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Neues zur Akne
Jatros
Autor:
Mag. Harald Leitner
Quelle: Vortrag von Dr. Gregor Holzer im Rahmen der ÖGDV-Jahrestagung, 21.–23. November 2014, Wien
30
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05.03.2015
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<p class="article-intro">Die Akne ist eine Erkrankung, die für Betroffene – insbesondere psychisch – eine große Belastung darstellen kann. Aktuelle Erkenntnisse der Grundlagenforschung zur Entschlüsselung molekularer Vorgänge am Talgdrüsenfollikel könnten dazu beitragen, neue Therapeutika gegen diese Hautkrankheit zu entwickeln.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die Pathogenese der Akne ist durch eine verstärkte Seborrhö und Verhornungsstörung im Ausgang des Talgdrüsenfollikels gekennzeichnet, die zur Bildung von Komedonen führen. Entzünden sich diese, entwickeln sich Papeln, Pusteln oder Knoten. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Propionibacterium (P.) acnes (Abb. 1) sowie Androgene, die die Zunahme des Talgdrüsenvolumens und die Keratinozytenproliferation stimulieren. „Während es hinsichtlich dieses Grundkonzepts nichts wesentlich Neues gibt, haben wir im Bereich des Follikels eine Reihe neuer Erkenntnisse“, berichtet Dr. Gregor Holzer, Dermatologische Abteilung, Donauspital, Wien. So wurde die Beteiligung von Interleukin(IL)-1β und NLRP3-Inflammasom an der Entstehung der Akne entdeckt. Es konnte gezeigt werden, dass P. acnes das myelomonozytäre NLRP3-Inflammasom aktiviert, woraufhin IL-1β ausgeschüttet wird. Ebenfalls neu ist die Erkenntnis, dass P. acnes den Toll-like-Rezeptor 2 (TLR-2) auf Monozyten und Keratinozyten aktivieren kann, was eine Aktivierung des angeborenen Immunsystems bewirkt. Darüber hinaus hat die neuere Forschung die Bedeutung von IL-17, Th17-Zellen sowie von Th17-induzierten Zytokinen für die Akne erkannt.<br /> 2008 wurde entdeckt, dass sich am Sebozyten H1-Rezeptoren befinden und dass durch Zugabe eines Antihistaminikums die Sebumproduktion in vitro reduziert werden kann.<sup>1</sup> Rezent wurde nun eine Studie publiziert, in der gezeigt werden konnte, dass die zusätzliche Gabe eines Antihistaminikums zu Isotretinoin besser wirksam ist als eine Isotretinoin-Monotherapie.<sup>2</sup> Holzer: „Ob das ein Therapiekonzept für die Zukunft darstellt, müssen weitere Studien zeigen.“</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Derma_1501_Weblinks_Seite23.jpg" alt="" width="621" height="444" /></p> <h2>Komorbiditäten der Akne</h2> <p>„Die Krankheitslast der Akne kann hoch sein und darf nicht unterschätzt werden. Zahlreiche Studien bestätigen, dass Akne und psychiatrische Erkrankungen häufig assoziiert sind“, sagt Holzer. Dazu zählen im Wesentlichen Depressionen, Angststörungen, erhöhte Suizidalität, Schlafstörungen und psychosomatische Symptome. Allerdings korreliert der Schweregrad der Akne häufig nicht mit dem Leidensdruck. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die psychiatrischen Symptome durch die Aknetherapie gebessert werden können.<sup>3</sup> Holzer: „Isotretinoin wurde in der Vergangenheit oft angeschuldigt, in den Suizid zu treiben, die aktuellen Daten sprechen aber dafür, dass es eher dagegen wirkt und die Suizidalität bei Aknepatienten a priori erhöht ist.“<br /> Über die psychiatrischen Komorbiditäten hinaus konnte eine rezente Arbeit eine signifikante Assoziation zwischen schwerer Akne und Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes nachweisen.<sup>4</sup> „In dieser Studie wurde die Rolle der Medikation, insbesondere von Antibiotika, für die gastrointestinalen Beschwerden nicht evaluiert, sie ist jedoch zu hinterfragen“, kritisiert Holzer.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Derma_1501_Weblinks_Seite24.jpg" alt="" width="532" height="417" /></p> <h2>Akne und Ernährung</h2> <p>Zwei Studien aus den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren haben das Dogma geprägt, dass keine Assoziation zwischen Ernährung und Akne besteht.<sup>5, 6</sup> Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Ethnien mit zur westlichen Welt unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten, wie etwa die Kitava in Papua-Neuguinea oder die Aché, eine Jäger- und Sammlergesellschaft in Paraguay, keine Akne kennen.<sup>7</sup> Diese Menschen konsumieren keine Milchprodukte und ernähren sich von Lebensmitteln mit einem niedrigen glykämischen Index. Weitere Hinweise auf einen Zusammenhang von Akne und Ernährung stammen aus Untersuchungen an Ethnien, wie etwa kanadischen Inuit, die bei traditioneller Ernährung und Lebensweise nicht an Akne erkranken. Nehmen sie die Ernährungsgewohnheiten der Menschen in westlichen Industrieländern an, so können auch die Inuit Akne entwickeln.<sup>8</sup><br /> Die Datenlage zur Assoziation spezifischer Nahrungsmittel und Akne ist dürftig. So existieren nur wenige, zumeist retrospektive Studien, die eine schwache Assoziation zwischen dem Konsum von Milchprodukten und Akne finden. Aufgrund unzureichender Evidenz kann daher keine Empfehlung zur Milchrestriktion gegeben werden.<sup>9</sup><br /> Ein positiver Effekt im Sinne der Reduktion entzündlicher und nicht entzündlicher Akneläsionen konnte nach Einnahme von Omega-3- und Omega-6 Fettsäuren über 10 Wochen nachgewiesen werden.<sup>10</sup><br /> „Die stärkste Evidenz besteht für den Zusammenhang von Ernährung mit hoher glykämischer Last und Akne“, berichtet Holzer. So wurden vier interventionelle Studien publiziert, in denen Diäten mit niedriger versus hoher glykämischer Last an Männern mit Akne verglichen worden waren.<sup>11–14</sup> Darin konnte gezeigt werden, dass unter Diät mit niedriger glykämischer Last die Akneläsionen, die Sebumproduktion und die Talgdrüsengröße zurückgingen. Im Zentrum des pathophysiologischen Konzepts, das diese Wirkung erklären soll, steht der Insulinstoffwechsel.<sup>9</sup> Nahrungsmittel wie Milch enthalten eine große Menge an „insulin-like growth factor“ (IGF) und Diäten mit hoher glykämischer Last senken die Spiegel an IGF-bindendem Protein. „Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt zur Hyperinsulinämie, wodurch Androgene im Blut vermehrt werden, und damit kommt es zu einer verstärkten Sebumproduktion und Aknebildung“, erklärt Holzer und weiter: „Möglicherweise wirkt sich die Hyperinsulinämie auch negativ auf das zelluläre Wachstum und die Keratinisierungserscheinungen, die die initialen Läsionen der Akne darstellen, aus.“ Gestützt wird dieses Konzept durch das Laron-Syndrom, das durch einen kongenitalen IGF-1-Mangel charakterisiert ist. Menschen mit Laron-Syndrom sind kleinwüchsig und erkranken nicht an Akne.</p> <h2>Die Therapie der Akne</h2> <p>„Laut aktuellen Leitlinien zur Therapie der Akne werden häufig Kombinationstherapien empfohlen, sodass man in der Praxis häufig damit konfrontiert ist, einen komplizierten Therapieplan mit mehreren Rezepten zu erstellen. Dadurch, dass nun bivalente Fixkombinationen erhältlich sind, wird die Therapie erheblich vereinfacht“, so Holzer. Die Kombinationen etablierter Wirkstoffe sollen besser und schneller wirksam sein als die Einzelsubstanzen und durch die einfachere Anwendung die Compliance erhöhen. Sie werden als Mittel der ersten Wahl bei leichter bis mittelschwerer Akne empfohlen.<sup>15</sup></p> <p>In Österreich sind vier bivalente Fixkombinationen erhältlich:</p> <ul> <li>Epiduo<sup>®</sup> Gel: Adapalen 0,1 % und Benzoylperoxid 2,5 % </li> <li>Isotrexin<sup>®</sup> Gel: Isotretinoin 0,05 % und Erythromycin 2 % </li> <li>Indoxyl<sup>®</sup> Gel: Clindamycin 1 % und Benzoylperoxid 5 % </li> <li>Zindaclin<sup>®</sup> Gel: Clindamycin 1 % und Zink</li> </ul> <p>Aufgrund möglicher Resistenzentwicklung werden Antibiotika nur in Kombinationstherapien empfohlen, der Antibiotikaeinsatz sollte 6 Monate nicht überschreiten. Aufgrund des besseren Sicherheitsprofils ist Doxycyclin Minocyclin vorzuziehen.<br /> Orale Kontrazeptiva mit antiandrogener Wirkung werden als primäre Monotherapie einer unkomplizierten Akne nicht empfohlen. Indikationen für diese Präparate sind eine Hyperandrogenämie sowie die Acne tarda.<br /> In der Behandlung der Akne werden häufig Peelings angeboten. Laut Holzer existieren einige Studien, die eine Wirksamkeit von oberflächlichem Peeling mit Salicylsäure und AHA bei Seborrhö und milder Akne zeigen. Die Datenlage ist allerdings weniger robust als die für klassische Aknetherapeutika. In den aktuell gültigen Guidelines werden Peelings daher in Kombination mit systemischen oder topischen Therapeutika empfohlen.<sup>15, 16</sup><br /> Als Erhaltungstherapie können Peelings zur Behandlung von postinflammatorischen Hyperpigmentierungen, zur Komedonenreduktion oder bei oberflächlichen Vernarbungen in Erwägung gezogen werden.</p> <h2>Ausblick</h2> <p>Laut Holzer könnte die photodynamische Therapie bei Akne in Zukunft eine Rolle spielen. Die Wirksamkeit dieses Verfahrens ist nachgewiesen, die Nebenwirkungen müssen allerdings noch minimiert werden. Eine weitere Option könnte die Verhinderung der Kolonisation mit P. acnes vor der Pubertät sein, um einen Ausbruch während der Pubertät zu vermeiden. Mögliche therapeutische Angriffspunkte könnten in Zukunft die Inflammation und die Sebumproduktion darstellen. „Wir kennen eine große Zahl von Zytokinen, gegen die mittlerweile gut erprobte Medikamente zur Verfügung stehen. Das Problem der Wirksamkeit bei topischer Applikation muss allerdings erst gelöst werden“, resümiert Holzer.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Vortrag von Dr. Gregor Holzer im Rahmen
der ÖGDV-Jahrestagung, 21.–23. November 2014,
Wien
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<p><strong>1</strong> Pelle E et al: J Invest Dermatol 2008; 128(5): 1280-5<br /> <strong>2</strong> Lee HC et al: J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28(12): 1654-60 <br /> <strong>3</strong> Hahm BJ et al: J Dermatol 2009; 36(5): 255-61 <br /> <strong>4</strong> Silverberg JI et al: Br J Dermatol 2014; 170(5): 1136-42 <br /> <strong>5</strong> Fulton JE et al: JAMA 1969; 210(11): 2071-4 <br /> <strong>6</strong> Anderson PC: Am Fam Physician 1971; 3(3): 102-3 <br /> <strong>7</strong> Cordain L et al: Arch Dermatol 2002; 138(12): 1584-90 <br /> <strong>8</strong> Schaefer O: Nutr Today 1971; 6: 8-16 <br /> <strong>9</strong> Burris J et al: J Acad Nutr Diet 2013; 113(3): 416-30<br /> <strong>10</strong> Jung JY et al: Acta Derm Venereol 2014; 94(5): 521-5 <br /> <strong>11</strong> Smith RN et al: J Am Acad Dermatol 2007; 57(2): 247-56 <br /> <strong>12</strong> Smith RN et al: Am J Clin Nutr 2007; 86(1): 107-15 <br /> <strong>13</strong> Smith RN et al: Mol Nutr Food Res 2008; 52(6): 718-26 <br /> <strong>14</strong> Reynolds RC et al: Nutrients 2010; 2(10): 1060-72 <br /> <strong>15</strong> Nast A et al: S2k-Leitlinie zur Therapie der Akne. J Dtsch Dermatol Ges 2010; 8(Suppl 2): S1-S59 <br /> <strong>16</strong> Nast A et al: J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26(Suppl 1): 1-29</p>
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