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Dermatologische Komplikationen des Herpes zoster
Jatros
30
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15.03.2018
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<p class="article-intro">Bei immunologisch gesunden Patienten dauert der Zosterausschlag bis zur Lösung der Krusten in der Regel zwei bis drei Wochen. Bei immungeschwächten Personen kann es jedoch auch zu chronischen Verläufen und Komplikationen kommen, unter anderem zu einem persistierenden Juckreiz.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Zur Diagnose des Herpes zoster genügt dem Dermatologen meist das typische klinische Bild: das Zosterexanthem mit gruppenförmiger Anordnung der Bläschen, von dem in der Regel ein Dermatom betroffen ist (Zoster segmentalis). Es werden jedoch auch Überlappungen im Dermatombefall beobachtet.<sup>1</sup> Selten können mehrere Hautsegmente asymmetrisch befallen sein.<sup>2</sup><br /> Auch die Anamnese kann Hinweise auf Herpes zoster geben, denn in der überwiegenden Zahl der Fälle geht den Hautveränderungen ein Prodromalstadium von drei bis fünf Tagen voraus. Während dieser Zeit leiden die Patienten an unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und leichtem Fieber, oft aber auch bereits an Parästhesien und umschriebenen Schmerzen.<sup>3</sup><br /> In unklaren Fällen mit atypischen Verläufen, zum Beispiel beim Zoster sine herpete, kann die Untersuchung mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) den Nachweis für eine Infektion mit dem Varicella-Zoster- Virus (VZV) erbringen.<sup>4</sup> Schneller und auch vom Dermatologen selbst auszuführen ist der Tzanck-Test. Dabei wird ein Abstrich vom Bläschengrund mit Methylenblau gefärbt, um multinukleäre Riesenzellen und akantholytische Keratinozyten darzustellen, die aufgrund des zytopathischen Effekts des VCV entstehen. Nachteil dieses indirekten Verfahrens ist seine geringere Spezifität im Vergleich mit dem direkten Antigennachweis.<sup>3</sup> Als Differenzialdiagnosen kommen infrage: der zosteriforme Herpes simplex, die verschiedenen Formen des Erysipels, Kontaktdermatitiden, bullöse Dermatosen wie das bullöse Pemphigoid und der Pemphigus vulgaris.<sup>3</sup></p> <h2>Akute und chronische Hautkomplikationen</h2> <p>Akute Komplikationen der Haut sind vor allem bakterielle Sekundärinfektionen der eröffneten Bläschen, die bis zur Ulzeration gehen können. Außerdem sind Einblutungen (Zoster haemorrhagicus), eitrige Einschmelzungen (Zoster gangraenosus), Persistenz und Dissemination der Läsionen (Zoster disseminatus) beschrieben.<sup>1</sup><br /> Während das akute Zosterexanthem bei den meisten Patienten innerhalb von etwa drei Wochen abheilt, kann es vor allem bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr zum chronischen Verlauf kommen. Dabei bleiben die Hautveränderungen oft über Monate bestehen und gehen mit wiederholter Bläschenbildung einher.<sup>5, 6</sup> Zu den chronischen Folgen an der Haut zählen vor allem Narben (hyper-, hypo- oder depigmentiert), die sehr belastende kosmetische Probleme darstellen können. Seltener sind Hautgranulome oder die Manifestation einer Psoriasis vulgaris (Köbner-Phänomen).<sup>1</sup><br /> Eine weitere, wenn auch seltene Langzeitauswirkung des Herpes zoster ist der Post-Zoster-Pruritus, der etwa 4 % der Patienten betrifft.<sup>7</sup> Er kann alleine oder gemeinsam mit der Zosterneuralgie auftreten und wird häufig bei Zosterbefall des Halses und Kopfes beobachtet. Wie die Neuralgie wird auch der Juckreiz durch die virusbedingten Nervenschäden ausgelöst. Warum es aber bei einigen Patienten zur Neuralgie, bei anderen zum Juckreiz und bei manchen zu einer Kombination aus den beiden kommt, ist noch nicht bekannt.<sup>8</sup> Geht der Pruritus mit einer verminderten oder fehlenden Hautsensibilität einher, können die Folgen dramatisch sein: Da sie kein Schmerzempfinden mehr haben, können sich die Patienten durch ständiges Kratzen erhebliche Verletzungen zufügen. Hinzu kommt das Risiko von Infektionen in den betroffenen Hautbereichen.<sup>7</sup> In der Dermatologie ist dieses Phänomen des fortschreitenden neuropathischen Juckreizes mit Selbstverletzung auch im Rahmen des neurotrophen Trigeminus-Syndroms (TTS) bekannt.<sup>8</sup><br /> Die Diagnose des Post-Zoster-Pruritus lässt sich meist anhand der Anamnese (Herpes zoster in der Vorgeschichte) und des klinischen Bildes stellen. Ist keine vorangegangene Zostererkrankung bekannt, sollte man immer auch an einen Zoster sine herpete denken, bei dem die typischen Hautveränderungen fehlen. Hinweise auf eine neurogene Ursache kann eine neuropathologische Untersuchung einer Hautbiopsie liefern.<sup>8</sup><br /> Die Behandlung des Post-Zoster-Pruritus ist schwierig, denn es liegen weder gute klinische Studien noch für diese Indikation zugelassene Medikamente vor. Da es sich um eine neuropathische Erkrankung handelt, spricht der Juckreiz nicht auf die üblichen Therapien wie Antihistaminika oder entzündungshemmende Medikamente an.<sup>8</sup> Besser geeignet erscheint der Einsatz von Lokalanästhetika, um die betroffenen Nerven zu blockieren. Eine kleine chinesische Studie zeigte gute Erfolge mit der lokalen Injektion von Thiamin (Vit. B1) und Cobalamin (Vit. B12), die beide wichtig für die Nervenfunktion sind.<sup>9</sup> Hier besteht großer Forschungsbedarf.</p> <h2>Grundlagen der Therapie des Herpes zoster</h2> <p>Die wichtigsten Ziele der Therapie sind, die Schmerzen zu lindern, die Ausdehnung und Dauer der Hautläsionen zu begrenzen sowie eine PHN und weitere Komplikationen zu verhindern.<sup>10</sup></p> <p><strong>Topische Therapie</strong><br /> Vor Beginn einer lokalen Behandlung muss der Status der Haut und der Läsionen erhoben werden. Die Datenlage zur topischen Therapie ist jedoch nicht ausreichend, um konkrete Empfehlungen zu geben. Daher variiert auch die klinische Praxis stark. So werden zum Beispiel eine sterile physiologische Kochsalzlösung, milde Antiseptika oder Zinkoxidlotionen eingesetzt. Manche Experten raten auch dazu, nicht lokal zu behandeln, sondern die Läsionen lediglich trocken und sauber zu halten.<sup>10</sup><br /> Eine lokale Applikation antiviraler Medikamente wird kontrovers diskutiert, da es keine Daten aus randomisierten, placebokontrollierten Studien gibt, um dieses Vorgehen zu stützen.<sup>10</sup></p> <p><strong>Antivirale Therapie</strong><br /> Bei Patienten ohne Risikofaktoren heilt der umschriebene Zoster der Haut am Körper und an den Extremitäten meist auch ohne eine antivirale Therapie komplikationslos aus.<sup>10, 11</sup> Die antivirale Behandlung verkürzt jedoch den Heilungsverlauf: Sie beschleunigt das Abheilen der Hautläsionen, vermindert das Auftreten neuer Läsionen, reduziert die Ausbreitung der Viren und mindert die Schmerzen. Sie ist zudem indiziert bei komplizierten Krankheitsverläufen, etwa bei Gürtelrose im Kopf-Hals-Bereich oder schwerem Zoster an den Extremitäten und am Körperstamm sowie bei immunsupprimierten Patienten. Zur Verfügung stehen die oral verabreichten Wirkstoffe Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir und Brivudin. Bei Patienten mit kompliziertem Krankheitsverlauf kann Aciclovir auch intravenös appliziert werden.<sup>10, 11</sup> Die Behandlungsdauer beträgt bei immunkompetenten Patienten in der Regel sieben Tage, bei immunsupprimierten Patienten unter Umständen länger.<sup>10, 11</sup></p></p>
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<p><strong>1</strong> Gross G: Zoster. Dtsch Med Wochenschr 1997; 122: 132-9 <strong>2</strong> Gloss G et al.: Bilateraler asymmetrischer Zoster im Jugendalter. Hautarzt 2001; 4: 335-8 <strong>3</strong> Gross G et al.: Zoster und Zosterschmerzen. Chemother J 2002; 11: 165-73 <strong>4</strong> Werner RN et al.: European consensus-based (S2k) guideline on the management of herpes zoster – guided by the European Dermatology Forum (EDF) in cooperation with the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), part 1: diagnosis. JEADV 2017; 31: 9-19 <strong>5</strong> Hoppenjans WB et al.: Prolonged cutaneous herpes zoster in acquired immunodeficiency syndrome. Arch Dermatol 1990; 126: 1048-50 <strong>6</strong> Kost RG, Straus SE: Postherpetic neuralgia pathogenesis, treatment and prevention. N Engl J Med 1996; 335: 23-42 <strong>7</strong> Ruocco V et al.: Beyond zoster: sensory and immune changes in zoster-affected dermatomes: a review. Acta Derm Venereol 2012; 92: 378-82 <strong>8</strong> Oaklander AL: Common neuropathic itch syndromes. Acta Derm Venereol 2012; 92: 118-25 <strong>9</strong> Xu G et al.: Thiamine, cobalamin, locally injected alone or combination for herpetic itching: a single-center randomized controlled trial. Clin J Pain 2014; 30: 269-78 <strong>10</strong> Werner RN et al.: European consensus-based (S2k) guideline on the management of herpes zoster – guided by the European Dermatology Forum (EDF) in cooperation with the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), part 2: treatment. JEADV 2017; 31: 20-9 <strong>11</strong> Cohen JI: Clinical practice: herpes zoster. N Engl J Med 2013; 369: 255-63</p>
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