Reibetest bei Verdacht auf kutane Mastozytose oder der Nikolski-Test bei bestimmten blasenbildenden Dermatosen, können wertvolle diagnostische Hinweise liefern.<br /> Bei der Diagnosestellung können wir uns mit einfachen und für die kleinen Patienten nicht schmerzhaften Untersuchungen weiterhelfen. Der Nachweis von Hyphen im nativen Pilzbefund mittels Kalilaugenpräparation kann die Diagnose einer Dermatomykose bestätigen. Um den Erreger zu identifizieren, sollte auch Material zur Pilzkultur entnommen und eingesandt werden. Die Methylenblaufärbung von Abstrichen kann dazu beitragen, bakterielle oder virale Hautinfektionen, wie z.B. Impetigo contagiosa oder Herpes simplex, rasch zu diagnostizieren. Die Dermatoskopie kann uns nicht nur bei der Begutachtung von Pigmentläsionen behilflich sein. Auch beim Verdacht auf Scabies können wir uns mit dem Dermatoskop auf der Suche nach Milbengängen behelfen. Dennoch sollte als nächster Schritt ein direkter Milbennachweis erfolgen, der zwar der Erfahrung bedarf und zeitaufwendig ist, aber letztlich den schlüssigen Beweis für eine Scabiesinfektion darstellt. Neben dem unveränderten diagnostischen Stellenwert von Blut- und Harnuntersuchungen bei vielen Hauterkrankungen kann heutzutage auch die PCR-Analyse zur schnellen Diagnostik unterschiedlicher viraler, bakterieller oder mykotischer Erreger eingesetzt werden. Die einfache Wood-Licht-Untersuchung ist eine hilfreiche Technik, die bei der Differenzierung von unklaren Pigmentstörungen zum Tragen kommt.<br /> In bestimmten Situationen wird die Durchführung einer (Stanz-)Biopsie zur Diagnosestellung unumgänglich sein. Eine Hautprobenentnahme ist auch bei Kindern problemlos durchführbar und sollte im Bedarfsfall nicht unnötig hinausgezögert werden. Die histologische und erforderlichenfalls immunhistochemische Aufarbeitung von Hautläsionen ist bei unklaren oder seltenen Hauterkrankungen ein unverzichtbarer Bestandteil des diagnostischen Vorgehens.</p> <h2>Genodermatosen im Hinterkopf behalten</h2> <p>Gerade bei Kindern wird man immer wieder auch mit genetisch bedingten Hauterkrankungen konfrontiert sein, die sich auch in Form von untypischen Hautmanifestationen zeigen können. Wenn der Verdacht auf eine Genodermatose besteht, sollte neben einer genauen Familienanamnese und Ganzkörperinspektion auch eine genetische Abklärung erfolgen. Da bei vielen Genodermatosen neben der Haut auch andere Organe befallen sein können, ist in diesen Fällen eine fachübergreifende Betreuung, insbesondere die Zusammenarbeit mit Pädiatern, von großer Bedeutung.</p></p>