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Psoriasisarthritis – interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ludwig Erlacher
KLI für Autoimmunerkrankungen und Rheumatologie<br> 2. Medizinische Abteilung, SMZ Süd (KFJ), Wien<br> E-Mail: ludwig.erlacher@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
07.09.2017
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<p class="article-intro">Die Psoriasisarthritis (PsA) ist eine komplexe Erkrankung und nicht immer einfach zu diagnostizieren. Durch die nötige Sensibilisierung für das vielschichtige Krankheitsbild kann ein entscheidender Beitrag zur Früherkennung geleistet werden. </p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Psoriasisarthritis ist eine chronisch-entzündliche Gelenkserkrankung mit vielschichtigem klinischem Erscheinungsbild.</li> <li>Die immunologisch bedingten Entzündungen betreffen unterschiedlichste Strukturen, von Sehnenansätzen über Sehnenscheiden bis zur Synovia in den Gelenken.</li> <li>Eine frühzeitige adäquate Behandlung wirkt sich positiv auf den klinischen Verlauf aus.</li> </ul> </div> <p>Unter den Patienten mit Psoriasis vulgaris treten bei etwa 5–15 % zusätzlich entzündlich-rheumatische Beschwerden auf, wobei die Psoriasis den Gelenksentzündungen üblicherweise – aber nicht immer zwingend – meist um Jahre vorausgeht. Im Unterschied zu vielen anderen rheumatologischen Erkrankungen betrifft die Psoriasisarthritis (PsA) beide Geschlechter gleich häufig. Sie tritt meist zwischen dem 3. und 5. Lebensjahrzehnt auf. In etwa 80 % der Fälle geht die Psoriasis der Gelenksentzündung voraus. Patienten, die schon jahrelang wegen einer Schuppenflechte in Behandlung sind, entwickeln plötzlich Gelenksbeschwerden oder es treten Gelenksschwellungen auf. Selten, aber doch sind Gelenksbeschwerden gleichzeitig mit oder sogar schon vor dem Auftreten der Psoriasis zu finden. Nach wie vor ist die Erfassung eines sogenannten Rheumastatus das wichtigste Instrument zur Diagnosefindung, Labor und Bildgebung sind dabei lediglich Hilfsmittel.</p> <h2>Klinische Bilder der Psoriasisarthritis</h2> <p>Zur leichteren Klassifizierung der völlig verschiedenen Verlaufsformen der PsA unterscheidet man folgende fünf große Gruppen:</p> <h2>Symmetrische Polyarthritis</h2> <p>Sehr häufige Form, klinisch nicht von der rheumatoiden Arthritis differenzierbar. Es sind die proximalen Interphalangealgelenke sowie die Metacarpophalangealgelenke betroffen.</p> <h2>Distale interphalangeale (DIP) Arthritis</h2> <p>Die Entzündung der Fingerendglieder ist charakteristisch für die Psoriasisarthritis.</p> <h2>Mutilierende Arthritis</h2> <p>In seltenen Fällen kann es zu mutilierenden Gelenksveränderungen bis hin zur Gelenksauflösung kommen (Abb. 1).</p> <h2>Asymmetrische Oligoarthritis</h2> <p>Häufig bzw. zu Beginn sind nur wenige Gelenke betroffen (etwa Kniegelenke, Sprunggelenke).</p> <h2>Ankylosierende Spondylitis</h2> <p>Kann mit oder ohne periphere Gelenksbeteiligung auftreten. Nicht selten führt die Psoriasisarthritis auch zu einer Entzündung der Iliosakralgelenke und zu einer Inflammation der kleinen Gelenke der Wirbelsäule, zu einer sogenannten Spondylarthropathie.<br /> Zusätzlich kann die PsA auch eine Enthesitis der Sehnen verursachen (Abb. 2). Bei Entzündungen der Sehnenscheiden, einer Tendovaginitis, können ganze Zehen oder Finger anschwellen (Wurstzehe, Wurstfinger).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s30.jpg" alt="" width="2150" height="728" /></p> <h2>Krankheitsverlauf und Therapieoptionen</h2> <h2>Basistherapie</h2> <p>Ebenso wie das klinische Erscheinungsbild ist auch der spontane Verlauf der PsA höchst unterschiedlich ausgeprägt. Patienten mit mildem Verlauf der PsA, bei denen nur wenige Gelenke betroffen sind, werden zunächst nur symptomatisch mit NSAR behandelt, bei Bedarf können zusätzlich Kortikosteroide in die betroffenen Gelenke injiziert werden. <br /> Patienten mit polyartikulärem Befall und hoher entzündlicher Aktivität können rasch Gelenksdestruktionen entwickeln. In diesen Fällen ist der sofortige Beginn einer Basistherapie angezeigt. Methotrexat ist unverändert das Basistherapeutikum der ersten Wahl und zeigt sowohl bezüglich der PsA als auch der Hautveränderungen Wirkung. Alternativ können Leflunomid bzw. Sulfasalazin bei Patienten mit aggressiverem Verlauf eingeleitet werden. Zeigen die Patienten nach 3–4 Monaten unter ausreichend dosier­ter Standardtherapie (i.e. Metho­trexat 20–25mg 1x/Woche) noch immer eine hohe Krankheitsaktivität, so kann von der Basistherapie auf ein Biologikum gewechselt werden.</p> <h2>Alternative Biologika</h2> <p>Prinzipiell liegen für die Blockade von TNF-α, Interleukin-17 und Interleukin-12/23 positive Studienergebnisse vor. Allerdings sollte der Einsatz von Biologika niemals leichtfertig erfolgen, da diese potenten Immunmodulatoren ein nicht vernachlässigbares Risiko für Infektionen aufweisen.<br /> Zu Beginn der Therapie der Polyarthritis ist es weniger entscheidend, zwischen rheumatoider Arthritis (RA) und PsA zu differenzieren. Beide Erkrankungen werden primär mit Methotrexat anbehandelt. Bei Therapieversagen von Methotrexat kann man die Therapie mit einem TNF-α-Blocker erweitern. Spätestens bei Versagen bzw. Nicht-Ansprechen einer TNF- α-Blocker-Therapie ist die Differenzierung RA versus PsA jedoch entscheidend.<br /> Als Therapie kommen der IL-17-Blocker Secukinumab und der IL-12/-23-Blocker Ustekinumab ausschließlich in der Behandlung bei PsA zum Einsatz, während die IL-6-Rezeptor-Blocker Tocilizumab und der selektive T-Zell-Inhibitor Abatacept sowie die neuen „small molecules“ Baricitinib und Tofacitinib (beides JAK-Inhibitoren) nur zur Behandlung der RA zugelassen sind.</p> <h2>Interdisziplinäre Zusammenarbeit wünschenswert</h2> <p>Wichtig ist die enge Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmediziner, Rheumatologen und Dermatologen. Neben dem Bewusstsein des Hausarztes für die vielschichtige Erkrankung und die unterschiedlichen Verlaufsformen ist die gute interdisziplinäre Kooperation unter den Fachärzten essenziell. Patienten mit Gelenksschwellungen und Psoriasis sollen auf jeden Fall dem Rheumatologen vorgestellt werden, der seinerseits den Hautarzt in den Behandlungsplan integrieren wird.</p> <h2>Conclusio</h2> <p>Das Um und Auf ist das Erkennen einer Psoriasisarthritis, was aufgrund der inhomogenen klinischen Erscheinungsbilder nicht immer einfach ist. Man sollte stets im Hinterkopf behalten, dass Patienten mit Psoriasis auch eine Gelenksentzündung entwickeln können. Patienten mit Polyarthritis bedürfen einer sofortigen Basistherapie. Der Einsatz von Biologika sollte jenen Patienten vorbehalten sein, die eine ausgeprägte Gelenksbeteiligung aufweisen und auf eine Standardtherapie nicht ansprechen. Gleiches gilt für Patienten mit ausgeprägter Psoriasis bei Versagen der Standardtherapie. Insgesamt handelt es sich bei der PsA um eine komplexe Erkrankung mit unterschiedlichem, klinischem Verlauf und diversen Therapiekonzepten. Eine frühzeitige adäquate Behandlung wirkt sich positiv auf den klinischen Verlauf aus.</p></p>
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