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FOBI 2018

Immuntherapie und zielgerichtete Substanzen revolutionieren die Hautkrebstherapie

<p class="article-intro">In der Plenarsitzung Onkologie gaben Experten einen Überblick über aktuelle Entwicklungen bei der Therapie von hellem Hautkrebs und malignem Melanom. Beim hellen Hautkrebs gibt es durch die Immuntherapie neue Behandlungsmöglichkeiten, sogar bei ausgesprochen behandlungsresistenten Tumoren wie dem Merkelzellkarzinom; beim metastasierten malignen Melanom kann heute fast die Hälfte der Patienten durch innovative Kombinationen von Immuntherapeutika, aber auch von zielgerichteten Substanzen ein Langzeitüberleben erreichen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Wir haben in neuester Zeit die &sbquo;Programmed death ligand 1 (PD-L1)&lsquo;- Inhibitoren, die in die Interaktion antigenpr&auml;sentierender Zellen und Tumorzellen eingreifen&ldquo; erkl&auml;rte Prof. Dr. Axel Hauschild, Hautklinik des UKSH Campus Kiel. PD-1 ist ein Membranprotein aus der Familie der T-Zell-Regulatoren, das sich auf der Oberfl&auml;che von T- und B-Zellen sowie von Makrophagen findet und einen ausgepr&auml;gten negativen Einfluss auf die Immunantwort aufweist. Durch die Blockade dieser Liganden verst&auml;rken PD-L1-Inhibitoren, die auch als Checkpoint-Inhibitoren bezeichnet werden, die Immunantwort k&ouml;rpereigener T-Zellen, sodass die Krebszellen abget&ouml;tet werden.<br /> Die PD-L1-Inhibitoren Pembrolizumab und Nivolumab werden auch bez&uuml;glich ihres Einsatzes beim hellen Hautkrebs untersucht.<br /> Bereits seit einigen Jahren ist bekannt, dass Tumoren zahlreiche Mutationen aufweisen. &bdquo;Je mehr Mutationen sie aufweisen, desto besser sprechen sie auf die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren an. Am besten wirkt die Immun-Checkpoint- Blockade daher bei UV-induzierten Tumoren wie dem malignen Melanom&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Hauschild. Auch Basalzell-, Plattenepithel- und Merkelzellkarzinome haben eine hohe Mutationslast und sind daher aussichtsreiche Kandidaten f&uuml;r die Immuntherapie.<br /> Dank der PD-L1-Inhibitoren werden heute Langzeit&uuml;berlebensraten beim malignen Melanom (MM) erreicht, wie sie vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Zwar wurde auch mit der Chemotherapie ein gutes Ansprechen erzielt, doch die Dauer des Ansprechens betrug lediglich zwei bis drei Monate. Im Rahmen des Jahrestreffens der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2017 wurden Daten zu dem in der Entwicklung befindlichen PD-L1-Inhibitor Avelumab vorgestellt, wonach bei Patienten mit Merkelzellkarzinom eine Remissionsrate von 62,6 % erreicht wurde; fast 20 % der Patienten erreichten eine vollst&auml;ndige Remission. Zwei Patienten mussten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abbrechen, dennoch blieben die Remissionen bestehen. &bdquo;Dies ist ein wirklich sch&ouml;nes Ergebnis, und wir k&ouml;nnen davon ausgehen, dass Patienten dauerhaft von dieser Therapie profitieren&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Hauschild. Die Immuntherapie wird sich nach Ansicht von Prof. Hauschild daher als neuer Therapiestandard beim Merkelzellkarzinom etablieren: In einer Studie mit Pembrolizumab konnte damit eine Gesamtansprechrate von 56 % erzielt werden, 16 % erreichten ein vollst&auml;ndiges Ansprechen: Gerade bei diesem Karzinom ist die Chemotherapie aufgrund der sehr kurzen Ansprechraten ein weitgehend wirkungsloser Standard. Avelumab ist seit September 2017 f&uuml;r die Monotherapie des metastasierten Merkelzellkarzinoms zugelassen.</p> <h2>Fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom: Die &Auml;ra der Chemotherapie ist vorbei</h2> <p>Beim fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom (SCC) und Basalzellkarzinom (BCC) m&uuml;ssen nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Hauschild zwei verschiedene Patientengruppen unterschieden werden: solche mit lokal fortgeschrittenem SCC/BCC, die keine Kandidaten f&uuml;r eine OP und/oder Strahlentherapie sind, und solche mit metastasiertem SCC/BCC. Auch hier steht mit den PD-L1-Antik&ouml;rpern eine wirksame Behandlungsmethode zur Verf&uuml;gung, wie erste Studiendaten mit Cemiplimab zeigten: Die H&auml;lfte der Patienten erreichten mit dieser Therapie ein vollst&auml;ndiges oder partielles Ansprechen. &bdquo;Ich bin &uuml;berzeugt davon, dass dies der neue Standard f&uuml;r diese Patienten sein wird&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Hauschild. Bei diesen Tumoren handelt es sich ausnahmslos um &auml;ltere Patienten, die durchwegs weit &uuml;ber 70 bzw. beim Merkelzellkarzinom fast 80 Jahre alt sind. Dennoch tolerieren sie die Therapie mit PD-L1-Antik&ouml;rpern recht gut. Auch Pembrolizumab ist beim fortgeschrittenen SCC/BCC wirksam, wie die franz&ouml;sische CARSKIN-Studie zeigte. Hier wurden Ansprechraten zwischen 50 und 60 % erreicht, ungef&auml;hr die H&auml;lfte der Patienten profitiert also von der Immuntherapie.<br /><br /> Zudem erwies sich die Behandlung mit dem Inhibitor des &bdquo;epidermal growth factor&ldquo; (EGFR) Cetuximab bei diesen Tumoren als g&uuml;nstig. &bdquo;Hier haben wir ein sehr gutes Ergebnis in der neoadjuvanten Situation, das hei&szlig;t, wir k&ouml;nnen die Patienten operabel machen&ldquo;, so Prof. Hauschild.<br /> Das BCC ist der h&auml;ufigste nicht benigne Hauttumor, der zwar sehr langsam w&auml;chst, dennoch entwickelt sich bei rund 1 % der Patienten ein fortgeschrittenes Basalzellkarzinom. Es gibt Patienten mit riesigen Tumoren, die nicht operabel sind und f&uuml;r die es fr&uuml;her keine Behandlungsm&ouml;glichkeiten gab. Dies &auml;nderte sich mit der Zulassung von Inhibitoren des Hedgehog- Signalwegs wie Vismodegib und Sonidegib. Allerdings gibt es h&auml;ufig Probleme mit der Vertr&auml;glichkeit dieser Substanzen bzw. entwickelten sich Resistenzen. &bdquo;Auch f&uuml;r Patienten, die einen Hedgehog- Inhibitor nicht vertragen, k&ouml;nnte die Therapie mit PD-L1-Inhibitoren eine wertvolle weitere Behandlungsoption darstellen&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Hauschild. Derzeit wird eine Zulassungsstudie mit Cemiplimab zum Hedgehog-Inhibitor-refrakt&auml;ren BCC durchgef&uuml;hrt, in die Patienten eingeschlossen werden, die auf eine Therapie mit einem Hedgehog-Inhibitor nicht ansprachen, diese nicht vertrugen oder darunter eine Krankheitsprogression erlitten. Prim&auml;rer Studienendpunkt wird die Gesamtansprechrate sein.<br /> Verschiedene Fallberichte zeigen, dass die Immuntherapie auch bei Xeroderma pigmentosum aktiv ist. &bdquo;Ich denke, dass die Immuncheckpoint-Blockade ihren Einzug in die Dermatologie gehalten hat, die Chemotherapie d&uuml;rfte damit bei hellem Hautkrebs out sein&ldquo;, so das Fazit von Prof. Hauschild.</p> <h2>Dramatische Behandlungsfortschritte beim malignen Melanom</h2> <p>Das Gesamt&uuml;berleben von Melanompatienten im Prim&auml;rtumorstadium hat sich zwischen 2009 und 2017 drastisch verbessert, umso deutlicher, je h&ouml;her das Stadium ist: Betrug die &Uuml;berlebensrate nach 10 Jahren im Stadium T4b im Jahr 2009 39 % , so lag sie 2017 bei 75 % . Auch das &Uuml;berleben von Melanompatienten mit lokoregionaler Metastasierung im Stadium III hat sich dramatisch verbessert, von 25 % im Jahr 2009 auf 57 % im Jahr 2017.<br /> Dasselbe Bild zeichnet sich bei fernmetastasierten Melanomen ab: Im Jahr 2009 waren nach zwei Jahren nur noch 26 % aller Melanompatienten mit Fernmetastasen am Leben. F&uuml;r einen Durchbruch sorgte die Immuntherapie, der erste Vertreter dieser Substanzklasse war der CTLA4- Antik&ouml;rper Ipilimumab: Mit dieser Therapie konnte einer Auswertung von 12 Studien zufolge ein 3-Jahres-&Uuml;berleben von 22 % erreicht werden. &bdquo;Wir k&ouml;nnen heute davon ausgehen, dass ungef&auml;hr ein F&uuml;nftel der Patienten mit MM durch Ipilimumab- Therapie langfristig &uuml;berlebt&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Stephan Grabbe, Hautklinik der Universit&auml;tsmedizin Johannes-Gutenberg- Universit&auml;t Mainz (Deutschland). F&uuml;r Ipilimumab liegen heute Daten von einer Beobachtungszeit von &uuml;ber 10 Jahren vor: Sie zeigen, dass Patienten, die zwei bis drei Jahre &uuml;berleben, langfristig tumorfrei bleiben. &Auml;hnlich sieht es bei Therapie mit dem PD-L1-Inhibitor Nivolumab aus: Hier betrug die &Uuml;berlebensrate bei Monotherapie nach drei Jahren 41 % , nach vier bis f&uuml;nf Jahren kommt es zu einer Abflachung der Kurve, sodass bei Monotherapie von ungef&auml;hr 35 % Langzeit&uuml;berlebenden ausgegangen werden kann. Ein noch besseres Behandlungsergebnis wird durch eine Kombination von Nivolumab und Ipilimumab erzielt &ndash; hier &uuml;berleben mehr als die H&auml;lfte der Patienten langfristig (Abb. 1).<br /> &bdquo;Wir haben beim malignen Melanom auch zus&auml;tzlich noch zielgerichtete Therapien, zum Beispiel eine Kombination von Kinase-Inhibitoren&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Grabbe. Durch die Behandlung mit Dabrafenib und Trametinib wurde ein 3-Jahres-&Uuml;berleben von 38 % erreicht. Von dieser Therapie profitieren besonders MM-Patienten mit bestimmten Voraussetzungen; diese erreichen ein 3-Jahres-&Uuml;berleben von &uuml;ber 60 % . Dazu z&auml;hlen Patienten mit normalen LDL-Werten (3-Jahres&uuml;berleben 62 % ), solche, die unter Therapie eine Komplettremission erlangen (3-Jahres-&Uuml;berleben 63 % ), und Patienten im Stadium M1a/b (3-Jahres-&Uuml;berleben 68 % ).<br /> Beim diesj&auml;hrigen ASCO wurden Daten der Kombinationstherapie mit dem BRAFInhibitor Encorafenib und dem MEK-Inhibitor Binimetinib vorgestellt: Hier wurde bei Patienten mit metastasiertem BRAFmutiertem Melanom eine 3-Jahres-&Uuml;berlebensrate von ca. 50 % erreicht.<br /> Nach Ansicht von Prof. Grabbe gibt es durch eine korrekte Patientenselektion sogar noch ein weiteres Verbesserungspotenzial: Als Pr&auml;diktoren f&uuml;r ein Therapieansprechen haben sich normale LDH-Werte, eine Lymphozytenzahl &gt;10,5 % , eine Monozytenzahl &gt;650/&micro;l sowie eine Eosinophilenzahl von &gt;50/&micro;l herausgestellt. Mit diesen Parametern kann man Patienten selektieren, die mit gro&szlig;er Wahrscheinlichkeit auf die Therapie ansprechen. Abh&auml;ngig von den LDH-Werten und der Tumorlast als Prognoseparameter variiert das 3-Jahres-&Uuml;berleben zwischen 7 und 70 % (Abb. 2).<br /> Ein weiterer Weg, um die Effizienz zu verbessern, ist die fr&uuml;hzeitige Therapie im adjuvanten Stadium. Durch die Therapie mit Dabrafenib und Trametinib konnte das Risiko f&uuml;r ein Rezidiv oder Tod bei Patienten mit BRAF-mutiertem MM im Stadium III im Vergleich zu Placebo um 53 % reduziert werden. &bdquo;Die Frage, ob das metastasierte Melanom heilbar ist, muss also mit &sbquo;ja&lsquo; beantwortet werden &ndash; bei einem immer gr&ouml;&szlig;er werdenden Prozentsatz der Patienten&ldquo;, so das Fazit von Prof. Grabbe.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1803_Weblinks_s39_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="1015" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1803_Weblinks_s39_abb2.jpg" alt="" width="1454" height="958" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI), Plenarsitzung Onkologie, 25. Juli 2018, München </p>
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