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FOBI München

Die Qual der Wahl bei der Behandlung der Psoriasis

<p class="article-intro">In den letzten Jahren hat sich das therapeutische Spektrum bei der Behandlung der Psoriasis enorm verbreitert. Die Versorgung sollte sich stets an den Bedürfnissen der Patienten orientieren.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Selbst Patienten mit leichten Psoriasisformen f&uuml;hlen sich schwer belastet. Dennoch wird nur die H&auml;lfte aller Psoriatiker beim Dermatologen behandelt. &bdquo;Die technologische Entwicklung der letzten 10 Jahre war so dicht wie die in den letzten 100 Jahren davor nicht&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Dr. Matthias Augustin, Institut f&uuml;r Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen mit universit&auml;rem Psoriasis-Zentrum in Hamburg, Deutschland. Versorgungsziel sei immer, den Menschen zu einer besseren Lebensqualit&auml;t zu verhelfen. Eine Versorgungsstudie unter der Autorenschaft von Prof. Augustin zeigte, dass f&uuml;r Patienten Folgendes besonders wesentlich ist: Der Hautzustand soll schnell besser werden und es soll weniger Zeit f&uuml;r die t&auml;gliche Behandlung aufgewendet werden. Zudem f&uuml;hlen sich Patienten durch den Juckreiz besonders be&shy;lastet.</p> <h2>Was bringt die Zukunft?</h2> <p>&bdquo;Ich bin optimistisch, was die k&uuml;nftige Versorgung der Patienten mit Psoriasis betrifft, da wir dank der Arzneimittelinnovationen ein gro&szlig;es Potenzial haben&ldquo;, so Augustin. 2&ndash;3 % der Bev&ouml;lkerung haben eine schwere Psoriasis, ihre Lebenserwartung ist vier Jahre geringer als diejenige von Patienten ohne Psoriasis. &bdquo;Wir k&ouml;nnen Patienten heute so behandeln, dass 70 % gar nicht mehr wissen, dass sie die Erkrankung haben&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Kristian Reich, Dermatologikum Hamburg, Deutschland. M&ouml;glich wurde dies durch Innovationen bei den Biologika, die gezielt an einzelnen Zytokinen angreifen. Dabei spielen IL-17 und IL-23 bei der Immunpathogenese der Psoriasis die bedeutendste Rolle.</p> <h2>Vollst&auml;ndige Abheilung als erreichbares therapeutisches Ziel</h2> <p>Mit den IL-17-Blockern Secukinumab und Ixekizumab erreichen doppelt so viele Patienten ein PASI-75-Ansprechen wie mit Etanercept. Zudem wird damit die vollst&auml;ndige Abheilung m&ouml;glich: 7 von 10 Patienten sieht man die Schuppenflechte nicht mehr an, dementsprechend ist ihre Lebensqualit&auml;t durch die Erkrankung nicht mehr eingeschr&auml;nkt. &bdquo;Ich will ein Mittel haben, das bei allen Manifestationen der Psoriasis hilft&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Reich. Auch dieser Anspruch wird von den IL-17-Hemmern erf&uuml;llt: Sie sind auch bei Manifestationen an Kopfhaut, N&auml;geln sowie bei Psoriasisarthritis aktiv.<br /> Ein weiteres lohnendes Therapieziel bei der Psoriasis ist die Blockade von IL-23. Ustekinumab ist ein humaner IgG-Antik&ouml;rper, der an die gemeinsame p40-Proteinuntereinheit von ungebundenem IL-12 und -23 bindet und deren Andocken an den gemeinsamen Rezeptor IL-12R, der auf der Oberfl&auml;che naiver T-Zellen gefunden wird, hemmt. Damit wirkt die Substanz auf beide Zytokine, wobei die Wirksamkeit vor allem durch die Blockade von IL-23 entsteht. Ustekinumab hat nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Reich vor allem drei Vorteile:</p> <ul> <li>ein angenehm langes Applikationsintervall (12 Wochen)</li> <li>unterschiedliche Dosierungen zum selben Preis, wodurch der Arzt eine Variationsm&ouml;glichkeit hat</li> <li>eine angenehme Spritztechnik</li> </ul> <p>Im PHOENIX-2-Studienprogramm zeigte Ustekinumab eine stabile Wirksamkeit &uuml;ber 5 Jahre. &bdquo;Ab Jahr 1 durften die &Auml;rzte mit der Dosis &sbquo;spielen&lsquo;; um solche stabile Langzeitdaten zu haben, m&uuml;ssen wir Patienten individuell behandeln k&ouml;nnen&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Reich.<br /> Die Effizienz der IL-23-Blockade wird durch neue, selektive Substanzen, die derzeit im klinischen Studienprogramm sind, noch weiter zunehmen: Eine Studie zeigte, dass 60 % der Patienten, die mit dem IL-23-Inhibitor Guselkumab behandelt werden, einen PASI 90 erreichen. Mit dem ebenfalls in der Pipeline befindlichen Risankizumab wurde nach einem Jahr bei nahezu der H&auml;lfte der Patienten ein PASI 90 erreicht &ndash; die letzte Spritze wurde nach 16 Wochen verabreicht. Die lange Wirkdauer ist ein typisches Kennzeichen dieser Substanzen.</p> <h2>Gutes Sicherheitsprofil</h2> <p>Die neuen Biologika haben insgesamt ein sehr gutes Sicherheitsprofil. &bdquo;Das sind keine Immunsuppressiva, sondern immunologische Pr&auml;zisionswaffen, die einzelne Botenstoffe senken&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Reich. Im PsoBest-Register zeigte sich kein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Malignome bei der Therapie mit Biologika, auch bei nicht melanozyt&auml;rem Hautkrebs gibt es keine gro&szlig;en Abweichungen. Die Infektionsrate ist bei Biologika geringf&uuml;gig erh&ouml;ht. Risikofaktoren hierf&uuml;r sind h&ouml;heres Alter, Diabetes mellitus, Rauchen sowie eine Infektion in der Anamnese. &bdquo;Wir m&uuml;ssen 200 Patienten behandeln, um bei einem Patienten eine schwere Infektion zu erleben&ldquo;, erkl&auml;rte Reich. Das geringe Risiko erkl&auml;rt sich seines Erachtens dadurch, dass mit Biologika ja keine gesunden Menschen behandelt werden, sondern Patienten, die zu viele Botenstoffe haben, welche durch die Behandlung normalisiert werden.</p> <h2>&bdquo;Small molecules&ldquo; bringen Zytokine in Balance</h2> <p>Die Phosphodiesterase(PDE)-4 spielt eine wesentliche Rolle bei Entz&uuml;ndungsvorg&auml;ngen der Psoriasis. Apremilast hemmt die PDE-4, wodurch die intrazellul&auml;ren cAMP-Spiegel steigen (Abb. 1). Dies bremst die entz&uuml;ndliche Reaktion, indem die Expression der proentz&uuml;ndlichen Zytokine TNF-&alpha;, Interleukin(IL)-23 und IL-17 unterdr&uuml;ckt wird und diejenige von antiinflammatorischen Zytokinen wie IL-10 erh&ouml;ht wird. Apremilast ist also ein Immunmodulator. Das &bdquo;small molecule&ldquo; ist hinsichtlich des PASI-R&uuml;ckgangs zwar IL-17-Blockern unterlegen, zeichnet sich jedoch durch eine gute Vertr&auml;glichkeit aus: Im klinischen Alltag bestehen die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen in Diarrh&ouml; sowie &Uuml;belkeit und Erbrechen.<br /> Ein besonderer Vorteil der Behandlung ist zudem ihre einfache Durchf&uuml;hrbarkeit: Bis zu 2 Jahre nach Therapie gibt es keine Ver&auml;nderungen des Blutbilds, daher sind keine Laborkontrollen n&ouml;tig. Viele Patienten bevorzugen zudem die orale Applikation. &bdquo;Der Gewichtsverlust bei Behandlung mit Apremilast ist meines Erachtens nicht als unerw&uuml;nschte Wirkung zu sehen, sondern als etwas, was dem Patienten zugutekommt. Wir sehen hier doch deutliche Effekte. 80 % halten ihr Gewicht und 12 % verlieren 5&ndash;10 % des K&ouml;rpergewichts&ldquo;, erkl&auml;rte Dr. Andreas Pinter, Universit&auml;tsklinikum Frankfurt, Deutschland.<br /> Apremilast stellt nach Erfahrung von Dr. Pinter auch gerade f&uuml;r jene Patienten eine Behandlungsm&ouml;glichkeit dar, die Fumars&auml;ure nicht tolerieren oder f&uuml;r die es wegen Depressionen, zahlreicher Komorbidit&auml;ten oder Malignome kaum andere Behandlungsm&ouml;glichkeiten gibt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Derma_1603_Weblinks_Seite34.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Alt, aber gut</h2> <p>Trotz aller Innovationen sollten bew&auml;hrte Verfahren nicht vergessen werden. So ist die Phototherapie bei der Psoriasis rasch wirksam und wird auch von den Patienten sehr gut akzeptiert. Zudem besteht hier eine jahrelange Erfahrung. &bdquo;Nat&uuml;rlich gibt es keinen direkten Vergleich zwischen Biologika und Phototherapie&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Percy Lehmann, Zentrum f&uuml;r Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie in Wuppertal, Deutschland. Aber aus Registerdaten liegt ein indirekter Vergleich vor, bei dem die IL-17-Blocker allerdings noch nicht enthalten sind (Abb. 2).<br /> &bdquo;Danach ist bez&uuml;glich der Abheilung die PUVA mindestens so wirksam wie Biologika, bez&uuml;glich der Kosten haushoch &uuml;berlegen&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Lehmann. Ein Nachteil der Phototherapie ist ihre limitierte Praktikabilit&auml;t, die Patienten m&uuml;ssen zu h&auml;ufig zum Arzt. Mangels Sponsoring gibt es zudem keine klinischen Studien. Insgesamt wird die Phototherapie heute seltener als fr&uuml;her eingesetzt. &bdquo;Wenn wir dem gegenw&auml;rtigen Trend folgen, verlieren wir ein ganz wichtiges therapeutisches Instrument bei Psoriasis; die Phototherapie ist ein Oldie, aber ein Goodie&ldquo;, so die Ansicht von Prof. Lehmann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Derma_1603_Weblinks_Seite36.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <div id="fazit"> <h2>Topische Psoriasistherapie &ndash; ein wesentlicher Behandlungspfeiler</h2> <p>Die topische Therapie ist ein wesentlicher Bestandteil des Armamentariums gegen Psoriasis. Auch in diesem Bereich gibt es wertvolle Innovationen. In diesem Jahr erhielt ein topisches Pr&auml;parat die europ&auml;ische Zulassung. Dieser neuartige Spr&uuml;hschaum mit den Wirkstoffen Calcipotriol 50&micro;g/g und Betamethason-Dipropionat 0,5mg/g wurde entwickelt, um Patienten eine komfortable und einfach anwendbare Behandlungsoption zur Verf&uuml;gung zu stellen. In der klinischen PSO-FAST-Studie erreichten mehr als die H&auml;lfte der mit diesem Pr&auml;parat behandelten Patienten nach Woche 4 eine &bdquo;vollst&auml;ndige&ldquo; oder &bdquo;nahezu vollst&auml;ndige&ldquo; Abheilung der Hautl&auml;sionen, gemessen am Investigator Global Assessment (IGA) Improvement Score. Zus&auml;tzlich erreichten mehr als die H&auml;lfte der so behandelten Patienten eine 75 % ige Verbesserung des PASI(Psoriasis Area and Severity Index)-Scores im Vergleich zur Baseline.</p> </div></p> <p class="article-quelle">Quelle: 25. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI), 23. bis 29. Juli 2016, München </p>
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