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Clevere Marketinglösungen für die Praxis: professionelles Zeit- und Patientenmanagement
Jatros
Autor:
Mag. Verena Flatischler
med4more e.U. – Gesundes Marketing<br> für Ihren Erfolg, Wien<br> E-Mail: v.flatischler@med4more.at
30
Min. Lesezeit
24.05.2017
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<p class="article-intro">Schlechte Praxisorganisation und fehlendes Terminmanagement führen in vielen Praxen zu unzufriedenen Mitarbeitern, schlechtem Arbeitsklima und zu Patienten, die den Arzt wechseln und negative Bewertungen abgeben. Umsatzeinbußen und sinkende Gewinne sind die Folge. Mit einfachen Mitteln lassen sich allerdings Organisation und Zufriedenheit aller Beteiligten verbessern und die Praxiserträge erhöhen.</p>
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<p class="article-content"><p>Patienten in Arztpraxen bemängeln häufig einen unkoordinierten Ablauf, unfreundliches und gestresstes Personal, lange Wartezeiten für Termine und im Wartezimmer und dafür sehr knappe Behandlungszeiten mit einem kurz angebunden Arzt. In vielen Arztpraxen sind Wartezeiten von über einer Stunde auch bei Patienten mit Termin leider keine Seltenheit. Die Folge: Die Patientenzufriedenheit sinkt, der Patient vertraut dem Arzt nicht und fühlt sich auch nicht gut aufgehoben. Sofern es ihm möglich ist, wird er sich nach einer anderen Praxis mit kürzeren Wartezeiten und einer besseren Organisation umsehen.<br /><br /> Schlecht organisierte und wenig ansprechend eingerichtete Arztpraxen haben meist auch mit schlechten Bewertungen im Internet zu kämpfen – diese werden wiederum von potenziellen Patienten gelesen, die sich gar nicht erst für einen Besuch in dieser Ordination entscheiden.<br /> Ein gut organisiertes Praxisteam, ordentliche Behandlungsräume und aufgeräumte Praxisräumlichkeiten vermitteln hingegen einen professionellen Eindruck und wirken sich positiv aus – nicht nur auf die Mitarbeiter und deren geleistete Arbeit, sondern auch auf das Empfinden der Patienten.<br /><br /> Ordnung, Sauberkeit und Ruhe sind für Patienten ein wichtiges Qualitätssignal. Patienten orten bei Unordnung in der Praxis subjektiv „Gleichgültigkeit“ bzw. „Unfähigkeit“ und übertragen dies im schlimmsten Fall auch auf die medizinische Kompetenz des Arztes.<br /> Das Problem in vielen Arztpraxen sind fehlende Dokumentation und wenig Systematik in den Abläufen. Die Kommunikation erfolgt meist zwischen Tür und Angel. Volle Wartezimmer, schlechte Organisation und unzufriedene Patienten haben auch für Mitarbeiter negative Folgen: Der Frust über lange Wartezeiten oder zu kurze Arzt-Patienten- Gespräche wird bei ihnen abgeladen, Arbeitszeiten werden nicht eingehalten, Termine ständig verschoben und die Arbeitsproduktivität und Motivation sinken. Die Fehleranfälligkeit und die Krankenstände steigen, auch Überstunden können unnötige Kosten für Praxisinhaber verursachen.<br /><br /> Im schlimmsten Fall verliert der Arzt oder Praxisinhaber also Patienten und Mitarbeiter, muss sich viele Beschwerden anhören und für vermeidbare Fehler geradestehen. Unkoordinierte Praxen haben in der Regel auch einen geringeren Patientendurchlauf und machen weniger Umsatz. Diese Probleme sind lösbar und entstehen häufig, weil keine ordentliche Organisation existiert oder mangelndes Terminmanagement die Ursache ist.<br /><br /> Für eine gute und funktionierende Organisation gilt es, das Praxistelefon, die Rezeption, das Arzt-Patienten-Gespräch bzw. die Behandlungsdauer, das Ablaufmanagement sowie das Terminsystem genau unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren:</p> <h2>Das Praxistelefon</h2> <p>Das Praxistelefon ist meist der erste direkte Kontakt eines Patienten mit der Praxis. Der Eindruck, den der Anrufer über das Telefon erhält, beeinflusst seine Meinung über die Praxis und deren Image – sowohl im negativen als auch im positiven Sinn. Der Anrufer schließt auf die Kompetenz und Professionalität der Praxis. Damit ist das Praxistelefon eines der wichtigsten Marketinginstrumente und wird mit der Annahme „Telefonieren kann jeder“ oftmals weit unterschätzt.<br /><br /> In den meisten Ordinationen wird das Telefon am Empfang nebenbei bedient, bei Annahme eines Telefonats wird meist das Gespräch mit einem wartenden Patienten an der Rezeption unterbrochen. In anderen Fällen gelangen anrufende Patienten in eine Warteschleife, in der sie auf die Entgegennahme des Telefonats warten müssen, oder sie hören im schlimmsten Fall überhaupt nur das Besetzt-Zeichen.<br /><br /> Das Praxistelefon sollte immer als eigenständiger Arbeitsplatz konzipiert sein, für den ein Mitarbeiter verantwortlich ist. Patienten sollten die Möglichkeit haben, jederzeit einen Rückruf anzufordern – entweder via Webformular, Anrufbeantworter oder E-Mail.<br /><br /> Zusätzlich empfiehlt sich ein Online- Terminvereinbarungssystem, das Patienten erlaubt, jederzeit einen Termin zu vereinbaren, und erfahrungsgemäß sehr geschätzt wird. Dies entlastet die Assistenz auch zu normalen Sprechstunden, da sie für andere Tätigkeiten am Empfang freigespielt wird. Ein Online-Terminvereinbarungssystem bzw. Kontaktformular für Rückrufe über die Website sollte zur Standardausstattung jeder modernen Ordination gehören, ebenso wie Anrufbeantworter und geschulte Mitarbeiter, die spezielle Telefontrainings absolviert haben. Ebenso hilfreich sind Checklisten und Telefonprotokolle, die festlegen, welche Informationen bei einem Telefongespräch abgefragt werden bzw. wie Telefonate geführt werden und welche Formulierungen standardisiert zum Einsatz kommen.</p> <h2>Die Rezeption</h2> <p>Freundliche, patienten- und serviceorientierte Mitarbeiter sind das Um und Auf jeder Praxis. Darüber hinaus sollte die Rezeption stets aufgeräumt, sauber und ordentlich gestaltet sein. Die Rezeption ist die Schlüsselstelle der Arztpraxis: Hier werden Patienten empfangen und verabschiedet, Informationen weitergegeben, Termine vereinbart, Telefonate geführt, Rezepte und Überweisungen ausgestellt sowie Hinweise zur Wartezeit gegeben. Rezeptionsmitarbeiter müssen stets freundlich sein, belastbar und zuverlässig sowie mehrere Abläufe gleichzeitig koordinieren. Das erfordert professionelle und versierte Persönlichkeiten, daher sollte nach Möglichkeit vermieden werden, Mitarbeiter in Ausbildung alleine an der Rezeption arbeiten zu lassen. Der Empfang sollte personalmäßig an das Patientenaufkommen angepasst sein – bei Bedarf sollten mehrere Mitarbeiter abgestellt werden.</p> <h2>Das Ablaufmanagement</h2> <p>Die maximale Toleranzgrenze der Patienten für eine Wartezeit mit Termin liegt bei zwanzig Minuten – danach ist Unzufriedenheit vorprogrammiert. Lange Wartezeiten sind ein Zeichen schlechter Organisation und wirken sich auf die Einschätzung der Gesamtkompetenz aus. Rund 15 % der Patienten, die den Arzt wechseln, tun dies wegen falscher Leistungsversprechen zur Länge der Wartezeiten. Lange Wartezeiten sorgen auch für Hektik und Stress bei Mitarbeitern und Arzt und so für Unzufriedenheit bei allen Beteiligten. Die Meinung, dass ein volles Wartezimmer ein besonderes Qualitätsmerkmal ist, hat sich als längst überholt erwiesen – für Patienten hat eine kurze Aufenthaltsdauer im Wartezimmer höhere Priorität.</p> <h2>Das Patientengespräch</h2> <p>Patienten wünschen sich eine stressfreie Behandlung nach kurzer Wartezeit mit längerer Arzt- und Behandlungszeit – eine große Herausforderung für die Praxisorganisation. Darüber hinaus sind viele Patienten bereits über das Internet vorinformiert – allerdings nicht immer mit zufriedenstellenden bzw. richtigen Informationen.<br /><br /> Eine gute Möglichkeit, Patienten zu einer sinnvollen Recherche zu animieren, ist, selbst eine Auswahl an Online-Artikeln bzw. Internetseiten zusammenzustellen und diese an Patienten mit dem Hinweis „Im Hinblick auf die bei Ihnen festgestellte(n) Erkrankung(en) (Beschwerden) empfehle ich Ihnen folgende Internetseiten zur weiteren Information“ weiterzugeben. Damit kann die Praxis eine zusätzliche Serviceleistung anbieten und die Online-Recherche der Patienten verläuft gezielt im Sinne der ärztlichen Empfehlungen.<br /><br /> Eine weitere Möglichkeit besteht in der Gestaltung von eigenen Info- und Aufklärungsblättern, die die wichtigsten Informationen und Empfehlungen enthalten und dem Patienten im Anschluss an das Arzt-Patienten-Gespräch ausgehändigt werden. Damit fühlen sich Patienten besser informiert und der Arzt hat die Sicherheit, alle relevanten Informationen an den Patienten weitergegeben zu haben.</p> <h2>Das Zeitmanagement</h2> <p>In vielen Praxen wird die patientenbezogene Arbeitszeit vollständig verplant. Für eine gute Zeitplanung ist allerdings auch der Einsatz von Pufferzeiten wichtig – als grobe Faustregel gilt, nur 80 % der Arbeitszeit tatsächlich zu verplanen und rund 20 % als Pufferzeiten freizuhalten – pro Stunde wären das 12 Minuten Pufferzeit.<br /><br /> Eine genaue Analyse der Behandlungszeiten für Untersuchungen schafft rasch Klarheit und hilft, das eigene Zeitmanagement besser zu organisieren. Dabei ist es wichtig, die wesentlichen Praxisabläufe und Behandlungssituationen kurz zu beschreiben und in ein Zeitsystem zu überführen. Wie lange dauern unsere häufigsten Untersuchungen tatsächlich? Sind die Zeitfenster für Termine tatsächlich richtig bemessen? Meist reichen bereits die Daten von vier bis sechs Wochen, um eine durchschnittliche Behandlungs- bzw. Verweildauer für Patienten festzulegen und Abläufe und Termine besser zu planen.<br /> Darüber hinaus sollte im Rahmen des Zeitmanagements ebenfalls festgelegt werden, wann beispielsweise Arzt und Mitarbeiter vor der Praxisöffnung zu erscheinen haben. Welche Arbeiten sind außerhalb der Ordinationszeiten zu erledigen und wer übernimmt welche Aufgaben (beispielsweise Postbearbeitung, Materialbestellung und -überprüfung, lnstandhaltung von Geräten etc.)?<br /> Je genauer Arbeitsabläufe definiert sind und Aufgaben verteilt werden, desto schneller und effizienter können Mitarbeiter arbeiten. Darüber hinaus steigen die Motivation und die Mitarbeiterzufriedenheit.</p> <h2>Das Terminsystem</h2> <p>Ein gutes Terminsystem erfordert genaue Planung. Dazu gehört auch, den durchschnittlichen Zeitbedarf pro Untersuchung genau zu kennen.<br /> Zusätzlich unterscheiden sich Bestellpraxen, in denen Patienten ausschließlich mit Termin erscheinen dürfen, von halboffenen Systemen, in denen sowohl Akutpatienten ohne Termin und Terminpatienten behandelt werden. Hier empfiehlt sich, spezielle Sprechstunden bzw. Zeiten für Akutpatienten einzuplanen, um den Ablauf nicht zu verzögern, bzw. ausreichend Pufferzeiten für Akutpatienten einzuplanen.<br /> Viele Praxen haben auch mit Patienten zu kämpfen, die zu spät oder gar nicht zum Termin erscheinen. Wenn sich diese sogenannten „No-Shows“ in einer Praxis häufen, so hat das oft ganz bestimmte Gründe. Machen Patienten beispielsweise die Erfahrung, dass sie trotz Termin lange warten müssen, finden sie es selbst auch weniger nötig, die Zeitabmachungen strikt oder überhaupt einzuhalten. Abhilfe können Erinnerungsanrufe oder Erinnerungs-SMS am Vortag schaffen. Achtung: Bei Erinnerungsmails ist aufgrund datenrechtlicher Bestimmungen vorab die Zustimmung der Patienten einzuholen!</p> <h2>Das Praxishandbuch</h2> <p>Ein Praxishandbuch hilft, klar festzulegen, wann welche Tätigkeit von wem in welcher Art und Weise ausgeführt werden soll. Nur durch Arbeitsteilung und durch Delegierung von Arbeiten wird der Arzt von administrativen Aufgaben entlastet und hat somit mehr Zeit für seine eigentliche Hauptaufgabe, die Patientenversorgung.<br /><br /> Unkoordinierte Abläufe kosten Zeit und führen häufig zu Fehlern. Darum muss genau festgelegt werden, wer in welcher Form Tätigkeiten und Aufgaben übernimmt. Die klare Arbeitsteilung und die Delegation von Zuarbeiten sparen Zeit und stellen sicher, dass einerseits alle notwendigen Arbeiten erledigt werden und es andererseits nicht zu doppeltem Aufwand oder zu Leerlauf kommt. Außerdem wird durch eine eindeutige Zuordnung von Aufgaben vermieden, dass es Kompetenzgerangel zwischen den Mitarbeitern gibt. Im Idealfall enthält das Praxishandbuch ein Praxisorganigramm, interne Anweisungen (z.B. zur Regelung von Verantwortlichkeiten), Ablaufbeschreibungen (z.B. für häufig wiederkehrende Behandlungsabläufe), Checklisten (z.B. zu bestimmten Behandlungen, zur Postbearbeitung, zur Terminvereinbarung etc.).<br /><br /> Ein solches Handbuch dient im täglichen Praxisbetrieb als Orientierungsgrundlage und ermöglicht es neuen Mitarbeitern zudem, sich schnell in interne Abläufe und Regelungen einzuarbeiten.</p> <div id=""fazit"> <h2>Fazit</h2> Ein gut organisiertes Terminmanagement und Bestellsystem, geschulte Mitarbeiter, genaue Arbeitsteilung und ein Praxishandbuch schaffen ein angenehmes Arbeitsumfeld, in dem sich Patienten und Mitarbeiter gleichermaßen wohlfühlen. Vor allem das Terminsystem kann mit einfachen Mitteln gut optimiert werden, ein Online- Terminvereinbarungssystem bringt zusätzlich große Entlastung. Langfristig steigt die Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, die Praxis wird weiterempfohlen und verfügt so über eine stabile wirtschaftliche Ertragslage.</div></p>
<p class="article-footer">
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<p>• Frank M: Praxisgründung/Praxismanagement. Stuttgart: Schattauer Verlag, 2016 • Hentschel D, Ahlgrimm D: Praxis- Handbuch. Wiesbaden: Medical Tribune Verlagsgesellschaft, 2009 • Schramm A: Online-Marketing für die erfolgreiche Arztpraxis. Heidelberg: Springer Verlag, 2012 • Thill KD: Marketing in der Arztpraxis. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 2005</p>
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