
Psoriasis vulgaris: Wie kann eine zeitgemässe Therapie aussehen?
Bericht:
Martha-Luise Storre
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Dank der Fortschritte in der klinischen Forschung steht heute eine Vielzahl an Behandlungsoptionen für die Psoriasis zur Verfügung. Welchen Stellenwert haben konventionelle Systemtherapien im Jahr 2024? Und wie steht es um die Versorgung von älteren Patient:innen mit Psoriasis?
Keypoints
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Konventionelle Systemtherapien sind Biologika unterlegen.
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Ein früher Einsatz von modernen zielgerichteten Therapien ist leitliniengerecht möglich.
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Das sehr gute Sicherheitsprofil erlaubt auch bei älteren und multimorbiden Patient:innen einen Einsatz von modernen Systemtherapien.
Aktuell sind 18 verschiedene Präparate für die Therapie der Psoriasis zugelassen, die meisten davon Biologika in der Erstlinie», erläuterte Prof. Dr.med. Sascha Gerdes, leitender Oberarzt an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel. In der aktuellen Leitlinie werden weiterhin konventionelle Systemtherapien wie Acitretin, Ciclosporin, Fumarsäureester (FAE) und Methotrexat (MTX) «firstline» aufgeführt:1 Lassen diese Substanzen keinen ausreichenden Therapieerfolg erwarten, dann sollen leitliniengerecht direkt die anderen in der Erstlinie zugelassenen modernen Präparate genutzt werden. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise eine besonders schwere Ausprägung (z.B. PASI ≥20), eine rasche Verschlechterung oder schwere Beteiligung der Nägel, des Genitalbereichs oder der Kopfhaut sowie eine besonders hohe Beeinträchtigung der Lebensqualität (z.B. DLQI ≥15) vorliegen. Diese Empfehlung lässt sich auch entsprechend in der europäischen Leitlinie finden, die als «living guideline» stets aktuell alle zugelassenen Präparate umfasst.2 Es stelle sich die provokante Frage, in welchen Bereichen die konventionellen Systemtherapien noch einen Therapieerfolg erwarten lassen, so Gerdes. Die aus seiner Sicht relevantesten Präparate in diesem Feld sind MTX und Fumarsäureester. Acitretin und Ciclosporin nutze erfast gar nicht mehr, berichtete der Experte aus seinem klinischen Alltag.
Evidenz für MTX und Fumarsäureester (FSE)
In der METOP-Studie aus dem Jahr 2017 wurden Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis mit 17,5mg MTX subkutan (n=91) oder Placebo (n=29) behandelt.3 Am Ende der Induktionsphase von 16 Wochen erreichten 41% der mit MTXBehandelten einen PASI 75. Im gleichen Jahr wurde die BRIDGE-Studie publiziert, die die für die Psoriasisversorgung zur Verfügung stehenden beiden FSE (Mono- vs. Mix-Päparat) und Placebo gegeneinander verglich (n=704):4 Nach 16 Wochen erreichten 37,5% bzw. 40,3% unter FSE ein PASI-75-Ansprechen (vs. Placebo 15,3%). Sowohl seine Patient:innen als auch er selbstseien damit heutzutage nicht mehr zufrieden: Im Jahr 2024 verfolge manandere Therapieziele, weil man inzwischen auch mehr könne,so Gerdes.
Eine unabhängige Metaanalyse der Cochrane Database hat die zugelassenen Psoriasispräparate hinsichtlich des PASI- 90-Ansprechens verglichen (Abb. 1):5 Demnach besteht bei FSE ein relatives Risiko (RR) von 3,86, einen PASI 90 zu erreichen. Bei MTX beträgt das RR 11,08. Da zeige sich ein riesiger Unterschied der Wirkstärken zwischen den konventionellen und den zielgerichteten modernen Präparaten, mit einer bis zu um das Zehnfache höheren Wahrscheinlichkeit für PASI 90, ordnete der Dermatologe die Ergebnisse ein.
Abb. 1: Die Wahrscheinlichkeit, ein PASI-90-Ansprechen zu erzielen, variiert stark zwischen Fumarsäureestern, Methotrexat und modernen Systemtherapien (mod. nach Sbidian)5
Aktuelle Real-World-Daten aus einem englischen Register zeigen für MTX und FSE bei rund 30% der Patient:innen ein Therapieansprechen von einem absoluten PASI ≤2.6Jeder dritte Patient erreiche damit also im Verlauf ein gutes Therapieansprechen, so Gerdes. Hinsichtlich des «drug survivals» ergab die Registeranalyse jedoch, dass nach einem Jahr nur noch etwa die Hälfte der Patient:innen MTX anwendeten, FSE nur noch rund 30%.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass Psoriasis viel mehr als nur eine reine Hauterkrankung ist, so kann man beispielsweise durch moderne Präparate, allen voran die Interleukin(IL)-17-Inhibitoren, das kardiovaskuläre Risiko senken.7 Zudem konnte eine Reduktion der Mortalität in Abhängigkeit von Systemtherapie und Dauer gezeigt werden.8 Auch hinsichtlich der Prävention einer Psoriasisarthritis (PsA) bei Psoriasispatient:innen sind die Biologika den konventionellen Therapien deutlich überlegen.9
Bei der Mehrzahl der Patient:innen vergeude manaus medizinischer Perspektive Zeit, bis wir sie endlich auf eine effektive Therapie einstellten, so Gerdes. Die Leitlinie stärkten einem hierden Rücken, auf konventionelle systemische Therapien zu verzichten, schloss der Experte.
Systemtherapie bei älteren Psoriasispatient:innen
Die Menschen werden immer älter, damit ändert sich auch das Patient:innenspektrum in Kliniken und Praxen. Welche Besonderheiten und Herausforderungen dies mit sich bringt, erläuterte PD Dr. Dr. med. Felix Lauffer, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der Technischen Universität München. Neben den konventionellen Systemtherapien erweitern seit einigen Jahren monoklonale Antikörper, PDE-4-Hemmer und Tyrosinkinase-Inhibitoren das Portfolio. «Auch im Alter können wir die Psoriasis gut therapieren», so Lauffer. Doch durch die besondere Situation dieser Personen, wie beispielsweise eine eingeschränkte Mobilität, häufig zahlreiche Vortherapien, Komorbidität sowie eine veränderte Hautphysiologie mit einer Neigung zu Xerosis cutis erhalten Lauffers Erfahrung nach vor allem die Älteren keine oder nur sehr milde Systemtherapien. Gerade bei älteren Patient:innen sei es wichtig, sich über die zur Verfügung stehenden Alternativen Gedanken zu machen und die individuell beste Therapie auszuwählen. «Ich möchte klar dafür werben, dass wir auch bei Patientinnen und Patienten mit Vortherapien Biologika einsetzen, denn es gibt kaum sicherere Medikamente», so der Experte. So seien manche der modernen Präparate, wie beispielsweise IL-23-Inhibitoren, kaum mit Nebenwirkungen assoziiert.
Im höheren Lebensalter kann bei etwa fünf bis zehn Prozent der Psoriasispatient:innen eine ekzematisierte Form der Psoriasis auftreten:10 Die Betroffenen leiden unter einer Psoriasis, die gewisse Ähnlichkeiten mit einem Ekzem aufweist. Oftmals liegt ein starker Pruritus vor, in Hautbiopsien lassen sich eosinophile Granulozyten, Serumkrusten oder Spongiose nachweisen.
Aus immunologischer Sicht werden bei der ekzematisierten Psoriasis möglicherweise zusätzliche Signalwege aktiviert, die für Ekzemreaktionen verantwortlich sind. Klinisch manifestiert sich diese Form neben den klassischen Psoriasisläsionen durch unscharf begrenzte und grossflächig konfluierende Plaques, Exkoriationen sowie eine moderate Schuppung. In diesen Fällen sollte man ausschliessen, ob nicht eventuell zusätzlich ein Kontaktekzem vorliegt, empfahl Lauffer. Histologisch lassen sich sowohl Zeichen einer Psoriasis als auch eines Ekzems nachweisen. Es gelte, das Mischbild aus klassischen Psoriasis- und Ekzemkriterien zu bewerten. Für die Zukunft erhofft sich der Experte molekulare Klassifikatoren für Nutzung im klinischen Alltag. Therapeutisch solle bei der ekzematisierten Psoriasis eine Substanz gewählt werden, die sich gleichzeitig positiv auf die Psoriasis als auch das Ekzem auswirke.
Als eher günstig bis günstig erweisen sich hier laut dem Experten Anti-IL-12/IL-23, PDE-4- und JAK-Inhibitoren.Anti-TNF-α und Anti-IL-17A seien dafür bekannt, trockene Haut zu begünstigen und Ekzeme zu triggern. Bei IL-23 und TYK2 gebe es dafür bislang keine oder nur Einzelfallberichte.
Quelle:
Wissenschaftliches Symposium «Systemtherapie Psoriasis vulgaris» im Rahmen der FOBI am 10. Juli 2024 in München
Literatur:
1 Nast A et al.: Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm – Teil 1: Therapieziele und Therapieempfehlungen. J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19(6): 934-51 2 Nast A et al.: EuroGuiDerm Guideline on the systemic treatment of Psoriasis vulgaris - Part 1: treatment and monitoring recommendations. J Eur Acad Dermatol Venereol 2020; 34(11): 2461-98. Revised version March 2024, online 3 Warren RB et al.: An intensified dosing schedule of subcutaneous methotrexate in patients with moderate to severe plaque-type psoriasis (METOP): a 52 week, multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017; 389(10068): 528-37 4 Mrowietz U et al.: Efficacy and safety of LAS41008 (dimethyl fumarate) in adults with moderate-to-severe chronic plaque psoriasis: a randomized, double-blind, Fumaderm® - and placebo-controlled trial (BRIDGE). Br J Dermatol 2017; 176(3): 615-23 5 Sbidian E et al.: Systemic pharmacological treatments for chronic plaque psoriasis: a network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev 2023; 7(7): CD011535 6 Alabas OA et al.: Effectiveness and persistence of acitretin, ciclosporin, fumaric acid esters and methotrexate for patients with moderate-to-severe psoriasis: a cohort study from BADBIR. Br J Dermatol 2023; 188(5): 618-27 7 Choi H et al.: Treatment of psoriasis with biologic therapy is associated with improvement of coronary artery plaque lipid-rich necrotic core: results from a prospective, observational study. Circ Cardiovasc Imaging 2020; 13(9): e011199 8 Langley RG et al.: Reduced risk of mortality associated with systemic psoriasis treatment in the Psoriasis Longitudinal Assessment and Registry (PSOLAR): A nested case-control analysis. J Am Acad Dermatol 2021; 84(1): 60-9 9 Acosta Felquer ML et al.: Treating the skin with biologics in patients with psoriasis decreases the incidence of psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2022; 81(1): 74-9 10 Lauffer F, Eyerich K: Ekzematisierte Psoriasis – eine häufige, aber oft vernachlässigte Variante der Plaque-Psoriasis. J Dtsch Dermatol Ges 2023; 21(5): 445-54
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