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Asthma bronchiale – Wissenswertes für den Dermatologen
Jatros
Autor:
Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke
Floridsdorfer Allergiezentrum<br> Franz-Jonas-Platz 8/6<br> 1210 Wien<br> wantke@faz.at
30
Min. Lesezeit
24.05.2017
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<p class="article-intro">Asthma bronchiale ist eine heterogene Erkrankung mit variabler und zumeist reversibler Atemwegsobstruktion aufgrund einer chronischen Entzündungsreaktion der Bronchien. Die meisten Asthmatiker leiden unter bronchialer Hyperreaktivität der Atemwege. Geschätzte 5 % der erwachsenen österreichischen Bevölkerung haben Asthma bronchiale.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Asthma bronchiale ist eine heterogene, multifaktorielle, chronische inflammatorische Erkrankung der Bronchien.</li> <li>Die Basis der Asthmatherapie beruht auf der Inflammationskontrolle.</li> <li>Das Therapieziel ist optimale Asthmakontrolle mit maximaler Beschwerdefreiheit und Lebensqualität.</li> </ul> </div> <p>Typisch für Asthma bronchiale sind Episoden von Husten und Giemen, eventuell mit Auswurf, zumeist auch nächtlichem Husten, gefolgt von mitunter längeren beschwerdefreien Intervallen. Sowohl die allergische als auch die nicht allergische Rhinitis haben signifikanten Einfluss auf den Verlauf von Asthma bronchiale. Die Prävalenz der Allergie liegt bei 20 bis 25 % .<br /> Asthma bronchiale ist eine multifaktorielle Erkrankung, die alle Lebensabschnitte von der frühen Kindheit bis ins hohe Lebensalter betreffen kann. Asthma bronchiale hat allergische und nicht allergische Auslöser, wobei auch Mischformen vorkommen können. Eine inhalative Allergie insbesondere auf perenniale Allergene wie Katzen oder Hausstaubmilben ist mit 70 % der häufigste Auslöser von Asthma bronchiale. Aber auch physikalische Reize wie Kälte oder Anstrengung („exercise-induced asthma“), hormonelle Einflüsse (Hormonersatztherapie, perimenstruelles Asthma) oder virale Infekte sind klassische Auslöser. Zuletzt darf auch der gastroösophageale Reflux nicht vergessen werden, insbesondere deshalb, weil Patienten pulmonal symptomatisch sein können, auch wenn sie den Reflux nicht spüren. Die Asthmaphänotypen werden nach dem Typ der zellulären Inflammation (Th2 low & Th2 high), dem Vorliegen einer Allergie und dem Alter bei Beginn der Erkrankung eingeteilt.</p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Der Goldstandard der Diagnostik besteht im Nachweis der reversiblen Atemwegsobstruktion mittels Lungenfunktionstest (Spirometrie) und Bronchospasmolysetest mittels Beta-2-Mimetikum. Von Reversibilität spricht man, wenn sich der FEV<sub>1</sub> um 12 % verbessert oder um 200ml ansteigt. Nach Schweregrad wird zwischen intermittierendem und persistierendem Asthma bronchiale unterschieden. Zu beachten ist, dass schweres Asthma bronchiale zumeist nicht mehr völlig reversibel ist. Bei intermittierendem Asthma hilft der Nachweis der bronchialen Hyperreaktivität mittels Methacholinprovokation (Goldstandard). Eine normale Lungenfunktion außerhalb der Allergiesaison schließt Asthma bronchiale nicht aus, da viele Patienten mit allergischer Rhinitis eine bronchiale Hyperreaktivität haben und daher „nur“ unter saisonellem Asthma leiden.</p> <h2>Allergietestung</h2> <p>Entsprechend dem Asthmaprogramm ist bei jedem Asthmatiker ein Allergietest durchzuführen, welcher aus ausführlicher Anamnese, einem Hautpricktest und der Serologie zur Bestimmung des spezifischen IgE (Gesamtextrakte oder Majorallergenkomponenten) besteht.<br /><br /> Bei schwerem Asthma bronchiale sollte auch ein Differenzialblutbild zur Bestimmung der absoluten Anzahl der eosinophilen Granulozyten durchgeführt werden. Die Eosinophilie kann sowohl allergischer („Begleiteosinophilie“) als auch nicht allergischer Genese („genuine“ Eosinophilie) sein.</p> <h2>Differenzialdiagnosen</h2> <p>In der Differenzialdiagnostik des Hustens bei jungen Erwachsenen sollte an Asthma bronchiale, Sinusitis oder gastroösophagealen Reflux gedacht werden.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Die moderne Asthmatherapie zielt auf Asthmakontrolle ab (siehe GINA Guidelines; www.ginasthma.org). Darunter versteht man größtmögliche Symptomfreiheit und maximale Lebensqualität (Tab. 1). Mit einer frühen Diagnose und einer konsequenten Therapie ist das zumeist auch zu erreichen. Ein Stiefkind ist die Therapiecompliance, da indolente Patienten trotz schlechter Lungenfunktion oftmals keinen Leidensdruck haben oder nach raschem Ansprechen auf die Therapie diese wieder eigenmächtig absetzen. Regelmäßige Kontrollen der Lungenfunktion sind nötig, zusätzlich kann der Fragebogen „Asthma Control Test“ (ACT) helfen, die Therapieeffizienz in Bezug auf Symptomkontrolle in wenigen Minuten zu evaluieren.<br /> Die moderne Asthmatherapie richtet sich nach der Asthmakontrolle, wobei entsprechend dem Stufenplan (Tab. 2) so viel Medikation gegeben wird, dass der Patient beschwerdefrei ist. Bei Symptomfreiheit kann die Medikation wieder reduziert werden („step up – step down“).<br /> Die antiinflammatorische Therapie mit inhalativen Steroiden und Leukotrienantagonisten ist nach wie vor die Basis der Asthmatherapie, da die Vermeidung von Allergenen oder anderen Auslösern zumeist nicht möglich ist. Die Wichtigkeit einer frühzeitigen antiinflammatorischen Therapie bei Asthma bronchiale konnte mehrfach bestätigt werden.<br /><br /> Die inhalative Therapie steht und fällt mit der Inhalationstechnik, die regelmäßig geübt werden muss und entsprechend den Ansprüchen des Patienten adaptiert werden kann. Die Verwendung von ultrafeinen Partikeln erhöht die Inhalationseffizienz und somit die antiinflammatorische Wirksamkeit der Therapie. Obwohl das Steroid nach wie vor den Goldstandard der antiinflammatorischen Therapie darstellt, gibt es auch steroidresistente Patienten. Rauchen ist ein häufiger Auslöser einer Steroidresistenz.<br /> Die alleinige Gabe von kurzwirksamen Beta-2-Mimetika ohne antiinflammatorische Therapie ist nur bei intermittierenden Asthmaformen indiziert. Eine neuere Therapiestrategie ist das „Smart-Konzept“, bei dem ein langwirksames Betamimetikum (Formoterol) und ein Steroid sowohl als Basistherapie als auch als Anfallstherapie genützt werden, um eine bessere Asthmakontrolle zu erreichen. Da jeder Anfall ein Anzeichen für unzureichende Asthmakontrolle ist, ist die zusätzliche Gabe eines Controllers als wirkungsvoller als die alleinige Gabe eines Betamimetikums anzusehen.<br /><br /> Eine weitere Neuerung bei GINA ist die Aufnahme der lang wirksamen Anticholinergika (LAMA; Aclidiniumbromid, Glycopyrroniumbromid oder Tiotropiumbromid) in die Asthmastufentherapie ab Stufe 4.<br /> Bei therapierefraktärem Asthma, welches durch mangelnde Asthmakontrolle trotz hoher inhalativer Steroiddosis definiert ist, kann der monoklonale Antikörper Omalizumab (GINA-Stufe 5) gegeben werden. Voraussetzung ist die Sensibilisierung auf ein perenniales Allergen (Hausstaubmilbe, Katze). Im Unterschied zur chronischen spontanen Urticaria richtet sich die Dosierung nach Gewicht und Gesamt-IgESpiegel, der 1300kU/l nicht übersteigen soll, obwohl auch bei höheren IgE-Spiegeln eine Wirkung zu sehen wäre. Bei dieser kostspieligen Therapie sollte eine zumindest einjährige Therapiedauer angestrebt werden, wenn innerhalb von 16 Wochen ein Therapieerfolg nachzuweisen ist. Gelegentlich besteht dieser Therapieerfolg „lediglich“ darin, dass keine Exazerbationen auftreten, die Lungenfunktion aber unverändert bleibt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1702_Weblinks_s19_tab1_2.jpg" alt="" width="1420" height="1858" /></p> <h2>Rhinitistherapie</h2> <p>Da erwachsene Patienten mit allergischem Asthma bronchiale zumeist auch an allergischer Rhinitis leiden, darf auch die Therapie der Nase nicht vergessen werden. Entsprechend dem Grundsatz „one airway – one disease“ verbessert eine adäquate Rhinitistherapie auch das Asthma und die Lebensqualität des Asthmatikers.</p> <h2>Spezifische Immuntherapie bei Asthma bronchiale</h2> <p>Die spezifische Immuntherapie eignet sich für Patienten mit kontrollierten, leichten Formen von allergischem Asthma bronchiale (FEV<sub>1</sub> >70 % ), insbesondere wenn eine perenniale Sensibilisierung (Hausstaubmilbe) besteht. Wesentlich ist eine frühzeitige Therapie, da nach langjährigem Asthma eine Immuntherapie wenig erfolgreich verlaufen wird. Die Immuntherapie stellt nach wie vor, zumindest in der subkutanen Applikationsform, die einzige kausale Therapie der Typ-1-Allergie mit der Option der Asthmaprävention dar.<br /> Bei Asthmatikern ist auf penible Asthmakontrolle, insbesondere während der Aufdosierungsphase zu achten, wobei sich hier eine prophylaktische Anhebung der Dosis des inhalativen Steroids empfiehlt.<br /><br /> Bei Asthmatikern führt die spezifische Immuntherapie zu Symptomreduktion, Verringerung des Medikamentenverbrauches, Abnahme der allergenspezifischen wie auch unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität und eventuell zu einer Verbesserung der Lungenfunktion. Die spezifische Immuntherapie kann die Entstehung von Asthma bronchiale verhindern.</p> <h2>Sublinguale Immuntherapie mit Tabletten</h2> <p>Erst kürzlich wurden die ersten Daten über eine Hochdosismilbentablette bei Patienten mit Rhinokonjunktivitis und Asthma bronchiale publiziert. Dabei zeigte sich neben einem signifikanten Therapieerfolg bei Rhinokonjunktivitis auch eine signifikante Abnahme des Steroidverbrauchs bei Asthmatikern, wobei in der Gruppe der teilkontrollierten Asthmatiker eine höhere Steroidreduktion nachgewiesen wurde. In einer Nachfolgestudie konnte auch eine Abnahme der Asthmaexazerbationen gezeigt werden. Somit kann die Milbentablette sowohl den Steroidverbrauch als auch die Exazerbationen vermindern und daher als Controller bei Asthma bronchiale angesehen werden. Darum hat die spezifische Immuntherapie in die GINA Guidelines zu Stufe 3 und 4 Eingang gefunden.</p> <h2>Schweres Asthma bronchiale</h2> <p>Schweres Asthma bronchiale ist durch mangelnde Therapiekontrolle trotz Ausschöpfung der vollen Therapieoptionen bei guter Compliance des Patienten und Behandlung etwaiger Komorbiditäten definiert. Schwierig zu behandelndes Asthma ist durch mangelnde Therapiekontrolle trotz Ausschöpfung der vollen Therapieoptionen bei schlechter Compliance, mangelndem Meiden von Umweltnoxen wie etwa Rauchen und inadäquater oder fehlender Behandlung etwaiger Komorbiditäten (Herzinsuffizienz, Reflux, Depression…) charakterisiert. Die Lungenfunktion ist zumeist trotz Ausschöpfen der antiobstruktiven Therapie nicht vollständig reversibel.<br /><br /> Bei allergischem Asthma steht optional die Anti-IgE-Therapie zur Verfügung. Systemische Steroide sind mitunter während Exazerbationen indiziert, aber auch bei der Behandlung von eosinophilem Asthma. Gerade bei diesen schweren Verlaufsformen hat sich eine Änderung in der GINA Guideline ergeben, da bei Stufe 5 dem Anti-IgE der Vorzug gegeben werden soll. Dies ist aber nur dann sinnvoll, wenn es sich um allergisches und nicht eosinophiles Asthma handelt. Rezente Daten geben allerdings Hinweise darauf, dass Omalizumab auch bei schwerem, nicht allergischem Asthma bronchiale mitunter eine Therapieoption darstellen könnte.<br /><br /> Für eosinophiles Asthma ist ab sofort der monoklonale Antikörper Mepolizumab (Anti-IL-5, subkutane Applikation) verfügbar (GINA-Stufe 5), der einmal monatlich subkutan appliziert wird. Mepolizumab führte zu einer deutlichen Reduktion der Asthmaexazerbationen. Andere Anti-IL- 5-Antikörper (Reslizumab, intravenöse Applikation) und ein Anti-IL-5-Rezeptor- Antikörper (Benralizumab) sind in Vorbereitung.</p> <h2>Asthma und Schwangerschaft</h2> <p>Asthma bronchiale sollte auch in der Schwangerschaft entsprechend den GINA Guidelines behandelt werden. Selbiges gilt für die allergische Rhinitis (ARIA Guidelines). Asthmaexazerbationen sind tunlichst zu vermeiden. Die inhalative Therapie birgt wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko für das ungeborene Kind. Das inhalative Steroid Budesonid und das inhalative Beta-2-Mimetikum Salbutamol sind die sichersten Asthmamedikamente. Aktuelle Informationen finden sich auch auf der Homepage www.embryotox.de der Charité Berlin.</p></p>