Mikrobiomtransplantation zeigt bislang keinen Erfolg
Bericht: Reno Barth
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Während sich ein gesundes Hautmikrobiom durch ein hohes Mass an Diversität auszeichnet, kommt es im Verlauf einer atopischen Dermatitis (AD) zum Verlust dieser Diversität und zum vermehrten Auftreten von Staphylococcus aureus. Versuche, die AD durch Beeinflussung des Mikrobioms zu behandeln, sind bislang jedoch gescheitert.
Die Rolle des Hautmikrobioms in der Entstehung und dem Verlauf einer atopischen Dermatitis (AD) entwickelt sich zu einem immer relevanteren Forschungsfeld mit mehr als 10000 Publikationen allein im Jahr 2024. Diese Arbeiten gehen zum grössten Teil einer von den folgenden drei Fragen nach, so Prof. Dr. med. Tilo Biedermann von der Technischen Universität München: Welche Rolle spielt das Mikrobiom in der Genese der AD? Welche Bedeutung hat es für die Hautbarriere und die Immunfunktion? Welche Perspektive bietet es für Prävention oder Behandlung?
Gestörte Hautbarriere
Typisch für die AD ist eine gestörte Barrierefunktion der Haut in Verbindung mit einer Neigung zu Typ-2-Inflammation mit IgE-Produktion. Diese Faktoren spielen zusammen, wie Biedermann ausführte. Denn zum einen erhöhen genetische Filaggrin-Defekte das Risiko für eine allergische Sensibilisierung,1 zum anderen können Entzündungen der Haut zu einer massiv eingeschränkten Filaggrin-Produktion führen – bis hinunter auf das Niveau, das im Zusammenhang mit genetischen Defekten gesehen wird.2 Unter Behandlung mit Biologika kommt es zu einer Normalisierung der Filaggrin-Produktion.3
Ein gesundes Mikrobiom zeichnet sich durch ein hohes Mass an Diversität aus. Im Verlauf einer AD kommt es während Flares zu einem Zusammenbruch des diversen Mikrobioms. Dieser kann durch adäquate Therapie verhindert werden, wie Studiendaten zeigen.4 Das Problem sei jedoch, so Biedermann, dass diese Diversität so komplex ist, dass «wir von einem Verständnis noch weit entfernt sind». Was man weiss, ist beispielsweise, dass der Verlust an Komplexität mit einem Wachstum von S. aureus einhergeht. Damit ergeben sich drei Säulen, die die Entwicklung einer AD begründen und vorantreiben: die Schädigung der Barriere, Typ-2-Inflammation und das Mikrobiom. Damit stellt sich die Frage, ob und wie es möglich ist, das Mikrobiom so zu beeinflussen, dass sich keine AD entwickelt.
Modulation des Mikrobioms durch Emollienzien und Biologika
Das Mikrobiom kann auf drei Ebenen moduliert werden: auf der Ebene der Hautbarriere, der Ebene der Entzündung und der Ebene der Dysbiose. Hautbarriere und Inflammation lassen sich heute therapeutisch bereits gut beeinflussen. Dies ist theoretisch möglich durch das Ersetzen verloren gegangener Keime, durch das Verhindern von überschiessendem Wachstum bestimmter Keime oder durch das Hinzufügen von Mikroorganismen, die einen regulierenden Effekt auf das Hautmikrobiom ausüben. Das alles ist allerdings gegenwärtig noch weitgehend Theorie. Studien liefern jedoch erste Hinweise, dass die gängigen Behandlungen der AD günstigen Einfluss auf das Mikrobiom haben. Das gilt sowohl für Emollienzien als auch für Biologika. So reduziert Dupilumab S. aureus auf der Haut und erhöht die bakterielle Diversität.5 Auch Tralokinumab verbessert die Barrierefunktion und reduziert die S.-aureus-Zahl.6 Mittlerweile ist es zudem gelungen, mit nicht pathogenen Bakterien (Vitreoscilla-filiformis-Lysat) antiinflammatorische Zytokine und regulatorische T-Zellen in der Haut zu induzieren.7
Mikrobiom-Transplantation
Erste Studienergebnisse gibt es auch zur Mikrobiom-Transplantation auf der Haut. Ausgehend von der Beobachtung, dass der Verlust von Roseomonas mucosa einen Marker für AD darstellt, wurde versucht, AD durch Applikation von Roseomonas mucosa zu beeinflussen. Zunächst mit Erfolg. Das Bakterium reduzierte den Schweregrad der AD, den Bedarf an topischen Steroiden sowie die Besiedelung mit S. aureus.8 Bei wiederholten Applikationen persistierte Roseomonas mucosa auf der Haut, was mit anhaltender Besserung assoziiert war.9 Allerdings liess sich dieses Ergebnis in einer kontrollierten Phase-II-Studie nicht reproduzieren. Auch Versuche, S. aureus mittels Phagen zu eliminieren, brachten in einer kontrollierten Studie in der Indikation AD keinen Erfolg.10 Biedermann dazu: «Nur S. aureus zu killen, löst das Problem offenbar nicht.» Auch der Ansatz, das Hautmikrobiom mit selektierten Stämmen von S. hominis zu beeinflussen, brachte keine klinischen Erfolge. Es bestehe also noch erheblicher Forschungsbedarf, so Biedermann. Die Reduktion von S. aureus auf der Haut kann vielleicht hilfreich sein, sie löst jedoch nicht das Problem AD. Möglicherweise könnten sich in Zukunft Strategien bewähren, die auf eine Stabilisierung des Mikrobioms zur Prävention von Flares hinauslaufen. Im Zentrum des Managements der AD steht nach wie vor die Reduktion von Inflammation – die ihrerseits das Mikrobiom beeinflusst.
Quelle:
Session «Skin microbiome», Vortrag «Skin microbiome transplantation for AD» von Prof. Dr. med. Tilo Biedermann, München; EADV Congress, 20. September 2025
Literatur:
1 Brough HA et al.: Peanut allergy: effect of environmental peanut exposure in children with filaggrin loss-of-function mutations. J Allergy Clin Immunol 2014; 134(4): 867-75.e1 2 Howell MD et al.: Cytokine modulation of atopic dermatitis filaggrin skin expression. J Allergy Clin Immunol 2007; 120(1): 150-5 3 Rohner MH et al.: Dupilumab reduces inflammation and restores the skin barrier in patients with atopic dermatitis. Allergy 2021; 76(4): 1268-70 4 Kong HH et al.: Temporal shifts in the skin microbiome associated with disease flares and treatment in children with atopic dermatitis. Genome Res 2012; 22(5): 850-9 5 Callewaert C et al.: IL-4Rα blockade by dupilumab decreases staphylococcus aureus colonization and increases microbial diversity in atopic dermatitis. J Invest Dermatol 2020; 140(1): 191-202.e7 6 Beck LA et al.: Tralokinumab treatment improves the skin microbiota by increasing the microbial diversity in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis: Analysis of microbial diversity in ECZTRA 1, a randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol 2023; 88(4): 816-23 7 Volz T et al.: Nonpathogenic bacteria alleviating atopic dermatitis inflammation induce IL-10-producing dendritic cells and regulatory Tr1 cells. J Invest Dermatol 2014; 134(1): 96-104 8 Myles IA et al.: First-in-human topical microbiome transplantation with Roseomonas mucosa for atopic dermatitis. JCI Insight 2018; 3(9): e120608 9 Myles IA et al.: Therapeutic responses to Roseomonas mucosa in atopic dermatitis may involve lipid-mediated TNF-related epithelial repair. Sci Transl Med 2020; 12(560): eaaz8631 10 De Wit J et al.: Endolysin treatment against Staphylococcus aureus in adults with atopic dermatitis: a randomized controlled trial. J Allergy Clin Immunol 2019; 144(3): 860-3
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