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Erfolg versprechende Strategien in der Dermatoonkologie

<p class="article-intro">Noch immer ist Hautkrebs mit rund 240 000 Neuerkrankungen im Jahr die häufigste maligne Erkrankung in Deutschland mit der größten Steigerungsrate. An erster Stelle steht das Basalzellkarzinom mit jährlich rund 140 000 Fällen, gefolgt vom Plattenepithelkarzinom mit rund 70 000 Neuerkrankungen und vom malignen Melanom mit rund 28 000 Fällen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bis 2030 wird sogar noch eine Verdoppelung der Hautkrebsrate erwartet. Experten sehen darin die sp&auml;ten Folgen UV-bedingter Hautsch&auml;den in der Kindheit und Jugend und freizeit- und berufsbedingter langj&auml;hriger Sonneneinstrahlung. Zur Pr&auml;vention, Diagnostik und Therapie wurden beim 28. Deutschen Hautkrebskongress vom 13. bis 15. September 2018 in Stuttgart vielversprechende aktuelle Erkenntnisse und Forschungsergebnisse vorgestellt. Tagungspr&auml;sident Prof. Dr. Claus Garbe, Universit&auml;tshautklinik der Eberhard-Karls-Universit&auml;t T&uuml;bingen, gab Einblicke in Schwerpunkte und Highlights des Kongresses.</p> <p><strong>Welche besonderen Akzente wurden beim diesj&auml;hrigen Hautkrebskongress in Stuttgart gesetzt? In welchen Bereichen gibt es neue Impulse? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> Ein wichtiger Schwerpunkt waren die aktuellen Entwicklungen in der Melanomdiagnosik. Wie eine internationale Studie um Holger H&auml;n&szlig;le, Heidelberg, zeigt, bringt ein selbstlernendes Computerprogramm im Vergleich mit Fach&auml;rzten, die viel Erfahrung brauchen, um ein Melanom sicher zu erkennen, bessere Ergebnisse. Neue Computeralgorithmen erm&ouml;glichen eine automatisierte Melanomdiagnose, das hei&szlig;t: Der Einsatz k&uuml;nstlicher Intelligenz zieht in die Diagnostik ein (siehe Kasten). Ein weiterer aktueller Schwerpunkt war, dass die Immuntherapie auch bei fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom erfolgreich durchgef&uuml;hrt wird. Kostenerstattungen werden schon jetzt von den Krankenkassen genehmigt, genauso auch beim Merkelzellkarzinom. Die europ&auml;ische Arzneimittelagentur EMA pr&uuml;ft die Zulassung f&uuml;r den monoklonalen Antik&ouml;rper gegen das Protein PD-1 (Cemiplimab) zur Behandlung von Patienten mit Plattenepithelkarzinom, das metastasiert oder so weit lokal fortgeschritten ist, dass es inoperabel ist.</p> <p><strong>Gibt es &ndash; abgesehen von den Ans&auml;tzen, die Effektivit&auml;t des Hautkrebsscreenings zu verbessern &ndash; im Bereich Pr&auml;vention und Fr&uuml;herkennung weitere Fortschritte? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> Bisher wurde das Hautkrebsscreening von 30&ndash;35 % der Bev&ouml;lkerung wahrgenommen und wir sind bestrebt, das weiter zu verbessern. In der Pr&auml;vention gibt es keinen Fortschritt. Hautkrebs entsteht &uuml;berwiegend durch Sonnenbaden. Es ist ein Irrglaube, dass die Haut durch Sonnenschutzmittel vor Hautkrebs gesch&uuml;tzt werden kann, das ist nicht der Fall. Vor Sonnenbrand ja, vor Hautkrebs nicht. Schon sehr niedrige Dosen UV-Strahlung verursachen Mutationen in der Haut. Sobald die Haut braun wird, sind schon Mutationen ausgel&ouml;st worden. Bis 2030 erwarten wir eine Verdoppelung der Hautkrebsinzidenz. Der Hautkrebs wird kommen, weil diejenigen, die ihn entwickeln werden, sich ihre Bestrahlungsdosis schon abgeholt haben. Die Latenzzeit betr&auml;gt 20 bis 30 Jahre. Das f&uuml;r uns &uuml;berraschende Resultat einer gro&szlig;en Studie mit 1800 Kindergartenkindern war, dass Sonnenschutzmittel keinerlei Effekt auf die Entwicklung von Hautmutationen haben, Kleidung dagegen einen hochsignifikanten Unterschied macht. Wir unterscheiden intentionale Sonne beim Sonnenbaden und nicht intentionale Sonne bei K&ouml;rperbedeckungen, die vor Melanomen und Plattenepithelkarzinomen sch&uuml;tzen.</p> <p><strong>Wie weit ist die Zulassung neuer Medikamente in der Dermatoonkologie? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> Aktuelle Daten zur adjuvanten Therapie des Melanoms mittels zielgerichteter Therapie, &bdquo;targeted therapy&ldquo;, und Checkpoint-Inhibitoren belegen, dass die Rezidivwahrscheinlichkeit nach Entfernung eines Hochrisikomelanoms deutlich vermindert ist. Die Prognose ist verbessert. Neu ist, dass die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren in die adjuvante Therapie des Melanoms eingef&uuml;hrt wird. Aktuelle Studien zeigen, dass im Vergleich zu Placebo eine Absenkung des Rezidivrisikos von 40 bis 50 % erreicht werden kann. Weil die Ergebnisse so gut sind, &uuml;bernehmen die Krankenkassen die Kosten f&uuml;r die Behandlung schon jetzt. Das erste Medikament zur adjuvanten Immuntherapie (Nivolumab) wurde Ende Juli zugelassen, zwei weitere Zulassungen (Dabrafenib + Trametinib, Pembrolizumab) erwarten wir bis Ende des Jahres. Positive Phase-III-Studien liegen f&uuml;r alle drei Medikamente vor.</p> <p><strong>Gibt es nach den immensen Fortschritten der letzten Jahre in der Behandlung von Melanomen und anderen Hauttumoren durch zielgerichtete Therapien, Immuncheckpoint-Inhibitoren und Kombinationstherapien auch schon vielversprechende Weiterentwicklungen? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> In die Behandlung des metastasierten Melanoms wurde die Tripeltherapie eingef&uuml;hrt &ndash; die Kombination von drei unterschiedlich wirkenden Medikamenten. Es gibt noch keine harten Ergebnisse, aber zwei fortgeschrittene Studien, die diskutiert werden. Die innovativen Therapiem&ouml;glichkeiten sind in vielen F&auml;llen sehr wirksam, werden aber nicht immer gut vertragen. Nebenwirkungsstrategien sind ein gro&szlig;es Forschungsthema. Klinische Schwerpunkte liegen beim optimalen Therapiemanagement von Nebenwirkungen. Wir hatten bisher viel zu selten ein standardisiertes Management zur Erfassung der Nebenwirkungen. Diese k&ouml;nnen heftig auftreten, vor allem bei der kombinierten Immuntherapie, oft mit unspezifischen Symptomen wie Schwindel und Kopfschmerz. Die Forschung ist dabei, Instrumente zu entwickeln, wie beispielsweise computergeleitete R&uuml;ckmeldungen von Patienten auf t&auml;glicher Basis. Ich hoffe, dass diese Entwicklung schnell kommt und auch allgemein finanzierbar ist.</p> <p><strong>Welches waren f&uuml;r Sie die Kongress- Highlights? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> Wir hatten drei hochkar&auml;tige Keynote Lectures. Hans-Georg Rammensee aus T&uuml;bingen stellte seine Untersuchungen zur individualisierten Immuntherapie mit Antitumorimpfungen vor. Bisher gibt es unspezifische Immuntherapien, und die spannende Frage ist: Kann man die Lymphozyten noch speziell stimulieren, sodass f&uuml;r jeden Patienten eine gezielte, individuell wirksame Therapie entwickelt werden kann? <br />Laurence Zitvogel vom Institut Gustave Roussy in Paris, dem gr&ouml;&szlig;ten Krebsforschungszentrum in Frankreich, stellte klinische Konsequenzen translationaler Forschung zur Immuncheckpoint-Inhibition vor. In ihren spannenden Untersuchungen zum Mikrobiom zeigte sie, dass der Erfolg einer Krebstherapie auch durch eine ver&auml;nderte Zusammensetzung der Darmflora bestimmt wird. Je nach Zusammensetzung des Darmmikrobioms wird die Immunantwort moduliert. Das kann hei&szlig;en, dass bei bestimmten Zusammensetzungen des Mikrobioms starke oder schwache Immunantworten entstehen und die Behandlung der Darmflora der Schl&uuml;ssel zum Therapieerfolg sein k&ouml;nnte. <br />Ashfaq Marghoob vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York pr&auml;sentierte neue diagnostische Methoden und diskutierte den Einsatz von Computerprogrammen mit artifizieller Intelligenz, die heute bereits Dermatologen mit Spezialisierung in Dermatoonkologie in der Diagnose des Melanoms schlagen k&ouml;nnen.</p> <p><strong>Welche Limitationen sind nach wie vor gegeben? </strong></p> <p><strong>C. Garbe:</strong> Bei all den Fortschritten der letzten Jahre haben wir nach wie vor Problemf&auml;lle. Nicht alle Hautkrebspatienten k&ouml;nnen erfolgreich behandelt werden. Ich bin gespannt auf neue Forschungsergebnisse f&uuml;r Patienten mit Hirnmetastasen. Es gibt Erfolg versprechende Studien zu einer Kombination aus stereotaktischer Bestrahlung und kombinierter Immuntherapie, die Evidenz steht bisher noch aus. Ein weiterer Problempunkt sind Schleimhautmelanome. Diese sind nicht durch UV-Strahlung verursacht, also gibt es nicht so viele Mutationen als Angriffspunkte f&uuml;r die Immuntherapie. Interessant ist auch die Frage, welche Fortschritte es f&uuml;r Patienten mit okul&auml;ren Melanomen gibt. Etwa 5 % aller Melanome entwickeln sich im Auge. Hier gibt es keine Lymphversorgung und keine Lymphknotenmetastasierung, sondern die okul&auml;ren Melanome metastasieren alle prim&auml;r &uuml;ber die Blutbahnen in die Leber.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 28. Deutscher Hautkrebskongress der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (ADO), 13.–15. September 2018, Stuttgart, www.ado-kongress.de </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> H&auml;n&szlig;le HA, Fink C et al.: Man against machine: diagnostic performance of a deep learning convolutional neural network for dermoscopic melanoma recognition in comparison to 58 dermatologists. Ann Oncol 2018; 29(8): 1836-42. https://doi.org/10.1093/annonc/mdy166</p> </div> </p>
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