
Fortschritt durch Fortbildung
Autorin:
Dr. med. Lejla Ramic
Dermatologische Abteilung
Klinik Hietzing, Wien
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Bewährtes, Neues und vor allem Relevantes für die Praxis bot die 28.Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie. Die Veranstaltung ist bei vielen Kolleg*innen, auch über die Landesgrenzen hinweg, sehr beliebt. Im folgenden Schwerpunkt berichten Dr. med. Ramic, Dr. med. Scherz und Dr. med Bodner, von ihren Eindrücken.
Der Hybridkongress bot ein umfassendes wissenschaftliches Programm und die Referentinnen und Referenten hielten bei bester Stimmung hochkarätige Präsentationen, meinte Dr. Lejla Ramic, die über zwei Vorträge berichtet, die sie besonders gefesselt haben:
Generalisierte pustulöse Psoriasis – die grosse Unbekannte: verstehen, erkennen und behandeln
Prof. Dr. med. Matthias Augustin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, stellte im Rahmen des Pharmabulletins die äusserst seltene Erkrankung mit einer Prävalenz von 0,002% vor, nämlich die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP). Laut ERASPEN-Definition handelt es sich um primäre, sterile, makroskopisch sichtbare Pusteln auf nicht akraler Haut, die mit oder ohne systemische Entzündung oder Psoriasis vulgaris auftreten können, und entweder rezidivierend (>1 Schub) oder persistierend (>3 Monate) sind. Dieser schwere Zustand an der Haut, die Einschränkung durch die Allgemeinsymptomatik sowie schwere Komplikationen, die im Rahmen der GPP auftreten können, führen schliesslich, wie man es sich gut vorstellen kann, zu erheblicher Belastung für die Patienten. Nun, wie wird die GPP diagnostiziert und wie geht man am besten vor? Natürlich gehört zunächst das klinische Bild zur Diagnostik, und da finden wir grossflächige sterile Pusteln, die konfluieren können, zum Teil auf feuerroten Erythemen auftreten, begleitet von Schmerzen und Juckreiz. Der Verlauf kann sehr unterschiedlich sein, von persistierend bis zu rezidivierend – Übergang in eine Psoriasis vulgaris ist möglich – und kann nicht nur von Patient zu Patient, sondern auch von Schub zu Schub variabel sein. Dies erschwert die Differenzialdiagnostik erheblich, weshalb viele Elemente zur Stellung der Diagnose einer GPP von Bedeutung sind. Neben der passenden Klinik helfen die Leitsymptome, Histologie und Labordiagnostik zur Diagnosestellung. Zu den systemischen Anzeichen und Symptomen gehören vor allem Fieber, Unwohlsein, Gelenksschmerzen, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, im Labor zeigten sich eine Leukozytose und CRP-Erhöhung, jedoch keine hohe Spezifität. Zur Unterstützung kann eine Hautbiopsie verwendet werden. Typischerweise zeigen sich in der Histologie neutrophile und mononukleäre, entzündliche Infiltrate in der Epidermis, die zur Bildung steriler, makroskopisch sichtbarer Pusteln führen, sowie auch Munro- und Kogoj-Mikroabszesse.
Bei der Frage nach der Ursache sind eine Menge Auslöser feststellbar: Medikation, Schwangerschaft, Infektion, Genmutationen, Stress, UV-Einstrahlung.
Ausserdem gehören Mutationen des Interleukin-36-Rezeptor-Gens (IL-36RN), das Interleukin-36a codiert, zur Ätiologie der GPP. IL-36a ist ein Antagonist von 3 proinflammatorischen Interleukinen der IL-1-Familie (IL-36α, IL-36β, IL-36γ). Seine Dysfunktion führt zu einem Überwiegen der proinflammatorischen Zytokine. Die Aktivierung des IL-36-Signalwegs induziert erhöhte IL-8 Spiegel im peripheren Blut bei GPP-Patienten. IL-8 aktiviert neutrophile Granulozyten, die dann in die Haut wandern und Pusteln verursachen.
Die Differenzialdiagnosen der Pustel präsentierte Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz, Universitäts-Hautklinik Kiel, in seinem Vortrag. Eine wichtige davon ist die Psoriasis vulgaris cum pustulatione (PVCP) mit neutrophilen sterilen Pusteln, die schnell zu Lakunen konfluieren. Die Abgrenzung zur GPP ist, dass der PVCP in der Anamnese eine Psoriasis vulgaris vorausgeht.
Eine weitere Differenzialdiagnose ist die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP). Das Hauptabgrenzungsmerkmal ist, dass die AGEP normalerweise nur einmal auftritt, sofern der Auslöser vermieden wird.
Prof. Dr. med. Jörg C. Prinz, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, LMU München, erzählte uns, was es Neues in der Therapie der GPP gibt. In den meisten Ländern gibt es keine speziell für die Behandlung der GPP zugelassenen Therapien. Die Identifizierung von IL36N-Mutationen, die zum Funktionsverlust des IL-36R-Antagonisten führen, hat die Entwicklung von Behandlungen angeregt, die den Verlust der IL-36-Blockade ausgleichen können. Zurzeit gibt es 2 IL-36-Rezeptor-Antagonisten, die sich in der klinischen Prüfung befinden, Imsidolimab und Spesolimab. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Spesolimab wird in der Effisayil-1-Studie untersucht. Das Design sieht wie folgt aus: 53 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, es handelt sich um eine randomisierte Studie, wobei im Verhältnis 2:1 Spesolimab 900mg i.v. Einmalgabe (n=35) und Placebo i.v. Einmalgabe (n=18) erfolgten. Der primäre und sekundäre Endpunkt wurden am Tag 8 ausgewertet.
Nun zu der erfreulichen Auswertung: Beim primären Endpunkt zeigte sich am Tag 8 ein Verschwinden von Pusteln, der GPPGA-Pustulationswert lag bei 54% unter Spesolimabbei 0, im Vergleich dazu bei 6% in der Placebogruppe.
Beim sekundären Endpunkt kam es zur Verbesserung des Gesamt-Hautbildes innerhalb 1 Woche nach Gabe von Spesolimab, GPPGA-Gesamtwert von 0 oder 1 in der Spesolimab-Gruppe 43% und 11% in der Placebogruppe. Auch die Marker für systemische Entzündung wie neutrophile Granulozyten und CRP waren rückläufig.
Das Sicherheitsprofil zeigte sich vergleichbar mit anderen immunsuppressiven Therapien. Es bleibt spannend, was uns Neues in Zukunft zur Verfügung stehen wird in der Therapie der GPP und ob es dann auch speziell für die Behandlung der GPP zugelassene Therapien geben wird.
Individualisierte Psoriasistherapie in der Praxis
Wie man im Falle von besonderen Lokalisationen der Psoriasis, wie palmar/plantar, genital, Nägel, Capillitium, vorgeht, war Thema des Vortrages von PD Dr.med. Felix Lauffer, Klinikum rechts der Isar, TU München. Was haben all diese Lokalisationen gemeinsam? Sie haben alle einen PASI <10.
Interessant in diesem Zusammenhang war die Webumfrage im Rahmen der UPLIFT-Studie. Eingeschlossen in die Umfrage wurden Patienten mit ≥1 besonderen Manifestation und begrenzter Hautbeteiligung (≤3 Handflächen). 60% stuften die Erkrankung als moderat bis schwer ein.
Laut Definition handelt es sich um eine leichte Psoriasis, wenn die befallene Körperoberfläche (BSA, Body Surface Area) bei ≤10% liegt und der Schweregrad-Index PASI (Psoriasis Area and Severity Index) ≤10 Punkte und der Dermatologische Lebensqualitätsindex (DLQI) ≤10 Punkte ist. Eine Einordnung als mittelschwere bis schwere Psoriasis erfolgt, wenn eines oder mehrere der folgenden Upgrade-Kriterien erfüllt werden: ausgeprägte Erkrankung von sichtbaren Arealen, Kopfhaut, Genitalbereich, Handflächen und Fußsohlen sowie Nagelpsoriasis, Juckreiz und therapieresistente Plaques.
Die topischen Therapien führen an diesen besonderen Lokalisationen oft zu keiner zufriedenstellenden Krankheitskontrolle und die Patienten haben einen hohen Leidensdruck. Daher erlauben diese Upgrade-Kriterien den Einsatz von Systemtherapien, vor allem bei eingeschränkter Lebensqualität (DLQI >10) unabhängig vom PASI. Die Auswahl der Systemtherapie erfolgt immer individuell unter Berücksichtigung der Patient*innenwünsche, Komorbiditäten und potenzieller Nebenwirkungen.
Alles in allem ist die FOBI ein grosser und beliebter Kongress. Neben den zahlreichen interessanten und hochqualitativen Plenarvorträgen bietet er auch „Hands-on Workshops“ sowie „praktisches Klinikmanagement“.
Quelle:
FOBI 2022, 28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie, 12.–16. Juli 2022, München
Literatur:
bei der Verfasserin
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