
Das Mikrobiom der Haut sanieren
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Die atopische Dermatitis (AD) ist unter anderem mit einer pathologischen bakteriellen Besiedelung der Haut assoziiert. Damit ergibt sich zumindest theoretisch die Chance auf eine Intervention über das Hautmikrobiom. Erste klinische Studien geben Anlass zur Hoffnung.
Als Mikrobiom bezeichnet man die Summe aller Mikroben in einem bestimmten Umfeld, so Prof. Dr. Richard L. Gallo von der University of California. Das inkludiert neben Bakterien auch Pilze, Viren und Bakteriophagen. Gallo betont, dass es auch auf der Haut ein Mikrobiom gibt und dass im Idealfall ein gesunder Organismus in Harmonie mit einem gesunden und diversen Mikrobiom lebt. Doch das ist keineswegs garantiert. Denn das Mirobiom hat nicht ausschliesslich günstige Auswirkungen auf den Wirt. Vielmehr können sich fast alle Mikroben unter bestimmten Umständen auch pathogen verhalten. Dabei sind folgende Interaktionen relevant: Pathogen zu Pathogen, Pathogen zu Kommensale, Pathogen zu Wirt und Kommensale zu Wirt. Von besonderem Interesse für die Mikrobiomforschung sind die Interaktionen zwischen Kommensalen und Wirt, von denen auch der Wirt profitieren kann. Die Dinge werden, so Gallo, dadurch kompliziert, dass die Interaktion organübergreifend ist und beispielsweise das Mikrobiom der Haut auch den Darm beeinflussen kann. In der Dermatologie stelle sich nun die Frage, ob man das Hautmikrobiom so beeinflussen kann, dass es dem – unter Umständen dermatologisch erkrankten – Menschen Vorteile bringt.
Die dermatologische Indikation, in der die Mikrobiomforschung die höchste Relevanz hat, ist die atopische Dermatitis. Seit vielen Jahren habe man Informationen über die Zusammenhänge zwischen dem Mikrobiom und der atopischen Dermatitis gesammelt. So wisse man seit den 1970er-Jahren, dass eine Besiedelung mit Staphylococcus aureus mit schwerer Erkrankung assoziiert ist und S. aureus die Entzündung treibt. In der Folge habe sich gezeigt, dass die Exposition gegenüber unterschiedlichen Mikroben das Erkrankungsrisiko reduziert und dass Dysbiose dem Auftreten der Erkrankung vorausgeht. Gallo: «Studien zeigen auch, dass eine Behandlung mit Dupilumab oder Steroiden bei AD-Patienten zu einer Normalisierung des Hautmikrobioms führt.»
Die aktuelle Forschung hat gezeigt, dass die unphysiologische Besiedelung bei AD nicht nur eine Folge eines Immundefekts auf Seite des Wirts, sondern auch ein ökologisches Problem ist. Bestimmte Stämme von Kommensalen wie Staphylococcus epidermidis and S. hominis produzieren antimikrobielle Peptide (AMPs), die S. aureus selektiv töten.1 Diese Bakterien sind bei AD nur eingeschränkt vorhanden, wobei AD keine Infektionskrankheit ist und Auffälligkeiten der Immunantwort in der Haut sowie eine gestörte Barrierefunktion die pathologische Besiedelung überhaupt erst ermöglichen. Andererseits könnte sehr wohl die Chance bestehen, durch Einbringen bestimmter Bakterien in das Mikrobiom eine Stabilisierung bzw. Regeneration zu erreichen. Dabei müsste man, um zu einer stabilen Besiedelung zu kommen, ein Bakterium wählen, das an die menschliche Haut angepasst ist und daher unter physiologischen Bedingungen dort lebt, so Gallo.
Screening-Studien führten zu einem koagulasenegativen Staphylococcus (S. hominis A9), der eine ausgeprägte Neigung zur Inhibition von S. aureus erkennen liess. Dieser Organismus wurde mittlerweile in einer Phase-I-Studie an Patienten mit AD untersucht und erwies sich dabei als sicher und gut verträglich. Die Studie war mit einer Laufzeit von 1 Woche nicht auf Wirksamkeit ausgelegt, doch kam es mit Verum im Vergleich zu Vehikel zu weniger Symptomen und unerwünschten Ereignissen in Zusammenhang mit der AD. Die Besiedelung mit S. aureus nahm ab. Die Reduktion der Symptome korrelierte mit der Reduktion der patholgischen Besiedelung.2 Man könne aus diesen Daten zumindest ein Potenzial für die Behandlung der AD durch Beeinflussung des Mikrobioms ableiten, so Gallo.
Quelle:
«Emerging priorities for microbiome research», Plenary Lecture A im Rahmen des virtuellen Kongresses der EADV am 30. September 2021
Literatur:
1) Nakatsuji T et al.: Sci Transl Med 2017; 9(378): eaah4680
2) Nakatsuji T et al.: Nat Med 2021; 27(4): 700-9