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Biologika und Co – sind sie die Zukunft in der Dermatologie?
Jatros
Autor:
Prof. Dr. Peter Wolf
Autor:
Dr. Christine Dominkus
Quelle: OEADF 2015, Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, 5. Juni 2015, Salzburg
30
Min. Lesezeit
10.09.2015
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<p class="article-intro">Dieser Frage stellte sich Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, Medizinische Universitätsklinik Graz, im Rahmen der OEADF im Juni in Salzburg. Wie auch bei anderen Diagnosen hat durch intensive Erforschung der Schlüsselmoleküle der Psoriasis wie vom Zytokin TNF-alpha, Interleukin (IL) 12/23 und IL-17 und PDE-4 ein wesentlicher Wissensschub in Bezug auf die Pathophysiologie der Erkrankung stattgefunden. Dies hat Psoriasis und Psoriasisarthritis effizient und sicher behandelbar und Patienten zufriedener gemacht. Mit rund 30 weiteren Medikamenten in der pharmazeutischen „Pipeline“ werden sich die Therapiemöglichkeiten für viele Patienten verbessern.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Derzeit stehen in Österreich fünf Biologika, nämlich Adalimumab (Humira), Etanercept (Enbrel), Infliximab (Remicade), Secukinumab (Cosentyx) und Ustekinumab (Stelara), für die Behandlung der Plaque-Psoriasis zur Verfügung. Der PDE-4-Inhibitor Apremilast (Otezla), ein sogenanntes „small molecule“, ist seit Anfang des Jahres zugelassen und auch schon verfügbar. Aber auch zwei Biosimilars von Infliximab (Remsima und Inflectra) beteiligen sich am Verdrängungswettbewerb in der Behandlung der Erkrankung. Weitere Medikamente in Entwicklung für die Therapie der Psoriasis und Psoriasisarthritis sind Certolizumab (Cimzia), Ixekizumab, Tildrakizumab, Tofacitinib und etliche andere Biologika, „small molecules“ und Biosimilars. „Insgesamt könnten in naher Zukunft bis zu 30 neue antipsoriatische Therapien verfügbar sein“, prognostizierte Prof. Wolf. Aber nicht alles ist gut und auch ohne Frage sicher: So wurde das klinische Studienprogramm des Anti-IL-17-Rezeptor-Antikörpers Brodalumab kürzlich unerwartet wegen erhöhten Risikos für Suizide gestoppt, wie Amgen im Mai 2015, nur wenige Tage vor der OEADF, verlautbarte.</p> <h2>Österreichisches Psoriasis-Register</h2> <p>Peter Wolf wies darauf hin, dass das Psoriasis Registry Austria (PsoRA, www.psoriasisregistry.at) einwohnerbezogen eine der größten webbasierten Datenbanken weltweit verkörpert. PsoRA wurde von der Medizinischen Universität Graz in Zusammenarbeit mit der ÖGDV und der Arbeitsgruppe für Photomedizin und der Arbeitsgruppe für Biologika entwickelt und ist bereits in das europaweite Psoriasisregister PsoNet eingebettet. Primäres Ziel des Registers ist es, die Therapie von Patienten mit Psoriasis unter Alltagsbedingungen zu erfassen und dadurch zu optimieren. Mit November 2014 waren bereits Daten von mehr als 1.400 Patienten rückgreifend bis 2004 erfasst. Bemerkenswert ist, dass bei schätzungsweise 200.000 Psoriasispatienten in Österreich nur 1–2 % eine Therapie mit einem Biologikum erhalten, so Wolf. <br /> Wie die österreichischen Registerdaten zeigen, ist die beste klinische Wirkung unter Biologika-Therapie (Infliximab, Etanercept, Adalimumab) nach etwa 6 Monaten erreicht, wobei die klinische Effektivität von Ustekinumab langfristig betrachtet über der der anderen drei Substanzen zu liegen scheint, berichtete Peter Wolf. Was die Therapietreue betrifft, so ist gemessen in einer Zeitspanne von 8 Jahren jene von Etanercept und Adalimumab vergleichbar und der Mittelwert liegt bei 3–4 Jahren. Auch hier scheint Ustekinumab vergleichsweise besser abzuschneiden, der direkte Vergleich ist allerdings noch ausständig. Von Prof. Wolf als vielversprechendes Präparat der nächsten Generation der Biologika mit hohen PASI-90-Remissionsraten eingestuft wird Secukinumab (cave: Es wirkt nicht bei M. Crohn, einer häufigen Begleiterkrankung der Psoriasis, und ist bei dessen gleichzeitigem Bestehen wegen möglicher Verschlechterung der Darmsymptomatik nur mit Vorsicht anzuwenden).<br /> Jedoch auch traditionelle Therapieformen wie das stationär oder tagesklinisch lokal applizierte Cignolin können hervorragende Therapieergebnisse zeigen, wie beispielsweise in 80 % der Fälle nach 9 Tagen eine PASI-75-Response, was eine rezente Studie mit Daten aus dem österreichischen Register ergab. Trotz fehlender systemischer und lokaler Langzeitnebenwirkungen kann Cignolin aufgrund der möglichen braunen Verfärbung der Haut und der Wäsche sowie der bekannten Irritationen der Haut allerdings nicht als Therapie der Zukunft eingestuft werden. Ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen von Cignolin könnte jedoch wegweisend zur Weiterentwicklung antipsoriatischer Therapien beitragen.<br /> Eines steht für Peter Wolf fest: Durch die Zusammenarbeit mit der Biobank der Medizinischen Universität Graz und die Verknüpfung klinischer Daten mit biologischen Untersuchungsergebnissen ist mithilfe des Psoriasis Registry Austria der Weg in Richtung einer personalisierten Therapie der Psoriasispatienten geebnet.</p> <h2>Andere potenzielle Indikationen für Biologika</h2> <p>Spannend könnte es auch hinsichtlich weiterer Indikationen von Biologika und Co werden. Interessant wird es demnächst mit der Hidradenitis suppurativa (Akne inversa), der ersten nicht psoriatischen Indikation eines für die Psoriasis zugelassenen Biologikums (Humira) in der Dermatologie. Ein weiteres Biologikum für andere Indikationen ist beispielsweise Omalizumab (Xolair), ein Anti-IgE-Antikörper, der bei chronischer Urtikaria verwendet wird. Bereits länger zugelassen beim metastasierten Melanom ist Ipilimumab, ein Anti-CTLA-4-Antikörper, unter dem Handelsnamen Yervoy; Nivolumab, ein Anti-PD-1-Antikörper, wird unter dem Namen Opdivo in Kürze folgen. Auf dem Radarschirm stehen Erkrankungen wie die Rosacea. Hier wird pathogenetisch eine Beteiligung von IL-17 diskutiert. Für das Ekzem sind IL-4 und IL-13 von entscheidender Bedeutung, beim Lichen planus könnte IL-6 ursprünglich involviert sein, bei neutrophilen Entzündungsmustern wird eine IL-1-Beteiligung diskutiert. Der monoklonale Antikörper Dupilumab, der IL-4 und IL-13 blockiert, könnte in der Behandlung des atopischen Ekzems in naher Zukunft die Zulassung erreichen.</p> <h2>Biologika im Sonnenschutz</h2> <p>Prof. Wolf verwies auch auf die Bedeutung der DNS-Reparatur-Liposomen, die Enzyme als biologisch hergestellte Substanzen enthalten und beispielsweise die Bildung und Freisetzung von TNF-alpha in der Haut nach UV-Exposition reduzieren. Topisch applizierte DNS-Reparatur-Liposomen können insofern immun- und kanzeroprotektiv wirken, als sie präventiv dabei unterstützen, UV-bedingte Veränderungen an der DNS zu beseitigen. Eine Studie bei Patienten mit Xeroderma pigmentosum hat beispielsweise ergeben, dass die regelmäßige Anwendung einer liposomalen DNS-Reparatur-Lotion die Häufigkeit von aktinischen Keratosen um 70 % und jene von Basalzellkarzinomen um 30 % verringerte. DNS-Reparatur-Enzyme sind in Sonnenschutzpräparaten und „After sun“-Lotionen unterschiedlicher Hersteller und Firmen enthalten und somit zur Prävention verfügbar.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Allein die Tatsache, dass Biologika einschließlich Biosimilars und „small molecules“ in unterschiedlichen Indikationen untersucht werden und teilweise kurz vor der Markteinführung stehen, wird zwangsläufig auch zu einem besseren Wissensstand in Hinsicht auf die pathophysiologischen Mechanismen der Erkrankungen und letztlich zu einem Umdenken in der Behandlung führen. Verschiedene Darreichungsformen wie etwa die prinzipielle Möglichkeit der topischen Anwendbarkeit von „small molecules“, wie beispielsweise des JAK-Kinase-Hemmers Tofacitinib, werden die Therapie der Psoriasis sicherlich verändern. Die Dokumentation mithilfe des Österreichischen Psoriasis-Registers verschafft Transparenz, generiert Daten über Sicherheit und Effektivität, hilft, Schwellenängste zu überwinden, und wird zu einem besseren Verständnis der Erkrankung und von deren therapeutischen Möglichkeiten beitragen.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: OEADF 2015,
Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf,
5. Juni 2015, Salzburg
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