
Fortschritte in der Behandlung atopischer Dermatitis bei Kindern und Jugendlichen
Bericht:
Mag. Dr. med. Anita Schreiberhuber
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Während Biologika in der Therapie der Erwachsenen mit atopischer Dermatitis (AD) längst etabliert sind, haben sie bei Kindern einen immer höheren Stellenwert. Auch der Einsatz von Januskinase-Inhibitoren (JAK-I) bei Jugendlichen ist vielversprechend. Sie spielen zurzeit als systemische Second-Line-Therapien bei Erwachsenen eine Rolle. Bezüglich der Sicherheit bleiben noch die Langzeitdaten abzuwarten.
Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation an der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich, referierte im Rahmen des Post-AAD Highlight Meeting über AD und Urtikaria. «Am diesjährigen Meeting derAAD gab es viele Vorträge, aber auch viele Poster zu atopischer Dermatitis, was zeigt, dass sich auf diesem Gebiet sehr viel tut», so Schmid-Grendelmeier.
Er berichtete nicht nur über Innovationen und neue Daten im medikamentösen Bereich, sondern auch über relevante Komorbiditäten und die Belastung bei AD aus einem Vortrag von Aaron Drucker.1 Letzterer behandelte die Frage, was man als Dermatologe Eltern von betroffenen Kindern antworten soll, wenn sie wissen möchten, ob ihr Kind im Erwachsenenalter noch an AD leiden wird. Tatsächlich ist es so, dass nur <20% der Kinder und Jugendlichen im Erwachsenenalter keine Symptome aufweisen und keine Medikation mehr benötigen.2 Schmid-Grendelmeier mahnte zur Vorsicht in Bezug darauf, was man den Eltern antwortet, man sollte demnach den Eltern keine falschen Hoffnungen machen.
Bezüglich der Komorbiditäten berichtete er: «Als Dermatologen sehen wir oft nur die Spitze des Eisbergs. Mentale Symptome – Unruhe, Schlafstörungen bis hin zur Depression – gehören fast immer zum Krankheitsbild. V.a. bei schwereren Formen!» Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Asthma, allergischer Rhinitis, Infektionen und Nahrungsmittelallergien und kardiovaskulären (CV) Erkrankungen.3 Dabei stehen bei CV Erkrankungen die Outcomes in Assoziation mit der Schwere der AD.4
Biologika bei pädiatrischen Patienten
Amy Paller widmete ihren Vortrag im Rahmen des Kongresses der American Association of Dermatology (AAD) dem Stellenwert von systemischen Therapien bei pädiatrischen AD-Patienten.5 Biologika haben bereits Eingang in den Therapiealgorithmus der im Jahr 2022 publizierten Guidelines der AAD gefunden und sollten demnach bei Versagen von topischen Steroiden und Calcineurininhibitoren in Erwägung gezogen werden.6Für Dupilumab liegen bereits Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit bei Kindern ≥6 Monaten bis zu 6 Jahren vor7, ebenso wie zu Kindern von 6–118 und zu Jugendlichen zwischen 12 und 179 Jahren. Dupilumab ist in der Schweiz derzeit für Kinder ab 6 Jahren zugelassen.10
In der Zwischenzeit ist auch Tralokinumab verfügbar – in der Schweiz allerdings nicht für Jugendliche <18 Jahren.11 Während Dupilumab ein gegen IL(Interleukin)-4 und IL-13 gerichteter Antikörper ist, bewirkt Tralokinumab nur eine IL-13-Blockade.10,11 Bezüglich der Nebenwirkungen (NW) merkte Schmid-Grendelmeier an: «Die Nebenwirkungen sind bei Kindern nicht schlimmer als bei Erwachsenen, im Gegenteil, häufig sind sie sogar schwächer ausgeprägt.» Der dritte bisher in der EU zugelassene Antikörper Lebrikizumab ist in der Schweiz noch nicht zugelassen.
Im Real-World-Setting zu Dupilumab bei Kindern wurde gehäuft das Auftreten eines fazialen Erythems, und dies in 71% der Fälle bei Mädchen, beobachtet.12 Acht Kinder haben unter Therapie eine Psoriasis entwickelt.13 Es bleibt die Frage offen, ob diese NW auch bei alleiniger IL-13-Blockade mit Tralokinumab zu erwarten sind. Schmid-Grendelmeier berichtete, dass Paller in ihrem Vortrag am AAD auch praktische Tipps zur Verabreichung der Injektion gab. Keinesfalls sollte man den Kindern sagen: «Es ist nicht schmerzhaft.» Sicher sei die Verfügbarkeit von Mikronadeln ein «urgent need», aus persönlicher Erfahrung kann sie den Tipp geben, die Kinder vor und während der Applikation des Biologikums mit einem iPad zu beschäftigen, auf dem ein spannender Film läuft, oder andere Ablenkungsmanöver zu erfinden.
JAK-Inhibitoren auf dem Vormarsch
Zu den neueren Substanzen, von denen in der Schweiz einige bereits für Erwachsene zugelassen sind, zählen die oral verfügbaren JAK-I. Die bisher verfügbaren Daten weisen eine gute Effektivität auf, Daten zur Langzeitsicherheit sind noch ausständig.14
Zu Upadacitinib wurden bereits auch Studien mit 12–17-Jährigen durchgeführt, deren Ergebnisse durchaus ermutigend sind. Als häufigste NW wurde Akne dokumentiert, die in der Hälfte der Fälle eine topische Therapie erforderte.15
Auch Abrocitinib wurde bereits an Jugendlichen untersucht: Auch unter diesem JAK-I wurde häufig das Auftreten von Akne beobachtet. «Akne ist bei Adoleszenten unabhängig von dieser Therapie ein Thema und wurde auch in den Studien zu Erwachsenen beobachtet», merkte Schmid-Grendelmeier an, der im Übrigen davon ausgeht, dass bestimmte JAK-I in absehbarer Zukunft für das untersuchte Alterskollektiv zugelassen werden.16
Systemische AD-Therapien bei Erwachsenen
In weiterer Folge berichtete Schmid-Grendelmeier auch über den entsprechenden Vortrag zur systemischen Therapie bei Erwachsenen, in dem der Referent, Eric Simpson, die Take-Home-Messages gleich zu Beginn brachte: Er erachtet Biologika als exzellente Therapiewahl für die Erstlinie – sie wirken gut auf Juckreiz und Inflammation und führen zur Reduktion von Infektionen. Für Dupilumab, den am längsten verfügbaren Antikörper für die Therapie von AD, liegen gute Langzeitergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit vor. D.h., Dupilumab und Tralokinumab eignen sich auch gut für die Langzeittherapie und erfordern keine Laborkontrollen. Simpson führte die oralen JAK-I als gute Second-Line-Therapie nach Biologikaversagen an. Von topischen Steroiden ist bekannt, dass sie über die Zeit hinweg zu NW wie Atrophien oder perioraler Dermatitis führen können.17«Das kann auch als Argument für den Switch auf eine systemische Therapie angeführt werden», merkte Schmid-Grendelmeier dazu an.
Als Vorteile der JAK-I führte Simpson die orale Einnahme, die flexible Dosierung und den raschen Wirkeintritt innerhalb von einer Woche an. Bezüglich der NW ist insofern Vorsicht angebracht, als in höherem Ausmass Herpes (H.) zoster und – bei längerfristigem Einsatz – NMSC («non melanoma skin cancer») sowie bei manchen JAK-I MACE («major CV events») bzw. CV Ereignisse beobachtet werden.17 Taylor et al.18 haben für den JAKI-I Baricitinib eine gepoolte Analyse zum Vergleich der NW in den Indikationen RA (rheumatoide Arthritis), AA (Alopecia areata) und AD durchgeführt (Abb. 1). Die Datensätze umfassten eine Baricitinib-Exposition von bis zu 9,3 Jahren mit 14744 Personenjahren an Exposition. Daraus geht hervor, dass die NW, die bei RA verzeichnet worden sind, nur in beschränktem Ausmass auf AD übertragbar sind. Lediglich für Infektionen einschliesslich H. zoster ist das Risiko bei AD – und das wiederum im Speziellen bei Patienten mit entsprechendem Risiko – eindeutig erhöht. «Wir müssen aufpassen, dass wir die Nebenwirkungen, die wir bei anderen Erkrankungen und unter JAK-I beobachten, nicht automatisch auf die AD extrapolieren. Ausserdem muss bei Erwägen der Gabe eines JAK-I das individuelle Risikoprofil aufgrund von Komorbiditäten berücksichtigt werden», gab Schmid-Grendelmeier zu bedenken.
Abb. 1: Übersicht über das Auftreten von speziellen AE bei Patienten mit niedrigem Risiko für ein Ereignis und bei Patienten mit ≥1 präspezifizierten Risikofaktor (gefährdete Patienten) (modifiziert nach Taylor et al. 2023)18
Chronisch-spontane Urtikaria (CSU)
Dupilumab wurde auch bei CSU untersucht und hat rasch zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität vs. Placebo (PBO; p=0,0003) bei gleichzeitig guter Verträglichkeit geführt. Eine Konjunktivitis ist im Gegensatz zu AD nicht als NW verzeichnet worden.19
Auch die Bruton-Tyrosinkinase I wird bei CSU im Rahmen von klinischen Studien untersucht: So konnte in einer Phase-IIb-Dosisfindungsstudie zu Remibrutinib eine signifikante und anhaltende Verbesserung bis zum kompletten Abklingen von Juckreiz und Schlafunterbrechungen vs. PBO nachgewiesen werden. Die Wirkung setzte bereits in Woche zwei ein.20 Diese Ergebnisse werden in zwei Phase-III-Studien – REMIX-1 (NCT0503031121) und REMIX-2 (NCT0503215722) – weiter untersucht.
Quelle:
7. Post-AAD-Meeting, 9. Mai 2023 Zürich (hybrid)
Literatur:
1 Drucker A: Epidemiology and comorbidities of atopic dermatitis. AAD 2023, Oral Presentation (18. März) 2 Margolis JS et al.: JAMA Dermatol 2014; 150: 593-600 3 Dawn MRD et al.: J Am Acad Dermatol 2022; doi: 10.1016/j.jaad.2022.01.009 4 Ascott A et al.: J Allergy Clin Immunol 2019; 143: 1821-9 5 Paller AS: Systemic for patients: Are we there yet in 2023? AAD 2023, Oral Presentation 17-21 March, 2023 6 Butala S et al.: Ann Allergy Asthma Immunol 2022; 128: 488-504 7 Paller AS et al.: Lancet 2022; 400: 909-18 8 Paller AS et al.: J Am Acad Dermatol 2020; 83: 1282-93 9 Simpson EL et al.: JAMA Dermatol 2020; 156: 44-56 10 www.compendium.ch , Fachinformation Dupilumab 11 www.compendium.ch , Fachinformation Tralokinumab 12 McKenzie PL et al.: Pediatr Dermatol 2021; 38: 1178-84 13 Parker JJ et al.: Pediatr Dermatol 2021; 38: 1500-5 14 Puar N et al.: Ann Allergy Asthma Immunol 2021; 12: 21-31 15 Paller A et al.: JAMA Dermatol 2023; 159: 526-35 16 Paller A et al.: AAD 2023, Abstract #34655 17 Simpson E: Systemic therapy for adults: Whatʼs here/whatʼs coming. AAD 2023, Oral Presentation 17-21 March, 2023 18 Taylor PC et al.: Adv Ther 2023; 40: 1867-83 19 Maurer M et al.: AAD 2023, Abstract #308 20 Hsu C et al.: AAD 2023, Poster #42939 21 https://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05030311 (Zugriff: 23. Mai 2023) 22 https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05032157 (Zugriff: 23. Mai 2023)
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