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Topische Antibiotika und Antiseptika aus infektiologischer Perspektive

<p class="article-intro">Alle Wunden wie auch die intakte Haut sind mit Mikroorganismen besiedelt. Die breite Anwendung topischer Antibiotika in der Wundbehandlung macht jedoch nicht zuletzt aufgrund einer steigenden Resistenzproblematik wenig Sinn.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Zur Probengewinnung ist die Biopsie zu bevorzugen.</li> <li>Ist eine Biopsie nicht m&ouml;glich, kann ein Wundabstrich (nach D&eacute;bridement) auch Informationen liefern.</li> <li>Topische Antibiotika: aus infektiologischer Sicht nur f&uuml;r Impetigo, Ecthyma und zur S.-aureus-Dekolonisation, aber nicht zur Wundbehandlung, allenfalls k&ouml;nnen Antiseptika zur Wundbehandlung eingesetzt werden, Evidenz f&uuml;r einen Benefit besteht aber nicht.</li> </ul> </div> <p>Ist es einmal zu einer Infektion gekommen, kann es je nach Schwere der Infektion vorteilhaft sein, die verursachenden Mikroorganismen zu identifizieren. Ob und wie Wundabstriche zur Bestimmung der Keimbelastung genommen werden sollen, wird allerdings unterschiedlich diskutiert.</p> <h2>Oberfl&auml;chliche Wundabstriche</h2> <p>Die IDSA-Guidelines<sup>1</sup> empfehlen, bei nicht infizierten Wunden keine Abstriche oder Proben zu entnehmen. Bei infizierten Wunden sollten Wundbiopsien genommen werden. Oberfl&auml;chliche Wundabstriche, insbesondere ohne vorangehendes D&eacute;bridement, sind zu vermeiden, da sie ungenaue Ergebnisse liefern. Grund daf&uuml;r ist, dass die Haut sowieso mit Bakterien besiedelt ist und folglich eher kolonisierende Kommensalen als infizierende Keime nachgewiesen werden. <br />So wurden in einer Metaanalyse f&uuml;r den oberfl&auml;chlichen Wundabstrich eine sehr geringe Sensitivit&auml;t (49 %) und Spezifizit&auml;t (62 %) verglichen mit bioptischen Kulturen nachgewiesen, wobei der Vergleich nicht ganz zul&auml;ssig ist, da in dieser Arbeit die bioptischen Kulturen den Goldstandard der Probengewinnung darstellten.<sup>2</sup> <br />In einer neueren Arbeit wurden 400 Patienten mit infiziertem diabetischem Fussulkus untersucht.<sup>3</sup><br />Bei ihnen wurden die Abstriche erst nach D&eacute;bridement und mit Druck und Rotation durchgef&uuml;hrt. Wie sich zeigte, werden mit dieser Abstrichtechnik nicht wesentlich schlechtere Ergebnisse erreicht als mit einer Biopsie. Es wurden zwar in den Biopsiekulturen mehr Erreger nachgewiesen, aber zum Teil wurden die Erreger auch dort verpasst. Gerade bez&uuml;glich der sehr relevanten Erreger <em>S. aureus</em> und <em>P. aeruginosa</em> lieferten beide Methoden gleich gute bzw. schlechte Ergebnisse. <br />Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Biopsie zu bevorzugen ist. Sollte diese nicht m&ouml;glich sein, kann ein Abstrich Informationen liefern. Dieser sollte aber erst nach dem D&eacute;bridement der Wunde durchgef&uuml;hrt werden.</p> <h2>Wie sinnvoll ist die Anwendung topischer Antibiotika?</h2> <p>Im Wesentlichen gibt es zur Anwendung topischer Antibiotika in der Dermatologie drei Cochrane-Analysen. Bei Impetigo gibt es gute Evidenz daf&uuml;r, dass topische Antibiotika wie Mupirocin und Fusidins&auml;rue gleich gut, wenn nicht sogar effektiver wirken als systemische Antibiotika.<sup>4</sup> Bei ven&ouml;sen Beinulzera hingegen zeigte die routinem&auml;ssige Anwendung topischer Antibiotika und &uuml;brigens auch die topischer Antiseptika praktisch keinen Vorteil. In Anbetracht des zunehmenden Problems der Antibiotikaresistenz von Bakterien wurde deshalb empfohlen, f&uuml;r diese Indikation keine topischen Antibiotika einzusetzen.<sup>5</sup> Die relativen Auswirkungen systemischer und topischer antimikrobieller Behandlungen auf Druckgeschw&uuml;re sind ebenfalls nicht klar. Die analysierten Studien sind klein, klinisch heterogen, im Allgemeinen von kurzer Dauer und bergen ein hohes oder unklares Voreingenommenheitsrisiko. Die Qualit&auml;t der Beweise reicht von m&auml;ssig bis sehr gering und Beweise f&uuml;r alle Vergleiche sind einigen Einschr&auml;nkungen unterworfen.<sup>6</sup> Aus infektiologischer Sicht ist die Anwendung topischer Antibiotika somit nur f&uuml;r klar umschriebene, typischerweise durch <em>S. aureus</em> verursachte Infektionen sinnvoll, etwa bei Impetigo, Ecthyma und zur <em>S.-aureus</em>-Dekolonisation.</p> <h2>Sicherer Umgang mit Antiseptika</h2> <p>Per Definition handelt es sich bei Antiseptika um Substanzen, die Bakterien und Mikroorganismen auf lebenden Oberfl&auml;chen t&ouml;ten. Von Desinfektionsmitteln spricht man bei der Anwendung auf toten Oberfl&auml;chen und von Antiinfektiva, wenn die Substanzen f&uuml;r die Keimt&ouml;tung in lebendem Gewebe angewendet werden k&ouml;nnen (z. B. Antibiotika). <br />Bei der Wahl geeigneter Antiseptika ist zun&auml;chst auf das Wirkspektrum zu achten, d. h. welche Mikroorganismen durch die Substanz &uuml;berhaupt abget&ouml;tet werden k&ouml;nnen. Des Weiteren sind die Einwirkungszeit und die Vertr&auml;glichkeit des Produktes insbesondere lokal, auf der Haut bzw. der Wunde, zu ber&uuml;cksichtigen. Abschliessend erw&auml;hnt sei noch die Remanenz. Remanenz bei Antiseptika bedeutet, ob und wie lange das Wachstum von Mikroorganismen nach der Anwendung des Produktes verhindert wird. <br />Von den uns zur Verf&uuml;gung stehenden Wirkstoffen ist Alkohol bestimmt am bekanntesten (Tab. 1). PVP-Iod t&ouml;tet ein breites Spektrum an Mikroorganismen ab und wirkt sogar sporozid. Chlorhexidin ist zwar das aktuell von der WHO empfohlene Antiseptikum, ger&auml;t allerdings aufgrund seiner Zytotoxizit&auml;t, Mutagenit&auml;t und Neurotoxizit&auml;t immer mehr in Verruf, was besonders bei breiter Anwendung relevant sein kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Derma_1901_Weblinks_jatros_kardio_1904_s35_tab1_martinez.jpg" alt="" width="550" height="291" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lipsky BA et al.: 2012 Infectious Diseases Society of America clinical practice guideline for the diagnosis and treatment of diabetic foot infections. Clin Infect Dis 2012; 54(12): e132-73 <strong>2</strong> Chakraborti C et al.: Sensitivity of superficial cultures in lower extremity wounds. J Hosp Med 2010; 5(7): 415-20 <strong>3</strong> Nelson A et al.: CODIFI (Concordance in Diabetic Foot Ulcer Infection): a cross-sectional study of wound swab versus tissue sampling in infected diabetic foot ulcers in England. BMJ Open 2018; 8(1): e019437 <strong>4</strong> Koning S et al.: Interventions for impetigo. Cochrane Database Syst Rev 2012; 1: CD003261 <strong>5</strong> O'Meara S et al.: Antibiotics and antiseptics for venous leg ulcers. Cochrane Database Syst Rev 2014; (1): CD003557 <strong>6</strong> Norman G et al.: Antibiotics and antiseptics for pressure ulcers. Cochrane Database Syst Rev 2016; 4: CD011586</p> </div> </p>
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