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Forschungsergebnisse aus der Zellkultur und der klinischen Praxis
Jatros
30
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Die zwei Sessions zum Thema „Forschung in der Dermatologie“ zeichneten sich durch ein abwechslungsreiches inhaltliches Programm aus. Zum Melanom wurden u.a. umfassende Registerdaten sowie In-vitro- und In-vivo-Ergebnisse zur Behandlung des NRAS-mutierten Melanoms präsentiert. Im Bereich der Psoriasis bildete die Therapie mit innovativen neuen Substanzen im Real-Life-Setting einen zentralen Themenschwerpunkt.</p>
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<p class="article-content"><h2>Ergebnisse einer 11-jährigen Registerstudie zum Melanom</h2> <p>In der Krankenanstalt Rudolfstiftung wurde zwecks Generierung klinischer und demografischer Daten eine retrospektive Studie durchgeführt, die Daten von 1.329 Melanompatienten umfasst, die zwischen 1. Jänner 2000 und 31. Dezember 2010 an der dermatologischen Abteilung behandelt worden sind.<br /> Das mediane Patientenalter betrug 59 Jahre. Charakteristischerweise waren 83 % der Melanome an potenziell sonnenexponierten Arealen lokalisiert.<br /> Mit knapp 40 % aller histologisch auswertbaren Biopsate wurde das superfiziell spreitende Melanom als häufigste Subentität diagnostiziert, gefolgt vom nodulären (15), lentigo-malignen (5 % ) und akral-lentiginösen Melanom. In 25 % der Fälle war keine histologische Zuordnung möglich.<br /> Die Eindringtiefe nach Breslow konnte bei 1.180 Patienten bestimmt werden, der Mittelwert lag bei 1,81mm. Die Tatsache, dass eine konstante Zunahme in Korrelation mit dem Alter beobachtet werden konnte, führte Dr. Valentin Feichtenschlager, der über die Ergebnisse dieser Single- Center-Studie berichtete, u.a. auf die kumulative UV-Exposition mit zunehmendem Alter zurück.<br /> Interessant ist auch die Auswertung der Patienten mit vs. ohne Sentinellymphknoten( SL)-Biopsie. Von den 50,1 % der Patienten, bei denen eine SL-Biopsie durchgeführt wurde, wurden >17 % positiv befundet. 38,5 % der SL-positiven und 12,9 % der SL-negativen Patienten entwickelten im Untersuchungszeitraum eine Progredienz. „Dass knapp 13 % der SL-negativen Patienten einen progredienten Krankheitsverlauf aufweisen, ist auf folgende Hypothesen zurückzuführen: Die Tumorzellen könnten bereits gestreut haben bzw. der histologische Befund könnte falsch negativ sein“, interpretierte Feichtenschlager.<br /> Knapp die Hälfte der Patienten wurde in einem Stadium IA oder IB diagnostiziert. Von diesen wurde nur bei 3 % eine Progredienz beobachtet. Im Gegensatz dazu entwickelten von den 50 % mit Stadium IIIC bei Diagnosestellung 11 % eine Progredienz und 70 % von ihnen verstarben. „Diese Ergebnisse unterstreichen die Relevanz einer Melanomfrühdiagnose, um einer Metastasierung entgegenzuwirken“, so das Resümee des Jungmediziners.</p> <h2>Therapien für NRAS-mutierte Melanome: ein „urgent need“</h2> <p>Ebenfalls dem Melanom gewidmet war der Vortrag von Dr. Christian Posch, Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien, der für seine Forschung zu NRAS-mutierten (mt) Melanozyten im Rahmen der ÖGDV-Tagung auch mit dem Wissenschaftspreis ausgezeichnet wurde.<br /> Eine NRAS-Mutation findet sich in 18–20 % aller Melanome und bislang ist es nicht gelungen, spezifische Inhibitoren zu entwickeln, die bei Nachweis dieser Mutation therapeutisch zum Einsatz kommen könnten.<sup>1</sup> In der Hoffnung, therapeutisch auf NRAS-Mutationen einigermaßen effektiv einwirken zu können, wurde der Versuch gestartet, Moleküle zu verwenden, die von NRAS reguliert werden, um so eine Interferenz zu bewirken. Die Entwicklung ging schon sehr früh in Richtung der Anwendung von Kombinationen, wobei die Untersuchungen zum dualen Einsatz von MEKund CDK4/6-Inhibitoren am weitesten fortgeschritten sind. Beispielsweise führte in einer Phase-Ib/II-Studie die Gabe des MEK-Inhibitors Binimetinib mit dem CDK4/6-Inhibitor LEE011 zu ermutigenden Ansprechraten. Von den 14 Patienten wurde bei einem Großteil eine Response bzw. zumindest eine stabile Erkrankung erzielt.<sup>2</sup><br /> Von MEK-Inhibitoren ist bekannt, dass NRAS mt-Zellen darauf sensitiv reagieren. Posch und Kollegen untersuchten die Kombination mit PDK4/6-Inhibitoren und stellten dabei fest, dass es Zelllinien gibt, die einen Benefit aufweisen, und andere, bei denen eher ein kontraproduktiver Effekt eintritt. Dabei wurde eine Korrelation zwischen In-vitro- und In-vivo-Ergebnissen konstatiert. „Diese Effekte sind nicht auf das NRASmt-Melanom limitiert – wir haben sie auch in BRAFmt-Zelllinien beobachtet“, berichtete Posch. Um herauszufinden, ob möglicherweise die Dosis für den Erfolg ausschlaggebend ist, wurde das folgende Experiment unternommen: Zum MEK-Inhibitor wurde in ansteigender Dosierung ein CDK4/6-Inhibitor zugegeben. Ab einer gewissen Dosis wurde tatsächlich ein Effekt unter der Kombination nachgewiesen, der aber bei einer weiteren Steigerung nicht mehr vorlag. „Offensichtlich scheint das Prinzip ‚Mehr ist mehr‘ hier nicht aufzugehen. Für die klinische Praxis bedeutet das, dass unsere Bemühungen, die maximal tolerierbare Dosis zu verabreichen, in diesem Fall für die Kombination nicht die effektivste Strategie darstellen“, so das Fazit von Dr. Posch.</p> <h2>Apremilast: Erste Real-World-Daten sind überzeugend</h2> <p>Unter der Leitung von Prof. Dr. Kristian Reich, Dermatologikum Hamburg, wird die deutschlandweite Observationsstudie LAPIS-PRO (Langzeitdokumentation zur Anwendung von Otezla<sup>®</sup> bei Patienten mit Plaque-Psoriasis unter Praxisbedingungen; NCT02626793) zu Apremilast durchgeführt. Als primärer Endpunkt ist die Erfassung des Prozentsatzes an Patienten mit einem DLQI („Dermatology Life Quality Index“) =5 bzw. einer Veränderung des DLQI um =5 Punkte gegenüber Baseline bei Visite 2 (nach 4 Monaten Therapie) definiert. Die Visite zum Zeitpunkt 1 Monat nach Baseline ist optional. Im Rahmen der ÖGDV-Jahrestagung wurden die Ergebnisse einer ersten Interimsanalyse der Daten von 111 Patienten präsentiert. Der mediane DLQI zu Baseline betrug 14,6±6,31 Punkte. Bereits bei Visite 1 wurde das definierte DLQI-Ansprechen erreicht und es verbesserte sich bis zu Visite 2 weiter. Als positiv zu erachten ist auch, dass die Beurteilungsergebnisse zur Wirksamkeit der Therapie von Arzt und Patienten vergleichbar hoch waren.<br /> Anhand des modifizierten PPQ („Patient Preference Questionnaire“) wurde die Patientenzufriedenheit nach 4 Monaten evaluiert: 87,5 % der Patienten gaben Apremilast den Vorzug gegenüber ihrer vorangegangenen Behandlung (Abb. 1).<br /> Erfreulich und eher entgegen den üblichen Beobachtungen war die Inzidenz an Nebenwirkungen insgesamt niedriger als in den klinischen Studien zu Apremilast. Die Rate an vorzeitigen Studienabbrüchen aufgrund von AE ist mit 8,3 % als gering einzustufen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1701_Weblinks_s20_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1244" /></p> <h2>Secukinumab erweist sich als effektiv bei Juckreiz</h2> <p>Während in der Literatur lange Zeit behauptet wurde, dass Psoriasis nicht mit Juckreiz assoziiert ist, zeigt eine neuere populationsbasierte Untersuchung aus dem Jahr 2014, dass die Patienten Juckreiz bei Psoriasis als das belastendste Symptom und bei Psoriasisarthritis nach Schmerzen als das zweithäufigste belastende Symptom angeben.<sup>3</sup><br /> „Eine der am häufigsten angewendeten Skalen zur Beurteilung von Juckreiz ist die NRS (‚Numeric Rating Scale‘)“, erklärte Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Weger, Medizinische Universität Graz. Die Skala umfasst ein Punktesystem von 1–10, wobei 0 „kein Juckreiz“ und 10 die höchste Stufe von Juckreiz bedeutet.<sup>4</sup><br /> An der Medizinischen Universität Graz wurde eine kleine präliminäre Studie zur Effektivität von Secukinumab (Cosentyx<sup>®</sup>), u.a. in Bezug auf Juckreiz, durchgeführt. Von den 26 Patienten litten 15 (57,5 % ) zu Baseline an Juckreiz. Wenn es sich auch um eine geringe Patientenzahl handelt, konnte nach 12 Wochen Therapie bei 12/15 (80 % ) eine Verbesserung des NRS-Scores um 4 Punkte festgestellt werden. Der NRS-Score lag bei diesen Patienten im Bereich von 0–1. Mehr als die Hälfte (60 % ) gaben an, komplett frei von Juckreiz zu sein (NRS: 0). Dies spiegelte sich auch in den Ergebnissen zur Lebensqualität gemäß dem DLQI wider: Ca. zwei Drittel (66,6 % ) der Patienten erreichten 10 von 15 Punkten (Tab. 1).<br /> „In der täglichen klinischen Praxis führte Secukinumab zu einer klinisch relevanten Verringerung von Juckreiz und kann demnach als sehr effektive Therapieoption für Patienten mit moderatem bis schwerem Juckreiz betrachtet werden“, so das Resümee von Doz. Weger.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1701_Weblinks_s20_tab1.jpg" alt="" width="685" height="1083" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der ÖGDV (Österreichische Gesellschaft für
Dermatologie und Venerologie), „Forschung in der Dermatologie:
Evolution, Revolution, Innovation“, 25.–27. November
2016, Wien
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Posch C et al: J Invest Dermatol 2015; 135: 2475-2483 <strong>2</strong> Sosman JA et al: ASCO 2014; Abstract #9009 <strong>3</strong> Lebwohl MG et al: JAAD 2014; 70: 871–881.e30 <strong>4</strong> Phan NQ et al: Acta Derm Venerol 2012; 92: 449-581</p>
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