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Behandlung pathologischer Narben in der Praxis

«Es wird leider immer wieder zu rasch operiert»

Das Spektrum der Therapieoptionen zur Behandlung von Narben und Keloiden hat sich in den vergangenen Jahren erweitert, deshalb wurde die S2-Leitlinie zur Therapie pathologischer Narben vergangenes Jahr überarbeitet. Prof. Alexander Nast aus Berlin, federführender Autor der Leitlinie, erklärt die wichtigsten Punkte für die Praxis.

Warum war es notwendig, die Leitlinie1 zu aktualisieren?

A. Nast: Das Spektrum der Therapieoptionen hatte sich weiterentwickelt, insbesondere waren die Lasertherapien in der aktuellen Abbildung nicht mehr zeitgemäss. Wir fanden insbesondere wichtig, die fraktionierten ablativen Laserbehandlungen aufzunehmen, auch das Mikroneedling. Beides findet mittlerweile in der Versorgung breite Anwendung und wird inzwischen auch durch Studien unterstützt. Für den Einsatz von 5-FU gibt es seit der letzten Leitlinienfassung mehr Evidenz und wir haben mehr Erfahrung damit. Deshalb konnten wir die empfohlene Stärke anheben. Weiterhin haben wir bestimmte Therapieansätze erstmalig erwähnt, etwa intraläsionale Kryochirurgie, Kalziumkanalblocker, Hyaluronidase oder Plasma.

Was sind die grössten Fehler, die man bei der Behandlung von Keloiden und hypertrophen Narben machen kann?

A. Nast: Es wird leider immer wieder zu rasch operiert. Das ist dann umso gravierender, wenn keine Nachbehandlung stattfindet. Oftmals ist der Befund einige Zeit nach der Operation viel schlimmer als vorher.

Empfehlen Sie zur Beurteilung des Therapieerfolges immer Fotos und zusätzlich Skalen?

A. Nast: Wir bemühen uns um eine Fotodokumentation, insbesondere bei kosmetisch stark beeinträchtigen Lokalisationen. 3-D-Aufnahmesysteme haben hierbei einen besonderen Reiz, stehen aber nicht überall zur Verfügung. Skalen finden in der Routineversorgung kaum Anwendung. Wichtiger ist es, mit den Patienten vorher zu besprechen, was wir mit der Therapie erreichen wollen. Und ihm eine realistische Abschätzung von Aufwand und Dauer der Therapien zu geben. Ein Patient mit einer hypertrophen Narbe, etwa nach einer Sterniotomie, möchte vielleicht eher Juckreiz und Schmerzen gelindert haben, anderen Patienten sind die ästhetischen Aspekte wichtiger.

Im Rahmen des Therapiealgorithmus zur hypertrophen Narbe schreiben Sie: TAC und/oder Kryochirurgie. Warum schreiben Sie «oder»?

A. Nast: Ich würde das in der Regel kombinieren. Für die in unserer Leitlinie beschriebenen Fallbeispiele 2 und 3 haben wir dies explizit so formuliert. Für einige Patienten ist aber auch eine Monotherapie denkbar, zum Beispiel wenn der Patient keine TAC-Injektionen möchte, aus Angst vor Schmerzen oder Kortisonnebenwirkungen.

Wie entscheiden Sie, ob Sie TAC/Kryochirurgie anwenden oder Laser oder Kompression?

A. Nast: Die TAC/Kryo-Kombi eignet sich für die meisten hypertrophen Narben und Keloide. Zum Beispiel die typische hypertrophe Narbe nach Sterniotomie oder Spontankeloide bei Akne conglobata. Der Laser findet in der Regel Anwendung bei flachen Narben, farblich auffälligen/geröteten Narben und vor allem bei Verbrennungen, hier arbeite ich gerne mit dem fraktionierten ablativen Laser. Die Kompressionstherapie eignet sich vor allem bei Verbrennungen und Verbrühungen sowie bei hypertrophen Narben direkt postoperativ in Körperbereichen, wo sich eine Kompression gut durchführen lässt, etwa den Extremitäten.

Wann stellen Sie die Indikation zur 5-FU-Behandlung bei Keloiden?

A. Nast: 5-FU setze ich ein, wenn unter TAC/Kryotherapie kein Ansprechen zu erkennen ist. Es gelten die gleichen Regeln wie für jeden Off-label-Einsatz. Für uns Ärzte ist die Situation unbefriedigend und mit einem Haftungsrisiko verbunden. Daher wenden auch nicht alle Kollegen das Medikament an, was ich verstehen kann.

Was halten Sie von dem experimentellen neuen Therapieansatz mit Stammzellen?

Ich erwarte hier noch keinen zeitnahen Einsatz in der Routineversorgung.

Vielen Dank für das Gespräch.
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