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Verdacht auf berufsbedingtes Asthma: Was muss ich wissen?

Berufsbedingtes Asthma ist die häufigste berufsbedingte Atemwegserkrankung. Die Diagnose hat sowohl für den Patienten als auch für die öffentliche Gesundheit grosse Auswirkungen, die jedoch durch eine wirksame Prävention minimiert werden können.

Keypoints

  • Berufsbedingtes Asthma ist die häufigste berufsbedingte Atemwegserkrankung.

  • Bei jedem neu diagnostizierten Asthma bei Erwachsenen muss unbedingt die Möglichkeit einer berufsbedingten Ursache in Betracht gezogen werden.

  • Die Untersuchung bei Verdacht auf berufsbedingtes Asthma erfolgt während eines längeren Zeitraums der Exposition am Arbeitsplatz.

  • Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren ist für eine optimale Behandlung von entscheidender Bedeutung.

Epidemiologie

Berufsbedingtes Asthma ist definiert als Asthma, dessen Ursachen im Arbeitsumfeld liegen und nicht mit Reizen ausserhalb des Arbeitsplatzes in Verbindung stehen.1 Es ist eine der häufigsten berufsbedingten Atemwegserkrankungen; die WHO schätzt, dass weltweit etwa 15% der neu diagnostizierten Asthmafälle bei Erwachsenen auf berufsbedingtes Asthma zurückzuführen sind.

In der Schweiz werden jedes Jahr etwa 120 neue Fälle von berufsbedingtem Asthma diagnostiziert und von den Unfallversicherern anerkannt. Die Problematik betrifft junge Arbeitnehmer, da das Durchschnittsalter bei der Diagnose 40 Jahre beträgt. Viele Berufe und berufliche Expositionen können zu berufsbedingtem Asthma führen, z.B. Mehlasthma bei Bäckern oder Asthma durch Isocyanatexposition bei Karosserielackierern, um nur zwei häufige Ursachen zu nennen.2 Es ist jedoch nicht möglich, die Diagnose von berufsbedingtem Asthma allein aufgrund des Berufs auszuschliessen, da Fälle von berufsbedingtem Asthma aus allen Berufsfeldern berichtet wurden.

Medizinische Beurteilung

Die Diagnose von berufsbedingtem Asthma ist oft ein komplizierter Prozess. Zunächst einmal ist es wichtig, bei Asthma immer auch an die Möglichkeit einer berufsbedingten Ursache zu denken, insbesondere in den folgenden Situationen:3

  • bei allen neu auftretenden Asthmasymptomen oder jedem neuen bestätigten Fall von Asthma bei einem Erwachsenen,

  • beim Wiederauftreten von Asthma aus der Kindheit nach einem beschwerdefreien Intervall,

  • bei einer Verschlechterung der Kontrolle von bekanntem allergischem Asthma ohne erkennbare Ursache,

  • bei Tätigkeit in einem Beruf, der in Bezug auf die Prävalenz von berufsbedingtem Asthma ein Risiko darstellt.

In diesen Situationen wird empfohlen, eine detaillierte und sorgfältige Arbeitsanamnese zu erstellen und dabei insbesondere nach den Auslösern der Symptome am Arbeitsplatz, der Variabilität der Symptome im Zusammenhang mit den Arbeitstagen und den arbeitsfreien Tagen oder dem Vorhandensein häufiger Asthmaerkrankungen im Unternehmen zu suchen. In solchen Situationen muss die Diagnose schnell abgeklärt werden, und die aktuellen Empfehlungen betonen die Notwendigkeit, die Betroffenen an ein Zentrum zu überweisen, das auf die komplexe Behandlung solcher Fälle spezialisiert ist, oder den Rat eines Facharztes einzuholen, der mit der Abklärung von berufsbedingtem Asthma vertraut ist.3

Diagnostische Abklärung

Bei der diagnostischen Abklärung besteht der erste wesentliche Schritt natürlich darin, die Diagnose Asthma formell zu bestätigen. Anschliessend muss der Zusammenhang zwischen Asthma und beruflicher Exposition festgestellt werden. Die Untersuchung sollte idealerweise durchgeführt werden, während der Patient arbeitet und an seinem Arbeitsplatz exponiert ist.4 Die diagnostische Abklärung bei Verdacht auf eine berufliche Ursache von Asthma ist in Tabelle 1 zusammengefasst.5

Tab. 1: Diagnostische Abklärung bei Symptomen, die auf berufsbedingtes Asthma hindeuten

Bei Asthmapatienten mit einem klinischen Bild, das auf berufsbedingtes Asthma hindeutet, kann die folgende Untersuchung von Nutzen sein:

Erste Stufe:

  • Messung der unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität (AHR) mit einem Methacholin-Test. Dieser sollte während der beruflichen Exposition durchgeführt werden. Das Fehlen einer unspezifischen AHR bei einem symptomatischen Patienten, der beruflich exponiert ist, schliesst mit hoher Sicherheit die Diagnose Berufsasthma aus (negativer Vorhersagewert >95%).

  • Nachweis von spezifischem IgE gegen ein Antigen in der Arbeitsumgebung durch Bluttests oder Pricktests. Diese Tests sind speziell für Proteinantigene geeignet. Ein positives Ergebnis bestätigt in der Regel die Diagnose von berufsbedingtem Asthma (positiver Vorhersagewert >90%).

Zweite Stufe:

Wenn eine unspezifische AHR vorliegt oder der spezifische IgE-Test negativ ist, sollte ein Monitoring des Peak Flow (PEF) durchgeführt werden, und zwar wie folgt:3

  • 4 Messungen täglich (morgens, am Vormittag, am Nachmittag, abends vor dem Schlafengehen) an 7 Tagen pro Woche.

  • Dauer des Monitorings: 4 Wochen, davon 3 Wochen am Arbeitsplatz und eine Woche ausserhalb des Arbeitsplatzes.

  • Die PEF-Messungen sollten in einem Tagebuch erfasst werden, ebenso wie das mögliche Auftreten von Symptomen, die Einnahme von Medikamenten sowie die beruflichen Belastungen.

Die PEF-Überwachung dient dem Nachweis einer signifikanten Variabilität (>15–20%) der Messwerte innerhalb eines Tages oder von Tag zu Tag.

Zu beachten ist, dass der spezifische Inhalationstest, der als Referenztest gilt, in der Schweiz derzeit leider nicht verfügbar ist.

Management

Die beste Behandlungsstrategie ist das Meiden des Auslösers.3 Als Primärprävention sollte idealerweise jeder Stoff, der berufsbedingtes Asthma auslösen kann, ersetzt werden.3 Dies ist jedoch in der Realität nicht immer möglich, wenn man z.B. an das durch Mehl verursachte Bäckerasthma denkt.

Das Meiden des Auslösers ist auch in der Tertiärprävention bei bestätigtem berufsbedingtem Asthma die beste Strategie im Hinblick auf die Prognose.3 In bestimmten Situationen ist jedoch eine Umschulung unumgänglich, insbesondere wenn der Auslöser überall in der Arbeitsumgebung vorhanden ist oder wenn die Tätigkeit nicht ohne Exposition gegenüber dem Auslöser ausgeübt werden kann.

Als Sekundärprävention gibt es medizinische Überwachungsprogramme zur Früherkennung von berufsbedingtem Asthma bei besonders gefährdeten Arbeitnehmergruppen wie z.B. Bäckern oder Karosserielackierern. Das Ziel ist, die Gesamtprognose zu verbessern, indem neu diagnostizierte Fälle schnell und wirksam behandelt werden.

Bei bestätigter Diagnose von berufsbedingtem Asthma sollte der Patient zusätzlich zum Meiden des Auslösers eine spezielle fachärztliche Weiterbetreuung und eine pharmakologische Standardbehandlung gemäss den Empfehlungen für die Behandlung von allergischem Asthma erhalten. Ausserdem muss eine Meldung der Berufskrankheit bei der Unfallversicherung des Arbeitgebers erfolgen. Schliesslich sollten, wenn möglich, Anpassungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden, damit der Patient seine Tätigkeit ohne Exposition gegenüber dem Auslöser fortsetzen kann.3

Alle diese Massnahmen können nur in enger Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer bzw. betroffener Person, behandelndem Arzt, Arbeitsmediziner und Versicherung erfolgen.

Prognose

Was die Prognose betrifft, so entwickelt sich bei 16% der Betroffenen mit berufsbedingtem Asthma ein schweres Asthma, und nur bei 25–30% der diagnostizierten Fälle klingen die Beschwerden nach Meiden des Auslösers vollständig ab.3 Dies ist vor allem auf eine verspätete Diagnose und Behandlung zurückzuführen, nachdem die Patienten lange Zeit am Arbeitsplatz exponiert waren und an Beschwerden litten.

Zu den zusätzlichen Risiken im Zusammenhang mit der Diagnose von berufsbedingtem Asthma zählen das Risiko der Arbeitslosigkeit, das mit dem Meiden des Auslösers und einer möglichen Umschulung verbunden sein kann, sowie das Risiko, eine Angststörung mit Depression zu entwickeln, wobei dieses Risiko bis zu 50% der Patienten mit berufsbedingtem Asthma betreffen kann. Es wird übrigens dringend empfohlen, bei der medizinischen Behandlung von berufsbedingtem Asthma auch die psychischen Auswirkungen zu berücksichtigen.

Schlussfolgerungen

Berufsbedingtes Asthma ist eine häufige Erkrankung mit erheblichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. Eine Prävention ist jedoch möglich und führt zu einer besseren Prognose der betroffenen Patienten. Eine wirksame Prävention setzt die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure sowohl des Gesundheitssystems als auch des beruflichen Umfelds voraus.

1 Bernstein IL et al.: Asthma in the workplace. 4th ed. London: CRC Press, 2013. 2 Baur X et al.: Guidelines for the management of work-related asthma. Eur Resp J 2012; 39: 529-45 3 Barber CM et al.: British Thoracic Society clinical statement on occupational asthma. Thorax 2022; 77: 433-42 4 Tarlo SM et al.: Diagnosis and management of work-related asthma: American College of Chest Physicians Consensus Statement. Chest 2008; 134: 1-41 5 Vandenplas O et al.: Diagnosing occupational asthma. Clin Exp Allergy 2017; 47: 6-18

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