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29.08.2019
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<p class="article-intro">In diesem Jahr fand vom 1. bis 4. Mai die 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Berlin statt. Erstmals tagte sie vor 130 Jahren in Prag. Während damals Infektionserkrankungen wie Tuberkulose, Lepra und Pilzerkrankungen im Fokus standen, geht es heute um zielgerichtete Medizin und Systemtherapien.</p>
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<p class="article-content"><p>Neue Erkenntnisse zu genetischen, immunologischen, inflammatorischen und onkologischen Krankheitsmechanismen prägen das Bild der Dermatologie. So reichte das breite Spektrum der präsentierten Themen z. B. vom Menschen mit seinen Bakterien, der Wahl des geeigneten Biologikums bei Psoriasis über neue Therapieansätze bei atopischer Dermatitis bis hin zu Reisedermatosen. Die Dermatologie ist heute ein grosses vielseitiges Systemfach mit starker Interdisziplinarität, erklärte Prof. Leena Bruckner-Tuderman, Präsidentin der DDG.</p> <h2>Der Mensch als Holobiont: Schützt die Diversität des Mikrobioms vor Hautkrebs?</h2> <p>Wir sind nicht allein. Wir leben in einer engen und komplexen Lebensgemeinschaft mit einer Unzahl von Mikroben, die unseren Körper besiedeln. Inwieweit uns diese schützen oder schaden, ist derzeit Gegenstand vieler Untersuchungen. Welche Rolle das Mikrobiom der Haut bei der Entstehung von Hautkrebs spielen könnte und ob es möglicherweise als natürlicher Schutzfaktor bislang vernachlässigt wurde, das besprach Prof. Thomas C. G. Bosch aus Kiel in einer Keynote-Lecture. Versteht man den Menschen als Metaorganismus – also als Lebensgemeinschaft verschiedener Organismen, gilt es, auch die Belange der «Mitbewohner » zu berücksichtigen. Das Funktionieren dieser multiorganismischen Einheit entscheidet u. a. über Gesundheit oder Krankheit. Die Organe – wie auch die Haut – müssten demnach immer in Einheit mit den sie besiedelnden Mikroorganismen betrachtet werden, so Bosch. Folgt man dem Gedankengang weiter, ist auch das Immunsystem nicht entstanden, um Pathogene abzuwehren, sondern vielmehr um die Organismus- Gemeinschaft im Gleichgewicht zu halten. Zudem sollte die Diversität der mikroorganismischen Gemeinschaft gewährleistet sein. Doch die heutige Lebensweise führe laut Bosch dazu, dass die Diversität des Mikrobioms stark abnimmt – dies äußere sich z. B. in einer deutlichen Zunahme chronisch-entzündlicher Erkrankungen. Bei der Komplexität des menschlichen Mikrobioms Kausalitäten herzustellen, ist ein schwieriges Unterfangen. Prof. Bosch versucht mit seiner aktuellen Forschungsarbeit dennoch die Frage zu beantworten, welche Rolle das Mikrobiom bei der Krebsentstehung spielt. Versuche an Mäusen zeigten, dass ein verändertes Hautmikrobiom mit einer Veränderung der Gene einhergeht. Gene, die Bakterien beeinflussen, stehen wiederum in Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs und chronisch-entzündlichen Erkrankungen.<br /> Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass möglicherweise eine Korrelation zwischen einem veränderten Mikrobiom und der Entstehung von Krebs existiert, ist die Tatsache, dass manche Hunde Krebs erschnüffeln können. Trainierte Hunde riechen bakterielle Stoffwechselprodukte, die bei Krebskranken verändert sind. Laborversuche mit Modelltieren konnten diese Annahme nun bestätigen. Als Faktor für eine Tumorentstehung sollte künftig nicht nur die Genetik des Wirtes, sondern auch eine Störung des Mikrobioms in Betracht gezogen werden. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Interaktion zwischen dem «normalen» Teil des Mikrobioms und einem aus der Umwelt hinzugekommenen Bakterium, einer der Auslöser für die Krebsentstehung sein könnte. Ein Vergleich der Mikrobiome von Wildmäusen und Labormäusen zeigte, dass das Mikrobiom der Wildmaus im Vergleich zu jenem der Labormaus eine tumorschützende Wirkung aufweist.<br /> Gewebe und Mikroben sind nicht voneinander getrennt zu sehen, sondern nur in der Einheit, die sie bilden, so das Resümee des Vortrags. Eine metaorganismische Perspektive, die ein ganzheitliches Verständnis des Menschen als Lebensgemeinschaft voraussetzt, könnte dazu beitragen, manche Krankheitsbilder besser zu verstehen.</p> <h2>Psoriasis: Kriterien für die Therapieentscheidung</h2> <p>Inzwischen steht eine ganze Reihe an wirksamen Medikamenten zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis zur Verfügung: 16 Wirkstoffe für die Psoriasis der Haut und 13 Wirkstoffe für die Psoriasisarthritis, berichtete Prof. Matthias Augustin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf. Zählt man noch die 11 Biosimilars dazu, sind derzeit 27 systemische Präparate für die Versorgung erhältlich. Dies bietet zwar einerseits die Chance einer optimierten, personalisierten Therapie, andererseits stellt die Wahl des geeigneten Medikamentes die Ärzte zunehmend vor eine Herausforderung. Zudem erhalten etwa 30 % der Patienten mit mittelschwerer Psoriasis nur eine topische oder gar keine Therapie und weitere 30 % noch immer systemische Glukokortikoide, nannte Augustin Zahlen aus Deutschland.<br /> Als Differenzierungsfaktoren für die Therapieentscheidung können laut Augustin vier Gruppen von Kriterien dienen: Klinische Aspekte (Phänotyp, Lokalisation, Schweregrad, Komorbidität und vorausgehende Exposition), Eigenschaften der Medikamente (Wirksamkeit bei Psoriasis und Psoriasisarthritis, Auswirkungen auf die Komorbidität, Sicherheitsmerkmale, Praktikabilität der Anwendung), Patientenmerkmale (Alter, Geschlecht, Präferenzen, sozioökonomische Faktoren, Adhärenz) sowie Zulassung und Regulation (Zulassungstext/ Label, Wirtschaftlichkeit, regulatorische Einschränkungen und Verfügbarkeit). Als wichtiges Entscheidungskriterium nannte Augustin auch die Bedürfnisse des Patienten: So zeige sich im «Patienten- Nutzen-Index», dass die wichtigsten Therapieziele signifikante Unterschiede in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, soziodemografischem Status und Vortherapien aufweisen. Einen zentralen Stellenwert als Informationsquelle zur «best practice» haben auch Patientenregister, wie z. B. das deutsche Register PsoBest mit über 10 000 Patienten. Sie liefern Daten zur Evidenz aus der Routineversorgung. Künftig wird sich die Aktualisierung von Leitlinien verstärkt auch auf diese Real-World-Daten stützen, blickte Augustin voraus.</p> <h2>Stigmatisierung überwinden: neuer Blick auf Menschen mit genetischen Erkrankungen</h2> <p>Der Modefotograf Rick Guidotti aus New York fotografierte lange Zeit die bekanntesten Models der Welt. Als er eines Tages an einer Bushaltestelle ein junges Mädchen mit Albinismus stehen sah, beeindruckte ihn ihr Aussehen so stark, dass er sich näher mit dem Thema beschäftigte, berichtete er anlässlich des Festvortrages zum DDG-Tagungsjubiläum. Bei seiner Recherche zu Albinismus und anderen genetischen Variationen, die mit einem von der Norm abweichenden Erscheinungsbild einhergehen, stieß er vor allem auf Darstellungen in medizinischen Fachbüchern, die aus seiner Sicht an der Stigmatisierung dieser Personen mitwirkten. Daraufhin gründete er die gemeinnützige Organisation «Positive Exposure» die sich zum Ziel gesetzt hat, den Blick auf Menschen mit genetischen, körperlichen oder geistigen Unterschieden zu verändern. Schönheit solle im Sinne von geteilter Menschlichkeit und Diversität als Bereicherung begriffen werden. Schönheit sei eben nicht das, was uns die Modeindustrie diktiere. «FRAME» (Faces Redefining The Art Of Medical Education) heisst eines seiner Projekte. In einer webbasierten Bibliothek, die als Lehrmaterial für Mediziner in der Ausbildung dienen kann, werden Menschen mit genetischen Syndromen vorgestellt. Betroffene kommen z. B. in Filmen zu Wort und präsentieren selbst ihr Krankheitsbild. Die Inhalte wurden gemeinsam mit Medizinern und Genetikern, Betroffenengruppen und ihren Familien erstellt. Ziel ist es, neben den medizinischen Fachinformationen die Perspektive auf Menschen mit besonderem Aussehen zu verändern und den Aspekt der Menschlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Weitere Informationen unter: https://positiveexposure.org/</p> <h2>Biologika-Therapie bei Psoriasis: die Qual der Wahl</h2> <p>Zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis sind mittlerweile verschiedene Biologika zugelassen, sodass der Arzt die Qual der Wahl hat. Prof. Ulrich Mrowietz, Kiel, präsentierte zunächst das Spektrum der verfügbaren Substanzen und erläuterte anschliessend seinen «persönlichen Therapiealgorithmus », nach dem er in der Praxis vorgehe.<br /> Die aktuell zugelassenen Biologika greifen an verschiedenen Stellen der Entzündungskaskade ein. Angefangen mit den TNF-α-Inhibitoren (Etanercept, Infliximab, Adalimumab), gefolgt vom IL-12/ IL-23p40-Inhibitor Ustekinumab, kamen ab 2015 die IL-17A-Inhibitoren Secukinumab, Ixekizumab sowie der IL-17A-Rezeptor- Blocker Brodalumab auf den Markt. Das neueste Target, das die Inhibitoren adressieren, ist die p-Untereinheit des Interleukin 23 (IL-23p19-Inhibitoren). Diesen Wirksansatz verfolgen Guselkumab, Tildrakizumab und Risankizumab.<br /> Zentrale Aspekte für die Therapieentscheidung seien Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit sowie Anwendungsfreundlichkeit der Behandlung. Zudem sollten Komorbiditäten bei der Therapiewahl berücksichtigt werden: So könnten neben Plaque-Psoriasis und Psoriasisarthritis auch pustulöse Psoriasis sowie Übergewicht, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, entzündliche Darmerkrankungen oder Depression auftreten, erinnerte Mrowietz. Eine individualisierte Behandlungsstrategie sei daher entscheidend.<br /> Mrowietz konkretisierte sein Vorgehen: Bei erstmaliger Systemtherapie eines «unkomplizierten » Patienten mit Psoriasis – der also keine Komorbiditäten habe –, setze er zunächst Dimethylfumarat (seltener Methotrexat) und bei Therapieversagen ein Biologikum ein (bzw. den PDE-4-Hemmer Apremilast bei besonderen Indikationen). Patienten mit ausgeprägter Komorbidität (z. B. Malignomanamnese), Adhärenzproblemen und schlechtem Ansprechen auf Vortherapien kategorisierte er als «kompliziert». In diesen Fällen biete sich entweder die direkte Gabe eines Biologikums an oder die Abfolge Dimethylfumarat und danach ein Biologikum.<br /> TNF-α-Inhibitoren wie Adalimumab und Infliximab seien aus rheumatologischer Sicht bei Psoriasisarthritis aufgrund des guten Ansprechens noch immer der Goldstandard. Allerdings müsse man mit einem sekundären Wirkverlust durch gegen das Medikament gerichtete Antikörper rechnen. Zudem könne sich unter TNF-Blockern eine paradoxe Psoriasis oder eine «Lupus-like disease» entwickeln – dies sei vor allem bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Rheuma zu bedenken. Darüber hinaus zeige sich ein erhöhtes Infektrisiko unter der Anti-TNF-Therapie. Während einer Schwangerschaft eigne sich der nicht Plazenta-gängige TNF-α-Blocker Certolizumab, da er nicht auf das Kind übertragen werde.<br /> Die Medikamentengruppe mit dem schnellsten Ansprechen sind die IL-17-Inhibitoren. Steht also eine rasche Abheilung der Haut innerhalb von 2–4 Wochen im Vordergrund – wie beispielsweise vor einer geplanten Hochzeit –, riet Mrowietz zu Brodalumab, Guselkumab, Ixekizumab, Secukinumab oder Adalimumab. Ixekizumab und Secukinumab können zudem auch bei PsA eingesetzt werden. Als Nebenwirkungen der Therapie nannte er das Auftreten von Candida-Infektionen.<br /> Die Gruppe der neueren Anti-IL-23-Medikamente zeichne sich durch hohe Effektivität und ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Profil aus, betonte Mrowietz. Die IL-23-Blockade scheint dabei mit lang anhaltender Wirkung zu punkten, wie u. a. Daten der Phase-III-Studien reSURFACE zum selektiven IL-23p19-Hemmer Tildrakizumab zeigen. Von dieser Therapie profitierten besonders «unkomplizierte» Patienten mit Plaque-Psoriasis (ohne PsA). Bei «komplizierten» Patienten (mit Komorbiditäten bzw. Malignomanamnese) gebe es derzeit die beste Datenlage zu Ustekinumab, aber auch andere IL-23-Inhibitoren eigneten sich. In der Folge könnten dann IL-17-Inhibitoren verordnet werden. Bei ausgeprägtem Nagelbefall greife er in der Regel zu Adalimumab oder Guselkumab, setze aber auch Tildrakizumab, Ixekizumab und Secukinumab ein.</p> <h2>Dermatologische Urlaubs- Souvenirs: Hautmaulwurf & Co</h2> <p>Knapp jeder fünfte Reiserückkehrer bringt eine Hauterkrankung aus dem Urlaub mit, berichtete Dr. Friederike Kauer, Dermatologin aus Berlin. Teilweise handelt es sich um banale Hauterkrankungen, wie z. B. Insektenstichreaktionen, Follikulitiden oder Impetigo. Häufig tritt bei Patienten aber auch ein Nematoden- Befall mit Hakenwürmern wie z. B. Ancylostoma brasiliense oder Ancylostoma caninum auf. Die sogenannte Larva migrans wird auch als «Hautmaulwurf» bezeichnet, da sie sich durch die Haut der Erkrankten gräbt, sodass die juckenden Gänge ihre Reise dokumentieren.<br /> Die Infektion erfolgt meist im Sand am Strand, in der Regel über den Kot infizierter Hunde oder Katzen. Zu den typischen Verbreitungsgebieten zählen Afrika, Asien und Südamerika – auch weil die Zahl streunender Tiere hier größer ist. Eigentlich ist der Mensch für die Larven ein Fehlwirt und sie sterben innerhalb von Wochen wieder ab. Zur Beschleunigung des Heilungsprozesses kann Albendazol oder Ivermectin eingesetzt werden, erklärte Dr. Andreas Montag, Hamburg.<br /> Eine weitere mögliche Erkrankung ist das Afrikanische Zeckenbissfieber, verursacht durch Rickettsia africae. Anders als einheimische Zecken, die von Grashalmen abgestreift werden, sei es typisch für die Amblyomma- Zecke, «aktiv in Richtung Beute zu laufen und sich dann in die Haut zu verbeissen», sagte Montag. Nach einer Inkubationszeit von vier bis sieben Tagen treten im Fall einer Erkrankung grippeähnliche Symptome auf. Häufig entsteht ein generalisiertes Exanthem um die Bissstelle. Zur Behandlung eignet sich das Antibiotikum Doxyzyklin.<br /> Treten subkutane Knoten oder Schwellungen bei Patienten auf, die aus den Tropen heimkehren, sollte neben den verschiedenen Formen der Fliegenmadenkrankheit (Myiasis) der Befall mit Schweinebandwürmern (Zystizerkose), die Flussblindheit (Onychozerkiasis), Pseudo-Rotz (Melioidose) und auch andere parasitäre Infektionen wie z. B. der Befall mit Herzwürmern (Dirofilariose), Fadenwürmern der Gattung Gnathostoma (Gnathostomiasis) oder Bandwürmern wie Spirometra erinacei-europaei (Sparganose) in Betracht gezogen werden, erinnerte Kauer.<br /> Abgesehen von der Klinik, ob es sich z. B. um stationäre oder wandernde subkutane Knoten handelt, sind die Reiseanamnese und das zeitliche Fenster von Reise und Auftreten der Hauterkrankung wichtig. Weitere Symptome wie z. B. Durchfall, Fieber, Schmerzen etc. sollten abgefragt werden. Als weiterführende diagnostische Maßnahme ist in der Regel die Hautbiopsie oder die Totalexzision der Läsion zu empfehlen. Zudem können Blutuntersuchungen, wie z. B. Nachweis einer Eosinophilie, auf eine parasitäre Infektion hinweisen.<br /> Auch Dermatophytosen wie der «Thailand- Pilz» können zum ungewollten Reisemitbringsel werden, erklärte Prof. Pietro Nenoff, Rötha. Der durch sexuelle Kontakte übertragene Pilz Trichophyton mentagrophytes verursacht als Tinea pubogenitalis starke Entzündungsreaktionen in der Genitalregion. Dieser neu aufgetretene Genotyp von T. mentagrophytes (ITS Typ VII «Thailand») wird auch unabhängig von einem Auslandsaufenthalt zu Hause weiterverbreitet und kann zudem auch Tinea cruris, T. barbae, T. corporis und T. capitis verursachen. In Indien steigt gerade die Verbreitung eines anderen Genotyps (ITS Typ VIII) alarmierend an – hier kommt es zunehmend zu Resistenzen gegen Terbinafin, sodass bei bis zu 90 % der Patienten die Therapie nicht mehr greift. Eine Ursache dafür könnte die exzessive Nutzung von preisgünstigen, sogenannten «Cocktail- Cremes» sein. Diese enthalten neben dem Klasse-4-Glukokortikoid Clobetasol noch weitere antibakterielle und antimykotische Wirkstoffe.</p> <h2>Neue Therapieansätze bei atopischer Dermatitis</h2> <p>Von den neuen Möglichkeiten der Systemtherapien profitieren mittlerweile auch Patienten mit atopischer Dermatitis (AD). Während man Biologika-Therapien zur Behandlung von Psoriasis bereits seit einigen Jahren nutzt, steht für Patienten mit AD seit 2017 mit Dupilumab der erste monoklonale Antikörper zur Verfügung. Er wirkt über eine duale Rezeptorblockade der Interleukine (IL)-4 und IL-13. In klinischen Studien sowie anhand von Real-World-Daten konnten die Wirksamkeit und die gute Verträglichkeit dieser Therapieform nachgewiesen werden, sagte Prof. Thilo Biedermann, Technische Universität München.<br /> Bei Patienten mit AD besteht ein Teufelskreis aus geschwächter Hautbarriere, mikrobieller Dysbiose mit einer Dominanz von Staphylococcus aureus auf läsionaler Haut und einer Typ-2-Inflammation, so die drei Säulen der Pathogenese bei AD.<br /> Bisher wurden Cyclosporin («in-label», aber mit Nebenwirkungen), Azathioprin oder Methotrexat eingesetzt, die unspezifisch das Immunsystem unterdrücken, schilderte Biedermann. Nun könne man schwer erkrankten Patienten endlich selektivere und womöglich besser verträgliche Therapeutika anbieten.<br /> Es existieren Programme in unterschiedlichen Entwicklungsstufen zur Blockade von IL-13, zur Wirkung von IL-31 sowie zum Zytokin «thymic stromal lymphopoietin » (TSLP), das am Anfang des Typ-2-Signalweges steht, erklärte Biedermann. Die untersuchten Botenstoffe triggern in Effektorzellen eine Aktivierung der Rezeptoren, an denen Januskinasen (JAK) andocken, die dort ihrerseits aktiviert werden, so der Referent. Zytokinrezeptoren benötigen diese JAK, um ihre Wirkung ins Zellinnere zu vermitteln. Zur Blockade der JAKs werden «small molecules» eingesetzt. Die Wirkung sei breiter angelegt, aber auch weniger selektiv. Neben der Wirksamkeit, die in ersten Studien nachgewiesen werden konnte, sollte ein besonderes Augenmerk auf die Verträglichkeit der neuen Therapien gerichtet werden. Dies könne Patienten mit schwerer AD neue, bessere und sicherere Behandlungswege eröffnen.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, 1.–4. Mai 2019, Berlin
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