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STD – Prävention und Compliance sind wichtige Faktoren

<p class="article-intro">Diagnose, Screening, Risikoassessment, Verhaltensintervention, Schutzmaßnahmen, Partnernotifikation und Impfung – zahlreiche Faktoren spielen in der Prävention von STD („sexually transmitted diseases“) eine Rolle. Einen wichtigen Stellenwert in der modernen HIV-Therapie nehmen die postexpositionelle Prophylaxe (PEP) und die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ein.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Ein STD-Screening sollte immer in einem Paket durchgef&uuml;hrt werden: Chlamydien und Gonorrh&ouml; mittels NAAT (Nucleic Acid Amplification Technology), Syphilis (TPPA), HIV (HIV-1/2-Ag/Ak-ELISA), Hepatitis B (HBs-Ak, HBc-Ak, HBs- Ag), Hepatitis C (HCV-Ak; gegebenenfalls HCV-RNA) und Hepatitis A bei MSM (&bdquo;men who have sex with men&ldquo;). &bdquo;Bei Nichtabheilung einer Urethritis sollte auch an Trichomonaden oder an ein Mycoplasma genitalium gedacht werden&ldquo;, erkl&auml;rte OA Dr. Martin Gisinger, HIV-Ambulanz der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universit&auml;t Innsbruck.</p> <h2>Partnernotifikation &ndash; Unterbrechung der Infektionskette</h2> <p>Nach den Therapieleitlinien 2018 (www.oegstd.at) der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r STD und dermatologische Mikrobiologie (&Ouml;GSTD) sollten nach der Diagnose einer Gonorrh&ouml; alle Partner der letzten 60 Tage standardm&auml;&szlig;ig mit Ceftriaxon (500mg i.m./i.v.) plus Azithromycin (1,5g p.o. &bdquo;single dose&ldquo;) behandelt werden. Ebenfalls alle Partner der letzten 60 Tage (aufgrund eines Graubereiches Ausweitung auf bis zu sechs Monate) sind bei einer Infektion mit Chlamydien einzuschlie&szlig;en. Die Erstlinienpartnerbehandlung bei Serovar A-K ist hier Azithromycin (1g p.o. &bdquo;single dose&ldquo;) oder Doxycyclin (2x 100mg f&uuml;r 7 Tage). Bei den Chlamydia L1&ndash;3 ist Doxycyclin (2x 100mg f&uuml;r 7 Tage) die Therapie der Wahl. Bei einem asymptomatischen Verlauf ist auch die Gabe von Azithromycin (1,5g &bdquo;single dose&ldquo; 3x im w&ouml;chentlichen Abstand) m&ouml;glich.<br /> Bei Syphilis sollten alle Partner der letzten 90 Tage Benzathin-Penicillin G (2,4 Mio. E. i.m.) erhalten. Bei Mycoplasma genitalium wird Azithromycin (500mg an Tag 1, anschlie&szlig;end 250mg von Tag 2 bis 5) verabreicht, alternativ Moxifloxacin (1x 400mg f&uuml;r 7&ndash;10 Tage). Die Behandlung einer Trichomoniasis erfolgt nach wie vor mit Metronidazol (2g p.o. als Einzeldosis).<sup>1</sup> &bdquo;Im Gegensatz zu einer bakteriellen Vaginose und Candida m&uuml;ssen bei der Trichomoniasis auch die aktuellen Partner gescreent bzw. behandelt werden&ldquo;, sagte Gisinger. Bei einer Hepatitis B sollte ein Screening auf Suszeptibilit&auml;t erfolgen; falls positiv, ist die Behandlung mit Hyperimmunglobulin plus Impfung indiziert. Eine Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) wird neben einer empirischen, einmaligen antibiotischen STD-Behandlung nach einer Vergewaltigung empfohlen.<br /> Neben HIV-Beratung, STD-Testung und Verhaltensinterventionen (z.B. Reduktion der Sexualpartner, Kondome) gilt als Grundpfeiler zur Verhinderung einer HIV&Uuml;bertragung die &bdquo;HIV-Therapie als Pr&auml;vention&ldquo;. 2018 ver&ouml;ffentlichte die IAS (International AIDS Society) die Formel U=U (&bdquo;undetectable means untransmittable&ldquo;): Eine Person, die mit HIV lebt und eine nicht nachweisbare Viruslast aufweist, &uuml;bertr&auml;gt das Virus nicht auf ihre Partner. Dies konnte unter anderem durch die PARTNER-Studie<sup>2</sup>, an der auch drei &ouml;sterreichische dermatologische Zentren beteiligt waren, belegt werden.</p> <h2>Postexpositionelle Prophylaxe (PEP)</h2> <p>W&auml;hrend eine PrEP die Gabe von antiretroviralen Medikamenten vor der HIVExposition beinhaltet, sollte nach einer HIV-Exposition so schnell wie m&ouml;glich (72h-Zeitfenster) eine PEP in Form einer antiretroviralen Kombinationstherapie verabreicht werden, um das Risiko einer HIV-Infektion noch einmal zu reduzieren. Verabreicht wird Tenofovir-DF/Emtricitabin (245/200mg 1x) plus Raltegravir (400mg 2x 1 oder 600mg 1x 2) oder alternativ plus Dolutegravir (50mg 1x 1). &bdquo;Vor Beginn einer Dolutegravir- Einnahme sollte bei Frauen im geb&auml;rf&auml;higen Alter wegen der Gefahr eines Neuralrohrdefekts ein Schwangerschaftstest durchgef&uuml;hrt und eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden&ldquo;, so Gisinger.<br /> Wenn das Virus nicht nachweisbar ist, ist eine HIV-PEP nach nicht beruflicher Exposition nicht notwendig. Ist beim Partner HIV nachweisbar, wird sie beim analen (MSM und Hetero) und beim vaginalen Sex empfohlen. Zus&auml;tzlich sollte eine HIV-PrEP-Beratung erwogen werden. Bei unbekanntem Serostatus der Quelle kann PEP angeboten werden, vor allem wenn die Quelle aus einem Hochpr&auml;valenzland (z.B. Subsahara-Afrika) stammt. Ebenso empfohlen wird eine PEP beim Nadeltausch bei Drogenkonsum bzw. wenn es durch die Nadel nachweislich durch eine tiefe perkutane Verletzung zu einem HIVKontakt kommt. Laut der &ouml;sterreichischen &bdquo;Nadelstichverordnung&ldquo; (NastV) 2013 ist bei einer Nadelstichverletzung &bdquo;niemals davon auszugehen, dass kein Risiko besteht&ldquo;.<br /> Im Jahr 2018 wurden etwa 170 nicht berufliche PEP verschrieben, wobei die &uuml;berwiegende Mehrheit der Patienten unter 50 Jahren alt war, wie aus den Daten der AHIVCOS (Austrian HIV Cohort Study) ersichtlich ist.<sup>3</sup></p> <h2>PrEP &ndash; Pr&auml;expositionsprophylaxe</h2> <p>Eine PrEP haben 2018 (Stand 10/2018) f&uuml;nf Frauen und 224 M&auml;nner erhalten (AHIVCOS). F&uuml;r die PrEP ist eine kontinuierliche t&auml;gliche Einnahme von TDF/FTC (Tenofovir-DF/Emtricitabin) notwendig. F&uuml;r die Gruppe der MSM gibt es auch die M&ouml;glichkeit, die Medikation &bdquo;on demand&ldquo; zu nehmen (2&ndash;24 Stunden vor dem Kontakt zwei Tabletten mit fortlaufender Einnahme einer Tablette bis zwei Tage nach dem Kontakt). &bdquo;In den Zulassungsstudien wurde der Nachweis erbracht, dass die PrEP, wenn sie adh&auml;rent eingenommen wird &ndash; messbar durch ausreichende Medikamentenspiegel im Plasma &ndash;, auch effektiv wirkt&ldquo;, sagte Gisinger.<br /> Als Kandidaten gelten M&auml;nner wie Frauen mit einem unbehandelten HIV-positiven Sexualpartner, mit k&uuml;rzlich behandelten bakteriellen STD, mit einer hohen Anzahl von Sexualpartnern, inkonsequentem oder keinem Kondomgebrauch, in kommerzieller Sexarbeit bzw. aus einem Hochpr&auml;valenzgebiet oder Netzwerk (z.B. in einem MSM-Umfeld in Gro&szlig;st&auml;dten) stammend sowie die Gruppe der PWID (&bdquo;people who inject drugs&ldquo;), die sich ihre Injektionsausr&uuml;stung teilen. Hinweise, dass es mit der Einf&uuml;hrung der PrEP generell zu einer Zunahme von STD (vor allem anale Chlamydieninfektionen) kommt, gab eine j&uuml;ngst ver&ouml;ffentlichte Metaanalyse (n=4388). Die Autoren diskutieren das im Zusammenhang mit einem verminderten Gebrauch von Kondomen.<sup>4</sup> &bdquo;Entscheidend f&uuml;r den Erfolg einer PrEP ist auch hier die Adh&auml;renz&ldquo;, so Gisinger.</p> <h2>Urethritis</h2> <p>Eine Urethritis ist eine Schleimhautentz&uuml;ndung der Harnr&ouml;hre mit den Symptomen einer Algurie, eitrigem Ausfluss und Dysurie. Im Abstrich zeigt sich ein &Uuml;berschuss an polymorphonukle&auml;ren Leukozyten (PMNL). Bei der Gonokokkenurethritis ist der Krankheitserreger Neisseria gonorrhoeae, bei der Nichtgonokokkenurethritis (NGU) sind es vor allem Chlamydia trachomatis (Serotypen D&ndash;K) und Mycoplasma (Ureaplasma urealyticum, Mycoplasma genitalium).<br /> State of the Art in der Detektion von Neisseria gonorrhoeae und Chlamydia trachomatis (Ct) ist der NAAT-Test. Die Chlamydienserologie spielt wegen zu geringer Sensitivit&auml;t bei der Diagnostik einer Urethritis keine Rolle.<sup>5</sup> Ein &bdquo;test of cure&ldquo; (TOC) ist fr&uuml;hestens nach drei Wochen sinnvoll.<sup>6</sup><br /> Besonders beliebt bei asymptomatischen, j&uuml;ngeren und heterosexuellen Frauen und M&auml;nnern ist der einfache Home Test. Die Ergebnisse der Chlamydien- und Gonokokkendiagnosen sind mit den Tests im klinischen Setting vergleichbar.<sup>7</sup> Trotz NAAT ist auch die Gram-F&auml;rbung ein wichtiger Bestandteil der Diagnose, speziell bei der &bdquo;High cut-off&ldquo;-Urethritis (&ge;10 PMNL/HPF &ndash; mehr als 10 polymorphonukle&auml;re Leukozyten pro &bdquo;high power field&ldquo;), womit es zu einer verbesserten Diagnosestellung als nur mit Anamnese und Klinik kommt.<sup>8</sup><br /> Die empfohlene Therapie bei der Chlamydieninfektion des Erwachsenen ist nach den Therapierichtlinien neu: Doxycyclin (100mg/2x t&auml;glich/7 Tage p.o., KI Schwangerschaft) oder Azithromycin (1g als ED p.o.), bei Koinfektion mit M. genitalium: Tag 1 Azithromycin 500mg, Tag 2&ndash;5 t&auml;glich 230mg. Bei der rektalen Chlamydieninfektion wird Doxycyclin bevorzugt empfohlen. Der Nutzen einer Mitbehandlung der Partner ist aufgrund von Resistenzentwicklungen fraglich. In einer Untersuchung konnte gezeigt werden, dass zwei Drittel unn&ouml;tig mit Azithromycin behandelt wurden.<sup>9</sup></p> <h2>Doxycyclin vs. Azithromycin</h2> <p>Generell ist die Rate an persistierenden Infektionen sowohl bei M&auml;nnern als auch bei Frauen hoch. Eine Studie bei Frauen mit urogenitaler Chlamydia trachomatis konnte zeigen, dass Doxycyclin besser als Azithromycin abschneidet (6,7 % vs. 4,7 % ).<sup>10</sup> Eine Metaanalyse f&uuml;r genitale Chlamydieninfektionen konnte das auf einem sehr hohen Level (97 % vs. 94 % ) best&auml;tigen.<sup>11</sup> Insbesondere bei anorektaler Ct schneidet Doxycyclin besser ab (99,6 % vs. 82,9 % ) und wird deshalb als Erstlinientherapie empfohlen.<sup>12</sup> &bdquo;Aufgrund des klinischen Verlaufs &ndash; mehr als 50 Prozent der Patienten sind asymptomatisch &ndash; w&auml;re nat&uuml;rlich eine Impfung gegen Chlamydia trachomatis w&uuml;nschenswert, Studien sind jedoch noch nicht &uuml;ber das pr&auml;klinische Stadium hinausgekommen&ldquo;, erkl&auml;rte Dr. Georg Stary, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universit&auml;t Wien.</p> <h2>Gonorrh&ouml; und Neisseria meningitidis</h2> <p>Gegen verschiedene Medikamentenklassen, die fr&uuml;her als Therapie eingesetzt wurden, bestehen heute Resistenzen. &bdquo;Auch bei Azithromycin gibt es bereits einen Resistenznachweis, der derzeit bei etwa f&uuml;nf Prozent liegt&ldquo;, so Stary. In einer 2017 im &bdquo;Lancet&ldquo; publizierten, neuseel&auml;ndischen Studie<sup>13</sup> wurde die Hoffnung gen&auml;hrt, dass man sich des Problems mit multiplen Resistenzen durch eine wirksame Impfung entledigen k&ouml;nnte: Von 1430 Patienten, die eine Meningokokkenimpfung erhielten, waren 31 auch gesch&uuml;tzt vor einer Gonokokkeninfektion. &bdquo;Da es sich lediglich um eine retrospektive Untersuchung handelt, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genie&szlig;en&ldquo;, erkl&auml;rte Stary.<br /> Die Therapie der Wahl ist laut den neuen Leitlinien zur Therapie der klassischen Geschlechtskrankheiten und &bdquo;sexually transmitted infections&ldquo; der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r STD und dermatologische Mikrobiologie die Kombination von Ceftriaxon (500mg i.m. oder i.v. ED) plus Azithromycin (1,5g oral ED).<br /> Dass Meningokokken die Urethra besiedeln k&ouml;nnen, ist seit &uuml;ber 40 Jahren bekannt.<sup>14</sup> Neu ist, dass immer wieder Ausbr&uuml;che von gro&szlig;en, durch Meningokokken verursachten Clustern berichtet werden, die mit MSM assoziiert sind. Auch der Anstieg bei Gonorrh&ouml; ist vor allem auf diese Gruppe zur&uuml;ckzuf&uuml;hren. &bdquo;MSM mit Syphilis bzw. Gonorrh&ouml; sollten auch spezialisierten Zentren zugewiesen werden&ldquo;, so Stary.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV), 29. November bis 1. Dezember 2018, Innsbruck </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Sherrard J et al.: Int J STD AIDS 2011; 22(8): 421-9 <strong>2</strong> Rodger AJ et al.: JAMA 2016; 316(2): 171-81 <strong>3</strong> Leierer G et al.: PLoS One 2015; 10(11): e0142923 <strong>4</strong> Traeger MW et al.: Clin Infect Dis 2018; 67(5): 676-86 <strong>5</strong> Woodhall SC et al.: Lancet Infect Dis 2018; 18(12): e399-e407 <strong>6</strong> van der Helm JJ et al.: Sex Transm Dis 2018; 45(2): 132-7 <strong>7</strong> Banerjee P et al.: Int J STD AIDS 2018; 29(10): 974-9 <strong>8</strong> Randjelovic I et al.: Infect Dis Obstet Gynecol 2018; 2018: 8236575 <strong>9</strong> van Aar F et al.: Sex Transm Infect 2018; 94(8): 619-21 <strong>10</strong> Khosropour CM et al.: Sex Transm Dis 2018; 45(5): 319-24 <strong>11</strong> Kong FY et al.: Clin Infect Dis 2014; 59(2): 193-205 <strong>12</strong> Kong FY et al.: J Antimicrob Chemother 2015; 70(5): 1290-7 <strong>13</strong> Petousis-Harris H et al.: Lancet 2017; 390(10102): P1603-1610 <strong>14</strong> Givan KF et al.: Br J Vener Dis 1977; 53(2): 109-12</p> </div> </p>
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