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Gentherapeutische Ansätze für die Epidermolysis bullosa

<p class="article-intro">Die Anwendung einer Gentherapie ist die einzige Möglichkeit, die genetische Ursache einer Erkrankung zu bekämpfen. Bis dato fand alleine die Genersatztherapie als therapeutischer Ansatz für Genodermatosen ihren Weg in die Klinik. Steht „Gene editing“ für die Behandlung von genetischen Hauterkrankungen ante portas?</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Genodermatosen sind genetisch bedingte Hauterkrankungen, die durch Genmutationen verursacht werden.</li> <li>Epidermolysis bullosa ist eine Genodermatose, die autosomal- dominant oder -rezessiv vererbt wird.</li> <li>Bei der Ex-vivo-Gentherapie werden Patientenzellen au&szlig;erhalb des K&ouml;rpers korrigiert.</li> <li>Bei der Ex-vivo-Genersatztherapie wird das mutierte Gen durch eine in die Zelle eingebrachte gesunde Genkopie erg&auml;nzt.</li> <li>&Uuml;ber Ex-vivo-&bdquo;Gene editing&ldquo; mittels Designer-Nukleasen kann eine punktuelle Genkorrektur im Erbgut erreicht werden.</li> </ul> </div> <p>Die ersten Schritte im Bereich der Gentherapie f&uuml;r angeborene genetische Erkrankungen wurden in den 1990er-Jahren get&auml;tigt und von der &Ouml;ffentlichkeit gespannt verfolgt. Die fr&uuml;he Euphorie erhielt aber im Zuge einer gentherapeutischen Behandlung der Immunschw&auml;cheerkrankung X-SCID (&bdquo;severe combined immunodeficiency&ldquo;) einen D&auml;mpfer. Mehrere Kinder entwickelten aufgrund der Behandlung eine Leuk&auml;mie. Grund daf&uuml;r war die Transaktivierung eines Protoonkogens als Folge der viralen Behandlung der Zellen.<sup>1</sup> Virale Integrationen in das Genom erfolgen bei der Genersatztherapie eher zuf&auml;llig und k&ouml;nnen dadurch Gene im Bereich der Integration zerst&ouml;ren oder deren Expression beeinflussen.<br /> Trotzdem stellt die Haut ein vielversprechendes Zielorgan f&uuml;r eine Gentherapie dar. M&ouml;gliche unerw&uuml;nschte Nebenwirkungen der Behandlung k&ouml;nnen schnell erkannt und behandelt werden. Unter anderen wurde aufgrund dieser Tatsache eine auf Retroviren basierende Ex-vivo-Gentherapie f&uuml;r die blasenbildende Hauterkrankung Epidermolysis bullosa (EB)<sup>2</sup> initiiert und erfolgreich bei drei Patienten mit der junktionalen Form der EB angewandt.<sup>3&ndash;5</sup> Bis dato sind die behandelten Stellen blasenfrei,<sup>6</sup> wie Dr. Michele De Luca berichtet. Der langfristige Erfolg der Applikation wird durch die Korrektur von epidermalen Stammzellen erreicht. Deren Anzahl nimmt im Alter und durch chronische Wunden, wie sie bei der EB vorliegen, ab, wodurch es mit zunehmenden Alter immer schwieriger wird, genug epidermale Stammzellen f&uuml;r eine autologe Stammzelltherapie zu gewinnen.<sup>7</sup></p> <h2>Ex-vivo-Gentherapie: vielversprechend, aber verbesserungsw&uuml;rdig</h2> <p>Im Gegensatz zu einer In-vivo-Behandlung findet bei einer Ex-vivo-Gentherapie die Genkorrektur au&szlig;erhalb des K&ouml;rpers statt. Nach einer klinischen und genetischen Analyse des Patienten werden Hautstammzellen aus einer vom Patienten bereitgestellten Hautbiopsie isoliert und im Labor weitergez&uuml;chtet. Nach der Transfektion der Stammzellen und einer folgenden Sicherheitsanalyse werden die genetisch korrigierten Zellen zu Hautschichten expandiert und dem Patienten r&uuml;cktransplantiert (Abb. 1).<sup>8</sup> Gerade f&uuml;r die monogenetische Hauterkrankung EB stellt die Ex-vivo-Gentherapie eine effiziente Therapieform dar, um die Ursache der Erkrankung lokal zu bek&auml;mpfen.<br /> Bei der EB f&uuml;hren genetische Ver&auml;nderungen, auch Mutationen genannt, in Genen, aus denen Strukturproteine der Haut gebildet werden, zu deren Funktionsverlust. Lokalisiert im Bereich der Basalmembranzone (BMZ) der Haut, haben sie eine wichtige stabilisierende Funktion bei der Verkn&uuml;pfung der Oberhaut (Epidermis) mit der darunterliegenden Lederhaut (Dermis). Die beim Patienten vorliegenden Mutationen in den entsprechenden Genen f&uuml;hren zur funktionellen Beeintr&auml;chtigung oder zur vollst&auml;ndigen Abwesenheit des resultierenden Strukturproteins in der Haut. Die folglich destabilisierende Wirkung auf die Hautintegrit&auml;t geht mit Blasenbildungen und Erosionen an der Haut sowie Schmerz und Juckreiz einher.<sup>2</sup><br /> Die bis dato einzigen klinischen Anwendungen bei EB mit Langzeitwirkung basieren auf einer Genersatztherapie.<sup>3&ndash;5</sup> Um die Funktion des mutierten Gens wiederherzustellen, wird dieses durch eine zus&auml;tzlich in die Zelle eingebrachte gesunde Kopie erg&auml;nzt. 2015 wurde ein damals siebenj&auml;hriger Junge mit der junktionalen EB-Form an der Universit&auml;tsklinik Bergmannsheil in Bochum mit einer Ex-vivo-Genersatztherapie erfolgreich behandelt. Der Junge verlor aufgrund einer schweren bakteriellen Infektion &uuml;ber 60 % seiner Haut. Nur eine schnell initiierte gentherapeutische Applikation konnte ihm das Leben retten. Die M&ouml;glichkeit, &uuml;ber 80 % der Haut &uuml;ber dieses Verfahren zu rekonstruieren, untermauerte das gro&szlig;e Potenzial einer Ex-vivo-Gentherapie f&uuml;r die Behandlung von Patienten mit monogenetischen Genodermatosen.<sup>5</sup> Analog zur Behandlung von Patienten mit der junktionalen Form der EB wurde ein &auml;hnlicher Ansatz f&uuml;r die dystrophe EB-Form gew&auml;hlt.<sup>9</sup> Auch hier wurden Hautstammzellen aus einer Hautbiopsie gewonnen und im Labor kultiviert. Die Patientenzellen wurden dann mit einem retroviralen Vektor, der eine komplette &bdquo;Collagen type VII alpha 1 chain&ldquo;(<em>COL7A1</em>)-Genkopie tr&auml;gt, korrigiert, zu Hautschichten expandiert und dann auf den Patienten transplantiert. Obwohl eine Wiederherstellung der durch Kollagen VII aufgebauten Ankerfibrillen in den Hautschichten ersichtlich war,<sup>10</sup> zeigte eine folgende klinische Phase-I/II-Studie eine progressive Verringerung der Kollagen-VII-Produktion innerhalb des ersten Jahres nach der Transplantation.<sup>9</sup> Diese Ergebnisse unterstreichen, dass der Erfolg einer Genersatztherapie vom zu erg&auml;nzenden Gen/Protein bzw. von der jeweiligen EB-Form abh&auml;ngig ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Derma_2001_Weblinks_jat_derma_2001_s20_abb1_koller.jpg" alt="" width="550" height="435" /></p> <h2>Noch in den Kinderschuhen: &bdquo;Gene editing&ldquo;</h2> <p>Die Entwicklung alternativer Therapieans&auml;tze ist aufgrund oben beschriebener Schwierigkeiten dringend notwendig. Das &bdquo;Gene editing&ldquo; basiert aktuell auf &uuml;ber Designer-Nukleasen vermittelten Genkorrekturen, die in der Regel mutationsspezifisch und folglich patientenspezifisch erfolgen. Mit der Entwicklung genspezifischer Zinkfingernukleasen begann das Zeitalter der Designer-Nukleasen, deren Spezifit&auml;t und Effizienz mit dem Einsatz von &bdquo;transcription activator-like effector nucleases&ldquo; (TALEN) und &bdquo;clustered regularly interspaced short palindromic repeats&ldquo;(CRISPR)/&bdquo;CRISPR associated protein 9&ldquo;(Cas9)-Nukleasen weiter verbessert werden konnten.<sup>11&ndash;15</sup> Die Reparatur der Erbsch&auml;den &uuml;ber &bdquo;Gene editing&ldquo; wird &uuml;ber das Andocken und Schneiden der DNA durch die entsprechende Nuklease initiiert, wodurch Reparaturmechanismen in der Zelle aktiviert werden. Bei der Erkrankung EB wurde &bdquo;Gene editing&ldquo; f&uuml;r die Inaktivierung von Genen, in denen dominant negative Mutationen f&uuml;r den Ph&auml;notyp am Patienten verantwortlich sind,<sup>11, 15</sup> oder f&uuml;r die potenziell spurenlose Korrektur &uuml;ber homologe Rekombination<sup>13, 15&ndash;17</sup> erfolgreich angewandt. Da bekannt ist, dass Designer-Nukleasen an andere Stellen im Genom bzw. Erbgut binden und dort schneiden k&ouml;nnen,<sup>18</sup> bedarf es einer gr&uuml;ndlichen Sicherheitsanalyse, bevor eine klinische Anwendung infrage kommt. Zudem wird die Entwicklung von potenziell sichereren Nukleasen<sup>13, 16, 19</sup> forciert.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Genersatztherapie untermauerte als Vorreiter der Ex-vivo-Gentherapie die M&ouml;glichkeit, EB-Patienten mit dieser Therapieform zu behandeln. Speziell f&uuml;r die junktionale EB konnten in unabh&auml;ngigen Studien eine hohe Effizienz und Sicherheit der Anwendung gezeigt werden. Besonders beim ersten Patienten<sup>3</sup> konnten in einem langj&auml;hrigen Follow-up<sup>6</sup> keine schweren Nebenwirkungen festgestellt werden.<br /> Da der Therapieerfolg ma&szlig;geblich vom zu korrigierenden Gen bzw. von der Art der Vererbung (rezessiv oder dominant) der krankheits-assoziierten Mutation abh&auml;ngt, ist die Suche nach einer gentherapeutischen Alternative unumg&auml;nglich. Designer-Nukleasen, wie die CRISPR/Cas9-Nuklease, k&ouml;nnen dieses Gentherapiewerkzeug der Zukunft darstellen. Genetische Ver&auml;nderungen jeglicher Art k&ouml;nnen genunabh&auml;ngig punktuell korrigiert werden. Trotz der vielversprechenden Verbesserungen im &bdquo;Gene editing&ldquo;-Bereich im Hinblick auf Effizienz und Sicherheit m&uuml;ssen erste klinische Studien zu anderen schweren Erkrankungen (siehe https://clinicaltrials.gov/) die Anwendbarkeit f&uuml;r Genodermatosen &uuml;berpr&uuml;fen.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hacein-Bey-Abina S et al.: N Engl J Med 2003; 348(3): 255-6 <strong>2</strong> Fine JD et al.: J Am Acad Dermatol 2014; 70(6): 1103-26 <strong>3</strong> Mavilio F et al.: Nat Med 2006; 12(12): 1397-402 <strong>4</strong> Bauer JW et al.: J Invest Dermatol 2017; 137(3): 778-81 <strong>5</strong> Hirsch T et al.: Nature 2017; 551(7680): 327-32 <strong>6</strong> De Rosa L et al.: Stem Cell Reports 2013; 2(1): 1-8 <strong>7</strong> De Rosa L et al.: Expert Opin Orphan Drugs 2018; 6(4): 283-93 <strong>8</strong> Murauer et al.: Keio J Med 2015; 64(2): 21-5 <strong>9</strong> Siprashvili Z et al.: JAMA 2017; 316(17): 1808-17 <strong>10</strong> Siprashvili Z et al.: Hum Gene Ther 2010; 21(10): 1299-1310 <strong>11</strong> Aushev M et al.: Mol Ther Methods Clin 2017; 6: 112-23 <strong>12</strong> March OP et al.: J Invest Dermatol 2019; 139(8): 1699-710 <strong>13</strong> Kocher T et al.: Mol Ther Nucleic Acids 2019; 18: 496-507 <strong>14</strong> Porteus MH: N Engl J Med 2019; 380(10): 947-59 <strong>15</strong> March OP et al.: Cells 2020; 9(1): pii: E112 <strong>16</strong> Kocher T et al.: Mol Ther 2017; 25(11): 2585-98 <strong>17</strong> Hainzl S et al.: Mol Ther 2017; 25(11): 2573-84 <strong>18</strong> Fu Y et al.: Nat Biotechnol 2013; 31(9): 822-6 <strong>19</strong> Ran FA et al.: Cell 2013; 154(6): 1380-9</p> </div> </p>
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