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Erfolgreich behandelt durch besseres Verständnis der Pathogenese
Jatros
30
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14.03.2019
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<p class="article-intro">Die Zahl der Studien zur Psoriasis und ihrer Therapie ist inzwischen unüberschaubar. Prof. Diamant Thaçi, Institut und Sektion für Entzündungsmedizin der Universität zu Lübeck, gab einen Überblick über die wichtigsten Veröffentlichungen und Präsentationen des Jahres 2018.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Biologika der Anti-IL-17- und Anti-IL-23p19-Klasse zeigen eine langfristige und hohe Wirksamkeit bei gutem Sicherheitsprofil.</li> <li>Dies ermöglicht den Versuch einer langfristigen Symptomkontrolle.</li> <li>Die Zukunft wird eine Systemtherapie bringen, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten wird.</li> </ul> </div> <p>In den vergangenen Jahren hat sich das Verständnis der Pathophysiologie der Psoriasis vertieft. Das derzeit gültige Modell beschreibt eine Interaktion von Keratinozyten, neutrophilen Granulozyten, Mastzellen, T-Zellen und dendritischen Zellen. Resultate sind eine Entzündung sowie die Zellproliferation fördernde Prozesse, die von Chemo- und Zytokinen gesteuert werden. Als Schlüsselzytokine und Ziele der derzeit eingesetzten Therapeutika haben sich die Interleukine IL-17, IL-22 und IL-23, der Tumornekrosefaktor TNF-α sowie die Interferone IFN-α und IFN-γ erwiesen.<sup>1</sup><br /> Thaçi erklärte, dass vor allem IL-17 und IL-23 eine Rolle bei der Entstehung der Psoriasisläsionen spielen. IL-23 initiiert die Aktivierung von Th17-Zellen und die Produktion von IL-17 in der Haut. Diese Phase nannte er Präpsoriasis. Im weiteren Verlauf vermittelt IL-23 das Überleben und die Ausbreitung pathogener Th17- Zellen in frühen Hautläsionen. Im chronischen Psoriasis-Plaque unterhalten anhaltend hohe IL-23-Spiegel die Produktion von IL-17 und damit die Entzündungsreaktion.<sup>2</sup> Dieser Signalweg ist nicht nur für die Plaque-Psoriasis entscheidend, sondern auch für die Gelenkschäden im Zuge einer Psoriasis-Arthritis. Neben dem genannten Signalweg bestehen jedoch zusätzlich IL-17-unabhängige Wege.<sup>3</sup> Außerdem sind die Th17-Zellen nicht die einzige Quelle für IL-17. Zellen des angeborenen Immunsystems, vor allem neutrophile Granulozyten, können ebenfalls relevante IL-17-Mengen produzieren. Zudem existieren IL-23-unabhängige Wege der IL- 17-Synthese.<sup>4</sup></p> <h2>Neue Therapieleitlinien und Real-Life-Daten</h2> <p>Die Erkenntnisse zur Pathophysiologie sind auch in die neuen S3-Leitlinien zur Psoriasistherapie eingeflossen. So werden bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis (BSA >10 % , PASI >10 % ) neben den konventionellen Erstlinientherapien (UV-B, Phototherapie, Balneo-PUVA, Acitretin, Ciclosporin, Fumarsäureester, Methotrexat) die monoklonalen Antikörper Secukinumab (selektive IL-17-Blockade) und Adalimumab (TNF-α-Hemmung) als Erstlinientherapie empfohlen, wenn mit einer konventionellen Behandlung kein ausreichender Erfolg zu erwarten ist. Für die Zweitlinientherapie raten die Leitlinien zu Apremilast, Etanercept, Infliximab und Ustekinumab.<sup>5</sup><br /> Thaçi stellte auch sogenannte Real- Life-Daten aus der PROSPECT-Studie mit Secukinumab vor. An dieser nichtinterventionellen Studie nahmen mehr als 2500 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis teil, die über einen Zeitraum von 24 Wochen mit Secukinumab behandelt wurden. Primärer Endpunkt waren die Transitionszeiten, sekundäre Endpunkte unter anderem die Begleitmedikation und der PASI. Rund 43 % der Patienten hatten in den zwölf Monaten vor Studienbeginn eine konventionelle System- oder Phototherapie erhalten, knapp 21 % waren mit Biologika vorbehandelt worden, 13 % hatten ausschließlich eine topische Behandlung bekommen und 22 % waren nicht behandelt worden. Die durchschnittlichen Transitionszeiten betrugen bei der topischen Therapie 14 Tage, bei der konventionellen systemischen Behandlung 30 Tage und bei den Biologika 38 Tage.<sup>6</sup> Nach der 24-wöchigen Therapie mit Secukinumab zeigte sich, dass jene Patienten besser ansprachen, die nicht mit einem Biologikum vorbehandelt worden waren. So erreichten in der Gruppe der überhaupt nicht systemisch vortherapierten Patienten 92,8 % PASI 75, 84,3 % PASI 90 und 66,3 % PASI 100. Bei konventionell systemisch vorbehandelten Patienten lagen die Raten bei 89,2 % , 73,3 % bzw. 41,2 % . Patienten, die zuvor bereits ein Biologikum erhalten hatten, erreichten zu 78,1 % PASI 75, 54,8 % PASI 90 und 29 % PASI 100.<sup>7</sup><br /> Das Sicherheitsprofil der Biologika ist langfristig günstig, wie eine gepoolte Analyse zeigte, die bei der 5. Welt-Psoriasis- & Psoriasis-Arthritis-Konferenz präsentiert wurde. In die Analyse flossen 19 Studien mit rund 4700 Patienten und 10 000 Patientenjahren ein. Studienmedikationen waren Secukinumab, Etanercept, Ustekinumab und Placebo, der Beobachtungszeitraum jeweils 52 Wochen. Die Nebenwirkungsraten waren in allen Gruppen vergleichbar, wobei Nasopharyngitiden am häufigsten auftraten, gefolgt von Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege.<sup>8</sup></p> <h2>Positive Langzeitergebnisse der IL-17-Hemmung</h2> <p>Für einige Biologika liegen inzwischen Langzeitdaten vor, die ihre Wirksamkeit und Sicherheit bestätigen, zum Beispiel für Secukinumab. So bestätigten die 5-Jahres-Ergebnisse der SCULPTUREExtension- Studie die PASI-Ergebnisse von SCULPTURE (PASI-75/90/100-Ansprechen von 88,9 % , 68,5 % bzw. 43,8 % ): Nach fünf Jahren lagen die Raten für PASI 75 bei 88,5 % , für PASI 90 bei 66,4 % und für PASI 100 bei 41 % .<sup>9</sup><br /> Ein anderer IL-17-Inhibitor, für den bereits Daten für eine längere Behandlungsdauer vorliegen, ist Ixekizumab. Hier liegen die 3-Jahres-Ansprechraten für PASI 75 bei 80 % , für PASI 90 bei 66 % und für PASI 100 bei 45 % .<sup>10</sup> Im direkten Vergleich mit dem IL-12/IL-23-Inhibitor Ustekinumab wurde das PASI-90-Ansprechen über ein Jahr beobachtet. Nach 52 Wochen hatten rund 77 % der Patienten im Ixekizumab-Arm PASI 90 erreicht im Vergleich zu 59 % im Ustekinumab-Arm.<sup>11</sup></p> <h2>Andere Angriffspunkte der Therapie</h2> <p>TNF-α-Inhibitoren gibt es bereits seit Anfang der 2000er-Jahre. Die ersten zugelassenen Wirkstoffe waren Infliximab (1999) und Etanercept (2000), gefolgt von Adalimumab (2003). Danach traten die Interleukininhibitoren in den Vordergrund, da sie eine bessere Wirksamkeit aufwiesen. Im vergangenen Jahr erhielt der bereits seit 2009 für die rheumatoide Arthritis und später die axiale Spondyloarthritis und Psoriasis-Arthritis zugelassene TNF-α- Inhibitor Certolizumab die Zulassungserweiterung für die Behandlung der Plaque- Psoriasis.<sup>12</sup> Der Unterschied zu den früheren TNF-α-Inhibitoren ist die Pegylierung, die die Halbwertszeit der Substanz verlängert. Im Vergleich zu Placebo erzielte Certolizumab in der 16. Therapiewoche signifikant höhere PASI-75-Ansprechraten: 82 % vs. 9,9 % . Dieser Effekt hielt über einen Beobachtungszeitraum von 48 Wochen an (PASI 75: 83,6 % ). Das Gleiche galt für das PASI-90-Ansprechen: Auch hier war Certolizumab Placebo signifikant überlegen (52,2 % vs. 2,5 % in Woche 16).<sup>13</sup><br /> Da IL-23 in der Signalkaskade bei Psoriasis für die Aktivierung von IL-17 eine entscheidende Rolle spielt, liegt es nahe, auch dieses selektiv zu hemmen. Im vergangenen Jahr erhielt der IL-23-Inhibitor Tildrakizumab, der selektiv an die p19- Untereinheit des IL-23 bindet, die europäische Zulassung für die Psoriasistherapie.<sup>14</sup> Bereits ein Jahr zuvor wurde Guselkumab, ebenfalls ein IL-23p19-Inhibitor zugelassen.<sup>15</sup> Weitere, noch nicht zugelassene Substanzen sind Risankizumab und Mirikizumab.<br /> Thaçi ging auf die Ergebnisse der VOYAGE-1-Studie ein, in der Guselkumab gegen Adalimumab getestet wurde. Guselkumab war Adalimumab signifikant überlegen: Im Woche 48 erreichten 76,3 % der Patienten unter Guselkumab PASI 90 (vs. 47,9 % , p <0,001). In den ersten 16 Wochen der Studie gab es zudem einen Placeboarm, dessen Patienten anschließend auf Guselkumab umgestellt wurden. Sie erzielten damit die gleichen Ansprechraten wie die Patienten, die von Anfang an mit Guselkumab behandelt worden waren.<sup>16</sup><br /> Thaçi berichtete darüber hinaus von seiner Präsentation zu Tildrakizumab in den Late Breaking Abstracts beim EADV-Kongress 2018 in Paris. Er hatte dort die gepoolten Daten der Studien reSURFACE 1 und 2 vorgestellt. In diesen Studien wurden Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis, die nicht oder nur teilweise auf Etanercept angesprochen hatten, mit Tildrakizumab behandelt. In Woche 28 erzielten 73 % der Patienten im Tildrakizumab- Arm (vs. 54 % ) PASI 75. Die Wirkung war dauerhaft, wie die Auswertung in Woche 148 ergab: 92,4 % erreichten PASI 75 und 69 % sogar PASI 100.<sup>17</sup><br /> Abschließend sagte Thaçi, diese Entwicklungen seien noch nicht das Ende, sondern erst der Beginn. Neue Wirkstoffe für bereits bekannte Angriffspunkte seien in der Entwicklung, außerdem würden neue Therapietargets erforscht.<sup>18</sup> Darüber hinaus werde die Therapie individueller. Anstelle einer Standardbehandlung für alle Psoriasispatienten werde in Zukunft für jeden Patienten eine maßgeschneiderte Therapie angeboten, so Thaçi.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Veranstaltung „Best of Dermatology“, 9. November 2018,
Wien
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Chiricozzi A et al.: Int J Mol Sci 2018; 19: pii: E179 <strong>2</strong> Chan TC et al.: Ther Adv Chronic Dis 2018; 9: 111-9 <strong>3</strong> Boutet MA et al.: Int J Mol Sci 2018; 19: pii: E530 <strong>4</strong> Schön MP, Erpenbeck L: Front Immunol 2018; 9: 1323 <strong>5</strong> Nast A et al.: J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16: 806-14 <strong>6</strong> Körber A et al.: J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32: 411-9 <strong>7</strong> Thaçi D et al.: EADV 2018, Poster 1993 <strong>8</strong> Griffith C et al.: Acta Derm Venereol 2018; 98: 46 <strong>9</strong> Bissonnette R et al.: J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32: 1507-14 <strong>10</strong> Leonardi C et al.: J Am Acad Dermatol 2018; 79: 824-30 <strong>11</strong> Paul C et al.: J Am Acad Dermatol 2019; 80: 70-9 <strong>12</strong> www.ema.europa.eu/en/medicines/ human/EPAR/cimzia <strong>13</strong> Gottlieb AB et al.: J Am Acad Dermatol 2018; 79: 302-14 <strong>14</strong> www.ema.europa.eu/en/ medicines/human/EPAR/ilumetri <strong>15</strong> www.ema.europa.eu/ en/medicines/human/EPAR/tremfya <strong>16</strong> Blauvelt A et al.: J Am Acad Dermatol 2017; 76: 405-17 <strong>17</strong> Thaci D et al: EADV 2018; Abstract D3T01.1J <strong>18</strong> Baker KF, Isaacs JD: Ann Rheum Dis 2018; 77: 175-87</p>
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