© Getty Images

Herpes-zoster-assoziierte Schmerzen

<p class="article-intro">Herpes zoster ist eine akute halbseitig-segmentale vesikulöse Hauterkrankung, an der rund 40 000 Menschen jährlich in Österreich erkranken. Nach der Primärinfektion mit dem Varicella-Zoster-Virus, zumeist in der Kindheit, tritt H. zoster als Zweiterkrankung nach latenter Persistenz des Virus aufgrund des Absinkens der zellulären Immunität und unspezifischer Trigger im Erwachsenenalter, insbesondere nach dem 50. Lebensjahr, auf und kann mit extrem belastenden neuropathischen Schmerzen assoziiert sein.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Epidemiologie</h2> <p>Die durchschnittliche Inzidenz liegt bei 4/1000 Einwohnern/Jahr. Das Gesamtlebensrisiko, an H. zoster zu erkranken, liegt bei 10&ndash;25 % . 50 % der Menschen, die das 85. Lebensjahr erreichen, waren bereits an H. zoster erkrankt. In der Regel heilt H. zoster nach vier bis sechs Wochen vollst&auml;ndig ab.<br /> Wenn das Immunsystem durch diverse Grunderkrankungen wie eine h&auml;matoonkologische Erkrankung, einen Tumor, (Knochenmarks-)Transplantation, HIV-Infektion, Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis (insbesondere unter TNF-a-Blocker-Therapie) oder systemischen Lupus erythematodes geschw&auml;cht ist, liegt die Inzidenz deutlich &ndash; bis zu 40-fach &ndash; h&ouml;her. Der wichtigste immunkompromittierende Faktor ist hohes Lebensalter (Immunseneszenz). Bei Immunsuppression kommt es h&auml;ufiger zu Komplikationen mit schwererer Auspr&auml;gung und protrahiertem Verlauf. Die Pr&auml;valenz f&uuml;r eine postherpetische Neuralgie liegt bei 10&ndash;20 % . Die damit einhergehenden Schmerzen k&ouml;nnen so stark und qu&auml;lend sein, dass sie Betroffene in den Suizid treiben. Zu den chronischen Komplikationen z&auml;hlen neben der postherpetischen Neuralgie Narbenbildung, Hypopigmentierung, Meningoenzephalitis, Insult, Pneumonie und h&auml;ufig ophthalmologische Affektionen, vor allem Keratitis und Skleritis.</p> <h2>Postherpetische Neuralgie</h2> <p>Die postherpetische Neuralgie entwickelt sich unmittelbar aus dem H. zoster oder tritt mit einer Latenz von Monaten bis zu Jahren auf, dann oftmals durch externe Trigger wie zum Beispiel eine Operation ausgel&ouml;st. Per definitionem muss eine postherpetische Neuralgie f&uuml;r mindestens 4 Monate persistieren. Die Behandlung ist schwierig und komplex. Je &auml;lter der Patient, umso h&auml;ufiger kommt es dazu, und auch die Dauer verl&auml;ngert sich mit steigendem Lebensalter. So sind bei &uuml;ber 70-j&auml;hrigen Patienten mit H. zoster ca. 70 % von einer postherpetischen Neuralgie betroffen, die mittlere Dauer bei &uuml;ber 65-J&auml;hrigen betr&auml;gt 3,3 Jahre.<br /> Die Schmerzqualit&auml;t wird als stechend, scharf, brennend beschrieben, die Schmerzen k&ouml;nnen permanent oder intermittierend sein, m&ouml;glich sind Spontanschmerzen in Arealen mit eingeschr&auml;nkter Sensibilit&auml;t. Allodynie, ein Ph&auml;nomen, das bei &uuml;ber 90 % der Betroffenen vorliegt, tritt vor allem in Arealen mit erhaltener Sensibilit&auml;t auf. Die am h&auml;ufigsten betroffenen Areale sind thorakale, trigeminale und zervikale Dermatome. 45 % der Patienten berichten &uuml;ber t&auml;gliche Schmerzen, 23 % leiden den ganzen Tag darunter und 42 % empfinden die Schmerzen als qu&auml;lend. Die massive Beeintr&auml;chtigung der Lebensqualit&auml;t liegt auf der Hand. Depression, Angstzust&auml;nde, Schlafst&ouml;rungen und Inappetenz sind die Folge. Postherpetische Neuralgie ist die h&auml;ufigste Ursache f&uuml;r Suizid bei chronischen Schmerzpatienten &uuml;ber dem 70. Lebensjahr.<br /> Viele Patienten sind therapierefrakt&auml;r, eine Kombination von unterschiedlichen analgetisch wirkenden Substanzen ist daher angezeigt.<br /><br /> <strong>Risikofaktoren</strong><br /> Zu den Risikofaktoren f&uuml;r die Ausbildung einer postherpetischen Neuralgie z&auml;hlen Alter &gt;50 Jahre, weibliches Geschlecht, kraniale oder sakrale Lokalisation und schwere Hautver&auml;nderungen (&gt;50 L&auml;sionen, h&auml;morrhagische Bl&auml;schen), prodromale und starke initiale Schmerzen, weiters auch Dys&auml;sthesien und Hyper&auml;sthesien zu Beginn des H. zoster, die Dauer der Hautver&auml;nderungen vor Therapie, Fieber &gt;38&deg;C, psychosoziale Faktoren und vermutlich Immunsuppression. Eine rasch einsetzende antivirale Therapie des H. zoster ist essenziell, um Sp&auml;tkomplikationen hintanzuhalten.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Die Basistherapie des H. zoster umfasst eine systemische antivirale Therapie in Form von (oralen) Nukleosidanaloga (Brivudin, Valaciclovir, Famciclovir; Tab.), die innerhalb von 72 Stunden nach Bl&auml;schenbeginn einsetzen soll und in der Akutphase dazu beitr&auml;gt, die Schmerzen zu lindern. Durch diese Ma&szlig;nahmen ist die Ausbildung einer postherpetischen Neuralgie in ungef&auml;hr der H&auml;lfte aller F&auml;lle zu verhindern bzw. kann sie damit signifikant verk&uuml;rzt werden (um 25&ndash;50 % ). Bei komplikativen Situationen muss intraven&ouml;s mit Aciclovir behandelt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1803_Weblinks_s64_tab1.jpg" alt="" width="686" height="430" /><br /><br /> <strong>Nukleosidanaloga</strong><br /> Hinsichtlich der Schmerzmedikation ist Folgendes zu beachten: Infrage kommen peripher und zentral wirksame Analgetika wie Metamizol, nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente, Opioide, aber auch sog. Co-Analgetika, also trizyklische Antidepressiva und Antikonvulsiva (Gabapentin, Pregabalin) und schlie&szlig;lich lokal wirksame Schmerzpflaster, die Lidocain (Versatis<sup>&reg;</sup>) oder hochprozentiges Capsaicin aus der Chilischote (Qutenza<sup>&reg;</sup>) enthalten. Mit Letzterem erreicht man nach nur einer Stunde Applikationsdauer bei der H&auml;lfte der Patienten eine Schmerzreduktion von mindestens 50 % . Eine Langzeittherapie ist bei postherpetischer Neuralgie wegen der Schmerzchronifizierung meist erforderlich. Antikonvulsiva wirken besonders gut bei lanzinierenden Schmerzen. In jedem Fall ist eine individuelle Schmerzmittelkombination erforderlich.</p> <h2>Impfung als Altersvorsorge</h2> <p>Mit Zostavax<sup>&reg;</sup> steht ein Impfstoff gegen H. zoster zur Verf&uuml;gung, der die 14-fache Dosis des attenuierten Lebendimpfstoffes enth&auml;lt, welcher bei Kindern zur Prophylaxe gegen Varizellen verabreicht wird. Der Impfstoff kann ca. die H&auml;lfte der F&auml;lle von H. zoster und ca. zwei Drittel der F&auml;lle von postherpetischer Neuralgie verhindern. Die Impfung ist laut &ouml;sterreichischem Impfplan ab dem 50. Lebensjahr empfohlen. Die Schutzwirkung h&auml;lt nach derzeitigem Wissensstand 8 bis 10 Jahre an. In Zukunft soll mit Shingrix<sup>&reg;</sup> (Glykoprotein E Subunit Vakzine mit dem Adjuvans AS01B) eine Schutzwirkung von &gt;90 % , auch bei alten Patienten, zu erreichen sein.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1803_Weblinks_s64_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="881" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur beim Verfasser</p> </div> </p>
Back to top