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Zum ersten Mal in seiner Geschichte fand der Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology virtuell statt: Die zahlreichen Online-Besucher hatten die Qual der Wahl zwischen mehr als 700 Vorträgen und 1600 eingereichten Abstracts. Einen kleinen Auszug daraus finden Sie hier.
Der virtuelle EADV kam offensichtlich sehr gut an: Über 11000 Besucher wurden registriert. Nach Ansicht des Kongresspräsidenten, Prof. Carle Paul, Paul-Sabatier-Universität in Toulouse (Frankreich), kann zwar nichts den direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht ersetzen, dennoch wird es bei künftigen Jahrestreffen des EADV einen dualen Ansatz geben: eine virtuelle Komponente für solche, die nicht reisen können oder wollen, und einen herkömmlichen Kongress. Nachfolgend eine kleine Auswahl der präsentierten Daten.
Mehr akute STI im Lockdown
Eine italienische Studie von zwei Zentren für sexuell übertragbare Infektionen in Mailand zeigte, dass im Vergleich zu 2019 die Diagnose sexuell übertragbarer Infektionen, darunter Gonorrhö, sekundäre Syphilis und Mycoplasma genitalium, im Jahr 2020 trotz der Covid-19-Einschränkungen öfter gestellt wurde.1
Die Daten wurden in zwei grossen Zentren für sexuell übertragbare Infektionen (STI) erhoben, die etwa 80% der STI-Diagnosen in der Lombardei in Italien ausmachen. Beide Institutionen schränkten den Zugang ein, blieben aber während des Lockdowns geöffnet, der in Italien am 8. März begann.
Die Gesamtzahl der Besucher sank um 70% von 1696 Patienten im Jahr 2019 auf 534 im Jahr 2020. Im Jahr 2019 waren 86% der Patienten männlich im Vergleich zu 76% im Jahr 2020. Die Prävalenz von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), betrug 31% im Jahr 2019 und 35% im Jahr 2020.
Im Zeitraum von 2019 gab es insgesamt 233 bestätigte Fälle von sexuell übertragbaren Krankheiten. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2020 wurde bei 147 Personen eine Geschlechtskrankheit diagnostiziert, was einem Rückgang um 37% entspricht. Trotz dieser Tatsache wurden lediglich bei den nicht akuten Fällen wie Genitalwarzen weniger Fälle festgestellt, während die Zahl der akuten bakteriellen Infektionen im Zusammenhang mit MSM sogar zunahm: 2020 wurden mehr Fälle von sekundärer Syphilis, Gonorrhö und Mycoplasma genitalium diagnostiziert.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Covid-19-Pandemie trotz Abriegelung und Beratung zur sozialen/physischen Distanzierung nicht risikoreiche Verhaltensweisen verhindert hat. «Wir nahmen an, dass der Lockdown die Möglichkeiten für sexuelle Begegnungen und sexuell übertragbare Krankheiten verringern würde. Ich war jedoch überrascht, wie viele neue akute Infektionen in dieser kurzen Zeitspanne diagnostiziert wurden. Gonorrhö und Syphilis treten typischerweise bei Menschen in den 30ern häufiger auf, sodass die Infektion möglicherweise zugenommen hat, weil der Schwerpunkt der Covid-19-Morbidität und -Mortalität bei älteren Menschen liegt, was dazu führte, dass sich die jüngere Kohorte sicher fühlte und daher weniger risikoscheu handelte», schloss Dr. med. Marco Cusini, La Fondazione IRCCS Ca Granda Ospendale Maggiore di Milano (Italien).
Wie Dr. Cusini hervorhob, zeigen die Ergebnisse, wie wichtig es ist, ein kontinuierliches Screening auf Geschlechtskrankheiten beizubehalten und dass STI-Zentren und dass STI-Zentren auch während pandemiebedingter Restriktionen offen und verfügbar bleiben.
Monotherapie mit JAK1-Inhibitor wirkt schnell und stark bei AD
Upadacitinib ist ein Januskinase(JAK)-Inhibitor, der speziell für die Therapie der atopischen Dermatitis (AD) entwickelt wurde: Er blockiert selektiv den JAK1-Signalweg, der in der Pathogenese der AD eine grosse Rolle spielt.2, 3 Eine in diesem Jahr publizierte Phase-IIb-Studie zeigte, dass die Upadacitinib-Monotherapie bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AD wirksam ist und ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil aufweist.4 Beim EADV wurden jetzt die beiden Phase-III-Studien Measure Up 1 und Measure Up 2 vorgestellt, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit der Monotherapie mit Upadacitinib gegenüber Placebo bei Jugendlichen und Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AD untersucht wurde.5
Wie Prof. Emma Guttman-Yassky, Abteilung für Dermatologie, Icahn School of Medicine Mount Sinai, New York (USA), hervorhob, waren die eingeschlossenen Patienten 12–75 Jahre alt und hatten seit mindestens 3 Jahren AD-Symptome. Ihr Eczema Area and Severity Index (EASI) betrug ≥16 und sie erreichten auf einer numerischen Bewertungsskala für Juckreiz in seiner schlimmsten Ausprägung einen Score-Wert von ≥4 (bei einer Skala von 0–10). In der doppelblinden Behandlungsphase wurden die Patienten randomisiert mit Upadacitinib in 2 Dosen (30mg oder 15mg 1-mal täglich) oder Placebo behandelt. Koprimäre Endpunkte waren eine ≥75%ige Reduktion des EASI und eine validierte Prüfarztbewertung von 0 oder 1, entsprechend abgeheilten oder fast abgeheilten Hautläsionen (IGA 0/1) mit einer Reduktion um mindestens zwei Grade seit Studienbeginn.
Die Daten von 847 Patienten in Measure Up 1 und von 836 Patienten in Measure Up 2 konnten analysiert werden: In Woche 16 erreichten im Placebovergleich signifikant mehr Patienten, die mit Upadacitinib behandelt wurden, die koprimären Endpunkte EASI 75 und IGA-AD 0/1 (p<0,001 für alle Dosen und Endpunkte).
Die höhere Dosis von Upadacitinib erzielte numerisch bessere Ergebnisse, aber beide Dosen waren Placebo signifikant überlegen. «27% der Patienten erreichten ein EASI-100-Ansprechen», erklärte Prof. Guttman-Yassky. Hinsichtlich der koprimären Endpunkte gab es bereits in Woche 1 einen merklichen Unterschied zu Placebo, der in Woche 4 ein Plateau erreichte.
Besonders bemerkenswert war, dass sich der Juckreiz praktisch ab der ersten verabreichten Dosis verbesserte: Eine wirklich frühe signifikante Verbesserung des schlimmsten Juckreizes war bereits an Tag 2 und Tag 3 zu verzeichnen. Der Anteil der Patienten mit klinisch relevanter Juckreizreduktion war ab Tag 2 signifikant höher als bei Placebo, der Effekt erreichte ein Plateau in Woche 4 und blieb bis Woche 16 unverändert erhalten.
In Bezug auf die Sicherheit war Akne die am häufigsten berichtete Nebenwirkung, die im Zusammenhang mit der Upadacitinib-Einnahme auftrat: Sie wurde bei 19 Patienten mit der niedrigen Dosis und 49 Patienten mit der hohen Dosis beobachtet, aber nur 2 Patienten brachen die Behandlung wegen der Akne ab. «Wir sahen ein gewisses Signal für ein Ekzema herpeticatum in der Gruppe mit der höheren Dosis, aber kein Patient brach die Behandlung deswegen ab», sagte Prof. Guttman-Yassky. In den Behandlungsarmen wurden keine neuen Sicherheitssignale und kein Tod beobachtet. «Die Geschwindigkeit und das Ausmass des Ansprechens sind wirklich charakteristische Merkmale von Upadacitinib», schloss Prof. Guttman-Yassky.
Werden Psoriasispatienten ausreichend behandelt?
Trotz der zunehmenden Verfügbarkeit von systemischen Behandlungen für mittelschwere bis schwere Psoriasis gibt es eine erhebliche Unterbehandlung von Psoriasispatienten. Das legen zumindest die Ergebnisse einer Real-World-Studie6 aus Schweden nahe. Die Analyse eines einzigartigen vollständigen nationalen Patientenregisters zeigte, dass Psoriasispatien-ten unabhängig von der Art der Therapie primär mit Methotrexat behandelt wurden. Die Persistenz der Therapie war gering, selbst wenn mit Biologika behandelt wurde, und die Patienten waren nicht in der Lage, während ihres Behandlungsverlaufs kontinuierlich der systemischen Behandlung treu zu bleiben, wobei der mediane Anteil der Tage, an denen medikamentös behandelt wurde, bei 50% lag.
«Unsere Ergebnisse deuten auf eine erhebliche Unterbehandlung von Psoriasispatienten in Schweden hin. Zwar sind weitere Forschungen über die Gründe für diese Unterversorgung gerechtfertigt, aber die Ergebnisse deuten auf einen Bedarf an verträglicheren und bequemeren Behandlungsmöglichkeiten hin», sagte Jonatan Freilich von der Umeå-Universität Stockholm.
Isotretinoin-Therapie: Stimmungsschwankungen bei Depressiven
In einer grossen retrospektiven schottischen Beobachtungsstudie zeigte sich, dass Aknepatienten mit einer depressiven Erkrankung in der Anamnese bei Einnahme von Isotretinoin ein 7-fach erhöhtes Risiko aufweisen, therapielimitierende Stimmungsschwankungen zu entwickeln.7 «Die depressiven Symptome traten zu jeder Zeit ab dem Zeitpunkt des Beginns der Isotretinoin-Einnahme bis zu 6 Monate nach Therapiebeginn auf, ohne erkennbare Spitzenzeiten», sagte Dr. med. Sanaa Butt, Dermatologin beim britischen National Health Service (NHS) Tayside District am Ninewells Hospital in Dundee (Schottland). «Wir konnten auch keine Dosisabhängigkeit feststellen», fügte sie hinzu.
Die Erkenntnisse beruhen auf einer Softwareauswertung von mehr als 8000 digitalisierten Briefen, die zwischen NHS-Tayside-Dermatologen und Allgemeinärzten im Zeitraum 2005–2018 ausgetauscht wurden. Dabei handelt es sich um einen abgelegenen und wirtschaftlich schwachen Bezirk in Nordschottland, in dem es nur sehr wenige niedergelassene Dermatologen gibt, sodass die Untersucher der Ansicht sind, ihre Beobachtungsstudie würde die grosse Mehrheit der Isotretinoin-Anwender erfassen. In der Auswertung befanden sich 3151 Patienten, die wegen ihrer Akne mit Isotretinoin behandelt wurden. Die Inzidenz von therapielimitierenden Stimmungsschwankungen betrug insgesamt 1% und blieb über einen Zeitraum von 13 Jahren konstant. 30 der mit Isotretinoin behandelten Patienten setzten das Medikament wegen depressiver Symptome ab, was anhand von Schlüsselwörtern in den Briefen wie «Selbstmord», «Depression» oder «Angstzustände» aufgedeckt wurde.
Das Geschlechterverhältnis zwischen den Aknepatienten, denen Isotretinoin verschrieben wurde, war ausgeglichen. 15 Fälle, in denen die Behandlung aufgrund der Entwicklung depressiver Symptome abgebrochen wurde, traten bei Frauen und 15 bei Männern auf. Anamnestische frühere depressive Erkrankungen wurden bei 9,3% der Frauen und bei 4,5% der Männer identifiziert, die mit einer Isotretinoin-Therapie begannen. Das relative Risiko für eine behandlungslimitierende depressive Verstimmung war bei Frauen mit einer depressiven Episode in der Anamnese um 790% und bei Männern um 440% erhöht.
Dagegen machte weder das Alter noch die täglich verschriebene Isotretinoin-Dosis einen Unterschied im Hinblick auf das Risiko für eine depressive Verstimmung.
Digitalisierungs-Boom durch die Covid-Pandemie
Von einer Verbesserung der Abläufe im Gesundheitssystem profitieren sowohl Patienten als auch Behandelnde. Digitalisierung kann dabei hilfreich sein – was nicht zuletzt aktuelle Erfahrungen während der Covid-Pandemie zeigen.
Die Verbesserung der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten bedeutet, Barrieren zu überwinden, so Prof. Dr. med. Jo Lambert von der Universität Ghent in Belgien.8 Barrieren in der Kommunikation gibt es zahlreiche, sie können interpersonell, organisatorisch, kulturell, sprachlich oder physisch sein. Lambert berichtete von Erfahrungen aus ihrer Abteilung, wo die Stimmung in den Jahren 2008 bis 2010 generell suboptimal war. Die Wartezeiten waren lang, der finanzielle Druck war hoch und sowohl die Zufriedenheit der Patienten als auch die Motivation der Mitarbeiter war eingeschränkt. Lamberts Ansatz bestand darin, die Abteilung orientiert an den Wünschen der Patienten neu zu organisieren. In Befragungen zeigte sich, dass die Patientenwünsche letztlich simpel sind. Patienten wollen eine Lösung für ihr Problem, wollen Termine bekommen, wenn es notwendig ist, wollen wenig Bürokratie und Organisation und möchten nicht, dass ihre Ärzte während der Konsultation mehrfach das Telefon abheben müssen. Die Lösung bot ein aus der Autoindustrie stammendes Konzept namens «lean thinking», das wesentlich auf Entrümpelung des «value streams» beruht. Es gehe auch darum, «value» für den Patienten zu definieren und dafür zu sorgen, dass mehr «value» und weniger «waste» beim Patienten ankommt. In ihrem Haus war das Ergebnis kürzere Wartezeiten, grössere Pünktlichkeit und höhere Patientenzufriedenheit, obwohl mehr Patienten behandelt werden konnten. Was das Überwinden räumlicher Barrieren zwischen Behandelnden und Patienten anbelangt, hat die Covid-Pandemie einen Innovationssturm in Gang gesetzt und vielerorts die Kommunikation innerhalb kurzer Zeit in den digitalen Bereich verschoben. Damit seien im Gesundheitsbereich einige Hemmungen gegenüber der neuen Technologie gefallen, so Lambert. Innerhalb der Dermatologie habe man gelernt, welche Erkrankungen sich besser für die Teledermatologie eignen und welche weniger.
Bericht:
Dr. Susanne Kammerer
Quelle:
29th Congress EADV Virtual, 29.–31. Oktober 2020
Literatur:
1 Cusini M et al.: Poster P1534, EADV Virtual, 29.–31. Oktober 2020 2 Parmentier JM et al.: BMC Rheumatol 2018; 2: 1-11 3 Nader A et al.: J Clin Pharmacol 2019; 60: 528-39 4 Guttman-Yassky E et al.: J Allergy Clin Immunol 2020; 145: 877-84 5 Guttman-Yassky E et al.: Late-Breaker D3T03.3B, EADV Virtual, 29.–31. Oktober 2020 6 Freilich J et al. Abstract 1955, EADV Virtual, 29.–31. Oktober 2020 7 Butt S et al.: Presentation FC0109-828, EADV Virtual, 29.–31. Oktober 2020 8 Lambert J: Patient-physician relationship in the post-pandemic era. EADV-Kongress 2020; D3T01.1B
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